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Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrages

LG Bielefeld – Az.: 17 O 117/18 – Urteil vom 22.10.2019

1.) Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Anstellungsverhältnis durch den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten zu 1) vom 24.09.2018 nicht aufgelöst worden ist.

2.) Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Anstellungsverhältnis durch die vom Beiratsvorsitzenden Dr. S. G. am 24.09.2018 ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist.

3.) Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Anstellungsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 25.09.2018 nicht aufgelöst worden ist.

4.) Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger

373.333,30 Euro brutto abzüglich erhaltenen anderweitigen Verdienstes und Arbeitslosengeldes in Höhe von 62.040,60 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von jeweils fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 6.667,00 Euro brutto seit dem 01.10.2018,

  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 13.482,60 Euro netto seit dem 01.11.2018,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 13.482,60 Euro netto seit dem 01.12.2018,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 13.482,60 Euro netto seit dem 01.01.2019,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 2.699,10 Euro netto seit dem 01.02.2019,
  • 33.333.33 Euro brutto abzüglich 2.699,10 Euro netto seit dem 01.03.2019,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 2.699,10 Euro netto seit dem 01.04.2019,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 2.699,10 Euro netto seit dem 01.05.2019,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 2.699,10 Euro netto seit dem 01.06.2019,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 2.699,10 Euro netto seit dem 01.07.2019,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 2.699,10 Euro netto seit dem 01.08.2019,
  • 33.333,33 Euro brutto abzüglich 2.699,10 Euro netto seit dem 01.09.2019,

zu zahlen.

5.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

6.) Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten 50 % als Gesamtschuldner, weitere 50 % der Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 1) allein.

7.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Beklagte zu 2) mit Sitz in Dänemark ist Komplementärin der Beklagten zu 1) mit Sitz in S..

Der Kläger wurde im November 2017 auf Verlangen des Kommanditisten der Beklagten zu 1) S. U. zum Geschäftsführer der Beklagten zu 2) mit dem Geschäftsbereich Beteiligungsmanagement berufen. Weitere Geschäftsführer der Beklagten zu 2) waren neben dem Kläger seit November 2017 Herr V., D. U. und E. M., wobei der Geschäftsführer M. im Bereich Finanzmanagement tätig war. Im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer für die Beklagte zu 2) schlossen der Kläger und die Beklagte zu 1) unter dem 13.11.2017 einen Geschäftsführerdienstvertrag.

In § 1 Abs. 2 heißt es in dem Vertrag:

„Der Geschäftsführer vertritt die Komplementärin und damit auch die Gesellschaft nach außen hin gemäß dem Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft und dem Gesellschaftsvertrag und dem Bestellungsbeschluss der Komplementärin gemeinsam mit einem anderen Geschäftsführer.“

In § 1 Abs. 5 des Vertrages heißt es:

„Der Geschäftsführer ist nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft „weiterer Fremdgeschäftsführer“ mit dem Geschäftsbereich Beteiligungsmanagement. Der Geschäftsführer ist darüber hinaus berechtigt, Weisungen und Zustimmungen gegenüber Tochtergesellschaften der Familienholding zu erteilen, auch außerhalb seines Geschäftsbereiches.“

In § 16 des Vertrages heißt es unter der Überschrift „Dauer und Beendigung“:

„1.) Dieser Anstellungsvertrag tritt zum 13.11.2017 in Kraft und wird fest für die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung bleibt unberührt.

2.) Das Dienstverhältnis verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn nicht spätestens zwölf Monate vor Ablauf der Geschäftsführer oder der Gesellschafter S. U. oder sein Nachfolger im Amt des Stammesführers der Verlängerung widersprochen haben.

3.) Jede Kündigung und jeder Widerspruch gegen eine Verlängerung bedürfen der Schriftform.

4.) Die Bestellung zum Geschäftsführer kann auf Verlangen des Gesellschafters S. U. (oder seines Nachfolgers als Stammesführer) jederzeit, im übrigen nur aus wichtigem Grund widerrufen werden. Die Abberufung gilt zugleich als ordentliche Kündigung dieses Anstellungsvertrages zum nächstzulässigen (Beendigungs-)Zeitpunkt. Erfolgt die Abberufung aus wichtigem Grund, endet der Vertrag mit der Abberufung. Diese gilt dann zusätzlich auch als außerordentliche (fristlose) Kündigung dieses Anstellungsvertrages.“

Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrages
(Symbolfoto: Gorodenkoff/Shutterstock.com)

Wegen der weiteren Einzelheiten des Geschäftsführerdienstvertrages vom 13.11.2017 wird Bezug genommen auf die Anlage zum Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.03.2019.

Der Kläger hatte einen Anspruch auf ein festes Jahresgehalt in Höhe von400.000,00 Euro brutto zuzüglich einer variablen Vergütung in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro brutto gemäß § 5 Abs. 1 und 2 des Geschäftsführerdienstvertrages.

