Das Oberlandesgericht Brandenburg hat entschieden, dass eine Klagerücknahme nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht automatisch zu einer Gebührenermäßigung führt. Die Gerichte betonen die Notwendigkeit einer typisierenden Betrachtung im Kostenfestsetzungsrecht, die auf klar definierte Voraussetzungen abstellt. Dieser Fall verdeutlicht die strenge Anwendung der rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Berechnung von Gerichtsgebühren und stärkt die Rechtssicherheit.
Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 W 120/23
Übersicht:
- Kurz und knapp
- Klagerücknahme nach Verkündungstermin: Keine Gebührenermäßigung bei Gerichtskosten
- Der Fall vor dem Oberlandesgericht Brandenburg im Detail
- Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- FAQ – Häufige Fragen: Gerichtskosten und Gebührenermäßigung
- Welche Rolle spielt der Zeitpunkt einer Klagerücknahme für die Gerichtsgebühren?
- Wie wird der Gebührensatz festgelegt, wenn eine Klage zurückgezogen wird?
- Was sind die rechtlichen Konsequenzen einer Klagerücknahme nach einem Verkündungstermin?
- Welche Kriterien verwendet ein Gericht zur Beurteilung der Gebührenermäßigung?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⬇️ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Brandenburg
Kurz und knapp
- Keine Gebührenermäßigung bei Klagerücknahme nach mündlicher Verhandlung und Bestimmung eines Verkündungstermins.
- Mündliche Verhandlung endet mit Bestimmung des Verkündungstermins, nicht der anschließenden Klagerücknahme.
- Einräumung einer Schriftsatzfrist für Beklagten verlängert Schluss der mündlichen Verhandlung nur für diesen.
- Entscheidungsentwurf ist vor Verkündung in der Regel kein Aktenbestandteil.
- Kostentypisierung orientiert sich an einfach fassbaren Voraussetzungen, nicht am tatsächlichen Aufwand im Einzelfall.
- Kein Gebührenanspruch wegen unterlassenen Hinweises auf Schriftsatzfristmöglichkeit zur Klagerücknahme, da Rechtsauffassung hierzu umstritten.
Klagerücknahme nach Verkündungstermin: Keine Gebührenermäßigung bei Gerichtskosten
Gerichtskosten sind in der Rechtsprechung ein oft diskutiertes Thema. Grundsätzlich hat der Kläger, wenn er eine Klage erhebt, die entstehenden Kosten zu tragen. Allerdings sehen die gesetzlichen Regelungen in bestimmten Fällen auch Gebührenermäßigungen vor, etwa wenn ein Verfahren noch vor dem Abschluss einer mündlichen Verhandlung beendet wird.
Die Voraussetzungen für solche Gebührenermäßigungen sind jedoch genau definiert und werden von den Gerichten streng ausgelegt. So hat das Oberlandesgericht Brandenburg in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine Klagerücknahme nach einer mündlichen Verhandlung, in der bereits ein Verkündungstermin bestimmt wurde, nicht zu einer Ermäßigung der Gerichtskosten führt.
Im Folgenden wird dieser Fall näher beleuchtet und die Entscheidungsgründe erläutert. Dies soll Interessierten einen Einblick in die Praxis der Kostenfestsetzung durch die Gerichte geben.
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Der Fall vor dem Oberlandesgericht Brandenburg im Detail
Rechtliche Dimension des Streitfalls um Gerichtsgebühren
Im vorliegenden Fall des Oberlandesgerichts Brandenburg, Aktenzeichen 6 W 120/23, steht eine juristische Auseinandersetzung über die Berechnung von Gerichtsgebühren nach der Rücknahme einer Klage im Fokus. Die Klage wurde vor dem Landgericht Cottbus geführt, wobei der Kläger nach der mündlichen Verhandlung und der Festlegung eines Verkündungstermins die Klage zurückzog. Das LG Cottbus stellte daraufhin dem Kläger drei Gerichtsgebühren in Rechnung, was den Kläger zu einer Beschwerde veranlasste. Er argumentierte, dass ihm nur der einfache Gebührensatz berechnet werden sollte, da die Klage zurückgenommen wurde.
