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Grundstückskauf – unzureichende Aufklärung über Heizleistung einer Wärmepumpenheizung

LG Flensburg – Az.: 3 O 14/18 – Urteil vom 18.10.2019

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 9.086,40 €, sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.086,23 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.04.2019 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die auf eine nicht fachgerecht verbaute Heizungsanlage bei der Liegenschaft …weg …, …W, zurückzuführen sind, gemäß Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen H1 und S im selbständigen Beweisverfahren des Landgerichts Flensburg, Az. 3 OH 40/14, soweit diese Ansprüche nicht durch den vorstehenden Zahlungstenor abgegolten sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 69 % und der Beklagte 31 % zu tragen.

Die Anwaltskosten des selbständigen Beweisverfahrens und die dort angefallenen Gerichtskosten – mit Ausnahme der Kosten der Beweisaufnahme – tragen die Kläger zu 80 %, der Beklagte zu 20 %. Die Kosten der Beweisaufnahme des selbständigen Beweisverfahrens tragen die Kläger zu 83 %, der Beklagte zu 17 %.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 34.662,06 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit einem Grundstückskauf. Die Kläger sind die Käufer des Objekts, der beklagte Verkäufer ist von Berufs wegen Heizungsbauer und in der Vergangenheit insoweit als Gerichtssachverständiger tätig gewesen.

Mit notariellem Vertrag vom 28.11.2013 kauften die Kläger vom Beklagten das mit einem im Jahr 1993 erbauten Doppelhaus bebaute Grundstück …weg .., … W. Im notariellen Kaufvertrag ist unter § 6 ein Sachmängelgewährleistungsausschlussenthalten. Wegen der Einzelheiten des notariellen Kaufvertrags wird auf Anlage K1 (Bl. 12 ff. d.A.) Bezug genommen. Der Besitzübergang erfolgte am 01.07.2014.

In dem streitgegenständlichen Gebäude ist neben einem leistungsfähigen 1,5 Tonnen-Kachelofen eine Wärmepumpenheizung eingebaut. Im Rahmen der Gespräche vor Abschluss des Kaufvertrags wies der Beklagte die Kläger darauf hin, der Ofen sei geeignet die Immobilie zu 80 % beheizen. Bezüglich der Heizleistung der Wärmepumpenheizung wurden den Klägern keine Hinweise erteilt.

Das Haus liegt tiefer als die Straße, die Grundstücksauffahrt weist ein Gefälle auf.

Die Kläger holten ein Privatgutachten des Sachverständigen H2 zur Grundstücks- und Gebäudeentwässerung ein. Wegen der Einzelheiten des Privatgutachtens wird auf Anlage K2 (Blatt 22 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Kläger meinen, der Beklagte sei ihnen aufgrund des arglistigen Verschweigens von Mängeln zum Schadensersatz verpflichtet. Die Klage diene der Geltendmachung eines Vorschusses und sei ungeachtet der zum Werkvertragsrecht ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.02.2018, VII ZR 46/17, zulässig.

Grundstückskauf - unzureichende Aufklärung über Heizleistung einer Wärmepumpenheizung
(Symbolfoto: Studio Harmony/Shutterstock.com)

Hierzu behaupten sie, die Wärmepumpenheizung sei nicht ausreichend dimensioniert, um das gesamte Haus zu beheizen. Zudem lägen gravierende Fehler in der Grundstücks- und Gebäudeentwässerung vor. Nur wenige Tage nach dem Einzug Anfang Juli 2014 hätten sie bemerkt, dass sich Wasser in der Einfahrt, in der Garage und im Schlafzimmer gesammelt habe. Es habe sich auf einer Höhe von mindesten zehn Zentimetern auf der gesamten Länge der Einfahrt angestaut und sei nicht richtig abgeschlossen. Zudem sei Regenwasser in erheblichem Umfang ins Schlafzimmer gelaufen und habe in der Garage gestanden. Den Beklagten hätten sie kurz nach ihrem Einzug hierauf angesprochen, worauf er erwidert habe, das Problem sei ihm bekannt, eine Ursache habe er aber nicht finden können. Wegen der Einzelheiten zu den Mängelbehauptungen bezüglich der Grundstücks- und Gebäudeentwässerung wird auf Seite 6 f. der Klageschrift vom 15.01.2018 (Bl. 6 f. d.A.) Bezug genommen.

