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Grenzen eines behindertengerechten Umbaus einer Mietwohnung

Mieter müssen bei behindertengerechten Umbaumaßnahmen die Erforderlichkeit nachweisen und die Interessen des Vermieters berücksichtigen, insbesondere wenn die Maßnahme erhebliche Auswirkungen auf die Bausubstanz oder die Vermietbarkeit der Wohnung hat. Das Urteil des Landgerichts Wuppertal zeigt die Grenzen des Anspruchs auf Zustimmung zu solchen Maßnahmen auf.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 S 5/23 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Für einen Anspruch auf Erlaubnis für behindertengerechte Umbaumaßnahmen nach § 554 Abs. 1 BGB müssen diese erforderlich sein, d.h. mit dem geringsten Eingriff in die Gebäudesubstanz und die Interessen des Vermieters/anderer Mieter verbunden.
  • Der Mieter muss die Erforderlichkeit der beantragten Maßnahme darlegen und beweisen. Dies hat der Kläger hier nicht getan.
  • Auch bei der Interessenabwägung nach § 554 Abs. 1 S. 2 BGB ging das Interesse des Vermieters an der Substanzerhaltung und Wiedervermietbarkeit der Mietsache vor.
  • Belastungen für die darunter liegende Wohnung sowie zusätzliche Eingriffe in die Bausubstanz führten dazu, dass dem Vermieter die Maßnahme nicht zuzumuten war.
  • Der Leerstand der darunter liegenden Wohnung änderte nichts daran, da die Maßnahme die Wiedervermietbarkeit zusätzlich erschwert hätte.
  • Die Berufung des Klägers hätte voraussichtlich keinen Erfolg gehabt, daher ist die Kostenentscheidung gerechtfertigt.

Barrierefrei umbauen: Grenzen des Mieter-Anspruchs nach § 554 BGB

Behindertengerechte Mietwohnung
(Symbolfoto: Riderfoot /Shutterstock.com)

Wenn Menschen mit Behinderung in ihrer Wohnung leben, ist es oftmals notwendig, die Wohnräume barrierefrei umzubauen. Allerdings gibt es hier Grenzen, denn der Vermieter muss solche Umbaumaßnahmen nicht in jedem Fall zulassen.

Das Mietrecht sieht zwar einen Anspruch des Mieters auf Erlaubnis zu behindertengerechten Umbaumaßnahmen vor, jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Entscheidend sind hierbei, ob die Maßnahmen tatsächlich erforderlich sind und ob sie dem Vermieter auch unter Berücksichtigung seiner Interessen zumutbar sind.

Wie die Gerichte diese Interessenabwägung vornehmen und wann ein Vermieter die Zustimmung verweigern darf, zeigt sich in der Rechtsprechung zu § 554 BGB. Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsentscheid dazu vorgestellt und analysiert.

Der Fall vor dem Landgericht Wuppertal im Detail

Kein Anspruch auf barrierefreie Dusche für Mieter

Der Kläger, ein Mieter einer Wohnung, hatte vom Vermieter die Zustimmung zum Einbau einer bodengleichen Dusche in seinem Badezimmer gefordert. Die bislang vorhandene Badewanne stellte für ihn als Menschen mit Behinderung eine unüberwindbare Barriere dar. Der Vermieter verweigerte jedoch die Zustimmung zu der Umbaumaßnahme mit der Begründung, dass der Einbau erhebliche Auswirkungen auf die Bausubstanz, insbesondere die Geschossdecke, sowie die darunterliegende Wohnung haben würde. Der Mieter zog daraufhin vor Gericht, um seinen Anspruch durchzusetzen.

Anforderungen an behindertengerechte Umbauten

Das Landgericht Wuppertal hatte sich in seinem Beschluss vom 29.08.2023 (Az.: 8 S 5/23) mit der Frage zu befassen, ob der Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zu der Umbaumaßnahme hatte. Grundlage hierfür bildet § 554 Abs. 1 BGB, der Mietern einen solchen Anspruch einräumt, sofern die baulichen Veränderungen erforderlich sind und dem Vermieter unter Würdigung der Interessen des Mieters zumutbar sind.

Erforderlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Umbaumaßnahme mit dem geringstmöglichen Eingriff in die Gebäudesubstanz und die Interessen des Vermieters verbunden sein muss. Zumutbarkeit setzt eine Abwägung der Interessen des Mieters an der Barrierefreiheit mit den Interessen des Vermieters an der Substanzerhaltung und der Vermietbarkeit der Wohnung voraus.