Gerichtliche Entscheidung zur Gebührenberechnung
Das Landgericht Cottbus wies die Erinnerung des Klägers gegen die Gebührenrechnung zurück und betonte, dass die dreifache Gebühr nach § 34 GKG korrekt sei, da das gesamte Verfahren nicht durch eine Klagerücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung beendet wurde. Diese rechtliche Einschätzung wurde später vom OLG Brandenburg bestätigt. Das Gericht argumentierte, dass der Schluss der mündlichen Verhandlung durch die Bestimmung des Verkündungstermins bereits erfolgte und somit die Voraussetzungen für eine Gebührenermäßigung nach Nr. 1211 Nr. 1 a GKG KV nicht erfüllt waren.
Rechtliche Überlegungen und Erwägungen
Für die Gerichte war entscheidend, dass die Klagerücknahme nach dem festgelegten Verkündungstermin erfolgte und nicht vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung, wie es für eine Gebührenermäßigung erforderlich wäre. Die Einräumung einer Schriftsatzfrist für die Beklagte verlängerte zwar den Prozess, änderte jedoch nichts an dem bereits geschlossenen Verhandlungszeitraum für den Kläger. Das Gericht führte weiter aus, dass es nicht Aufgabe des Kostenbeamten sei, hypothetische Urteilsfindungen im Falle einer nicht erfolgten Klagerücknahme zu prognostizieren, um über die Gebührenermäßigung zu entscheiden.
Rechtliche Konsequenzen der Gerichtsentscheidung
Die Entscheidung des OLG Brandenburg verdeutlicht die strenge Anwendung der rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Berechnung von Gerichtsgebühren. Dieser Fall zeigt, dass eine Klagerücknahme nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht automatisch zu einer Gebührenermäßigung führt. Die Gerichte betonten die Notwendigkeit einer typisierenden Betrachtung im Kostenfestsetzungsrecht, die nicht auf den Einzelfall abgestellt ist, sondern auf klar definierte Voraussetzungen. Das Ergebnis stärkt die Rechtssicherheit bei der Anwendung von Gerichtsgebühren und unterstreicht die Bedeutung des genauen Timings bei prozessualen Handlungen.
Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die Kernbotschaft des Urteils ist, dass der Schluss der mündlichen Verhandlung mit der Bestimmung des Verkündungstermins eintritt. Eine danach erklärte Klagerücknahme erfüllt nicht mehr die Voraussetzungen einer Gebührenermäßigung nach Nr. 1211 Nr. 1 a GKG KV, da das Verfahren nicht vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung beendet wurde. Maßgeblich für den Zeitpunkt der Klagerücknahme ist damit nicht der Abschluss des gesamten Verfahrens, sondern der formale Abschluss der mündlichen Verhandlung.
FAQ – Häufige Fragen: Gerichtskosten und Gebührenermäßigung
Welche Rolle spielt der Zeitpunkt einer Klagerücknahme für die Gerichtsgebühren?
Der Zeitpunkt der Klagerücknahme spielt eine entscheidende Rolle für die Höhe der Gerichtsgebühren im deutschen Zivilprozess. Grundsätzlich gilt, dass eine Klagerücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu einer erheblichen Reduzierung der Gerichtsgebühren führen kann. Wird die Klage vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, so reduzieren sich die Gerichtsgebühren auf 1,0 Gerichtsgebühren. Dies bedeutet, dass von den ursprünglich anfallenden 3,0 Gerichtsgebühren zwei Drittel zurückerstattet werden, und somit nur ein Drittel der Gebühren vom Kläger getragen werden muss.
Wird die Klagerücknahme jedoch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erklärt, so ist keine Gebührenermäßigung vorgesehen. In diesem Fall bleiben die vollständigen Gerichtsgebühren bestehen, da das Gericht bereits einen erheblichen Aufwand für die Durchführung der Verhandlung hatte.