In Bezug auf die von den Klägern angenommenen Mängel des Grundstücks haben die Parteien unter dem Aktenzeichen 3 OH 40/14 ein selbstständiges Beweisverfahren durchgeführt. Dort sind schriftliche Gutachten der Sachverständigen R, H1 und S eingeholt worden. Wegen des Inhalts der Gutachten des Sachverständigen H1 vom 20.04.2018 sowie wegen des Inhalts des Ausgangs- und des Ergänzungsgutachtens des Sachverständigen R vom 28.10.2016 und vom 18.04.2017 wird auf die in der Votentasche des selbstständigen Beweisverfahrens befindlichen Gutachten Bezug genommen. Wegen des Gutachtens des Sachverständigen S vom 28.02.2019 wird auf Bl. 285ff. der Akte des selbständigen Beweisverfahrens Bezug genommen. Die Verfahrensakte ist im hiesigen Rechtsstreit beigezogen und die Gutachten sind im Rahmen der Beweisaufnahme verwertet worden.

Die Kläger haben die Klage zunächst als Teilklage in Bezug auf die für mangelhaft gehaltene Grundstücksentwässerung erhoben und insoweit mit dem zunächst angekündigten Antrag zu 1 eine Schadensersatzzahlung in Höhe von 22.952,00 € verlangt. Mit dem Antrag zu 2 verlangen die Kläger Schadensersatz für die – zwischen den Parteien unstreitig – an den Privatsachverständigen H2 gezahlten Gutachterkosten. Die Anträge zu 3 und 4 beziehen sich einerseits auf angefallene vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren und andererseits auf die Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für die mit den Zahlungsanträgen noch nicht abgegoltenen finanziellen Schäden. Mit der Klageerweiterung vom 15.04.2019 haben die Kläger die Klage wegen der für mangelhaft gehaltenen Heizungsanlage in Bezug auf den Antrag zu 1 um 9.086,40 € und in Bezug auf die geltend gemachten Anwaltskosten sowie den Feststellungsantrag erweitert.

Die Kläger beantragen nunmehr: Den Beklagten zu verurteilen an sie

1. 32.038,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag von 22.952,00 € seit dem 25.08.2017 und auf einen Betrag in Höhe von 9.086,40 € seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung;

2. weitere 842,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

3. weitere 1.809,75 € (vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

zu zahlen, sowie festzustellen,

4. dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die auf eine nicht fachgerechte Ausführung der Entwässerungseinrichtungen auf dem Wohngrundstück …weg …, … W, zurückzuführen sind gemäß Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dipl.-Ing. Peter R im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Flensburg, Az. 3 OH 40/14, sowie sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die auf eine nicht fachgerecht verbaute Heizungsanlage bei der Liegenschaft …weg …,… W, zurückzuführen sind gemäß Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen H und S im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Flensburg, Az. 3 OH 40/14, soweit diese Ansprüche nicht schon durch die Anträge 1 bis 3 abgegolten sind.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, die Kläger könnten nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs geltend machen. Auch wenn sich die Entscheidung auf das Werkvertragsrecht beziehe, seien diese Grundsätze durch Rechtsprechung der Obergerichte auf das Kaufrecht ausgeweitete worden.

Der Beklagte ist weiter der Auffassung, Schadensersatzansprüche stünden den Klägern wegen des im Kaufvertrag enthaltenen Gewährleistungsausschluss nicht zu. Bezüglich der Ansprüche für die durch die Kläger als mangelhaft bewertete Heizungsanlage beruft sich der Beklagte hilfsweise darauf, bei einem Austausch der Heizkörper seien Abzüge neu-für-alt in Höhe von 50 % der anfallenden Kosten vorzunehmen.

