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Erstattungsfähigkeit der Kosten für Privatgutachteneinholung

Das OLG Köln entscheidet: Privatgutachten sind erstattungsfähig, wenn sie ex ante als sachdienlich angesehen werden können und die Partei ohne das Gutachten keine sachgerechte Vorträge im Prozess führen könnte.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 17 W 42/24 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kosten für ein privat beauftragtes Sachverständigengutachten sind erstattungsfähig, wenn es „notwendig“ im Sinne von § 91 Abs. 2 ZPO war.
  • Eine Privatbegutachtung ist insbesondere dann notwendig, wenn die Partei ohne sie nicht sachgerecht vortragen oder ein nachteiliges Gerichtsgutachten nicht erschüttern könnte.
  • Bei Privatgutachten gelten nicht die Gebührensätze des JVEG, solange der Stundensatz nicht ganz erheblich davon abweicht.
  • Das Gericht muss das Privatgutachten nicht zwingend für die Urteilsfindung verwenden – entscheidend ist die ex ante Zweckmäßigkeit.
  • Die konkreten Umstände des Falls wie Komplexität der Fragestellung und fehlende unternehmensinterne Expertise begründen die Notwendigkeit.
  • Bearbeitungszeit und Gesamtvergütung wurden hier als angemessen bewertet. Eine unangemessen lange Bearbeitungszeit war nicht ersichtlich.
  • Die maßgeblichen Rechtsfragen zur Erstattungsfähigkeit von Privatgutachten sind durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt.
Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten
(Symbolfoto: Andrey_Popov /Shutterstock.com)

Privatgutachten können für Parteien in Gerichtsverfahren von entscheidender Bedeutung sein. Oft verfügen die Beteiligten nicht über die erforderliche Fachexpertise, um komplexe rechtliche oder technische Fragen selbst beurteilen zu können.

In solchen Fällen kann die Einholung eines externen Gutachtens notwendig sein, um die eigene Position überzeugend darzulegen. Die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten durch die Gegenseite ist daher ein wichtiges Thema im Zivilprozessrecht. Wann solche Kosten als „notwendig“ im Sinne des Gesetzes gelten und damit erstattet werden müssen, klärt die Rechtsprechung in ständiger Auseinandersetzung.

Der folgende Beitrag stellt ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Köln zu dieser Thematik vor.

➜ Der Fall im Detail

OLG Köln zu Privatgutachtenkosten: „Notwendigkeit“ entscheidend

Der Kläger hatte gegen die Beklagte wegen eines Schadensfalls geklagt und dabei einen prozessualen Teilerfolg erzielt. Die Beklagte, ein größeres Versicherungsunternehmen, hatte während des Prozesses ein medizinisches Privatgutachten in Auftrag gegeben, um das Gerichtsgutachten, das zu ihren Ungunsten ausfiel, zu entkräften. Im anschließenden Kostenfestsetzungsverfahren wollte der Kläger die Erstattung der Gutachtenkosten verhindern, scheiterte jedoch sowohl vor dem Landgericht als auch nun in der Beschwerdeinstanz.

Prozessbezug und fehlendes Sachwissen sprechen für „Notwendigkeit“

Das OLG Köln stützte seine Entscheidung auf § 91 Abs. 2 ZPO, der die Erstattungsfähigkeit von Kosten an die „Notwendigkeit“ der Maßnahme knüpft. Ein Privatgutachten sei notwendig, wenn eine verständige und wirtschaftlich denkende Partei die Begutachtung ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dazu zählt insbesondere die Situation, dass der Partei ohne das Gutachten ein sachgerechter Vortrag in der Sache nicht möglich wäre, weil ihr die fachliche Expertise fehlt. Vorliegend ging es um die medizinische Bewertung einer Sehnervschädigung, sodass das OLG der Beklagten die Beauftragung eines externen Experten zugestand – von einem Versicherungsunternehmen könne insoweit keine entsprechende Sachkunde erwartet werden.