Zusätzlich ist zu beachten, dass die Klagerücknahme ohne die Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung möglich ist. Nach Beginn der mündlichen Verhandlung ist die Zustimmung des Beklagten erforderlich.
Diese Regelungen sind in der Zivilprozessordnung (ZPO) verankert und sollen sicherstellen, dass die Gerichtskosten in einem angemessenen Verhältnis zu dem tatsächlichen Aufwand des Gerichts stehen. Sie bieten dem Kläger die Möglichkeit, durch eine frühzeitige Rücknahme der Klage Kosten zu sparen, setzen jedoch voraus, dass diese Entscheidung vor dem wesentlichen Fortschreiten des Verfahrens getroffen wird.
Wie wird der Gebührensatz festgelegt, wenn eine Klage zurückgezogen wird?
Die Festlegung des Gebührensatzes bei einer Klagerücknahme im deutschen Zivilprozess hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Rücknahme ab. Gemäß § 269 der Zivilprozessordnung (ZPO) und den zugehörigen gerichtlichen Kostenverzeichnissen, insbesondere Nr. 1211 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (GKG), wird der Gebührensatz wie folgt festgelegt:
- Klagerücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung: Wird die Klage vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, reduziert sich die allgemeine Verfahrensgebühr auf eine Gebühr. Dies bedeutet, dass von den ursprünglich anfallenden 3,0 Gerichtsgebühren zwei Drittel zurückerstattet werden, und somit nur ein Drittel der Gebühren vom Kläger getragen werden muss.
- Klagerücknahme nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung: Erfolgt die Klagerücknahme nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, so ist keine Gebührenermäßigung vorgesehen. In diesem Fall bleiben die vollständigen Gerichtsgebühren bestehen, da das Gericht bereits einen erheblichen Aufwand für die Durchführung der Verhandlung hatte.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Klagerücknahme ohne die Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung möglich ist. Nach Beginn der mündlichen Verhandlung ist die Zustimmung des Beklagten erforderlich.
Diese Regelungen sind darauf ausgelegt, die Gerichtskosten in einem angemessenen Verhältnis zu dem tatsächlichen Aufwand des Gerichts zu halten und bieten dem Kläger die Möglichkeit, durch eine frühzeitige Rücknahme der Klage Kosten zu sparen. Sie setzen jedoch voraus, dass diese Entscheidung vor dem wesentlichen Fortschreiten des Verfahrens getroffen wird.
Was sind die rechtlichen Konsequenzen einer Klagerücknahme nach einem Verkündungstermin?
Die rechtlichen Konsequenzen einer Klagerücknahme nach einem Verkündungstermin im deutschen Zivilprozess sind insbesondere in Bezug auf die Kosten des Verfahrens und die Möglichkeit einer erneuten Klageerhebung relevant.
- Kosten des Verfahrens: Wenn eine Klage nach einem Verkündungstermin zurückgenommen wird, bleibt der Kläger grundsätzlich auf den vollen Gerichtskosten sitzen. Eine Gebührenermäßigung, wie sie bei einer Rücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung möglich ist, findet in diesem Fall nicht statt. Dies bedeutet, dass der Kläger die volle Verfahrensgebühr zu tragen hat, die in der Regel das Dreifache der Gebühr beträgt, die bei einer Rücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung anfallen würde.
- Möglichkeit einer erneuten Klageerhebung: Die Klagerücknahme führt dazu, dass das Verfahren als nicht anhängig geworden anzusehen ist. Ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Dies bedeutet, dass der Kläger die Möglichkeit hat, die Klage zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu erheben, sofern die Verjährungsfristen noch nicht abgelaufen sind und keine weiteren prozessualen Hindernisse bestehen.