Er behauptet, das Objekt sei jederzeit ausreichend beheizbar gewesen. Ihm sei zu keinem Zeitpunkt aufgefallen, dass die Heizkörper zur Beheizung eventuell nicht ausreichend sind. Die Heizkörper seien durch ihn – insoweit zwischen den Parteien unstreitig – während seiner 20-jährigen Wohnzeit im Objekt nicht montiert und erst anlässlich des Verkaufs an die Kläger wieder angebracht worden. Nach einer im Jahr 2011 vorgenommenen Berechnung des Dipl.-Ing. S habe die Leistung der Wärmepumpe und der Heizkörper bei einer Vorlauftemperatur von 45 °C ohne Weiteres ausgereicht.

Mit Nichtwissen bestreitet er, dass die von den Klägern geschilderten Beeinträchtigungen durch Regenwasser Anfang Juli 2014 bestanden hätten. Während der – zwischen den Parteien unstreitigen – Eigennutzung des Objekts für 20 Jahre durch den Beklagten sei es nicht zu Überschwemmungen gekommen. Dass Wasser die abschüssige Auffahrt hinunterlaufe und in Mulden stehenbleibe verstehe sich von selbst. Das könne den Klägern auf Grund der Kenntnis des Objekts aus den durchgeführten Besichtigungsterminen nicht verborgen geblieben sein. Dass die Entwässerung teilweise nicht dem Stand der Technik entsprochen habe, insbesondere die in der südwestlichen Gebäudeecke belegene Rinne und die westlich und östlich angebrachten Fallrohre nicht in einen ordnungsgemäß angelegten Sickerschacht entwässert hätten, sei für ihn nicht erkennbar gewesen. Während seiner Besitzzeit sei auch der Hofablauf ausreichend dimensioniert gewesen, sodass es hier nicht zu Problemen gekommen sei.

Die Klageerweiterung ist am 17.04.2019 zugestellt worden.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1. Die Kläger können Schadensersatz in Höhe von 9.086,40 € für die Instandsetzung der unterdimensionierten Heizungsanlage verlangen.

a) Der Anspruch folgt aus §§ 433, 434 Abs. 1 Satz 1, 437 Nr. 3, 280, 281 BGB.

(1) Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über das streitgegenständliche Grundstück zustande gekommen.

(2) Das verkaufte Grundstück hat einen Mangel. Der Sachverständige H1 hat auf Grund der von ihm angestellten Berechnung überzeugend ausgeführt, die Heizlast des Objekts belaufe sich auf 10.600 Watt. Die Wärmepumpe sei hierfür nicht ausreichend dimensioniert. Die Heizkörper sind, wie auf Seite 15 ff. des Gutachtens des Sachverständigen H1 dargestellt, für den Betrieb mit der Wärmepumpe zu klein ausgelegt. Die Berechnungen des Sachverständigen H1 hat auch der Sachverständige S für überzeugend und richtig gehalten. Dass Wärmepumpe und ebenfalls eingebauter Kachelofen gemeinsam nach den Ausführungen des Sachverständigen S geeignet sind, das Objekt ausreichend zu beheizen, steht einem Mangel nicht entgegen. In Ermangelung einer konkreten Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien zur Heizungsanlage wäre die Kaufsache, hier das Grundstück, frei von Mängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Daran fehlt es hier. Der Käufer eines Grundstücks darf als selbstverständlich voraussetzen, dass ein Wohnhaus ausreichend beheizbar ist und es dabei nicht auf etwaige Öfen ankommt, sofern eine moderne Zentralheizung – gleich welcher Art – vorhanden ist.

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(3) Der Beklagte hat den Mangel im Sinne des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB zu vertreten, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt hat. Der Beklagte hat die Heizungsanlage als Fachmann, er ist Heizungsbauer und als solcher unter anderem als Gerichtssachverständiger tätig gewesen, installiert. Ihre Eigenschaften sind ihm vollständig bekannt gewesen. Auf Grund der positiven Kenntnis ist von Vorsatz auszugehen. Dem steht die durch den Dipl.-Ing. S durchgeführte Berechnung nicht entgegen. Der Beklagte hat sich auf Grund seiner Fachkenntnisse nicht auf die Ergebnisse dieser Berechnung verlassen dürfen, sondern hätte jene kritisch zu überprüfen gehabt. Aus den Ausführungen der Sachverständigen H1 und S ergibt sich, dass die (nicht vorgelegten) Ausführungen des Dipl.-Ing. S nicht zutreffend sein können. Dem Beklagten muss dies auf Grund seines Fachwissens bekannt gewesen sein.