Interessenabwägung zu Ungunsten des Mieters

Das Landgericht Wuppertal entschied zugunsten des Vermieters. Der Kläger konnte seiner Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Erforderlichkeit der Umbaumaßnahme nicht nachkommen. Er konnte nicht darlegen, dass es keine weniger belastenden Maßnahmen gab, um die Barrierefreiheit des Badezimmers herzustellen. Auch die Interessenabwägung fiel zu Ungunsten des Mieters aus.

Da der Einbau der bodengleichen Dusche erhebliche Eingriffe in die Bausubstanz sowohl der Wohnung des Klägers als auch der darunterliegenden Wohnung erfordert hätte, überwogen die Interessen des Vermieters. Die Beeinträchtigungen der darunterliegenden Wohnung waren optischer, akustischer und räumlicher Natur. Auch der Einwand des Mieters, dass die darunterliegende Wohnung seit mehreren Jahren leer steht, konnte das Gericht nicht überzeugen. Die Umbaumaßnahme würde die Wiedervermietbarkeit der Wohnung weiter erschweren und somit das Interesse des Vermieters an einer wirtschaftlichen Verwertung seiner Immobilie beeinträchtigen.

Kostenentscheidung und Folgen des Urteils

Da der Kläger mit seiner Klage voraussichtlich keinen Erfolg gehabt hätte, entschied das Landgericht, dass er die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Dieses Urteil zeigt die Grenzen des Anspruchs auf Zustimmung zu behindertengerechten Umbaumaßnahmen auf. Mieter sind in der Pflicht, die Erforderlichkeit der Maßnahmen zu belegen und müssen auch die Interessen des Vermieter berücksichtigen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Umbaumaßnahme erhebliche Auswirkungen auf die Bausubstanz hat oder die Vermietbarkeit der Wohnung beeinträchtigt.

✔ FAQ zum Thema: Grenzen behindertengerechter Umbau.


Welche Voraussetzungen müssen für einen behindertengerechten Umbau erfüllt sein?

Mieter haben grundsätzlich keinen Anspruch auf einen barrierefreien Umbau ihrer Mietwohnung. Sie benötigen für bauliche Veränderungen die Zustimmung des Vermieters. Dieser muss den Umbaumaßnahmen in der Regel aber zustimmen, wenn sie für den Mieter aufgrund einer Behinderung erforderlich sind und für den Vermieter zumutbar.

Der Vermieter kann den behindertengerechten Umbau nur aus wichtigen Gründen ablehnen, etwa wenn die Maßnahmen für ihn eine finanzielle Härte darstellen oder den Charakter der Mietsache grundlegend verändern würden. Lehnt der Vermieter den Umbau ab, bleibt dem Mieter oft nur der Umzug in eine barrierefreie Wohnung.

Die Kosten für den barrierefreien Umbau muss grundsätzlich der Mieter tragen, da es sich nicht um Instandsetzungen, sondern Veränderungen handelt. Zuschüsse können aber unter bestimmten Voraussetzungen von der Pflegeversicherung oder als Nachteilsausgleich bei Schwerbehinderung beantragt werden.

Zusammenfassend erfordert ein behindertengerechter Umbau einer Mietwohnung also immer die Zustimmung des Vermieters, die dieser nur aus wichtigen Gründen verweigern kann. Die Kosten trägt in der Regel der Mieter, wobei Zuschüsse möglich sind.


Wie wird die Erforderlichkeit eines behindertengerechten Umbaus bewertet?

Die Erforderlichkeit eines behindertengerechten Umbaus wird anhand der konkreten Behinderung und der dadurch bedingten Einschränkungen des Mieters bewertet. Entscheidend ist, ob die Nutzung der Wohnung durch die Behinderung erheblich erschwert wird und ob die geplanten Umbaumaßnahmen geeignet und erforderlich sind, um diese Einschränkungen auszugleichen.

Nicht jede Beeinträchtigung rechtfertigt dabei umfangreiche Umbauten. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob der Mieter die Wohnung trotz seiner Behinderung noch im Wesentlichen vertragsgemäß nutzen kann. Ist dies der Fall, wird der Vermieter einem Umbau nicht zustimmen müssen.

Außerdem muss der Vermieter nur solche Maßnahmen dulden, die erforderlich sind, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Gibt es mehrere geeignete Möglichkeiten, muss der Mieter die für den Vermieter zumutbarste Alternative wählen. Übersteigen die geplanten Umbauten das erforderliche Maß, kann der Vermieter seine Zustimmung verweigern.