- Keine Einflussnahme auf die materielle Rechtslage: Die Rücknahme der Klage äußert sich nicht zum Bestand des mit der Klage geltend gemachten Rechts. Der Kläger bringt durch die Rücknahme lediglich zum Ausdruck, dass er sein Gesuch um Gewährung von Rechtsschutz durch das Gericht zurückzieht. Dies bedeutet, dass die materielle Rechtslage durch die Klagerücknahme nicht berührt wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Klagerücknahme nach einem Verkündungstermin den Kläger in der Regel finanziell belastet, da keine Gebührenermäßigung erfolgt und die vollen Gerichtskosten zu tragen sind. Gleichzeitig bleibt die Möglichkeit einer erneuten Klageerhebung bestehen, solange die materiell-rechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind.
Welche Kriterien verwendet ein Gericht zur Beurteilung der Gebührenermäßigung?
Die Beurteilung der Gebührenermäßigung durch ein Gericht im Rahmen einer Klagerücknahme im deutschen Zivilprozess basiert auf spezifischen Kriterien, die im Gerichtskostengesetz (GKG) und der Zivilprozessordnung (ZPO) festgelegt sind. Diese Kriterien sind entscheidend dafür, ob und in welchem Umfang eine Gebührenermäßigung gewährt wird.
- Zeitpunkt der Klagerücknahme: Der entscheidende Faktor für die Gebührenermäßigung ist der Zeitpunkt der Klagerücknahme. Eine Ermäßigung der Gerichtsgebühren tritt nur ein, wenn die Klagerücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt. Wird die Klage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, ist keine Gebührenermäßigung vorgesehen.
- Vorliegen einer Erklärungsfrist: In bestimmten Fällen kann eine Gebührenermäßigung auch nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung noch möglich sein, wenn das Gericht eine Erklärungsfrist eingeräumt hat und die Klagerücknahme innerhalb dieser Frist erfolgt.
- Rechtshängigkeit der Klage: Die Klagerücknahme muss nach der Zustellung der Klage und somit nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgen, um eine Gebührenermäßigung zu ermöglichen.
- Keine streitige Kostenentscheidung: Eine Gebührenermäßigung setzt voraus, dass keine streitige Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO ergeht. Dies bedeutet, dass die Kostenentscheidung nicht Gegenstand eines Streits sein darf, sondern auf einer einvernehmlichen Regelung oder einer gerichtlichen Entscheidung ohne Streit über die Kosten beruhen muss.
- Art der Klagerücknahme: Die Art der Klagerücknahme kann ebenfalls eine Rolle spielen. Eine vollständige Klagerücknahme ist erforderlich, um eine Gebührenermäßigung zu erlangen. Eine teilweise Klagerücknahme, bei der nur ein Teil des ursprünglichen Klageantrags zurückgenommen wird, führt nicht zur Reduzierung der Gerichtsgebühren.
Diese Kriterien sind maßgeblich für die Entscheidung eines Gerichts über die Gebührenermäßigung bei einer Klagerücknahme. Sie spiegeln das Bestreben wider, die Gerichtskosten in einem angemessenen Verhältnis zum tatsächlichen Aufwand des Gerichts zu halten und gleichzeitig den Parteien die Möglichkeit zu geben, ihre Prozessführung kostenbewusst zu gestalten.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 34 Gerichtskostengesetz (GKG): Regelt die Gebührenfestsetzung im Zivilprozess. Die dreifache Gebühr wurde hier angewendet, weil die Klage nach dem Verkündungstermin zurückgenommen wurde, was die Anwendung des einfachen Gebührensatzes ausschließt. Die Regelung zeigt, dass das Timing der Klagerücknahme entscheidend für die Kostenbelastung des Klägers ist.
- Nr. 1211 Nr. 1 a GKG KV: Spezifiziert die Bedingungen für eine Gebührenermäßigung. Eine Ermäßigung der Gerichtskosten tritt nur ein, wenn das gesamte Verfahren durch eine Klagerücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung beendet wird. Da in diesem Fall die Rücknahme nach dem Schluss der Verhandlung erfolgte, kam keine Ermäßigung zur Anwendung.