(4) Der im notariellen Kaufvertrag enthaltene Sachmängelgewährleistungsausschluss steht der Möglichkeit der Inanspruchnahme des Beklagten nicht entgegen. Auf eine Vereinbarung, durch welche die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen oder beschränkt werden, kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Sache übernommen hat, § 444 BGB. Hier liegt ein arglistiges Verschweigen des Mangels vor. Erforderlich ist dafür zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich des Mangels, der Unkenntnis des Käufers und der Bedeutung des Mangels für die Kaufentscheidung des Käufers (Stöber, in: beckOGK, BGB, § 444 Rn. 45 [Stand: 01.08.2018]). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Beklagte hatte – wie ausgeführt – Vorsatz bezüglich des Mangels. Es besteht auch Vorsatz bezüglich der Unkenntnis der Kläger und der Bedeutung des Mangels für ihre Kaufentscheidung. Die Käufer durften davon ausgehen, dass das Haus lediglich mithilfe der vorhandenen Heizungsanlage, den Ofen ausgenommen, zu beheizen sein würde (s.o.). Sofern dies – wie vorliegend – nicht zutrifft, darf ein Käufer ohne Weiteres einen entsprechenden Hinweis erwarten. Insoweit ist insgesamt bedingter Vorsatz auf Seiten des Beklagten anzunehmen. Seiner Aufklärungspflicht hat der Beklagte nicht genügt. Zwischen den Parteien ist ursprünglich streitig gewesen, ob anlässlich der Besichtigungstermine, die die Kläger durchgeführt haben, darauf hingewiesen worden ist, dass die Wärmepumpenheizung allein nicht ausreichend sei, um das Objekt zu beheizen. Im Verhandlungstermin vom 11.10.2019 hat der Beklagte jedoch durch prozessuales Geständnis gemäß § 288 Abs. 1 ZPO unstreitig gestellt, dass lediglich gesagt worden sei, der Kachelofen reiche zu 80 % aus, um die Immobilie zu beheizen. Über die Heizleistung der Wärmepumpenanlage ist unstreitig nicht gesprochen worden.

(5) Den Schaden haben die Kläger mit den vom Sachverständigen H1 geschätzten (Netto)mangelbeseitigungskosten von 9.086,40 € zutreffend angegeben. Der Betrag ist nicht um einen Abzug „neu-für-alt“ bezüglich der zu installierenden Heizkörper und Handtuchheizkörper zu kürzen. Grundsätzlich muss sich der Geschädigte zwar einen Vorteil anrechnen lassen, wenn die Naturalrestitution über den verursachten Schaden hinausgeht, insbesondere wenn eine gebrauchte durch eine neue Sache ersetzt wird. Das gilt jedoch nicht, wenn ein arglistig verschwiegener Mangel zu beseitigen ist und die Anrechnung des Vorteils für den Geschädigten insoweit unzumutbar ist (Oetker, in: MüKo-BGB, 8. Auflage, 2019, § 249 Rn. 348 m.N. zur Rechtsprechung). Diese Voraussetzung ist hier gegeben.

b) Die Kläger sind durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.02.2018, VII ZR 46/17 nicht gehindert, Ansprüche in der gewählten Form geltend zu machen.

In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach ein Besteller im Werkvertragsrecht bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung in Gestalt des kleinen Schadensersatzes den Schaden nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen konnte. Im Wesentlichen hat der Bundesgerichtshof zur Begründung ausgeführt, der Besteller habe keinen Vermögensschaden in Form fiktiver Mangelbeseitigungskosten, da das Vermögen insoweit noch nicht vermindert sei. Der Mangel begründe ebenfalls keinen Vermögensschaden in Höhe der fiktiven Mangelbeseitigungskosten, da gerade noch nicht geklärt sei, in welcher Höhe ein solcher Schaden bestehe. Schließlich führe die bisherige Rechtsprechung häufig zur Überkompensation eines Bestellers (zum Ganzen: BGH, aaO., Rn. 30ff., juris).

Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung selbst ausgeführt, die Änderung der Rechtsprechung beruhe auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts (BGH, aaO., Rn. 70f.). Der Bundesgerichtshof hält sod auch nach der vorgenannten Grundsatzentscheidung an der Möglichkeit der fiktiven Abrechnung von Kfz-Schäden fest (BGH, Urteil vom 25.09.2018, VI ZR 65/18, r+s 2019, 114). Trotz der beim Immobilienkauf ebenfalls bestehenden Gefahr einer Überkompensation des Käufers besteht ein Bedarf, Schadensersatz anhand fiktiver Kosten abrechnen zu können. Im Gegensatz zum Werkvertragsrecht existiert im Kaufrecht kein Selbstvornahmerecht gemäß § 634 Nr. 2, 637 BGB. Ohne ein solches Recht wäre ein Käufer stets vorschusspflichtig, um Mängel zu beseitigen und könnte die Kosten nur im Nachgang beim Verkäufer geltend machen. Die Finanzierung erheblicher Kosten ist Käufern nach einem Immobilienverkauf typischerweise gerade nicht möglich (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2018, I-24 U 194/17, BeckRS 2018, 31442, Rn. 37). Aus diesen Gründen überzeugt es nicht, wenn die vom Bundesgerichtshof ausdrücklich auf das Werkvertragsrecht bezogene Rechtsprechungsänderung insbesondere mit der Erwägung auf das Kaufrecht ausgedehnt wird, das Urteil enthalte grundsätzliche Ausführungen zum allgemeinen Schadensrecht (so aber: OLG Frankfurt, Urteil vom 21.01.2019, 29 U 183/17, juris, Rn. 62 ff., insb. Rn. 71 ff.; Picker, JZ 2018, 676).

2. Aus den vorstehend ausgeführten Gründen haben die Kläger einen Anspruch auf Feststellung, dass die aus der Mangelhaftigkeit der Heizungsanlage resultierenden Kosten ersatzfähig sind. Ein Feststellungsinteresse folgt daraus, dass der Schaden noch nicht abschließend bezifferbar ist. Das gilt vor allem hinsichtlich der noch nicht angefallenen Umsatzsteuer (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB) andererseits aber auch hinsichtlich etwaiger Kostensteigerungen.

3. Soweit die Kläger Ansprüche auf Schadensersatz wegen der mangelhaften Grundstücksentwässerung geltend gemacht haben, war die Klage abzuweisen. Solche Ansprüche stehen den Klägern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

a) Die Kläger haben insoweit insbesondere keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 433, 434 Abs. 1 Satz 1, 437 Nr. 3, 280, 281 BGB. Die Zahlung der Mängelbeseitigungskosten in Höhe von 22.952,00 € können sie ebensowenig beanspruchen wie die zur Beauftragung des Privatsachverständigen H2 aufgewandten Kosten von 842,52 €.

(1) Die Grundstücksentwässerungsanlage erfüllt zwar, wie der Sachverständige R im selbständigen Beweisverfahren in Übereinstimmung mit dem Privatsachverständigen H2 festgestellt hat, nicht die nach den Regeln der Technik zu stellenden Anforderungen. Gleichwohl handelt es sich hierbei nicht um einen aufklärungspflichtigen Mangel. Nicht aufklärungspflichtig sind insbesondere solche Umstände, die ohne Weiteres wahrnehmbar sind. Dass gerade bei stärkeren Regenfällen Wasser die Grundstückseinfahrt hinunterläuft und ggf. in größeren Ansammlungen auf dem Hof stehen bleibt, ist offensichtlich.