Angemessenheit von Vergütung und Stundensatz

Neben dem grundsätzlichen „Ob“ der Erstattungsfähigkeit prüfte das OLG Köln auch die Angemessenheit der Höhe der geltend gemachten Kosten. Sowohl der abgerechnete Zeitaufwand als auch der zugrunde gelegte Stundensatz des Sachverständigen wurden als angemessen erachtet. Das Gericht stellte klar, dass die Stundensätze des JVEG für Privatgutachten grundsätzlich nicht maßgeblich sind, solange keine ganz erhebliche Abweichung vorliegt. Eine solche Abweichung sah das OLG hier nicht. Es betonte zudem, dass für die Erstattungsfähigkeit unerheblich ist, ob das Privatgutachten letztlich Eingang in das Urteil fand oder die Überzeugungsbildung des Gerichts beeinflusste – allein die ex ante Beurteilung seiner Zweckmäßigkeit sei entscheidend.

Klärung durch obergerichtliche Rechtsprechung

Das OLG Köln sieht die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde als nicht gegeben an, da die maßgeblichen Rechtsfragen durch höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung bereits geklärt seien. Demnach dürfte das Urteil in seiner Kernaussage Bestand haben und kann als Orientierung für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten in ähnlichen Fällen dienen.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Voraussetzungen müssen für die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachtenkosten erfüllt sein?

Die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachterkosten hängt von mehreren Voraussetzungen ab:

Zunächst muss das Gutachten unmittelbar prozessbezogen sein, d.h. es muss in direktem Zusammenhang mit dem späteren Gerichtsverfahren stehen. Die Prozessbezogenheit setzt voraus, dass sich der konkrete Rechtsstreit bereits abzeichnet und das Gutachten gerade im Hinblick auf diesen in Auftrag gegeben wurde. Gutachten, die eingeholt wurden, bevor sich der Rechtsstreit abzeichnete, sind nicht erstattungsfähig.

Darüber hinaus ist erforderlich, dass das Gutachten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Diese Notwendigkeit wird von der Rechtsprechung insbesondere dann bejaht, wenn die Partei aufgrund fehlender Sachkenntnisse ohne das Privatgutachten nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage gewesen wäre.

Entscheidend ist dabei, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Einholung des Gutachtens ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen.

Ferner muss die Höhe der Gutachterkosten angemessen sein. Die Gerichte orientieren sich hierbei oft an den Sätzen für gerichtlich bestellte Sachverständige nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Überhöhte Kosten werden nur anteilig erstattet.


Wann gilt ein Privatgutachten als „notwendig“ im rechtlichen Sinne?

Laut der Rechtsprechung des BGH gilt ein Privatgutachten dann als „notwendig“ im Sinne des § 91 ZPO, wenn die Partei ohne fachliche Beratung nicht in der Lage wäre, ihre Darlegungs- oder Beweislast zu genügen oder zu einem Gerichtsgutachten qualifiziert Stellung zu nehmen.

Die Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines privat beauftragten Sachverständigengutachtens wird von der Rechtsprechung insbesondere dann bejaht, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnis ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage gewesen wäre.

Entscheidend ist dabei, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Einholung des Gutachtens ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Die Partei darf die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen.

Ein Privatgutachten kann auch dann notwendig sein, wenn es darum geht, Waffengleichheit herzustellen, falls der Prozessgegner selbst über entsprechende Fachleute verfügt. Ohne das Privatgutachten wäre die Partei dann nicht in der Lage, den Angriff des Gegners sachkundig abzuwehren.


Welche Rolle spielt die Angemessenheit der Kosten eines Privatgutachtens?

Die Angemessenheit der Kosten eines Privatgutachtens spielt eine wichtige Rolle für die Erstattungsfähigkeit. Nur angemessene Gutachterkosten können von der gegnerischen Partei im Prozess erstattet verlangt werden.

Bei der Beurteilung der Angemessenheit kommt es auf verschiedene Faktoren an. Je höher der Streitwert und je komplexer die Materie, desto höher dürfen auch die Gutachterkosten ausfallen. Der Umfang des Gutachtens und die Qualifikation des Gutachters sind ebenfalls von Bedeutung.

