Videoüberwachung auf dem Nachbargrundstück – Was ist erlaubt?
Wer heutzutage eine eigene Immobilie besitzt, der wird sich mit dem Gedanken des Schutzes dieser Immobilie zwangsläufig auseinandersetzen müssen. Sei es die Gefahr des Einbruchs oder auch von Vandalismus, Immobilienbesitzer sehen sich sehr stark mit diesen Gefahren konfrontiert. Es ist vollkommen zweifelsfrei, dass Überwachungskameras einen wirksamen Schutz gegen Einbrecher bieten können. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist diese Technik durchaus beliebt. Vielen Immobilienbesitzern ist jedoch überhaupt nicht bewusst, dass durch Videoanlagen auch das Nachbarrecht tangiert wird und dass die Überwachungstechnik unter gewissen Umständen sogar verboten ist.
Überwachungstechnik ist auf dem Vormarsch
Immer häufiger werden private oder auch gewerbliche Immobilien mit Überwachungstechnik abgesichert. Für die Besitzer der Immobilien bietet sich dadurch die Gelegenheit der Überwachung bzw. Kontrolle, was genau rund um das Gebäude geschieht. Es ist jedoch auch ein Faktum, dass durch die Überwachungstechnik etwaig die Privatsphäre bzw. Persönlichkeitsrechte anderer Menschen sowie auch Nachbarn verletzt werden kann. Diesbezüglich gab es in der Vergangenheit bereits des Öfteren gerichtliche Auseinandersetzungen, sodass die Gerichte dann über den Einsatz der Überwachungstechnik entscheiden musste. Um dieser ganzen Geschichte Herr zu werden haben die Gerichte daher durchaus strenge Regularien sowie Richtlinien ins Leben gerufen, unter welchen Umständen eine Überwachungstechnik überhaupt zum Einsatz gebracht werden darf und wann diese als verboten angesehen werden muss.
Wann verletzt die Überwachungstechnik die Persönlichkeitsrechte anderer Menschen
Ein wichtiges Kriterium für den Einsatz von Überwachungskamera ist der Bereich, der durch die Überwachungskamera geschützt bzw. kontrolliert werden soll. Das sogenannte Sondereigentum sowie auch der eigene Garten nebst der Innenräumlichkeiten einer Immobilie darf von dem Eigentümer durchaus auch mit Überwachungstechnik kontrolliert werden. Einen gänzlich anderen Sachverhalt stellen jedoch gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie beispielsweise ein Treppenhaus in einem Mehrfamilienhaus sowie auch Aufzüge dar. Hier darf nicht so ohne Weiteres eine Überwachungstechnik zum Einsatz gebracht werden. Gleichermaßen verhält es sich auch mit den Zuwegungen zu dem Haus sowie den Stellplätzen vor der Immobilie.
Wichtig: Sobald andere Menschen, unabhängig davon, ob es sich um Mieter oder Nachbarn bzw. Postboten oder Hausbesucher handelt, von der Überwachungstechnik gefilmt werden, muss zwingend auf der Grundlage der aktuellen Rechtslage in Deutschland eine Interessenabwägung erfolgen. Es wird im Rahmen dieser Interessenabwägung das Schutzinteresse des Eigentümers an seinem Eigentum den Persönlichkeitsrechten der anderen Menschen gegenübergestellt. Für die betroffenen Menschen gibt es durchaus die Möglichkeit, mittels einer Unterlassungsklage die Demontage der Überwachungstechnik zu verlangen.
In welchen Fällen ist eine Überwachungstechnik statthaft?
Es ist in der Tat faktisch korrekt, dass ein Nachbar, der gegen die Überwachungstechnik seines Nachbarn klagt, vor Gericht sehr häufig auch Recht bekommt. Es gibt jedoch in diesem Zusammenhang auch durchaus Ausnahmen. Selbst dann, wenn sich die Überwachungstechnik auf Bereiche außerhalb des eigenen Grundstücksbereichs bezieht, kann die Überwachungstechnik statthaft sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Eigentümerinteressen den Persönlichkeitsrechten anderer Menschen überwiegen. In der gängigen Praxis ist dies dann der Fall, wenn der Immobilieneigentümer in der Vergangenheit bereits häufiger zu einem Opfer von Straftaten geworden ist und in Zukunft weitere Angriffe befürchten muss. Ein weiteres Beispiel wäre ein körperlich eingeschränkter Mensch, der den vorhandenen Türspion nicht wie vorgesehen nutzen kann. In derartigen Fällen kann der Einsatz von Überwachungstechnik, die auch Bereiche außerhalb der eigenen vier Wände bzw. des eigenen Grundstücks überwacht, durchaus erlaubt sein.
Wichtig: Eine Überwachungskamera auf dem eigenen Grundstück ist auch dann statthaft, wenn andere Menschen sich durch die optisch erkennbare Kamera beobachtet fühlen. Es ist in einem derartigen Fall lediglich wichtig, dass sich die Überwachung auf das eigene Grundstück bezieht und die Kamera dies durch die Ausrichtung auch signalisiert.