Bei der Beklagten zu 1) handelt es sich um eine sogenannte Einheits-KG, die an der Spitze der gesamten U.-Gruppe steht. Sie wird geführt in der Form einer Kommanditgesellschaft. Komplementär und persönlich haftende Gesellschafterin ist die Beklagte zu 2). Weiterer persönlich haftender Gesellschafter der Beklagten zu 1) ist Herr H. E.. Kommanditisten der Beklagten zu 1) sind D. und N. U. (gemeinsam 50 %) sowie S. U. (50 %). Die Beklagte zu 1) als sogenannte Familienholding hat ihren Ort der Geschäftsleitung in S.. Wegen der Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1) wird Bezug genommen auf die Anlage 1 zur Klageerwiderung vom 31.01.2019. Die vorstehend geschilderte Struktur beruht auf einer Vereinbarung der Neuordnung der U.-Gruppe und zur Beilegung der Rechtsstreitigkeiten vom 20.04.2017 (sogenannte Rahmenvereinbarung). Wegen der Einzelheiten der vorgenannten Rahmenvereinbarung wird Bezug genommen auf die Anlage 2 zur Klageerwiderung. Die Struktur der Beklagten zu 1) als Familienholding ist durch ein sogenanntes Stammesprinzip geprägt. Es gibt zwei Familienstämme: Zum einen den Familienstamm bestehend aus den Kommanditisten D. und N. U., zum anderen den Familienstamm bestehend aus S. U., wobei D. und S. U. jeweils sogenannte geborene Stammesführer nach den Vereinbarungen sind. Bei der Familienholding ist ein Beirat gebildet, der aus bis zu sieben Mitgliedern besteht gemäß Ziffer 13.1 des Gesellschaftsvertrages und Ziffer II.3 der Rahmenvereinbarung. Der Beirat besteht aus den jeweiligen Stammesführern der Familienstämme D. U. und S. U. (geborene Beiratsmitglieder) sowie jeweils einem weiteren von jedem Stammesführer bestellten Beiratsmitglied („gekorene Beiratsmitglieder“). Zu den für den Rechtsstreit maßgeblichen Zeitpunkten waren dies E. M. (von D. U. benannt) sowie K. H. (von S. U. benannt). Daneben werden drei weitere, von den Stammesführern gemeinsam benannte Beiratsmitglieder gewählt. Der Beirat wird von einem Vorsitzenden geleitet. Im September 2018 war Herr Dr. G. Vorsitzender des Beirates. Der Beiratsvorsitzende teilte dem Kläger am 24.09.2018 mündlich mit, der Beirat habe am 24.09.2018 beschlossen, den Kläger als Geschäftsführer der „U. Verwaltungs APS“ abzuberufen und ihn freizustellen. An der Beiratssitzung vom 24.09.2018 hatte der Kläger nicht teilgenommen. Die vorgenannte mündliche Mitteilung bestätigte der Beiratsvorsitzende noch am 24.09.2018 mit dem als Anlage K 2 zur Klageschrift beigefügten Schreiben, auf das wegen der Einzelheiten des Inhaltes verwiesen wird. Mit Schreiben vom 26.09.2018, zugestellt am 27.09.2018, bot der Kläger seine Dienste als Geschäftsführer an. Mit E-Mail vom 04.10.2018 teilte D. U. dem Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, der Beschluss der Beiratssitzung vom 24.09.2018 liege noch nicht in Form eines fertigen Protokolls vor. Am 28.09.2018 erhielt der Kläger ein Schreiben des Beiratsvorsitzenden vom 25.09.2018, in dem es u.a. wie folgt lautet:

„Aufgrund der Regelung in Ziffer 4.1.1.3 des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft teile ich Ihnen hiermit in meiner Funktion als Beiratsvorsitzender vorsorglich nochmals die Kündigung Ihres Geschäftsführerdienstvertrages aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung mit.“

Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 25.09.2018 wird Bezug genommen auf die Anlage K 4 zur Klageschrift. Dem Schreiben vom 25.09.2018 waren weder der Beiratsbeschluss noch eine Vollmacht beigefügt. Mit Schreiben vom 04.10.2018 wiesen die Prozessbevollmächtigten des Klägers unter Vorlage einer Original-Vollmachtsurkunde die Kündigungserklärung wegen fehlender Vollmachtsurkunde nach § 174 S. 1 BGB zurück und erhoben die Rüge des § 180 S. 2 BGB. Wegen der Einzelheiten des vorgenannten Schreibens vom 04.10.2018, das am 05.10.2018 per Boten zugestellt wurde, wird Bezug genommen auf die Anlage K 5 zur Klageschrift. Mit Schreiben vom 05.10.2018 bot der Kläger nochmals seine Dienste als Geschäftsführer an.

Der Kläger hat seit dem 25.09.2018 kein Gehalt von der Beklagten zu 1) mehr bezogen.