Als Orientierungsmaßstab für angemessene Gutachterkosten dienen häufig die Honorarsätze für gerichtlich bestellte Sachverständige nach dem JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz). Liegen die Kosten des Privatgutachtens deutlich darüber, besteht das Risiko, dass sie nur anteilig als erstattungsfähig anerkannt werden.

Allerdings gibt es keine starren Obergrenzen. Die Gerichte nehmen eine Gesamtbetrachtung vor und prüfen, ob die Kosten in Anbetracht des konkreten Falles noch als angemessen anzusehen sind. Dabei wird auch berücksichtigt, ob der Geschädigte das Gutachten aus seiner Sicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für erforderlich halten durfte.

Überhöhte Stundensätze oder Honorare gefährden aber in jedem Fall die vollständige Erstattungsfähigkeit. Die Kosten müssen für das Gericht nachvollziehbar und plausibel sein. Ansonsten besteht das Risiko, dass sie als nicht mehr angemessen und daher nicht bzw. nicht in voller Höhe als erstattungsfähig angesehen werden.


Sind die Stundensätze des JVEG für Privatgutachten bindend?

Nein, die Stundensätze des JVEG sind für Privatgutachten nicht bindend.

Das JVEG regelt die Vergütung von gerichtlich bestellten Sachverständigen, Dolmetschern, Übersetzern und ehrenamtlichen Richtern. Bei einem Privatgutachten, das außergerichtlich in Auftrag gegeben wird, findet das JVEG hingegen keine unmittelbare Anwendung.

Für Privatgutachten können die Parteien die Vergütung frei vereinbaren. Dabei orientieren sich die Honorare in der Praxis aber häufig an den Sätzen des JVEG. Die dort geregelten Stundensätze dienen als Orientierungsmaßstab, sind aber nicht verbindlich.

Wird die Vergütung nicht ausdrücklich vereinbart, bestimmt sie sich nach der üblichen Vergütung für vergleichbare Leistungen (§ 632 Abs. 2 BGB). Auch hier können die JVEG-Sätze als Anhaltspunkt dienen, um die Angemessenheit des Honorars zu beurteilen.

Kommt es später zu einem Rechtsstreit und der obsiegenden Partei werden die Kosten des Privatgutachtens als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung zugesprochen, prüft das Gericht die Angemessenheit der Vergütung. Dabei legt es ebenfalls häufig die JVEG-Sätze als Vergleichsmaßstab an, ohne daran aber strikt gebunden zu sein.

Fazit: Das JVEG ist für Privatgutachten nicht unmittelbar anwendbar, die Stundensätze haben aber eine wichtige Indizwirkung für die Bemessung angemessener Honorare in der Praxis und bei der gerichtlichen Überprüfung der Erstattungsfähigkeit.


Können die Kosten für ein Privatgutachten auch dann erstattet werden, wenn das Gutachten nicht in das Urteil Eingang gefunden hat?

Nein, die Erstattungsfähigkeit der Kosten für ein Privatgutachten hängt nicht davon ab, ob das Gutachten letztlich Eingang in das Urteil gefunden hat.

Entscheidend ist vielmehr, ob die Einholung des Gutachtens aus der Sicht einer verständigen und wirtschaftlich vernünftig denkenden Partei zum Zeitpunkt der Beauftragung als sachdienlich angesehen werden durfte. Maßgeblich ist also eine ex-ante-Betrachtung.

Stellt sich im Nachhinein heraus, dass das Gericht dem Privatgutachten nicht gefolgt ist oder es aus anderen Gründen nicht im Urteil berücksichtigt hat, ändert dies nichts an der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit der Kosten, sofern die Beauftragung des Gutachtens im Zeitpunkt der Entscheidung darüber als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig erschien.

Umgekehrt führt die Erwähnung eines Privatgutachtens im Urteil nicht automatisch zur Erstattungsfähigkeit der Kosten. Auch hier kommt es darauf an, ob die Einholung des Gutachtens aus der Sicht einer verständigen Partei ex ante als sachdienlich angesehen werden durfte.

