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Dieselskandal – Eintritt der Verjährung

OLG Celle – Az.: 7 U 4/21 – Urteil vom 04.11.2021

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 3. Dezember 2020 geändert.

Die Beklagte hat an den Kläger 18.006,98 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. August 2020 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Volkswagen Passat Variant Highline BMT 2.0 TDI (FIN: …) sowie weitere 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. August 2020 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten der Berufungsinstanz trägt der Kläger ¼, die Beklagte ¾.

Dieses Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Weitere Informationen zum Verjährung im Diesel-/ Abgasskandal finden Sie auf: Verjährung im Dieselskandal? Wichtige BGH-Entscheidung im Abgasskandal.

Gründe

I.

Dieselskandal Verjährung
Streit um die Verjährung im Dieselskandal nach einem Kauf eines VW Passat mit einem Dieselmotor, welcher eine Software zur Abgassteuerung enthält. (Symbolfoto: Von Lightspruch/Shutterstock.com)

Der Kläger erwarb am 11. Juni 2012 von einem Autohändler einen von der Beklagten hergestellten neuen VW Passat Variant Highline BMT 2.0 TDI mit einer Laufleistung von 14 km zu einem Kaufpreis von 41.339,43 €. Der Händler leitete den Kaufpreis abzüglich seiner Marge in Höhe von 15% an die Beklagte weiter. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betrug die Laufleistung 141.109 km.

Das Fahrzeug war mit einem Dieselmotor der Beklagten des Typs EA 189 EU 5 ausgestattet, der eine Software zur Abgassteuerung enthält. Diese Software verfügt über zwei Betriebsmodi. Im „Modus 1“, der beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) automatisch aktiviert wird, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Bei im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Fahrbedingungen ist der „Modus 0“ aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit zu einem höheren Stickoxidausstoß führt. Das Kraftfahrtbundesamt verfügte mit Bescheid vom 15. Oktober 2015 gegenüber der Beklagten, zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit der Typgenehmigung des Motors EA189 EU5 die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen, und drohte damit, andernfalls die Typgenehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen oder zurückzunehmen. Zugleich wurde die Beklagte verpflichtet, den technischen Nachweis zu führen, dass nach Entfernen der als unzulässig eingestuften Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen erfüllt werden. Mit Schreiben vom 20. Juni 2016 bestätigte das KBA der Beklagten, dass die von ihr entwickelten technischen Maßnahmen (Softwareupdate) geeignet sind, die Vorschriftsmäßigkeit herzustellen.

Die Beklagte informierte hierüber die breite Öffentlichkeit in Form von Pressemitteilungen ab Ende September 2015, insbesondere mittels einer Ad-hoc-Mitteilung vom 22. September 2015. Auch durch das Kraftfahrtbundesamt wurde die Öffentlichkeit informiert. Zeitgleich war der sogenannte Dieselskandal Gegenstand einer sehr umfassenden Presseberichterstattung. Die Beklagte informierte die Halter mit Schreiben vom Februar 2016 darüber, dass „der in seinem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor mit einer Software ausgestattet sei, durch die die Stickoxidwerte (NOx) im Vergleich zwischen Prüfstand (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert würden“ sowie über die Entwicklung und den weiteren Zeitplan für die konkrete Zurverfügungstellung des Updates.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der näheren Einzelheiten des Sachverhalts, der tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe verwiesen wird, hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 22.976,28 € (unter Zugrundelegung einer erwarteten Gesamtlaufleistung von 300.000km) nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs sowie 1.358,86 € an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen zu zahlen. Weiter hat es den Annahmeverzug der Beklagten mit der Zug-um-Zug-Leistung festgestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB zustehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die vollumfängliche Klagabweisung verfolgt. Sie beruft sich insbesondere auf die – bereits in erster Instanz erhobene und dort fallen gelassene – Einrede der Verjährung. Hinsichtlich eines Anspruchs aus § 852 BGB sei dieser bereits nicht anwendbar. Es fehle ein wirtschaftlicher Schaden des Klägers, bei der Belastung mit einer ungewollten Verbindlichkeit handele es sich lediglich um einen normativen Schaden. Der Anwendungsbereich sei zudem teleologisch zu reduzieren auf die Fälle, in denen der Geschädigte aufgrund unklarer Prozessaussichten auf eine Klage verzichtet habe. Wegen der Möglichkeit, sich der Musterfeststellungsklage anzuschließen, greife die Vorschrift daher hier nicht ein. Selbst wenn ein Anspruch gegeben wäre, bestünde er nur in Höhe des erzielten Nettogewinns. In jedem Fall seien bereicherungsmindernde Abzugsposten zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Frühestens ab der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs im Jahr 2020 sei eine Klageerhebung zumutbar gewesen. Ungeachtet dessen sei erst in 2019 zu Tage getreten, dass in dem Software-Update weitere unerlaubte Abschalteinrichtungen verbaut worden seien.

II.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Restschadensersatz aus § 852 BGB in Höhe von 18.006,98 € nebst Zinsen sowie auf den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

A. Der Kläger kann von der Beklagten aus § 852 Satz 1 BGB 18.006,98 € nebst Zinsen verlangen.

1. Dem Kläger stand ursprünglich ein mittlerweile verjährter Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 BGB gegen die Beklagte in Höhe von 18.006,98 € zu.

a) Das Landgericht ist zunächst zutreffend und von der Berufung unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Beklagte gegenüber Käufern von Fahrzeugen, die – wie hier – mit dem VW-Dieselmotor EA 189 ausgestattet und vom sog. „Diesel-Abgasskandal“ betroffen sind, grundsätzlich wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB verpflichtet ist, gegen Übereignung des betreffenden Wagens den um Nutzungsvorteile geminderten Kaufpreis zu erstatten. Insoweit wird auf die bisherige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle Bezug genommen, die im Einklang mit den aktuellen höchstrichterlichen Entscheidungen steht (vgl. Urteile des 7. Zivilsenats vom 20. November 2019 – 7 U 244/18 und vom 22. Januar 2020 – 7 U 445/18; BGH, Urteile vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19 und jew. vom 30. Juli 2020 – VI ZR 354/19, – ZR 367/19 und – VI ZR 397/19). Auf die Ausführungen des Landgerichts wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

b) Bei der gemäß § 287 ZPO vorzunehmenden Bemessung der anzurechnenden Vorteile ist folgende Berechnungsformel zugrunde zu legen: Bruttokaufpreis x gefahrene Strecke (seit Erwerb) / erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt = gezogene Nutzungen (vgl. BGH, Urteil vom 9. April 2014 – VIII ZR 215/13, juris Rn. 14 mwN zum Rücktritt; Urteil vom 19. Januar 2021 – VI ZR 8/20, juris Rn. 13; Urteil vom 23. März 2021 – VI ZR 3/20, juris Rn. 10; Urteil vom 18. Mai 2021 – VI ZR 720/20, juris Rn. 6 zur Schadenshaftung). Für die Berechnung der Nutzungsvorteile schätzt der Senat (§ 287 ZPO) die Gesamtlaufleistung auf 250.000 km (so auch OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 – 13 U 149/18, juris Rn. 91 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. März 2019 – 13 U 142/18, juris Rn. 114). Diese Laufleistung entspricht der gewöhnlichen Lebensdauer eines Mittelklassefahrzeugs (wenn auch nicht der maximalen, bei entsprechend gesteigertem Erhaltungsaufwand technisch möglichen Leistungsgrenze) und wird der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Celle regelmäßig zugrunde gelegt (vgl. Senatsurteile vom 20. November 2019 – 7 U 244/18 und vom 22. Januar 2020 – 7 U 445/18). Daraus ergibt sich ein Nutzungsvorteil von 23.332,45 €, so dass ein zu erstattender Schadensersatz in Höhe von 18.006,98 € verbleibt.