- § 156 Zivilprozessordnung (ZPO): Betrifft die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, falls nachträgliches Vorbringen der Parteien dies erfordert. Das Gericht muss entscheiden, ob nachgelassenes Vorbringen eine Wiedereröffnung nötig macht, was im vorliegenden Fall aufgrund der Klagerücknahme nicht mehr relevant war.
- § 21 GKG: Behandelt die Nichterhebung von Kosten bei unrichtiger Sachbehandlung durch das Gericht. Im beschriebenen Fall war strittig, ob die Rücknahme der Klage innerhalb einer gewährten Schriftsatzfrist die Gerichtskosten beeinflusst, was jedoch aufgrund der Gesetzesinterpretation und der tatsächlichen Handhabung durch das Gericht nicht zur Anwendung kam.
- ZPO § 283: Erläutert die Einräumung von Schriftsatzfristen und deren Bedeutung für das Verfahren. Im spezifischen Fall verlängerte die Schriftsatzfrist die Möglichkeit zur Erwiderung durch die Beklagte, hatte jedoch keine Auswirkung auf die bereits geschlossene mündliche Verhandlung bezüglich der Klagerücknahme des Klägers.
⬇️ Das vorliegende Urteil vom Oberlandesgericht Brandenburg
OLG Brandenburg – Az.: 6 W 120/23 – Beschluss vom 25.01.2024
Das LG Cottbus hat der Bekl. im Termin eine Schriftsatzfrist gewährt und zugleich einen Verkündungstermin bestimmt. Nach dem Termin hat der Kl. die Klage zurückgenommen. Das LG hat mit Rechnung vom 9.8.2022 drei Gerichtsgebühren abgerechnet. Anschließend hat das LG Cottbus die dagegen gerichtete Erinnerung des Kl., mit der er eine Ermäßigung auf den einfachen Gebührensatz zu erreichen versucht hat, zurückgewiesen (Beschl. v. 14.11.2023 – 2 O 377/21). Die dagegen gerichtete Beschwerde des Kl. hatte keinen Erfolg.
Die statthafte und nach § 66 II GKG zulässige Beschwerde des Kl., mit der er sich gegen den Beschluss des LG Cottbus vom 14.11.2023 wendet, durch den seine Erinnerung vom 10.12.2022 gegen die Kostenrechnung III des LG Cottbus vom 9.8.2022 zurückgewiesen worden ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Entgegen der Ansicht des Kl. ist die Festsetzung einer dreifachen Gebühr nach § 34 GKG in der angefochtenen Kostenrechnung III nicht zu beanstanden, insbesondere sind die Voraussetzungen des Ermäßigungstatbestandes nach Nr. 1211 Nr. 1 a GKG KV nicht erfüllt. Danach ermäßigen sich die Gerichtskosten von dem dreifachen auf den einfachen Satz, wenn das gesamte Verfahren durch Zurücknahme der Klage vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung beendet worden ist. Dies war vorliegend nicht der Fall. Die mündliche Verhandlung ist im Streitfall durch Bestimmung des Verkündungstermins in der mündlichen Verhandlung am 9.5.2022 geschlossen worden (vgl. Zöller/Greger ZPO, 35. Aufl., ZPO § 136 Rn. 4), die Klagerücknahme ist erst danach, mit Schriftsatz vom 17.6.2022 erklärt worden. Dass der Bekl. im Termin eine Schriftsatzfrist eingeräumt worden ist, steht nicht entgegen. Dies hat – nur für die Bekl., nicht jedoch für den Kl. – den Schluss der mündlichen Verhandlung – auch nur – hinsichtlich des zulässigen Erwiderungsvorbringens auf den Ablauf der Nachschubfrist verlängert (Zöller/Greger ZPO § 283 Rn. 1). Die Einräumung einer entsprechenden Schriftsatzfrist erfordert, anders als der Kl. ausführt, nicht grundsätzlich nachfolgend die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung. Vielmehr prüft das Gericht innerhalb der Spruchfrist, ob das nachgelassene Vorbringen