Die nachträgliche Verwertung des Gutachtens durch das Gericht ist also weder notwendige noch hinreichende Bedingung für einen Kostenerstattungsanspruch. Vielmehr sind stets die Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Einholung des Gutachtens maßgeblich.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 91 Abs. 2 ZPO: Legt fest, dass die Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren, von der unterliegenden Partei zu tragen sind. Für den Fall bedeutet das, dass die Kosten für ein Privatgutachten dann erstattungsfähig sind, wenn sie als notwendig für das Verfahren angesehen werden können.
  • §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 ZPO: Diese Paragraphen regeln die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren und im Allgemeinen, welche Voraussetzungen für eine solche Beschwerde erfüllt sein müssen.
  • § 1 Abs. 1 RPflG (Rechtspflegergesetz): Ermächtigt den Rechtspfleger, in bestimmten gerichtlichen Verfahren eigenverantwortlich zu entscheiden, darunter fallen auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse, was für den vorgelegten Fall relevant ist.
  • § 567 Abs. 2 ZPO: Bestimmt, dass eine Beschwerde nur zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt. Dies ist ein relevanter Punkt für die Überprüfung der Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde.
  • JVEG (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz): Regelt die Vergütung und Entschädigung von Zeugen, Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern im gerichtlichen Verfahren. Es wird in diesem Fall herangezogen, um eine Vergleichsbasis für die Angemessenheit der Stundensätze privat beauftragter Sachverständiger zu bieten, obwohl dessen Anwendung im konkreten Fall abgelehnt wird.
  • BGH-Beschlüsse: Dienen als Präjudizien und Leitlinien für die Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Kosten für Privatgutachten in rechtlichen Auseinandersetzungen. Insbesondere der Hinweis auf BGH, Beschluss vom 20.12.2011 – VI ZB 17/11, bekräftigt die Möglichkeit der Kostenübernahme für sachdienliche Privatgutachten im Falle fehlender eigener Sachkenntnisse.

Diese gesetzlichen Bestimmungen und Rechtsprechungen bilden das fundamentale Gerüst für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit von Kosten für die Einholung von Privatgutachten im Rahmen von gerichtlichen Verfahren. Sie verdeutlichen, unter welchen Umständen und Voraussetzungen die Kosten für solche Gutachten von der gegnerischen Partei erstattet werden müssen.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: 17 W 42/24 – Beschluss vom 02.04.2024

Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 19.12.2023 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Nr. I. des Landgerichts Köln vom 29.11.2023 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Gründe:

1. Die gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 ZPO, 1 1 Abs. 1 RPflG statthafte sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig, insbesondere übersteigt der Beschwerdewert den Betrag von 200 Euro (§ 567 Abs. 2 ZPO).

2. In der Sache bleibt die sofortige Beschwerde jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht zugunsten der Beklagten die geltend gemachten Kosten für den privat beauftragen Sachverständigen festgesetzt.

a) Die Kosten für den von der Beklagten privat beauftragten Gutachten Dr. ### sind notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 ZPO.

Die Beauftragung des Sachverständigen Dr. ### erfolgte prozessbezogen, da seine Stellungnahmen erst im Juni 2018 – Klageerhebung war im Februar 2016 – und erst nach Erstellung des für die Beklagte nachteiligen Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen (Mai 2018) erfolgten.

Der Bundesgerichtshof hat die Frage, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte, insbesondere in Fällen bejaht, in denen die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne die Einholung des Privatgutachtens nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage war; hierzu gehören auch Fälle, in denen die Partei ohne Einholung eines Privatgutachtens ein ihr nachteiliges Gerichtssachverständigengutachten nicht zu erschüttern vermag (vgl. BGH, Beschluss vom 20.12.2011 – VI ZB 17/11, BGHZ 192, 140 ff. = NJW 2012, 1370; Senat, Beschluss vom 04.05.2016 – 17 W 216/15, BeckRS 2016, 116881 – jeweils mwN).