c) Der Anspruch des Klägers ist aber – worüber das Landgericht nicht zu befinden hatte – verjährt, weil der Kläger spätestens seit 2016 mindestens grob fahrlässige Unkenntnis sowohl vom Dieselskandal als auch der Betroffenheit seines Fahrzeugs hatte und damit die ihm grundsätzlich zustehenden Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB bei Klageeingang im Juli 2020 bereits verjährt waren.

aa) Die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährung und damit für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB trägt der Schuldner. Soweit es um Umstände aus der Sphäre des Gläubigers geht, hat dieser aber an der Sachaufklärung mitzuwirken und erforderlichenfalls darzulegen, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seiner Ansprüche und der Person des Schuldners getan hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – VI ZR 1118/20, juris Rn. 17 mwN). Auch unter Berücksichtigung der Öffentlichkeitsarbeit der Beklagten und des Kraftfahrtbundesamts sowie der sich hieran anschließenden umfangreichen Medienberichterstattung über den sogenannten Dieselskandal setzt der Schluss auf eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB die ergänzende Feststellung voraus, dass der Kläger diese Berichterstattung wahrgenommen und damit allgemein vom sogenannten Dieselskandal Kenntnis erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 – VI ZR 1118/20, juris Rn. 18).

bb) Diese Voraussetzungen liegen hier zur Überzeugung des Senats (§ 286 ZPO) vor.

(1) Die Beklagte hat ausführlich und nachvollziehbar unter Bezugnahme auf die von ihr selbst veranlasste Ad-hoc- und Pressemitteilung vom 22. September 2015 – die objektiv geeignet waren, das Vertrauen potentieller Käufer von Gebrauchtwagen aller Konzernmarken mit Dieselmotoren des Typs EA189 in eine vorschriftsgemäße Abgastechnik zu zerstören (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2021 – VI ZR 518/20, juris Rn. 9) –, die in der nachfolgenden Zeit in Funk, Fernsehen und den Print- und Onlinemedien erfolgten Veröffentlichungen sowie die in der Pressemitteilung vom 2. Oktober 2015 bekannt gemachte Möglichkeit der Online-Ermittlung der individuellen Schadensbetroffenheit dargelegt (vgl. GA 165 ff., 169 f.), dass der Kläger seit Herbst 2015 über die erforderlichen Kenntnisse für eine erfolgversprechende Klageerhebung verfügt haben müsse. Spätestens in 2016 habe er durch das Kundenanschreiben der Beklagten Kenntnis erlangt, dass sein Fahrzeug zu den von dem Dieselskandal betroffenen Fahrzeugen gehöre.

(2) Dem ist der Kläger nicht mit Substanz entgegen getreten, insbesondere hat er nicht in Abrede genommen, die Öffentlichkeitsberichterstattung wahrgenommen oder die Informationsschreiben erhalten zu haben. Soweit er in der Berufungserwiderung eine Kenntnis seiner individuellen Betroffenheit erst für 2017 vorträgt, kommt es hierauf nicht entscheidend an, weil er bereits zuvor ohne grobe Fahrlässigkeit diese Kenntnis hätte haben müssen. Überdies teilt er nicht mit, worauf dies beruhen soll, zumal sich der Vortrag auf den Erwerb eines Skoda bezieht (GA 206 Abs. 1), streitgegenständlich jedoch der Erwerb eines VW Passat ist. Da die die Erhebung der Verjährungseinrede und die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Prozessparteien somit gemäß § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig geblieben sind, ist die erstmals im Berufungsrechtszug erhobene Verjährungseinrede unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO zuzulassen.

(3) Damit wusste der Kläger oder hätte zumindest ohne grobe Fahrlässigkeit wissen müssen, dass sein Fahrzeug mit einer Motorsteuerungssoftware ausgestattet war, die so programmiert war, dass die gesetzlichen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten, im normalen Fahrbetrieb hingegen überschritten wurden, und dass das Kraftfahrtbundesamt der Beklagten deshalb eine Nachbesserung der betroffenen Fahrzeuge aufgab.

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(4) Ebenfalls wusste der Kläger, ob er bei dem Kauf des Fahrzeugs die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben als selbstverständlich vorausgesetzt hatte und ob er das Fahrzeug auch gekauft hätte, wenn er von dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung und den damit möglicherweise verbundenen Konsequenzen gewusst hätte.

cc) Im Zeitpunkt der Klageerhebung war die dreijährige Regelverjährung bereits abgelaufen. Sie begann spätestens mit dem Schluss des Jahres 2016 und endete mit dem Ablauf von 2019. Mit dem Aufspielen des Software-Updates begann die Verjährungsfrist nicht erneut zu laufen, weil darin kein Anerkenntnis der Beklagten im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liegt.

dd) Der Beklagten ist es nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf den Einwand der Verjährung zu berufen.

(1) Der Erhebung der Verjährungseinrede kann der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengesetzt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die die Einrede als groben Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen. Dabei kann es genügen, wenn der Schuldner den Gläubiger nur unabsichtlich von der Wahrung der Verjährungsfrist abgehalten hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 2019 – IV ZR 317/17, BGHZ 224, 40 Rn. 37 mwN). Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2013 – IX ZR 215/12, juris Rn. 15).

(2) Dass die Beklagte den Kläger durch ihr Verhalten von der rechtzeitigen Erhebung der Klage abgehalten hat, lässt sich nicht feststellen. Das Wiederaufgreifen der Einrede in der Berufungsinstanz ist hierfür offensichtlich ungeeignet. Soweit der Kläger anführt, die Beklagte habe wahrheitswidrig behauptet, mit dem Softwareupdate alle Unregelmäßigkeiten beseitigt zu haben, dringt er auch hiermit nicht durch. Insoweit ist ein erneutes deliktisches Handeln – wie nachfolgend ausgeführt – nicht schlüssig vorgetragen.

ee) Der Kläger kann seine Klage nicht auf ein erneutes deliktisches Handeln der Beklagten durch Aufspielen des Softwareupdates stützen.