im Einzelfall die Wiedereröffnung der – geschlossenen – mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO erforderlich macht. Das Ergebnis dieser vom Gericht vorzunehmenden Prüfung, ist, ebenso wie das Ergebnis des anberaumten Verkündungstermins insgesamt, ungewiss, nachdem der Verkündungstermin im Anschluss an die Klagerücknahme aufgehoben worden ist. Die Frage nach der Rechtzeitigkeit einer zur Kostenermäßigung führenden Klagerücknahme kann aber nicht vom Ergebnis einer gerichtlichen Entscheidung abhängig gemacht werden, das unbekannt ist. Denn dies führte dazu, dass der Kostenbeamte des Gerichts im Rahmen der Erstellung der Kostenrechnung bei einer Klagerücknahme nach Anordnung eines Verkündungstermins zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit zu prognostizieren hätte, welche Entscheidung das Gericht in dem angesetzten Verkündungstermin ohne die erklärte Klagerücknahme getroffen hätte (OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2000, 216; vgl. auch OLG Düsseldorf 16.9.1999 – 19 W 96/99, BeckRS 1999, 8498 Rn. 5). Allenfalls dann, wenn im Zeitpunkt der Klagerücknahme nach Aktenlage bereits feststeht, dass ohne die Rücknahme eine weitere mündliche Verhandlung stattfinden muss, kann eine Klagerücknahme nach Schluss der mündlichen Verhandlung zu einer Ermäßigung der Gebühren führen (OLG Düsseldorf NJW-RR 2000, 362 = BeckRS 1999, 8498; OLG München NJW-RR 1997, 639 = MDR 1997, 402). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Kl. auch nicht daraus, dass er im Rahmen seiner Akteneinsicht keine Anhaltspunkte dafür hat feststellen können, dass zum Zeitpunkt der Klagerücknahme ein Urteil vorbereitet oder ein Entwurf in der Akte enthalten war, so dass das die Gebührenermäßigung rechtfertigende Ziel der Schonung staatlicher Ressourcen (vgl. dazu OLG Jena NJW 2016, 1600 Rn. 5) durch die Klagerücknahme noch hätte erreicht werden können. Dem steht – neben dem Umstand, dass ein Entscheidungsentwurf in aller Regel vor dem Verkündungstermin ohnehin nicht Aktenbestandteil ist – vor allem entgegen, dass der geringere Aufwand zwar das Motiv für die Gebührenermäßigungsregelung sein mag, wegen der typisierenden Betrachtung im Kostenfestsetzungsrecht aber nicht auf den im Einzelfall für das Gericht entstehenden Aufwand, sondern auf einfach fassbare Voraussetzungen abzustellen ist (OLG München 5.4.2000 – 11 W 1073/00, BeckRS 2000, 3909 Rn. 6; Toussaint, 53. Aufl., Rn. 2 zu Nr. 1211 GKG KV).
Schließlich kann sich der Kl. nicht mit Erfolg darauf berufen, dass das LG ihm keinen Hinweis darauf erteilt hat, dass ihm im Hinblick auf eine zukünftige Klagerücknahme eine Schriftsatzfrist gewährt werden könnte. Ob der Kl. damit eine unrichtige Sachbehandlung seitens des Gerichts moniert, die zur Nichterhebung von Kosten nach § 21 GKG führen kann, bedarf keiner Entscheidung. Denn eine unrichtige Sachbehandlung liegt nur vor, soweit das Gericht gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat und der Verstoß auch offen zutage tritt (Toussaint GKG § 21 Rn. 14). Dies lässt sich vorliegend nicht feststellen, weil in der Rechtsprechung streitig ist, ob der innerhalb einer solchen Frist erklärten Klagerücknahme die gebührenermäßigende Wirkung der Nr. 1211 Nr. 1 Buchst. a GKG KV überhaupt zukommt (vgl. OLG Jena NJW 2016, 1600 Rn. 5, OLG München 5.4.2000 – 11 W 1073/00, BeckRS 2000, 3909 Rn. 6).