Der Kläger hält den Widerruf seiner Bestellung zum Geschäftsführer und die von der Beklagten zu 1) angenommene wirksame Beendigung des Geschäftsführerdienstvertrages durch fristlose Kündigung rechtlich für unwirksam und verlangt klageweise die Zahlung der vereinbarten Bezüge für die Monate September 2018 bis einschließlich September 2019 unter Anrechnung erhaltener Beträge.

Der Kläger bestreitet eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Beirates, der nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages keine Entscheidungsbefugnis im Hinblick auf die ihm – dem Kläger – gegenüber gefassten Beschlüsse aufgewiesen habe, wobei der Kläger auf § 14.1.4 des Gesellschaftsvertrages verweist. Nach Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Regelung in § 16 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages mit dem Gleichlauf des wirksamen Widerrufes der Bestellung zum Geschäftsführer mit einer wirksamen fristlosen Kündigung um eine gegen § 307 Abs. 2 S. 1 BGB verstoßende Koppelungsklausel, da der Kläger im Sinne des Gesetzes als Verbraucher anzusehen sei. Die Regelung des § 16 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages sei ohne individuelle Vereinbarung von der Beklagten zu 1) vorgegeben worden und werde auch im Verhältnis zu dem Mitgeschäftsführer des Klägers M. verwandt. Zudem fehle es der Klausel in § 16 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages an der gebotenen Transparenz, da jede Abberufung als Geschäftsführer danach zu einer ordentlichen Kündigung führe, wohingegen der Geschäftsführerdienstvertrag fest auf drei Jahre abgeschlossen worden sei. Dem Kläger als Verbraucher sei deshalb nicht in der gebotenen Transparenz ersichtlich, wann das Dienstverhältnis ende. Die Kündigungserklärung sei zudem wirksam nach § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen worden. Nach Auffassung des Klägers ist ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages bzw. die Abberufung als Geschäftsführer nicht existent. Darüber hinaus verlangt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses des Beirates der Beklagten zu 1) vom 24.09.2018 sowie die Feststellung, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers bei der Beklagten zu 1) weder durch den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer noch durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) aufgelöst worden ist.

Der Kläger beantragt, wie erkannt, wobei der ausgeurteilte Zahlungsantrag hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit den ausgeurteilten Feststellungsanträgen gestellt wurde, darüberhinaus beantragt der Kläger:

Der Beschluss des Beirates der Beklagten zu 1) vom 24.9.2018 auf Widerruf der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten zu 2) mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund wird für unwirksam erklärt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Nach Auffassung der Beklagten ist der Klageantrag zu 1), mit dem der Kläger die Unwirksamkeit des Beschlusses der Beiratssitzung vom 24.09.2018 geltend macht, bereits unzulässig. Das Landgericht Bielefeld sei für die Entscheidung über die Frage, ob der Beirat der Beklagten zu 1) mit Beschluss vom 24.09.2018 die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten zu 2) wirksam widerrufen konnte, unzuständig. Aufgrund des Sitzes der Beklagten zu 2) in Dänemark sei die dänische Gerichtsbarkeit dafür ausschließlich zuständig.

Nach Auffassung der Beklagten ist die Kopplungsklausel aus § 16 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages rechtlich wirksam. Dabei handele es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten. Jedenfalls handele es sich bei § 16 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages nicht um eine überraschende Klausel nach § 305c BGB bzw. eine intransparente Klausel nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Zudem weiche die Klausel nicht von gesetzlichen Grundgedanken ab.

Nach Auffassung der Beklagten ist sowohl die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) durch den Beschluss des Beirates der Beklagten zu 1) vom 24.09.2018 wirksam sowie auch die fristlose Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages. Dafür stützen sich die Beklagten auf folgenden Sachverhalt:

Am 14.08.2018 erhielt der Geschäftsführer V. der Beklagten zu 2) auf Wunsch von S. U. über das gekorene Beiratsmitglied H. eine Anfrage betreffend die Konsortialkreditverträge der U.-Gruppe. Zur Erfüllung der Anfrage des S. U. besorgte der Kläger zum Zwecke des Kopierens die schriftlichen Konsortialkreditverträge, wobei streitig ist, ob der Kläger diese zum Zwecke der Kopie von der Justitiarin Frau A. erhielt oder entsprechend der Behauptung des Klägers von Herrn C., einem Mitarbeiter des Mitgeschäftsführers M. des Klägers bei der Beklagten zu 2). Der Kläger leitete die kopierten Unterlagen am 15.08.2018 weiter an S. U.. In der Folgezeit nahm der Kläger an drei Gesprächen mit dem Bankhaus V. in I. teil, teilweise im Beisein des Herrn H. bzw. in den Räumen des S. U. im Beisein von Herrn S. U.. Die Beklagten behaupten, zwischen dem Bankhaus V. und der Beklagten zu 1) sei eine Vertraulichkeitszusage, insbesondere nicht in schriftlicher Form, nicht zustande gekommen. Das erste Gespräch mit Mitarbeitern des Bankhauses V. fand am 29.06.2018 statt. Dabei wurde der Kläger von Herrn H. begleitet bei einem Kennenlerngespräch. Bei dem weiteren Gespräch vom 17.08.2018, das der Kläger mit Mitarbeitern der V. Bank ohne Beteiligung weiterer Teilnehmer auf Seiten der U.-Gruppe führte, ging es um Wirkmechanismen der Währungsgeschäfte und Risikozusammenhänge in diesem Bereich. Das dritte Gespräch fand am 07.09.2018 in Räumlichkeiten des S. U. statt, wobei neben dem Kläger Herr V., Herr S. U. und Herr H. für die U.-Gruppe teilnahmen. In diesem Gespräch ging es um die sogenannten „covenants“, d.h. die einzelnen Vereinbarungen zwischen den Banken und der U.-Gruppe betreffend die Konsortialkreditverträge, insbesondere im Hinblick auf etwaige Rechte der Kreditgeber. Auf Wunsch des Klägers und S. U. sollte in der Beiratssitzung vom 20.08.2018 ein Mitarbeiter der V.-Gruppe eine n Vortrag halten. Diesem Ansinnen trat insbesondere der Mitgeschäftsführer M. des Klägers entgegen .Deshalb wurde der Mitarbeiter der V. Bank letztlich nicht zu der Beiratssitzung vom 20.8.2018 eingeladen.

Dem Kläger war bekannt, dass Herr D. U. der V. Bank gegenüber negativ eingestellt war und sich u.a. gegenüber dem Kläger betreffend die V.-Gruppe wie folgt geäußert hatte:

„Die kommen mir nicht auf den Hof“.

Am 10.09.2018 führte D. U. ein persönliches Gespräch mit dem Kläger im Beisein des Herrn C., des Leiters des Konzernrechnungswesens und der Rechnungskontrolle der Beklagten zu 1). Grund dafür war, dass D. U. in Erfahrung gebracht hatte, dass die Unterlagen betreffend die Konsortialkreditverträge der U.-Gruppe an den Kläger herausgegeben und kopiert worden waren. Herr D. U. stellte dem Kläger die Frage, ob der Kläger wisse, dass diese Unterlagen an Dritte gegangen seien. Der Kläger antwortete, dass er die Unterlagen allein zu eigenen Prüfzwecken angefordert habe, um sich den Sachstand und die Gefahren vor Augen zu führen. Zudem erklärte der Kläger auf Rückfrage des D. U., er habe die Unterlagen nicht an Dritte weitergegeben. Herr D. U. ging darauf in das Büro des Mitgeschäftsführers V. des Klägers und bat diesen, den Mitgeschäftsführer M. und den Kläger dazu zu holen. Im Beisein der vorgenannten Personen fragte D. U. dann den Mitgeschäftsführer V., ob er Kenntnis davon habe, dass sich der Kläger Kreditunterlagen einschließlich aller Anhänge habe aushändigen lassen, und ob er Kenntnis davon habe, dass diese Unterlagen an Dritte gegangen seien, die nicht unmittelbar mit dem Unternehmen zu tun hätten. Der Mitgeschäftsführer V. bejahte dies. Daraufhin fragte der D. U. den Kläger, ob er – der Kläger – ihm gerade ins Gesicht gelogen hätte, wobei der Kläger antwortete, dass nicht er, sondern Herr H. die Unterlagen an das Bankhaus V. weitergegeben habe. Mit Schreiben vom 12.09.2018 forderte Herr D. U. sowohl den Kläger als auch den Mitgeschäftsführer V. wegen der Weitergabe der Kreditunterlagen zu einer Stellungnahme auf. Wegen der Einzelheiten der schriftlichen Aufforderung vom 12.09.2018 wird Bezug genommen auf Blatt 17 und 18 der Klageerwiderung. Mit Schreiben vom 18.09.2018 beantworteten sowohl Herr V. als auch der Kläger jeweils die Anfrage vom 12.09.2018 gegenüber D. U.. Wegen des Inhaltes der Schreiben vom 18.09.2018 wird Bezug genommen auf Seite 19 – 23 der Klageerwiderung. Mit Schreiben vom 20.09.2018 teilte D. U. dem Kläger mit, er halte den Sachverhalt auch unter Berücksichtigung der Schreiben vom 18.09.2018 nicht für ausreichend geklärt und die Vorwürfe nicht für ausgeräumt und beabsichtigte daher, eine Beschlussfassung des zuständigen Organs über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und der Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grunde zu erwirken. In diesem Zusammenhang forderte Herr D. U. den Kläger zu einer Stellungnahme bis zum 24.09.2018 auf. Der Kläger wiederum wandte sich mit Schreiben vom 24.09.2018 an D. U.. Wegen des Inhaltes des Schreibens vom 24.09.2018 wird Bezug genommen auf Seite 24 – 26 der Klageerwiderung. Mit E-Mail vom 13.09.2018, wegen deren Einzelheiten auf die Anlage K 8 zur Klageerwiderung verwiesen wird, teilte Herr S. U. Herrn D. U. u.a. folgendes mit:

„An eine Abberufung von Herrn (Kläger) werde ich nicht mitwirken. Dir steht selbstverständlich frei, das Thema in dem Beirat (ungeachtet, ob dieser überhaupt zuständig ist) zu bringen.“

Am 24.09.2018 fand der Antrag, den Kläger als Geschäftsführer abzuberufen bei der Beschlussfassung des Beirates eine Mehrheit von 4 zu 3 Stimmen. Wegen der Einzelheiten des Verlaufes der Beiratssitzung vom 24.09.2018 wird Bezug genommen auf das vorgelegte Protokoll, Anlage 10 zur Klageerwiderung. Nach Auffassung der Beklagten war der Beirat für die Beschlussfassung angesichts der erreichten Eskalationsstufe zuständig, da die Pattsituation betreffend die Haltung der jeweiligen Stammesführer nicht anders auflösbar gewesen sei. Für die Zuständigkeit reiche die Mitteilung des Herrn S. U. aus der E-Mail vom 13.09.2018, er werde an einer Abberufung des Klägers als Geschäftsführer nicht mitwirken, aus nach Ziffer 10.3.1 des Gesellschaftsvertrages. Der wichtige Grund sowohl für die Abberufung als Geschäftsführer als auch für die fristlose Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages liege in wissentlich falschen Auskünften des Klägers gegenüber D. U. in dem persönlichen Gespräch vom 10.09.2018 in zwei Punkten, soweit der Kläger wahrheitswidrig angegeben habe, die Kreditunterlagen lediglich zum Zwecke der eigenen Prüfung angefordert zu haben und keine Kenntnis von einer Weitergabe an Dritte zu haben. Zudem habe der Kläger insbesondere mit seiner Teilnahme an Gesprächen mit Mitarbeitern der V.-Bank die ihm zugewiesenen Kompetenzen überschritten. Das Finanzmanagement, das sich insbesondere mit Abwicklung von Währungsgeschäften befasse, sei ausschließlich dem Mitgeschäftsführer M. gemäß 3.2.3 der Rahmenvereinbarung übertragen worden. Damit rechtfertige der Verstoß des Klägers gegen den Vertraulichkeitsgrundsatz bei seinen Kontakten mit Mitarbeitern der V.-Bank sowohl die Abberufung als Geschäftsführer als auch die fristlose Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages. Insoweit sei neben einem strafrechtlich relevanten Verhalten nach § 17 UWG jedenfalls die Vertraulichkeitsverpflichtung aus § 13 des Geschäftsführerdienstvertrages von dem Kläger grob verletzt worden. Insbesondere sei die Vertraulichkeit deshalb verletzt worden, da die Kreditunterlagen an das Bankhaus V. in Kopie weitergeleitet worden seien, ohne dass eine Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen dem Bankhaus V. und der Beklagten zu 1) zustande gekommen sei. Der Mitgeschäftsführer M. des Klägers habe sich ausdrücklich, was dem Kläger bei den Gesprächen mit Mitarbeitern der V.-Bank bekannt gewesen sei, gegen jegliche Ausgliederung der Währungsgeschäfte auf eine separate Gesellschaft gewandt und dies mit dem Schreiben vom 20.07.2018 dokumentiert. Bei den Kontakten des Klägers mit den Mitarbeitern der V.-Bank sei es vornehmlich darum gegangen, die Argumentation des Mitgeschäftsführers M., der zur Kenntnis des Klägers jegliche Zusammenarbeit mit dem Bankhaus V. ablehnte, zu widerlegen. Die Frist von zwei Wochen aus § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten, da der Beirat als zuständiges Organ der Beklagten zu 1) zur Kenntnis sämtlicher Beiratsmitglieder den Sachverhalt, der der Beschlussfassung am 24.09. zugrunde lag, erst am 24.09.2018 zur Kenntnis nahm. Eine Abmahnung des Klägers sei nicht erforderlich, da es sich bei dem Kläger nicht um einen Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) gehandelt habe. § 174 S. 1 BGB sei in den Fällen einer organschaftlichen Vertretung entgegen der Auffassung des Klägers nicht anwendbar. Jedenfalls sei die Zurückweisung der Kündigung mangels Vorlage der Unterlagen nicht unverzüglich erfolgt.