(1) Der Kläger legt bereits nicht schlüssig dar, dass nach Aufspielen des Updates noch der „Grundmangel“ der möglichen Untersagung der Betriebserlaubnis vorliegt.

(a) Für eine deliktische Haftung des Herstellers nach §§ 826, 31 BGB wegen Täuschung im EG-Typengenehmigungsverfahren genügt es, wenn der Anspruchsteller einen Sachverhalt („Mangelanlage“/Grundmangel) darlegt, der – gegebenenfalls in Verbindung mit weiteren Umständen (vor allem einer Entscheidung beziehungsweise Äußerung der zuständigen Typgenehmigungsbehörde) – dazu führen kann, dass die deutsche Zulassungsbehörde eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung nach § 5 Abs. 1 FZV vornimmt, weil das Fahrzeug wegen der gegen Art. 5 Abs. 2 VO 715/2007/EG verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 FZV) entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2021 – VIII ZR 357/20, juris Rn. 30; Urteil vom 27. Juli 2021 – VI ZR 151/20, juris Rn. 13 mwN). Die Annahme von Sittenwidrigkeit setzt nicht voraus, dass eine Untersagung der Betriebserlaubnis unmittelbar bevorgestanden hätte. Es genügt, dass nicht feststand, welche der rechtlich möglichen und grundsätzlich auch die Vornahme einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung nach § 5 Abs. 1 FZV umfassenden Maßnahmen die Behörden bei Aufdeckung der Verwendung der unzulässigen Abschalteinrichtung in Form der Umschaltlogik ergreifen würden (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2021 – VI ZR 151/20, juris Rn. 13 mwN). Diese Gefahr besteht nicht nur bei einer bereits erfolgten Umrüstungsanordnung der zuständigen Typgenehmigungsbehörde. Vielmehr liegt sie auch in den Fällen vor, in denen die zuständige EG-Typgenehmigungsbehörde eine entsprechende Maßnahme gegenüber dem Hersteller noch nicht gefordert beziehungsweise noch nicht ihr Einverständnis mit einem solchen Vorgehen erklärt hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2021 – VIII ZR 357/20, juris Rn. 30).

(b) Ein solches Einverständnis liegt hier jedoch vor. Das Kraftfahrtbundesamt hat das von der Beklagten entwickelte Softwareupdate freigegeben und damit zugleich deutlich gemacht, dass es eine Hardwareumrüstung für den Verzicht auf die Untersagung der Betriebserlaubnis nicht für erforderlich hält. Seitdem ist es – mit einer Ausnahme – nicht zu Beanstandungen des Softwareupdates durch das Kraftfahrtbundesamt gekommen.

(2) Ein entsprechendes Indiz für das Vorhandensein unzulässiger Abschalteinrichtungen trotz einer Überprüfung durch das Kraftfahrtbundesamt begründet sich nicht aus der von dem Kläger behaupteten Manipulation des OBD-Systems oder des angeordneten Rückrufs des Modells VW EOS.

(a) Die Schlussfolgerungen des Klägers, dass das Nichtaufleuchten der Hinweislampe am Armaturenbrett auf eine bewusste Unterdrückung von Warnhinweisen für eine nicht ordnungsgemäße Abgasreinigung spreche, erweisen sich nicht als tragfähig. Da das Diagnosesystem mit der elektronischen Steuerung des Motor- und Abgassystems verknüpft ist und daher keine Betriebszustände als fehlerhaft anzeigt, die von der Motorsteuerung vorgegeben werden, liegt es auf der Hand, dass ein Unterbleiben eines „Alarm-Schlagens“ des OBD-Systems unter diese Voraussetzungen kein Indiz für eine Software-Manipulation ist.

(b) Auch lassen sich Indizien dafür, dass das Software-Update zu einer Implementierung unzulässiger Abschalteinrichtungen bei dem Fahrzeug des Klägers geführt habe, nicht aus dem Umstand herleiten, dass das Kraftfahrtbundesamt isoliert für das Modell VW EOS – und nur für dieses – am 14. September 2020 einen Rückruf angeordnet hat. Denn gerade die Modellspezifizität des Rückrufs belegt, dass aus einem solchen nicht pauschal auf eine Ausstattung auch anderer Fahrzeugtypen und -modelle aus dem Angebot der Beklagten mit einer gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt nicht ausreichend offengelegten Abschaltvorrichtung geschlossen werden kann.

(3) Darüber hinaus ist die für die Annahme der Sittenwidrigkeit erforderliche Verwerflichkeit nicht dargelegt.

(a) Insoweit hat der Kläger die Implementierung einer neuerlichen Zykluserkennung, die den Schluss auf ein verwerfliches Handeln möglicherweise tragen könnte, nicht schlüssig dargelegt. Allein der Hinweis auf Diskrepanzen zwischen Stickoxidemissionen unter Prüfstandbedingungen, die nach damaliger Rechtslage (Euro-5-Norm) zur Erlangung der Typgenehmigung allein maßgeblich waren, und unter normalen Betriebsbedingungen auf der Straße genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 2021 – VI ZR 128/20, juris Rn. 23).

(b) Die Verwerflichkeit des Verhaltens der Beklagten setzte sich auch nicht deshalb in lediglich veränderter Form fort, weil die Beklagte mit dem Software-Update eine temperaturabhängige Steuerung des Emissionskontrollsystems (Thermofenster) implementiert hat und nach dem Vortrag des Klägers negative Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch und den Verschleiß der betroffenen Fahrzeuge bestehen. Dies rechtfertigt den Vorwurf besonderer Verwerflichkeit in der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht.

(aa) Dabei kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass eine derartige temperaturbeeinflusste Steuerung der Abgasrückführung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren ist (vgl. zu Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 auch EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020 – C-693/18). Der darin liegende – unterstellte – Gesetzesverstoß reicht aber (allein) nicht aus, um das Gesamtverhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren. Hierfür bedürfte es weiterer Umstände im Zusammenhang mit der Entwicklung und Genehmigung des Software-Updates (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, juris Rn. 26).Dies setzt jedenfalls voraus, dass die für die Beklagten handelnden Personen bei der Entwicklung und/oder Applikation der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen. Fehlt es hieran, ist der objektive Tatbestand der Sittenwidrigkeit nicht erfüllt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, juris Rn. 28).Eine abweichende Beurteilung ist auch dann nicht geboten, wenn das von der Beklagten entwickelte Software-Update negative Auswirkungen auf den Kraftstoffverbrauch und den Verschleiß der betroffenen Fahrzeuge hat (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2021 – VI ZR 889/20, juris Rn. 30).