Nicht selten nutzen Immobilieneigentümer zum Schutz ihrer Immobilie auch unechte Videokameras, die im Volksmund auch als Attrappen bekannt sind. Diese Kameras erfüllen aus technischer Sicht überhaupt keinen Zweck, da eine Überwachung bzw. Aufzeichnung überhaupt nicht erfolgt. Dies ist ein Grund dafür, dass sich die Besitzer der Attrappen rechtlich auf der sicheren Seite fühlen. Vielen Immobilienbesitzern, die auf diese Art der Abschreckung von Einbrechern bzw. Vandalen setzen, ist jedoch nicht bewusst, dass auch Attrappen rechtlich problematisch sind. Es gibt diesbezüglich eine Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Aktenzeichen: 33 C 3407/14). Ein Immobilieneigentümer von Mietshäusern platzierte derartige Attrappen in dem Eingangsbereich seiner Immobilie sowie im Bereich der Mülltonnen. Die Mieter wollten diesen Umstand jedoch nicht akzeptieren und reichten eine Unterlassungsklage gegen den Immobilienbesitzer ein. Trotz des Umstandes, dass es sich lediglich um Attrappen handelte, gab das Gericht den Klägern recht. Der Immobilienbesitzer musste daraufhin die Attrappen wieder entfernen.
Wenn die Schutzfunktion erforderlich ist, darf die Überwachungstechnik genutzt werden
Ein anderer Fall ereignete sich in München, der für den Immobilienbesitzer besser ausging. Nachdem in der Vergangenheit die Hausfensterscheibe auf mutwillige Weise beschädigt wurde nahm der Grundstückseigentümer die Installation einer Überwachungskamera vor, was jedoch bei den Nachbarn auf sehr wenig Gegenliebe stieß. Die Nachbarn erhoben vor dem zuständigen Amtsgericht in München eine Klage, die jedoch von dem Amtsgericht München abgelehnt wurde (Aktenzeichen: 191 C 23903/14). In der Urteilsbegründung wurde unterstrichen, dass Immobilieneigentümer das Recht auf den Schutz ihres Eigentums haben und dass Überwachungstechnik diesbezüglich dann als zumutbares Mittel statthaft ist, wenn öffentliche Bereiche sowie auch private Nachbargrundstücke nicht mit überwacht werden.
Auch wenn die Rechtsprechung im Hinblick auf die Überwachungstechnik sehr verständliche Regelungen ins Leben gerufen hat und die Überwachungstechnik statistisch gesehen die Einbruchszahlen herunterdrückt gibt es aber dennoch in der gängigen Praxis immer wieder Probleme mit dem Nachbarrecht.
Wer als Immobilienbesitzer gänzlich auf der rechtlich sicheren Seite stehen möchte sollte daher auf jeden Fall gewisse Richtlinien beachten:
- lediglich eine festinstallierte Kamera ohne Schwenkfunktion installieren
- lediglich das eigene Grundstück überwachen
- im Vorwege idealerweise mit den direkten Nachbarn sprechen
- die Persönlichkeitsrechte anderer Menschen auf jeden Fall respektieren
Wichtig: Nachbarn, die unrechtmäßig gefilmt werden, haben etwaig einen Anspruch auf Schadensersatz und können diesen Anspruch auch gerichtlich geltend machen!
Nicht vergessen werden darf, dass Nachbarn oder auch fremde Personen wie beispielsweise der Postbote vor dem Betreten des Grundstücks auf den Einsatz der Überwachungstechnik hingewiesen werden sollten. Dies kann durch ein Schild, welches an der Hauswand platziert wird, sehr wirksam durchgeführt werden. Sollte sich der Briefkasten an der Grundstücksgrenze befinden ist es auch ausreichend, an dem Briefkasten ein Schild zu platzieren. Das Schild sollte allerdings für alle Personen gut sichtbar sein.
Niemand lebt gern mit dem Gefühl, dass ein „großer Bruder“ eine Überwachung durchführt. Auch der Gesetzgeber möchte seinen Bürgern dieses Gefühl ersparen und hat diesbezüglich die Persönlichkeitsrechte ins Leben gerufen. Nun ist es jedoch auch ein Faktum, dass kein Immobilienbesitzer gerne in der Angst vor Einbrüchen oder vor Vandalismus leben möchte. Es ist im Zusammenhang mit der Überwachungstechnik daher immer ein zweischneidiges Schwert, sodass die Interessenabwägung im Streitfall vor Gericht überaus wichtig ist. Wer sich als Immobilienbesitzer auf der zwischenmenschlichen Ebene mit seinen Nachbarn gut versteht, der wird sicherlich auch Wege im Rahmen der Kommunikation finden. Anders kann die Angelegenheit jedoch aussehen, wenn es auf der zwischenmenschlichen Ebene nicht gut funktioniert bzw. eine Kommunikation aufgrund von vergangenen Streitigkeiten nicht mehr möglich erscheint. In einem derartigen Fall kann es mitunter erforderlich werden, dass die Angelegenheit mittels eines erfahrenen Rechtsanwalts geklärt wird. Zwar ist dies im Zusammenhang mit dem Nachbarrecht sicherlich nicht im Sinne einer guten Nachbarschaft, aber nicht selten ist dies der einzige Weg. Wenn Sie sich mit einer solchen Situation konfrontiert sehen und einen erfahrenen Rechtsbeistand benötigen, so stehen wir als langjährig erfahrene Rechtsanwaltskanzlei sehr gern für Sie zur Verfügung. Nehmen Sie einfach mit uns Kontakt auf.