Nach Auffassung des Klägers liegt auch unter Zugrundelegung des von den Beklagten herangezogenen Sachverhaltes ein wichtiger Grund weder für die Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) noch für eine außerordentliche Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrages vor. Die Rahmenvereinbarung sei nicht Teil des Dienstvertrages des Klägers mit der Beklagten zu 1) geworden und deshalb für die rechtliche Beurteilung nicht maßgeblich. Aufgrund der vertraglich festgelegten Gesamtverantwortung des Klägers sei der Kläger nicht beschränkt auf den ihm zugewiesenen Bereich des Beteiligungsmanagementes, sondern verpflichtet gewesen, sich auch ressortübergreifend die erforderlichen Kenntnisse zur Beurteilung insbesondere der Risiken der geschäftlichen Tätigkeit der Beklagten zu 2) zu verschaffen. Das ergebe sich aus dem von den Beklagten argumentativ herangezogenen System der „Checks und Balances“, das der Rahmenvereinbarung und dem Gesellschaftsvertrag zugrunde liege. Der Kläger habe auch betreffend den Untersuchungsauftrag für das Währungsmanagement mit dem Unternehmen O. zusammengearbeitet. Mit dem Bankhaus V. sei eine schriftliche Vertraulichkeitsvereinbarung zustande gekommen, die er – der Kläger – den Akten zugeführt habe. Der Kläger meint, er habe sich insbesondere mit dem Risiko der Covenants beschäftigen müssen im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer. Aus diesem Grunde habe er an den Gesprächen mit den Mitarbeitern der V.-Bank teilgenommen. Jedenfalls sei der Beirat der Beklagten zu 1) zur Beschlussfassung nicht zuständig gewesen nach den Regelungen des Rahmenvereinbarung und des Gesellschaftsvertrages, da die Ablehnung des S. U. im Hinblick auf eine Mitwirkung bei der Abberufung des Klägers bzw. seiner außerordentlichen Kündigung nicht endgültig zum Ausdruck gekommen sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und – bis auf den Antrag zu 1.) aus der Klageschrift – begründet, im übrigen unbegründet.

1. Die Klage ist – auch im Hinblick auf den Antrag zu 1.) – entgegen der Auffassung der Beklagten – zulässig. Zwar hat die Beklagte zu 2) ihren Sitz in Dänemark. Entgegen der Auffassung der Beklagten findet indes Artikel 24 Nr. 2 EuGVVO mit einer sich daraus ergebenden ausschließlichen Zuständigkeit dänischer Gerichte für die Entscheidung über den Antrag zu 1) aus der Klageschrift keine Anwendung. Der Antrag zu 1.) richtet sich gegen einen Beschluss des Beirates der Beklagten zu 1) und mithin geht es in dem Rechtsstreit nicht um die Gültigkeit eines Beschlusses eines Organes einer ausländischen Gesellschaft nach § 24 Nr. 2 EuGVVO. Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte zu 1) indes ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, geht es mithin bei der Entscheidung über den Antrag zu 1) aus der Klageschrift um die Gültigkeit eines Beschlusses eines Gremiums einer deutschen juristischen Person. Für die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bielefeld betreffend die Klage gegen die Beklagte zu 1) ist auf den Sitz nach § 17 Abs. 1 ZPO abzustellen. Die örtliche Zuständigkeit betreffend die Klage gegen die Beklagte zu 2) folgt aus §§ 29 Abs. 1 ZPO, Artikel 7 Ziff. 1 a EuGVVO. Die Anwendbarkeit deutschen Rechtes folgt aus Artikel 4 Abs. 1 b ROM I Verordnung, da eine Rechtswahl nicht stattgefunden hat. Daher gilt das Recht des Ortes des gewöhnlichen Aufenthaltes des Dienstverpflichteten, mithin des Klägers.

2. Die Anträge des Klägers zu 2., 2a, 3. und der für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 2. und 3. gestellte Antrag auf Zahlung haben Erfolg.