(bb) Substantiierten Vortrag hierzu hat der Kläger nicht gehalten. Er will auf die Verwerflichkeit bei der Installation des Softwareupdates letztlich – weil eine Zykluserkennung nicht schlüssig dargelegt ist (s. o.) – allein aus dem Thermofenster schließen. Das genügt jedoch nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht. Hinzu kommt Folgendes: Wenn nicht einmal die Zulassungsbehörde die vom EuGH nunmehr aufgestellten Anforderungen teilte, kann ein entsprechendes Wissen von der Beklagten, das für den Vorwurf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung denknotwendig ist, erst recht nicht verlangt werden. Darüber hinaus verkennt der Kläger in diesem Zusammenhang, dass detaillierte Angaben zu den Emissionsstrategien im Typengenehmigungsverfahren erst im Jahr 2016 mit der Verordnung (EU) 2016/646 und damit nach Erteilung der Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug eingeführt wurden. Schon aus diesem Grund war daher zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt eine von dem Kläger geforderte Offenlegung der genauen Wirkungsweise des Thermofensters durch die Beklagte gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt nicht geschuldet.

(4) Ungeachtet dessen kann der Kläger seine Klage nicht auf das Aufspielen des Softwareupdates stützen, weil eine hierin eventuell liegende Täuschung nicht für die zuvor eingetretene Belastung mit dem „ungewollten Kaufvertrag“ ursächlich wäre.

2. Die Beklagte hat den Kaufpreis abzüglich der Händlermarge, mithin 35.138,52 €, auf Kosten des Klägers erlangt.

Bei einem Neuwagenkauf von einem Autohändler hat der Fahrzeughersteller, der im Rahmen einer von ihm bei der Motorenentwicklung getroffenen strategischen Entscheidung, die Typgenehmigungen der Fahrzeuge durch arglistige Täuschung des Kraftfahrtbundesamts zu erschleichen und die derart bemakelten Fahrzeuge alsdann in Verkehr zu bringen, die Arglosigkeit und das Vertrauen der Fahrzeugkäufer gezielt ausnutzt, auf Kosten des Fahrzeugkäufers den Kaufpreis abzüglich einer Händlermarge im Sinne von § 852 Satz 1 BGB erlangt. Das ist allerdings umstritten.

a) Nach einer Ansicht ist auf Konstellationen wie die vorliegende § 852 BGB nicht anwendbar (vgl. OLG Oldenburg, Beschluss vom 5. Januar 2021 – 2 U 168/20, BeckRS 2021, 1641 Rn. 16 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Januar 2021 – 19 U 170/20, juris Rn. 17; OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Mai 2021 – 5 U 57/20, juris Rn. 55 ff.; OLG Koblenz, Urteil v. 25. Juni 2021 – 15 U 19/21; OLG Bamberg, Urteil vom 4. August 2021 – 3 U 110/21, juris Rn. 8 ff.; Martinek, jM 2021, 56). Die hierfür gegebene Begründung ist nicht einheitlich. Teilweise wird angeführt, der Zweck, den Schädiger nicht im Genuss des unrechtmäßig erlangten Vorteils zu lassen, könne von vornherein nicht erreicht werden, weil kein wirtschaftliches Ungleichgewicht eingetreten sei, das kompensiert werden könne (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Mai 2021 – 5 U 57/20, juris Rn. 56). Die Anwendbarkeit von § 852 BGB führte zu einer vollständigen Aushebelung der Verjährungsvorschriften (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Mai 2021 – 5 U 57/20, juris Rn. 57). Teilweise wird eine teleologische Reduktion der Vorschrift angenommen. Es bestehe das ungeschriebene Erfordernis eines besonderen Prozessrisikos, dass jedenfalls wegen der Möglichkeit, sich der Musterfeststellungsklage anzuschließen, nicht bestanden habe (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. Januar 2021 – 19 U 170/20, juris Rn. 17; LG Frankfurt, Urteil vom 22. Januar 2021 – 25 O 161/20, juris Rn. 20; Martinek, jM 2021, 56 ff.). Schließlich wird davon ausgegangen, dass § 852 Satz 1 BGB auf besondere Fallgruppen beschränkt sei, bei denen ein Verbleib des deliktisch erlangten Vermögensvorteils bei dem Schädiger dem Geschädigten nicht zuzumuten sei (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 4. August 2021 – 3 U 110/21, juris Rn. 10).

b) Eine andere Ansicht will das Erlangte in dem Bruttokaufpreis ohne Abzugspositionen sehen (vgl. LG Trier, Verfügung vom 8. Oktober 2020 – 5 O 173/20, BeckRS 2020, 27529; van de Loo/Walther, BB 2021, 1227, 1230 f.). Auf den Bruttokaufpreis müsse abgestellt werden, um alle Vermögensvorteile, welche der Schädiger durch die schädigende Handlung erlangt habe, vollständig erfassen zu können. Diesen Betrag erlange er rein tatsächlich aus der schädigenden Handlung. Eine Händlermarge könne nur als Entreicherungseinwand im Sinne von § 818 Abs. 3 BGB angesehen werden, auf den sich der bösgläubig haftende Schädiger nicht berufen könne (vgl. van de Loo/Walther, BB 2021, 1227, 1231).

c) Nach einer weiteren Auffassung kann der Geschädigte gemäß § 852 Satz 1 BGB den Gewinn des Schädigers herausverlangen (vgl. OLG Oldenburg, Beschlüsse vom 22. Januar 2021 – 2 U 126/20, BeckRS 2021, 1091 Rn. 4 und vom 21. Januar 2021 – 2 U 168/20, BeckRS 2021, 1642 Rn. 9; OLG Stuttgart, Urteile vom 10. Februar 2021 – 9 U 402/20, BeckRS 2021, 5498 Rn. 45 und vom 12. Mai 2021 – 9 U 17/21, juris Rn. 70; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. April 2021 – 23 U 143/20, juris Rn. 29; Martinek, jM 2021, 9, 13; Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 17). Von dem erlangten Kaufpreis seien alle mit dem die Grundlage der Bereicherung bildenden Tatbestand in einem adäquatursächlichen Zusammenhang stehenden Kosten, mithin die Händlermarge und alle Material-, Produktions- und sonstigen bei Herstellung und Anmeldung sowie gegebenenfalls Überführung entstandenen Kosten abzuziehen (vgl. OLG Stuttgart, Urteile vom 10. Februar 2021 – 9 U 402/20, BeckRS 2021, 5498 Rn. 45 und vom 12. Mai 2021 – 9 U 17/21, juris Rn. 61; Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 13 f., 17). Teilweise wird dies auf § 818 Abs. 3 BGB gestützt (vgl. OLG Stuttgart, Urteile vom 10. Februar 2021 – 9 U 402/20, BeckRS 2021, 5498 Rn. 45), teilweise angenommen, der Schädiger erlange den Kaufpreis nur belastet mit der Lieferverpflichtung (vgl. OLG Stuttgart, Urteile vom 10. Februar 2021 – 9 U 402/20, BeckRS 2021, 5498 Rn. 46; Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 13 f.). Vereinzelt soll zusätzlich von der Gewinnmarge noch ein Nutzungsersatz in Abzug gebracht werden (vgl. OLG Oldenburg, Beschlüsse vom 22. Januar 2021 – 2 U 126/20, BeckRS 2021, 1091 Rn. 5 und vom 21. Januar 2021 – 2 U 168/20, BeckRS 2021, 1642 Rn. 10).