Auf die Art der Behinderung des Mieters kommt es für die Bewertung der Erforderlichkeit nicht an. Entscheidend sind allein die konkreten Auswirkungen auf die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung. Auch muss der Mieter selbst nicht zwingend behindert sein. Es reicht aus, wenn die Maßnahmen für die Nutzung der Wohnung durch Angehörige mit Behinderung erforderlich sind.

Zusammenfassend hängt die Erforderlichkeit eines behindertengerechten Umbaus also von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich sind die konkreten Einschränkungen durch die Behinderung und ob die geplanten Maßnahmen geeignet und erforderlich sind, um diese auszugleichen. Dabei sind stets die Interessen von Mieter und Vermieter gegeneinander abzuwägen.


Welche Interessen des Vermieters können einem Umbau entgegenstehen?

Der Vermieter kann einem behindertengerechten Umbau der Mietwohnung widersprechen, wenn seine Interessen die Interessen des Mieters überwiegen. Zu den Vermieterinteressen, die einen Umbau ausschließen können, zählen insbesondere:

Die Gefährdung der Bausubstanz oder Statik des Gebäudes durch die Umbaumaßnahmen. Eingriffe, die die Gebäudestruktur nachhaltig verändern oder beschädigen, muss der Vermieter nicht dulden.

Die Schaffung von Gefahrenquellen oder baurechtswidrigen Zuständen, etwa wenn durch den Umbau Fluchtwege versperrt würden. Sicherheitsaspekte haben Vorrang vor dem Umbauanspruch des Mieters.

Eine dauerhafte Wertminderung der Mietsache oder des Gebäudes durch die Veränderungen. Wertverluste, die auch durch einen späteren Rückbau nicht ausgeglichen werden können, können gegen einen Umbau sprechen.

Unverhältnismäßig hohe Kosten oder lange Dauer der Baumaßnahmen zu Lasten des Vermieters. Belastungen durch Baulärm, Schmutz und Beeinträchtigungen über einen langen Zeitraum können unzumutbar sein.

Beeinträchtigungen der Interessen anderer Mieter oder Eigentümer, insbesondere in Wohneigentümergemeinschaften. Sind andere Wohnungen von den Umbaumaßnahmen betroffen, sind auch deren Belange zu berücksichtigen.

Bestehen Gründe, die den Umbau für den Vermieter unzumutbar machen, kann er seine Zustimmung verweigern. Dabei müssen die Vermieterinteressen im Einzelfall die Interessen des auf den Umbau angewiesenen Mieters überwiegen. Es ist stets eine umfassende Abwägung aller Umstände vorzunehmen, bei der Art, Dauer und Schwere der Behinderung einerseits sowie Umfang, Dauer und Folgen der Baumaßnahmen andererseits zu berücksichtigen sind.


Was passiert, wenn der Vermieter die Zustimmung zum Umbau verweigert?

Verweigert der Vermieter die Zustimmung zu einem behindertengerechten Umbau, obwohl die Voraussetzungen dafür vorliegen, kann der Mieter die Zustimmung gerichtlich einklagen. Dazu muss er beim zuständigen Amtsgericht eine Klage auf Duldung der Umbaumaßnahmen erheben.

Im Prozess muss der Mieter darlegen und beweisen, dass die geplanten Maßnahmen für eine behindertengerechte Nutzung der Wohnung erforderlich sind und die Interessen des Vermieters nicht überwiegen. Gelingt ihm dies, wird das Gericht den Vermieter zur Zustimmung verurteilen.

Allerdings sollte vor einer Klage genau abgewogen werden, ob die vom Vermieter vorgebrachten Gründe für die Ablehnung tatsächlich nicht durchgreifen. Bestehen berechtigte Sorgen des Vermieters etwa wegen einer Gefährdung der Bausubstanz oder unverhältnismäßig hoher Kosten, wird eine Klage wenig Aussicht auf Erfolg haben.

Zudem ist zu bedenken, dass der Mieter auch bei einer erfolgreichen Klage die Kosten für den Umbau selbst tragen und die Wohnung bei Auszug auf eigene Kosten zurückbauen muss. Durch die zusätzlichen Prozesskosten kann sich ein erzwungener Umbau schnell als Pyrrhussieg erweisen.