a) Auf den Antrag zu 2.) aus der Klageschrift war festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Anstellungsverhältnis durch den Widerruf der Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten zu 2) vom 24.09.2018 nicht aufgelöst worden ist. Zwar ist – wie noch auszuführen sein wird – der Widerruf der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten zu 2) durch den Beschluss des Beirates vom 24.09.2018 wirksam. Der wirksame Widerruf der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten zu 2) durch den Beschluss des Beirates der Beklagten zu 1) führt jedoch nicht zur Auflösung des Geschäftsführerdienstvertrages zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1). Die Kopplungsklausel aus § 16 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages vom 13.11.2017 ist nach Auffassung der Kammer wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Nach § 16 Abs. 4 S. 3 des Geschäftsführerdienstvertrages endet dieser Vertrag mit Abberufung des Klägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund, wobei der Vertrag mit dem Zeitpunkt der Abberufung endet. Nach § 16 Abs. 4 S. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages gilt dies auch als außerordentliche (fristlose) Kündigung des Anstellungsvertrages. Diese Regelung in ihrem Gesamtzusammenhang stellt nach Auffassung der Kammer eine unangemessene Benachteiligung des Klägers nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB dar, da die vorgenommene Koppelung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die §§ 305 f. BGB sind entgegen der Auffassung der Beklagten für den Geschäftsführerdienstvertrag anwendbar, da der Kläger insoweit in seiner Funktion als Vertragspartner der Beklagten zu 1) betreffend den Anstellungsvertrag als Verbraucher anzusehen ist und die Beklagte zu 1) als Unternehmer. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB gelten jedoch Allgemeine Geschäftsbedingungen vom Unternehmer als gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden. Die Beklagte zu 1) hat nicht dargelegt, dass gerade der Kläger die Koppelungsklausel aus § 16 Abs. 4 des Geschäftsführervertrages in den Vertrag eingeführt hat. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB gelten § 305c Abs. 2BGB sowie §§ 306 – 309 BGB mit vorformulierten Vertragsbedingungen auch dann, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Diese Voraussetzungen liegen zumindest vor, da nicht dargelegt ist, dass der Kläger auf die Formulierungen aus § 16Absatz 4 des Geschäftsführerdienstvertrages Einfluss nehmen konnte. Damit kann dahinstehen, ob die Klausel des § 16 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages auch bei anderen Verträgen der Beklagten zu 1) mit weiteren Geschäftsführern in den Vertragstext aufgenommen wurde.Nach Auffassung der Kammer verstößt § 16 Abs. 4 S. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages, wonach die Abberufung aus wichtigem Grund zusätzlich auch als außerordentliche fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages wirkt, gegen den Grundgedanken des § 626 Abs. 2 BGB, wonach eine fristlose Kündigung eines Dienstvertrages aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist nur innerhalb von zwei Wochen nach Eintritt der Tatsachen möglich ist, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile, die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach dem Gesamtzusammenhang der Regelung aus § 16 Abs. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages ist es möglich, dass die Abberufung des Geschäftsführers aus wichtigem Grunde, die zur fristlosen außerordentlichen Kündigung nach der Regelung in § 16 Abs. 4 S. 4 des Anstellungsvertrages führt, mehr als zwei Wochen nach Eintritt der Tatsachen beschlossen wird, die die Abberufung und damit automatisch die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages rechtfertigen. Eine geltungserhaltende Reduktion der wegen der Unwirksamkeit des § 16 Abs. 4 S. 4 des Geschäftsführerdienstvertrages verbleibenden Vorschriften des § 16 Abs. 4 S. 1 – 3 ist aufgrund des engen Zusammenhanges der Regelungswirkungen nicht möglich. Vielmehr ist wegen Unwirksamkeit des § 16 Abs. 4 Satz 4 des Geschäftsführerdienstvertrages in vollem Umfang auf die gesetzliche Regelung aus dem BGB abzustellen, die indes eine Koppelung der Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund mit der zugleich wirksam werdenden außerordentlichen fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages eines Geschäftsführers nicht vorsieht.

b) Auf den Antrag zu 2a.) aus dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 04.04.2019 auf Seite 27 war festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Anstellungsverhältnis durch die vom Beiratsvorsitzenden Dr. G. vom 24.09.2018 ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Zwar ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem Gesellschafter D. U. als sogenannter Stammesführer aufgrund der Regelungen aus dem Gesellschaftsvertrag und dem Rahmenvertrag gestört, was die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer – wie noch darzulegen sein wird – rechtfertigt. Die die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer rechtfertigende Umstände reichen aber nicht aus für eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages, da insoweit nach Auffassung der Kammer ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB fehlt und daher insbesondere unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen der Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Dienstzeit der Beklagten zu 1) zugemutet werden kann. Entscheidend für diese Beurteilung der Kammer ist der Umstand, dass der Kläger bei Wahrnehmung der Termine bei der V.-Bank und bei Beantwortung der Fragen des Gesellschafters D. U. am 10.09.2019 im Interesse des weiteren Stammesführers S. U. handelte und zwischen dem Kläger und S. U. ein Loyalitätsverhältnis bestand. Der Umstand, dass der Kläger die Termine bei der V.-Bank wahrnahm und sich Kenntnisse über die Konsortialkreditverträge bzw. die Führung des Finanzmanagements verschaffte, ist unstreitig allein darauf zurückzuführen, dass der Gesellschafter S. U. im Hinblick auf die Durchführung des Finanzmanagements, insbesondere die Währungsgeschäfte der Gesellschaft eine andere Auffassung vertrat und auch weiter vertritt als der Mitgesellschafter D. U.. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger als Geschäftsführer aufgrund der Regelungen in dem Gesellschaftsvertrag und der Rahmenvereinbarung zwingend auf Vorschlag des Gesellschafters S. U. zu bestellen war, war der Kläger bei Durchführung seiner Geschäfte insbesondere auf das Vertrauen des Gesellschafters S. U. angewiesen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach dem Geschäftsführerdienstvertrag gemäß § 16 Abs. 4 S. 1 auf Verlangen des Gesellschafters S. U. oder seines Nachfolgers als Stammesführer hätte ohne weiteres entlassen werden können. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger nach dem unstreitigen Sachverhalt die ihm vorgeworfenen Handlungen jedenfalls in Übereinstimmung mit dem Gesellschafter S. U., von dessen Vertrauen er abhing, vornahm, ist dem Kläger nicht ein Vorwurf in dem Umfang gegenüber zu erheben, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde.