d) Nach einer vierten Ansicht hat der Schädiger durch seine Tat auf Kosten des Geschädigten den durch eine Händlermarge verminderten Kaufpreis erlangt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 9. März 2021 – 10 U 339/20, juris Rn. 38 ff., 61 ff.; OLG Oldenburg, Urteil vom 22. April 2021 – 14 U 225/20, juris Rn. 51 ff.; OLG Hamm, Urteil vom 3. Mai 2021 – 17 U 196/20, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Juli 2021 – 13 U 123/21, juris Rn. 80; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2021 – 6 U 934/20, juris Rn. 66; Augenhofer, VuR 2019, 83, 86; Bruns, NJW 2021, 1121 Rn. 9; Foerster, VuR 2021, 180, 181).

e) Die zuletzt genannte Ansicht trifft zu. Bei einem Neuwagenkauf von einem Autohändler hat der Schädiger den Kaufpreis abzüglich einer Händlermarge auf Kosten des Geschädigten erlangt.

aa) Der Bereicherungsanspruch aus § 852 Satz 1 BGB findet auf Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB wegen des Eingehens einer ungewollten Verbindlichkeit Anwendung. Weder ist ein besonderes Prozessrisiko oder die Unzumutbarkeit des Verbleibs der Bereicherung bei dem Schädiger trotz Verjährung Tatbestandsvoraussetzung noch gebieten Entstehungsgeschichte oder Sinn und Zweck ein einschränkendes Normverständnis.

(1) Nach dem Wortlaut des § 852 BGB ist der Ersatzpflichtige, der durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt hat, auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens zur Herausgabe nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt in zehn Jahren von seiner Entstehung an, ohne Rücksicht auf die Entstehung in 30 Jahren von der Begehung der Verletzungshandlung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an. Das erfasst ohne Weiteres das – veranlasst durch das einer arglistigen Täuschung gleichstehende sittenwidrige Verhalten der Beklagten – Eingehen einer ungewollten Verpflichtung. Eine Beschränkung des Anspruchs nach einem mit der Durchsetzung verbundenen Kostenrisiko oder eine besondere Härte für den Geschädigten ist dem nicht zu entnehmen.

(2) Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt dieses Normverständnis.

(a) Nach der ursprünglichen Konzeption des Gesetzgebers des Bürgerlichen Gesetzbuchs sollte die Vorschrift klarstellen, dass der Bereicherungsanspruch gegen den Ersatzpflichtigen, der aus (irgend)einer unerlaubten Handlung auf Kosten des Geschädigten etwas erlangt hat, nicht der kurzen deliktsrechtlichen Verjährung unterliegt. Der Geschädigte sollte bei dem Schädiger das aus der unerlaubten Handlung Erlangte auch nach Eintritt der Verjährung abschöpfen können, gleich ob es sich um eine vorsätzliche oder fahrlässig begangene Tat handelt (vgl. Mugdan, Die gesammten Materialen zum BGB, Bd. II S. 415). Im weiteren Gesetzgebungsverfahren ist lediglich der Verweis auf die Herausgabe wegen verwerflichen Empfanges durch eine allgemeine Verweisung auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung ersetzt worden (vgl. Mugdan, Die gesammten Materialen zum BGB, Bd. II S. 1098 f.). Ein besonderes Prozessrisiko oder eine Zumutbarkeitsprüfung, mit der der Ausschluss der Vorschrift teilweise begründet wird, ist gesetzlich nicht vorgesehen und widerspräche den Vorstellungen des Gesetzgebers. Dieser hat sich bewusst für eine einfache und allgemein verständliche Ausgestaltung des Bereicherungsanspruchs entschieden (vgl. Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. II S. 415). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn der durch Delikt Geschädigte von dem Bereicherungsanspruch nur unter der Voraussetzung Gebrauch machen dürfte, dass die Geltendmachung und Vollstreckung des Schadensersatzanspruchs gefährdet gewesen oder die Aufrechterhaltung der rechtswidrigen Vermögenslage schlechthin unerträglich wäre.

(b) An dieser Zielsetzung hat der Gesetzgeber trotz der Angleichung der Verjährung bereicherungsrechtlicher und deliktischer Ersatzansprüche durch die Schuldrechtsreform festgehalten (vgl. BT-Drucks. 14/6020 S. 270). Die in der Reformdiskussion erwogene Streichung der Vorschrift ist nicht Gesetz geworden.

(aa) Der Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 4. August 2000 (dort Nr. 44 S. 90, 246 f., 541) und gleichlautend dessen konsolidierte Fassung vom 6. März 2001 (dort Nr. 56 S. 62) sahen eine Aufhebung der Vorschrift des § 852 BGB vor. Infolge der Anpassung der Verjährungsfristen erschien die Privilegierung des aus einer unerlaubten Handlung folgenden Bereicherungsanspruchs nicht mehr gerechtfertigt. Der Verletzte habe in der kenntnisabhängig beginnenden Frist von drei Jahren ausreichend Gelegenheit zur Geltendmachung auch seiner Herausgabeansprüche (vgl. Diskussionsentwurf eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes S. 246 f.). Die Bundesregierung hatte diesen Vorschlag aber nicht in den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 11. Mai 2001 übernommen. Der deliktische Bereicherungsanspruch sollte vielmehr neben Spezialtatbeständen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums auch für die §§ 823 ff. BGB fortbestehen. Mit der in Satz 2 bestimmten Verjährungsfrist, die § 199 Abs. 3 Satz 1 BGB entspricht, wollte es der Gesetzgeber dem Geschädigten ermöglichen – nicht anders als nach altem Recht – den Bereicherungsanspruch in der gesetzlichen Verjährungshöchstfrist geltend zu machen (vgl. BR-Drucks. 338/01 S. 639 f., gleichlautend mit BT-Drucks. 14/6040 S. 270).

(bb) Dieser Gesetzgebungshistorie ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, der Reformgesetzgeber habe den weiten Anwendungsbereich des § 852 Satz 1 BGB nur auf besondere Fallgruppen beschränken wollen.