In vielen Fällen ist daher der Umzug in eine bereits barrierefrei gestaltete Wohnung die sinnvollere Alternative zu einem langwierigen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang. Gerade bei schwerwiegenden Ablehnungsgründen des Vermieters führt an einem Umzug oft kein Weg vorbei.

Zusammenfassend ist eine Klage auf Zustimmung zum behindertengerechten Umbau also nur der letzte Ausweg, wenn keine gütliche Einigung mit dem Vermieter möglich ist. Angesichts des Kostenrisikos und der Rückbaupflicht sollten Mieter die Erfolgsaussichten und mögliche Alternativen wie einen Umzug genau prüfen, bevor sie den Klageweg beschreiten.


Inwiefern beeinflusst die Wohnungssubstanz die Möglichkeit eines Umbaus?

Die vorhandene Bausubstanz und die konkreten baulichen Gegebenheiten einer Mietwohnung haben einen entscheidenden Einfluss darauf, ob und in welchem Umfang ein behindertengerechter Umbau möglich ist. Nicht jede gewünschte Maßnahme lässt sich in jedem Gebäude ohne weiteres umsetzen.

Ein zentraler Aspekt ist dabei die Statik des Gebäudes. Eingriffe in tragende Wände, Decken oder das Dach können die Standsicherheit gefährden und sind daher oft nicht oder nur mit erheblichem Aufwand machbar. Auch die Beschaffenheit der Wände und Böden kann die Umbaumöglichkeiten begrenzen, etwa wenn sich Fliesen oder Dielen nicht ohne Substanzschäden entfernen lassen.

Zudem müssen bei Umbauten stets die geltenden Bauvorschriften eingehalten werden, insbesondere hinsichtlich Brandschutz, Schallschutz und Energieeffizienz. Lassen sich die Anforderungen aufgrund der baulichen Situation nicht erfüllen, kann dies einem Umbau entgegenstehen.

Auch die Erschließung der Wohnung und die Gegebenheiten im Treppenhaus spielen eine wichtige Rolle. Ist der Einbau eines Aufzugs oder einer Rampe nicht möglich, lässt sich eine vollständige Barrierefreiheit oft nicht erreichen.

Schließlich sind auch die Auswirkungen auf die Bausubstanz der übrigen Wohnungen zu berücksichtigen. Drohen durch die Arbeiten Schäden oder unzumutbare Beeinträchtigungen, kann dies ein Ablehnungsgrund für den Vermieter sein.

Zusammenfassend hängen die Umbaumöglichkeiten also maßgeblich von den individuellen Gegebenheiten des Gebäudes ab. Eine fachliche Beurteilung durch einen Architekten oder Statiker ist in vielen Fällen unerlässlich, um die technische Machbarkeit zu prüfen und geeignete Lösungen zu finden. Gegebenenfalls muss der Umbau an die baulichen Voraussetzungen angepasst oder ganz unterlassen werden.


Wie sind die Kosten für einen behindertengerechten Umbau geregelt?

Grundsätzlich muss der Mieter die Kosten für einen behindertengerechten Umbau selbst tragen, da es sich dabei in der Regel nicht um Instandsetzungen, sondern um bauliche Veränderungen handelt. Der Vermieter ist nicht verpflichtet, die Wohnung auf eigene Kosten barrierefrei umzubauen.

Es gibt jedoch verschiedene Möglichkeiten für den Mieter, finanzielle Unterstützung für die Umbaukosten zu erhalten:

Zuschüsse der Pflegekasse: Bei Vorliegen eines Pflegegrads zahlt die Pflegekasse bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme, maximal 16.000 Euro pro Wohnung. Der Zuschuss wird unabhängig vom Einkommen gewährt.

Nachteilsausgleich bei Schwerbehinderung: Berufstätige mit Schwerbehinderung können für den barrierefreien Umbau ihres Homeoffice Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen erhalten.

Förderprogramme der KfW-Bank: Die KfW gewährt Kredite bis 50.000 Euro (Programm 159) sowie Zuschüsse bis 6.250 Euro (Programm 455-B) für den altersgerechten Abbau von Barrieren.

Absetzbarkeit als außergewöhnliche Belastung: Unter bestimmten Voraussetzungen können die Kosten für den behindertengerechten Umbau als außergewöhnliche Belastung von der Einkommensteuer abgesetzt werden.

Lehnt die Pflegekasse eine Kostenübernahme ab und stehen dem Mieter keine anderen Fördermittel zur Verfügung, muss er die Kosten des Umbaus vollständig selbst tragen. Zudem ist er verpflichtet, die Wohnung bei seinem Auszug auf eigene Kosten wieder in den ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen, sofern nichts anderes vereinbart wurde.

Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollten Mieter und Vermieter alle Fragen zu Kostentragung, Ausführung und Rückbau der Maßnahmen vorab schriftlich regeln. Nur wenn sich der Vermieter ausdrücklich zur Kostenbeteiligung verpflichtet, kann er an den Umbaukosten beteiligt werden.



§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 554 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt, dass ein Mieter vom Vermieter bauliche Veränderungen verlangen kann, die einem behindertengerechten Gebrauch dienen, sofern diese erforderlich sind. In dem vorliegenden Fall bildet dieser Paragraph die zentrale Rechtsgrundlage für das Anliegen des Klägers, eine barrierefreie Dusche einzubauen.
  • § 554 Abs. 1 S. 2 BGB: Betont die Notwendigkeit einer Interessenabwägung zwischen den Belangen des Mieters und des Vermieters, insbesondere wenn es um bauliche Veränderungen geht. Im konkreten Fall nutzte das Gericht diese Vorschrift zur Bewertung der Zumutbarkeit der Umbaumaßnahmen für den Vermieter.
  • § 91a ZPO: Diese Norm regelt die Kostentragung bei einer Erledigung der Hauptsache im gerichtlichen Verfahren und wurde hier erwähnt, weil das Gericht dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegen möchte.
  • § 522 Abs. 2 ZPO: Erlaubt Gerichten, eine Berufung gegen ein Urteil ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, was im erwähnten Fall zutreffen könnte, da das Gericht die Berufung des Klägers als erfolglos einschätzte.
  • § 546 ZPO und § 529 ZPO: Beziehen sich auf die Prüfung einer Rechtsverletzung und die Berücksichtigung von Tatsachen in der Berufungsinstanz. Dies sind wesentliche Verfahrensnormen, die die Überprüfung der vom Amtsgericht getroffenen Entscheidung durch das Landgericht rahmen.

Diese rechtlichen Grundlagen und Verfahrensvorschriften bilden das Gerüst, auf dem das LG Wuppertal seine Entscheidung aufgebaut hat. Dabei wird die komplexe Balance zwischen den Rechten von Mietern auf Zugänglichkeit und den Vermieterinteressen an ihrer Immobilie verdeutlicht.


➜ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Wuppertal.

LG Wuppertal – Az.: 8 S 5/23 – Beschluss vom 29.08.2023

Weist die Kammer darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe:

I.

Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht diese Kostenfolge billigem Ermessen, § 91a ZPO. Denn der Kläger wäre ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen. Seine Berufung wäre offensichtlich ohne Erfolg geblieben, § 522 Abs. 2 ZPO.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne des § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung. Das Amtsgericht ist in nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger von dem Beklagten nicht die Zustimmung zum Einbau einer barrierefreien Dusche anstelle der bisher vorhandenen Badewanne verlangen kann. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 554 Abs. 1 BGB – der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage – liegen nicht vor.

Gemäß § 554 Abs. 1 BGB kann der Mieter verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen dienen. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass von dieser Vorschrift – ungeachtet der nach § 554 Abs. 1 S. 2 BGB zu treffenden Abwägung – nur solche baulichen Veränderungen tatbestandlich erfasst sind, die erforderlich sind. Denn die vorstehend genannte Formulierung in § 554 BGB stellt im Vergleich zu § 554a BGB a. F. nur eine redaktionelle Veränderung dar, mit der keine Auswirkung auf den Anwendungsbereich seitens des Gesetzgebers bezweckt oder verbunden war (vgl. BeckOK BGB/Wiederhold, 66. Ed. 1.5.2023, BGB § 554 Rn. 11 unter Verweis auf BT-Drs. 19/18791, 87). Erforderlichkeit bedeutet aber, dass der Mieter unter mehreren möglichen nur die bauliche Veränderung beanspruchen kann, die mit dem geringsten Eingriff in die Gebäudesubstanz, in die Interessen des Vermieters und der übrigen Mieter verbunden ist (BeckOK BGB/Wiederhold, 66. Ed. 1.5.2023, BGB § 554 Rn. 11 m.w.N.). Diese tatbestandliche Voraussetzung ist vom Mieter darzulegen und zu beweisen (BeckOK BGB/Wiederhold, 66. Ed. 1.5.2023, BGB § 554 Rn. 40). Dies hat der Kläger, wie das Amtsgericht zutreffend erkannt hat, nicht getan.