c) Auf den Antrag zu 3.) aus der Klageschrift war festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) bestehende Anstellungsverhältnis – auch – durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten zu 1) vom 25.09.2018 nicht aufgelöst worden ist. Insoweit kann dahinstehen, ob die außerordentliche Kündigung vom 25.09.2018 möglicherweise bereits aus formellen Gründen unwirksam ist. Jedenfalls liegt auch insoweit aus den Gründen wie bereits zu 2b) dargelegt, ein Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Klägers betreffend den Geschäftsführerdienstvertrag mit der Beklagten zu 1) nicht vor.

d) Auf den Hilfsantrag aus der Klageschrift, der für den Fall gestellt wurde, dass die Feststellungsanträge zu 2) und 3) Erfolg hatten, was nach den vorstehenden Ausführungen der Fall ist, war die Beklagte zu 1) zur Zahlung der ausstehenden Vergütungen an den Kläger, deren Höhe unstreitig ist, nach § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Geschäftsführerdienstvertrag vom 13.11.2017 zu verurteilen.

3. Im Hinblick auf den Antrag zu 1.) aus der Klageschrift war die Klage abzuweisen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Beschluss des Beirates der Beklagten zu 1) vom 24.09.2018 auf Widerruf der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten zu 2) mit sofortiger Wirkung wirksam. Entgegen der Auffassung des Klägers war der Beirat für die Entscheidung über den Widerruf der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten zu 2) zuständig. Es bedurfte nicht einer vorhergehenden Einberufung einer förmlichen Gesellschafterversammlung, da der Gesellschafter S. U. mit der E-Mail vom 13.09.2018 gegenüber dem Gesellschafter D. U. in Kenntnis sämtlicher Umstände, die im Hinblick auf eine Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) vorgetragen worden waren, mitgeteilt hatte, er – S. U. – werde an einer Abberufung des Klägers nicht mitwirken. Eine Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer ist der Beklagten zu 2) nicht zuzumuten, da es im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Gesellschafter D. U. zu einem Vertrauensbruch gekommen ist. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, es sei richtig, dass seitens des Gesellschafters D. U. ihm gegenüber betreffend die V.-Bank geäußert worden war: „Die kommen mir nicht auf den Hof“. Zudem war dem Kläger jedenfalls aus dem Vorfeld der Beiratssitzung vom 20.08.2018 bekannt, dass entsprechend der Entscheidung des Beiratsvorsitzenden Dr. G. in Übereinstimmung mit dem Mitgeschäftsführer M. eine Stellungnahme des Mitarbeiters der V.-Bank, der entsprechend dem Wunsch des S. U. in der Beiratssitzung mündlich berichten sollte, nicht gewünscht war. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger wegen des unüberwindlichen Widerstandes des Gesellschafters D. U. gegen jegliche Zusammenarbeit mit der V.-Bank, jedenfalls den Termin mit der V.-Bank am 07.09.2018, der nach der Beiratssitzung vom 20.08.2018 stattfand, nicht mehr als Geschäftsführer der Beklagten zu 2) wahrnehmen dürfen. Vielmehr hätte der Kläger von sich aus den bestehenden Loyalitätskonflikt betreffend die Interessen des Geschäftsführers S. U. gegenüber D. U. aufdecken müssen und vor Teilnahme an einer weiteren Besprechung mit der V.-Bank abwarten müssen, ob im Verhältnis zwischen S. und D. U. insoweit eine Einigung betreffend die Führung der Gespräche erzielt werden konnte. Vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem 07.09.2018 nach der eigenen Darstellung des Klägers nicht mehr um einen Kennenlerntermin handelte, sondern jedenfalls grundsätzlich die sogenannten „covenants“ besprochen werden sollten, die für die U.-Gruppe erhebliche Bedeutung hatten, stellte die Teilnahme des Klägers zumindest an der Besprechung mit Mitarbeitern der V.-Bank am 07.09.2018 eine vermeidbare Konfrontation mit den Gesellschafter D. U. dar.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 S. 1 ZPO. Zwar ist der Kläger mit dem Antrag zu 1.) – wie dargelegt – unterlegen. Insoweit handelt es sich vor dem Hintergrund, dass es letztlich dem Kläger wirtschaftlich um den Zahlungsantrag geht, der ungeachtet der Abweisung des Antrages zu 1.) in vollem Umfang Erfolg hatte, bei der Zuvielforderung des Klägers um eine verhältnismäßig geringfügige Zuvielforderung, die es rechtfertigt, den im übrigen unterliegenden Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, insoweit entsprechend ihrer jeweiligen Beteiligung an dem Rechtsstreit.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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