Der Gesetzgeber der Schuldrechtsreform hat einen deliktischen Bereicherungsanspruch insbesondere nicht auf Spezialtatbestände auf dem Gebiet des geistigen Eigentums beschränkt. Im Gegenteil hat er den früheren § 141 Satz 3 PatG, der den gleichen Wortlaut wie § 852 Satz 1 BGB hatte, durch eine Verweisung auf diese Vorschrift ersetzt (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 282). In gleicher Weise ist er hinsichtlich anderer Immaterialgüterrechte verfahren (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 283). Hätte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von § 852 Satz 1 BGB im Wesentlichen auf das Immaterialgüterrecht beschränken wollen, hätte die Beibehaltung der Spezialtatbestände bei gleichzeitiger Aufhebung des § 852 BGB nahe gelegen.

Der Gesetzesbegründung lässt sich auch im Übrigen eine Beschränkung auf besonders gelagerte Fälle oder eine Unzumutbarkeit für den Geschädigten nicht entnehmen. In den in den Gesetzesmaterialien genannten Beispielen (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 270) trägt der Geschädigte lediglich das allgemeine Prozess- und Vollstreckungsrisiko. Ein darüber hinaus verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke ist den Beispielen nicht gemeinsam. Mit ihnen sollte lediglich das Bedürfnis für die Beibehaltung von § 852 Satz 1 BGB im Hinblick auf die im Gesetzgebungsverfahren geäußerte Kritik illustriert werden.

(3) Schließlich gebieten Sinn und Zweck der Vorschrift des § 852 BGB deren Anwendung auf § 826 BGB.

(a) Sinn und Zweck der Norm ist es zu verhindern, dass derjenige, der durch eine unerlaubte Handlung etwas erworben hat, nach Ablauf der kurzen dreijährigen Verjährungsfrist zu Lasten des Geschädigten in dem Genuss des Erlangten bleibt (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juni 1965 – VII ZR 198/63, juris Rn. 66; vom 14. Februar 1978 – X ZR 19/76, juris Rn. 62; vom 27. Mai 1986 – III ZR 239/84, juris Rn. 25 und vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 22; Vorlagebeschluss vom 7. März 2019 – 3 StR 192/18, NJW 2019, 1891 Rn. 67; Mugdan, Die gesammten Materialen zum BGB, Bd. II S. 415). Der verjährte Deliktsanspruch bleibt als solcher bestehen. Er wird nur in seinem Umfang auf das beschränkt, was der Schädiger durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten erlangt hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 19; BAG, Urteil vom 24. Oktober 2001 – 5 AZR 32/00, juris Rn. 32; BT-Drucks. 14/6040 S. 270). Maßgebend ist allein, ob der Erwerb des Schuldners in dem Verhältnis zu dem Geschädigten unrechtmäßig war und ob die dadurch entstandene Vermögensvermehrung auf dessen Kosten geht (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 1965 – VII ZR 198/63, juris Rn. 66). Wertungsmäßig knüpft der Kondiktionsanspruch aus § 852 Satz 1 BGB an die verjährte unerlaubte Handlung und dem mit ihr einhergehenden Unrechtsurteil an. Der Zweck der Vorschrift wird daher auch dann erreicht, wenn dem Geschädigten infolge der unerlaubten Handlung kein wirtschaftlicher, sondern ein normativer Schaden entstanden ist, sofern der Schädiger nur etwas aus seiner Tat aus dem Vermögen des Geschädigten erlangt hat (vgl. mit einem Negativbeispiel, BAG, Urteil vom 24. Oktober 2001 – 5 AZR 32/00, juris Rn. 32; auch BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2017 – III ZR 117/17, juris Rn. 2).

(b) Darüber hinaus liegt in Konstellationen wie der vorliegenden ein Vermögensschaden vor (vgl. BGH, Urteile vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 46 und 48 und vom 6. Juli 2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 25). Zur Berechnung dieses Schadens, stehen dem Geschädigten zwei Möglichkeiten offen: Er kann wirtschaftlich gesehen Rückgängigmachung des Vertrages gegenüber dem Dritten verlangen (= Kaufpreiserstattung abzüglich Nutzungsersatz Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs) oder, wenn er nunmehr am Vertrag festhalten will, Erstattung des objektiven Minderwerts zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2021 – VI ZR 40/20, juris Rn. 21aE). Es liegt nahe, dass es sich bei dem so bestimmten Schaden um einen objektiven Vermögensschaden handelt: Da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein allgemeiner Erfahrungssatz dahin besteht, dass ein Käufer, der ein Fahrzeug zur eigenen Nutzung erwirbt, bei der bestehenden Gefahr einer Betriebsbeschränkung oder -untersagung von dem Erwerb des Fahrzeugs abgesehen hätte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 51), dürfte von der Unverkäuflichkeit des Fahrzeugs und damit dessen Wertlosigkeit bei Vertragsschluss auszugehen sein.

(c) Der Einwand, dass durch die Anwendung von § 852 BGB in bestimmten Konstellationen die Verjährung des Schadensersatzanspruchs „ausgehebelt“ werde, übersieht, dass gerade hierin die gesetzgeberische Intention liegt: Der Anspruch aus § 852 BGB ist als Rechtsverteidigung gegenüber der Einrede der Verjährung ausgestaltet (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1978 – X ZR 19/76, juris Rn. 61). Nur so lässt sich das Ziel erreichen, dass der Schädiger auch nach Ablauf der Verjährung des Schadensersatzanspruchs die Früchte seiner Tat nicht soll genießen dürfen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 23; auch BGH, Vorlagebeschluss vom 7. März 2019 – 3 StR 192/18, NJW 2019, 1891 Rn. 67).Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch aus § 852 BGB gegenüber dem Schadensersatzanspruch seinem Umfang nach beschränkt ist. Der Geschädigte kann seinen Schaden nicht mehr konkret berechnen und der Schädiger hat nur noch herauszugeben, was er durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten erlangt hat; für einen Schaden, dem kein eigener wirtschaftlicher Vorteil entspricht, muss er hingegen nicht mehr einstehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 23; BAG, Urteil vom 24. Oktober 2001 – 5 AZR 32/00, juris Rn. 32).

(4) Aus diesen Gründen ist der Anwendungsbereich von § 852 Satz 1 BGB auch nicht im Wege einer teleologischen Reduktion einzuschränken.

(a) Eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion setzt eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ob eine derartige Lücke besteht, ist vom Standpunkt des Gesetzes und der ihm zugrundeliegenden Regelungsabsicht zu beurteilen. Das Gesetz muss, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig sein (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2020 – VIII ZR 323/18, juris Rn. 31 mwN).