Im Übrigen ist aber auch die vom Amtsgericht vorgenommene Interessenabwägung zum Nachteil des Klägers nicht zu beanstanden. § 554 Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt, dass der Anspruch nicht besteht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Es handelt sich um einen Ausschlusstatbestand. Die Vorschrift verlangt eine Abwägung der nachteiligen Folgen der beabsichtigten baulichen Veränderung für den Vermieter mit dem Interesse des Mieters an der Ausführung der Baumaßnahme. Auf Seiten des Vermieters ist zunächst sein Erhaltungsinteresse zu berücksichtigen. Dieses besteht darin, dass nicht durch eine bauliche Veränderung in die Substanz der Mietsache eingegriffen wird. Dieses Interesse ist typischerweise umso gewichtiger, je umfangreicher der beabsichtigte Eingriff ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob durch die bauliche Veränderung ein gefahrenträchtiger Zustand oder eine baurechtswidrige Situation geschaffen würde.

Werden durch die Einrichtung Sicherheitsbelange tangiert (Statik, Elektrizität, Sanitär), so kann der Vermieter verlangen, dass die Arbeiten von einer Fachfirma ausgeführt werden (Eisenschmid, in: Schmidt-Futterer, § 554a BGB Rn. 38; Rolfs, in: Staudinger, § 554a BGB Rn. 18). Auf Seiten des Mieters ist sein Interesse an der Ausführung der baulichen Veränderung zu berücksichtigen. Aus § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB folgt, dass das Veränderungsinteresse des Mieters aus gesamtgesellschaftlichen Gründen im Ausgangspunkt stets beachtenswert ist. Bei der Interessenabwägung ist das Gewicht des Veränderungsinteresses mit dem Gewicht der gegenläufigen Interessen des Vermieters zu vergleichen.

Dabei ist es durchaus möglich, bei der Gewichtung des Veränderungsinteresses zwischen den drei Varianten in § 554 Abs. 1 Satz 1 BGB zu differenzieren. Insbesondere bei der Erlaubnis von Maßnahmen zur Barrierereduzierung können in der Wohnraummiete die besonderen sozialen und gesundheitlichen Belange des Mieters eine Rolle spielen.

Die Abwägung der wechselseitigen Interessen kann nur im Einzelfall erfolgen. Die Amtsrichterin hat diese Abwägung in nicht zu beanstandender Weise zum Nachteil des Klägers vorgenommen. Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Einbau der vom Kläger begehrten bodengleichen (barrierefreien) Dusche nicht nur den Umbau des bestehenden Bades der vom Kläger bewohnten Wohnung, insbesondere die Entfernung der vorhandenen Badewanne, sondern einerseits eine größere Durchbohrung der Geschossdecke und andererseits die räumliche, optische und wohl auch akustische Beeinträchtigung des Bades der unter der Wohnung des Klägers liegenden Wohnung erfordert. Demgegenüber muss das Interesse des Klägers, der eben nicht substantiiert dargetan hat, dass und welche weniger belastenden Maßnahmen bestehen, am Einbau der beantragten Duschwand zurückstehen.

Dass die Amtsrichterin, was der Kläger mit seiner Berufungsbegründung einwenden lässt, unberücksichtigt gelassen hat, dass bereits gegenwärtig (verblendete) Leitungen aus der Wohnung des Klägers durch die leerstehende Wohnung im Hause des Beklagten verlegt sind, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn die vom Kläger begehrte Baumaßnahme würde jedenfalls zusätzliche bauliche Veränderungen in der darunterliegenden Wohnung erforderlich machen. Auch der Umstand, dass die unter der Wohnung des Klägers liegende Wohnung seit mehreren Jahren nicht vermietet ist, führt – wie das Amtsgericht zutreffend erkannt hat – nicht zu einem anderen (Abwägungs-) Ergebnis. Die vom Kläger geplante Baumaßnahme wirkt sich auf die Bausubstanz seiner Wohnung, die Geschossdecke sowie die unter ihm gelegene Wohnung erheblich aus. Dies beeinträchtigt die Vermieterinteressen jedenfalls dergestalt, dass eine Weitervermietung der Wohnung weiter erschwert wird.

II.

Die Parteien mögen innerhalb der im Tenor genannten Frist erklären, ob Sie zum Zwecke der Kostenersparnis auf Rechtsmittel und Begründung verzichten.

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