So liegt der Streitfall. Es ging vorliegend um medizinisch durchaus anspruchsvolle Fragestellungen im Zusammenhang mit der Schädigung des Sehnervs, was einer augenärztlichen Bewertung bedurfte. Es kann auch von einem größeren Versicherungsunternehmen nicht erwartet werden, dass insoweit interne Sachkunde vorgehalten wird. Auch in dem Fall, welcher der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.12.2011 zugrunde lag, war ein Versicherungskonzern auf Beklagtenseite beteiligt.

Die Beklagte hat die schriftlichen Stellungnahmen des Dr. ### zur Akte gereicht und auf dieser Grundlage zum gerichtlich eingeholten Gutachten Stellung genommen. Es ist für die Erstattungsfähigkeit nicht erforderlich, dass das Gutachten Eingang in das Urteil gefunden hat oder die Überzeugungsbildung des Gerichts im Sinne der Beklagten beeinflusst hat.

b) Soweit sich der Kläger auch bezüglich der Höhe gegen die Kostenfestsetzung wendet, hat das Rechtsmittel ebenfalls keinen Erfolg.

aa) Es ist nicht zu beanstanden, dass der Rechtspfleger bei der Festsetzung die gesamte von dem Sachverständigen Dr. ### angesetzte Stundenzahl berücksichtigt hat. Der klägerseits angestellte Vergleich mit der Bearbeitungszeit des gerichtlich beauftragten Sachverständige veranlasst den Senat zu keiner anderen Bewertung, da Bearbeitungszeiten individuell sind. Eine unangemessen lange Bearbeitungszeit ist nicht ersichtlich, zumal sich die schriftlichen Ausführungen des Dr. ### auf insgesamt circa 15 Seiten erstrecken und er sich inhaltlich auch mit dem gerichtlichen Gutachten auseinandergesetzt hat, was einen zeitlichen Mehraufwand insgesamt plausibel macht. Die Gesamtvergütung von 2.231,50 Euro steht auch nicht außer Verhältnis zum Streitgegenstand.

bb) Auch bezüglich des angesetzten Stundenlohns zeig die sofortige Beschwerde keinen Fehler in der Kostenfestsetzung auf.

Bei einem privat beauftragten Sachverständigen sind hinsichtlich der Frage der Angemessenheit des Stundenlohns nicht die Stundensätze des JVEG maßgeblich; auch eine entsprechende Anwendung kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2007 – VII ZB 74/06; Beschluss vom 07.02.2013 – VII ZB 60/11; OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.02.2009 – 12 W 11/09; OLG Köln, Beschluss vom 21.09.2015 – 17 W 64/15, BeckRS 2015, 19513 Rn. 19 ff.; Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl., § 91 Rn. Zöller/Herget, ZPO, 35. Aufl., § 91 Rn. 13.73). Lediglich wenn die Stundensätze des Privatgutachters ganz erheblich von den im JVEG vorgesehenen Sätzen abweichen, bedarf es einer besonderen Darlegung ihrer Notwendigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2007 – VII ZB 74/06; OLG Köln, Beschluss vom 21.09.2015 – 17 W 64/15, BeckRS 2015, 19513 Rn. 19).

Die von dem Beklagten in Bezug genommenen Gebührensätze des JVEG oder die Vorschrift des § 13 JVEG finden für die Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten im Streitfall daher keine Anwendung. Im Übrigen weicht der von dem Sachverständigen Dr. ### angesetzte Stundensatz nicht derart erheblich von den Sätzen des JVEG ab, dass eine Erstattungsfähigkeit unter diesem Gesichtspunkt in Frage stehen könnte oder eine gesonderte Erläuterung geboten wäre. Es handelt sich vielmehr um eine durchaus übliche Abweichung bei der privaten Beauftragung eines Sachverständigen.

3. Es besteht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die maßgeblichen Fragen sind – wie aufgezeigt – durch höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung geklärt; im Übrigen handelt es sich um eine Beurteilung der Umstände des Einzelfalls.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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