(b) Nach diesem Maßstab liegt schon deshalb keine verdeckte Regelungslücke vor, weil eine „Bedenkzeitfunktion“ als eigenständiger Zweck (und nicht lediglich als bloße Folge der über die Verjährung des eigentlichen Schadensersatzanspruchs hinaus verlängerten Herausgabepflicht) in § 852 BGB nicht enthalten ist. Einziger und von dem Gesetzgeber ausdrücklich genannter Zweck des § 852 Satz 1 BGB ist es, bei dem Schädiger das aus der unerlaubten Handlung Erlangte abzuschöpfen (vgl. Mugdan, Die gesammten Materialen zum BGB, Bd. II, S. 415; BT-Drucks. 14/6020 S. 270); maßgeblich ist dessen fehlende Schutzwürdigkeit, nicht eine besondere Schutzbedürftigkeit des Geschädigten (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 12. Mai 2021 – 9 U 17/21, juris Rn. 65). Der gesetzliche Zweck würde verfehlt, versagte man dem Geschädigten nur deshalb den Anspruch, weil er den verjährten Schadensersatzanspruch auch in unverjährter Zeit hätte durchsetzen können.

bb) Erlangt im Sinne von § 852 Satz 1 BGB ist der von dem Händler an den Hersteller gezahlte Betrag, mithin der Kaufpreis abzüglich der Händlermarge.

(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellt die Vorschrift des § 852 Satz 1 BGB eine Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht dar. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bereicherungshaftung nach den Vorschriften der §§ 812 ff. BGB müssen daher nicht gegeben sein (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 15 mwN).

(a) Die Verpflichtung des Bereicherungsschuldners besteht darin, das auf Kosten des Gläubigers erlangte Etwas, also genau jenen Vorteil herauszugeben, der ihm unerlaubt zugeflossen ist (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2021 – 6 U 934/20, juris Rn. 65; Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 5 FN 16; vgl. auch BGH, Urteil vom 5. Juli 2006 – VIII ZR 172/05, juris Rn. 21; MüKoBGB/Schwab, 8. Aufl., § 812 Rn. 1, § 818 Rn. 1 zur Haftung aus §§ 812, 818 BGB). Ist die Herausgabe dieses Vorteils seiner Natur nach nicht möglich, ist nach § 818 Abs. 2 BGB grundsätzlich der Wert zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 16).

(b) Das Erlangte im Sinne von § 852 Satz 1 BGB unterscheidet sich von dem Erlangten im Sinne von § 812 BGB allerdings insoweit, dass es nicht auf eine unmittelbare Vermögensverschiebung zwischen Schädiger und Geschädigtem beschränkt ist. Es reicht aus, dass der Erwerb des Schuldners im Verhältnis zu dem Geschädigten unrechtmäßig war und die dadurch entstandene Vermögensvermehrung auf dessen Kosten geht (vgl. BGH, Urteile vom 10. Juni 1965 – VII ZR 198/63, juris Rn. 66 und vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 21). Für die Vermögensverschiebung ist eine wirtschaftliche Betrachtung maßgebend. Steht dem Vermögensverlust beim Geschädigten ein entsprechender Vermögenszuwachs beim Schädiger gegenüber, trifft ihn die Herausgabepflicht daher auch dann, wenn ihm die Bereicherung erst durch einen anderen an der Tat Beteiligten zugeflossen oder durch seinen Vertragspartner vermittelt worden ist. Mit dem Begriff „auf Kosten … erlangt” ist in § 852 BGB auf die Handlung abgestellt, durch die die Vermögensverschiebung bewirkt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1978 – X ZR 19/76, juris Rn. 62 f.).

(aa) Das ist der durch Täuschung erlangte Abschluss des jeweiligen Kaufvertrages (vgl. BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, juris Rn. 44). Denn erst zu diesem Zeitpunkt tritt bei dem Käufer ein Schaden in Form eines ungewollten Vertrages ein. Hierdurch erlangt die Beklagte – vermittelt – eine Vermögensmehrung. Die Veräußerung des Neu-Fahrzeugs von dem Händler an den Endkunden ist Teil des Gesamtplans der Beklagten, weil ohne diese (Weiter)veräußerung der Erwerb des Fahrzeugs durch den Händler wirtschaftlich sinnlos bliebe. Als Kehrseite der Veräußerung des Fahrzeugs innerhalb des hierzu von der Beklagten geschaffenen Vertriebsnetzes vermittelt der Händler bei wirtschaftlicher Betrachtung bestimmungsgemäß den von dem Geschädigten entrichteten Kaufpreis abzüglich des auf den Händler entfallenden Anteils (so auch OLG Stuttgart, Urteile vom 9. März 2021 – 10 U 339/20, juris Rn. 45 und vom 12. Mai 2021 – 9 U 17/21, juris Rn. 62).

(bb) Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar anzunehmen, dass der Hersteller den Kaufpreis vom Händler stets nur um den Preis der Lieferung des Fahrzeugs erlangt hätte. Diese Betrachtung vermengt in unzulässiger Weise die deliktische Handlung des Herstellers gegenüber dem Geschädigten mit dem Vermittlungsgeschäft (so etwa bei Riehm, NJW 2021, 1625 Rn. 14: „„Erlangt“ […] ist der Kaufvertrag des Herstellers mit dem Vertragshändler, […],“) und überträgt die in diesem Verhältnis bestehende synallagmatische Verknüpfung auf das Verhältnis zwischen Schädiger und Geschädigtem. In deren Verhältnis ist aber (nur) auf die Handlung abzustellen, durch die die Vermögensverschiebung bewirkt worden ist.

(2) Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Verletzung von Immaterialgüterrechten, nach der – auch – der Verletzergewinn erlangt ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 17).

(a) Der Abschluss eines unerwünschten Vertrages unterscheidet sich in grundlegender Weise von dem Gebrauch eines (fremden) immateriellen Schutzgegenstands. Bei Letzterem geht es um den Eingriff in eine fremde Rechtsposition. Da die deliktische Handlung in der Verwertung dieser Rechtsposition liegt, ist der hierdurch erzielte Gewinn (ebenfalls) als durch die deliktische Handlung erzieltes Etwas anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 19). Auf einen ungewollten Vertragsschluss passt diese Überlegung nicht.

(b) Ohnehin tritt die Berechnung nach dem Verletzergewinn nicht anstelle, sondern neben die Berechnung nach der Lizenzanalogie. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht der objektive Gegenwert für den Gebrauch eines Immaterialguts in der hierfür angemessenen Lizenzgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 16). Als durch die Verletzungshandlung auf Kosten des Berechtigten erlangt ist aber auch ein Gewinn anzusehen, den der Verpflichtete gerade durch die Verletzung des Immaterialgüterrechts oder seine Mitwirkung an dieser Verletzung erzielt (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 17). Die Abschöpfung des Verletzergewinns dient zudem der Sanktionierung des schädigenden Verhaltens und auf diese Weise der Prävention gegen eine Verletzung der besonders schutzbedürftigen Immaterialgüterrechte (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 20), und beruht damit auf Besonderheiten des Immaterialgüterrechts, die nicht ohne Weiteres auf § 852 in Verbindung mit § 826 BGB übertragbar sind (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 9. März 2021 – 10 U 339/20, juris Rn. 73).

(3) Auf eine Entreicherung kann sich die Beklagte nicht berufen.

(a) Insbesondere ist der Anspruch des Geschädigten nicht nur auf ein Saldo gerichtet.

(aa) Zwar begründen bei der bereicherungsrechtlichen Abwicklung eines durchgeführten, jedoch nicht zustande gekommenen gegenseitigen Vertrags die beiderseitigen Vermögensverschiebungen (grundsätzlich) keine eigenständigen Herausgabeansprüche; vielmehr besteht von vornherein nur ein einheitlicher Anspruch auf Herausgabe des Überschusses der Aktiv- über die Passivposten, der dem Teil zusteht, zu dessen Gunsten sich ein Saldo errechnet (vgl. BGH, Urteil vom 27. September 2013 – V ZR 52/12, juris Rn. 31).

(bb) Für die Anwendung der Saldotheorie ist aber kein Raum, wenn § 818 Abs. 3 BGB keine Anwendung findet, sondern der Bereicherungsschuldner gemäß den § 818 Abs. 4, §§ 819, 292, 987 ff BGB „nach den allgemeinen Vorschriften“ und damit im Wesentlichen nicht mehr nach Bereicherungsrecht haftet (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 – V ZR 437/99, juris Rn. 28). Aus diesem Grunde lehnt der Bundesgerichtshof die Anwendung der Saldotheorie auf die Rückgewähransprüche der arglistig getäuschten Vertragspartei ab (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 – V ZR 437/99, juris Rn. 29).

(cc) Nach diesen Maßstäben kommt eine Anwendung der Saldotheorie nicht in Betracht. Zum einen besteht zwischen dem Kläger und der Beklagten kein Vertragsverhältnis. Zum anderen hat die Beklagte den Kläger durch Täuschung vorsätzlich sittenwidrig geschädigt und zu einem ungewollten Vertragsschluss veranlasst.

(b) Auch unabhängig hiervon sind Gestehungskosten nicht in Abzug zu bringen.

Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners sind zwar berücksichtigungsfähig, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquat-kausal auf der Bereicherung beruhen (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2015 – IV ZR 384/14, juris Rn. 42).Aufwendungen, die dem Bereicherungsschuldner im Zusammenhang mit der Erlangung des Bereicherungsgegenstandes entstanden sind, sind aber nicht ohne weiteres bereicherungsmindernd anzuerkennen; vielmehr hängt dies maßgeblich davon ab, welcher der Parteien des Bereicherungsverhältnisses das jeweilige Entreicherungsrisiko zugewiesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2015 – IV ZR 384/14, juris Rn. 43). Das ist hier aber die Beklagte. Sie hat das Risiko der Rückabwicklung durch ihre im Vorfeld des Vertragsschlusses liegende sittenwidrige Täuschung des Kraftfahrtbundesamtes bei Beantragung der Typgenehmigung selbst geschaffen. Das Risiko, das sich aus ihrem verwerflichen Handeln für sie selbst ergab, kann sie nicht über § 818 Abs. 3 BGB auf den Geschädigten abwälzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 1971 – VIII ZR 196/69, juris Rn. 23 für die Sittenwidrigkeit einer Globalzession).

cc) Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Klägers beträgt die Händlermarge 15% des Kaufpreises. Dies ist nach dem Maßstab des § 287 ZPO nicht zu beanstanden und bewegt sich in dem in der obergerichtlichen Rechtsprechung angenommenen Rahmen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 9. März 2021 – 10 U 339/20, juris Rn. 75 – 15%; OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Juli 2021 – 13 U 123/21, juris Rn. 94 – 15%; OLG Koblenz, Urteil vom 29. Juli 2021 – 6 U 934/20, juris Rn. 67 – 5%). Mithin hat die Beklagte 35.138,52 € aus der sittenwidrigen Schädigung des Klägers erlangt. Da dies den auszugleichenden Schaden des Klägers übersteigt, kann er in Höhe seines Schadens Zahlung von der Beklagten verlangen.

dd) Der Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB besteht – nicht anders als der Anspruch aus § 826 BGB – nur Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs. Das folgt daraus, dass § 852 Satz 1 BGB seinen Rechtsgrund in dem verjährten Deliktsanspruch findet, dieser bestehen bleibt und nur in seinem durchsetzbaren Umfang auf das durch die unerlaubte Handlung Erlangte beschränkt wird (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – X ZR 109/16, BGHZ 221, 342 Rn. 19). Dementsprechend ist auch der Restschaden von dem Schädiger nur Zug um Zug zu ersetzen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 9. März 2021 – 10 U 339/20, juris Rn. 77; OLG Karlsruhe, Urteil vom 9. Juli 2021 – 13 U 123/21, juris Rn. 94).

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286 BGB. Zinsbeginn ist analog § 187 BGB der auf die Klageerhebung folgende Tag.

B. Keinen Bestand hat die Feststellung des Annahmeverzugs. Die Forderung jedenfalls eines nicht nur unerheblich höheren als des geschuldeten Betrags schließt ein ordnungsgemäßes Angebot der Zug-um-Zug zu erbringenden Leistung aus. Der für diese Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt ist der Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz. Durch die Verteidigung einer erstinstanzlichen Zug-um-Zug-Verurteilung macht ein Kläger regelmäßig ein entsprechendes wörtliches Angebot (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2021 – VI ZR 130/20, juris Rn. 16). Danach hat der Kläger nicht nur einen unerheblich überhöhten Betrag gefordert. Der landgerichtlichen Verurteilung der Beklagten liegt ein Nutzungsersatz berechnet aus einer Gesamtlaufleistung von 300.000km zugrunde, was – wie oben ausgeführt – jedoch unzutreffend ist. Die Mehrforderung von 3.888,92 € ist jedenfalls nicht nur unerheblich.

C. Der Kläger kann Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen. Maßgeblich ist die bei Auftragserteilung berechtigte Höhe des Schadensersatzverlangens. Mangels Vortrags der Laufleistung zu diesem Zeitpunkt ist die erstinstanzlich festgestellte Laufleistung von 133.255km zugrunde zu legen. Daraus errechnet sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 19.305,77 €. Es ergibt sich eine 1,3-Geschäftsgebühr nach § 13 Abs. 1 RVG a. F. zuzüglich Postpauschale und 19% Umsatzsteuer in Höhe von 1.171,67 €. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 286 BGB. Zinsbeginn ist analog § 187 BGB der auf die Klageerhebung folgende Tag.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Schriftsätze vom 30. September und 1. November 2021 geben keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§§ 296a, 156 ZPO).

IV.

Die Revision war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hinsichtlich der mit § 852 BGB verbundenen Fragen zuzulassen.

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