(2) Die Kläger haben zudem nicht zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass der Beklagte Vorsatz hinsichtlich einer mangelhaften Grundstücksentwässerung gehabt hätte. Selbst daraus, dass sich Wasser in womöglich größeren Mengen auf dem Hof gesammelt hat, hat der Beklagte noch nicht den Schluss einer mangelhaften Grundstücksentwässerung ziehen müssen. Gerade bei stärkerem Regen hat der Beklagte auch davon ausgehen dürfen, dass die Entwässerung grundsätzlich funktioniert, und lediglich die Aufnahme größerer Wassermassen nicht mehr bewältigen kann. Warum der Beklagte hätte vermuten müssen, dass die Drainage gar nicht mehr zur Abführung von Regenwasser geeignet ist, erschließt sich nicht.

Anderes ergibt sich insbesondere auch nicht aus der Tatsache, dass der Privatsachverständige H2 teilweise eine Umleitung der Fallrohre und eine Entwässerung auf das Nachbargrundstück, sowie in ein Waschbecken festgestellt hat. Dem Beklagten kann nicht unterstellt werden, dass er über die Unzulässigkeit einer Entwässerung auf das Nachbargrundstück überhaupt gewusst hätte. Aus der geschilderten Umleitung des Regenwassers ist auch nicht zweifelsfrei darauf zu schließen, dass dem Beklagten die Mangelhaftigkeit der Grundstücksentwässerung bekannt gewesen wäre. Es genügt insoweit, dass der Beklagte gegebenenfalls davon ausgehen durfte, dass die Entwässerung in ihrer konkret vorhandenen Form ausreichend funktioniert, insbesondere, um Feuchtigkeitsschäden vom Gebäude abzuhalten.

(3) Die Kläger sind zwar zu Recht der Auffassung, dass es einen aufklärungspflichtigen Mangel darstellen würde, wenn Regenwasser wiederholt in das im Souterrain gelegene Schlafzimmer eingedrungen wäre. Dass es zu einem solchen Feuchtigkeitseintritt tatsächlich überhaupt gekommen ist, haben die Kläger durch Vorlage eines entsprechenden Videos ausreichend dokumentiert. Daraus ergibt sich aber nicht, dass der Beklagte hierum hätte wissen müssen, weil es während seiner Besitzzeit zu ähnlichen Wassereintritten gekommen wäre. Aus dem Gutachten des Sachverständigen R vom 28.10.2016 geht hervor, dass die Ausbildung des Hinterhofs aus seiner Sicht nicht dazu führt, dass Oberflächenwasser von der Pflasterfläche in das Schlafzimmerfenster des Anbaus eindringt. Die durchgeführten Feuchtemessungen im Wandbereich haben ebenfalls keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Niederschlagswasser über die Fensterbrüstung in das Schlafzimmer eingedrungen wäre. Die Wandfeuchtigkeit hat sich insbesondere im unmittelbar an das Fenster anschließenden Wandbereich als unauffällig erwiesen. Lediglich drei Werte im Wandeckbereich, also nicht in direkter Nähe zum Fenster, haben mit 68, 82 bzw. 75 Digits eine erhöhte Bauteildurchfeuchtung aufgewiesen. Im Ergänzungsgutachten vom 29.12.2016 hat der Sachverständige R zum genannten Schlafzimmerfenster ausgeführt, temporär und zwar bei extremer Schlagregenbeanspruchung finde ein Feuchtigkeitseintritt über die Fensterbrüstung statt. Diese Feststellung genügt ebenfalls nicht dazu, einen entsprechenden Vorsatz des Beklagten zu belegen. Aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich, dass lediglich in extremen Fällen überhaupt mit dem Eindringen von Regenwasser zu rechnen wäre. Dass sich dies schon während der Besitzzeit des Beklagten überhaupt zugetragen haben muss, folgt daraus nicht.

(4) Die zur Frage der Mangelhaftigkeit der Entwässerungsanlage angebotenen Zeugen waren nicht zu vernehmen. Die in das Wissen der Zeugen J, G und N P und D gestellten Tatsachen sind für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von Belang. Die Zeugen sollten nach dem Beweisangebot bekunden, dass die Einfahrt und der Hof des Grundstücks regelmäßig unter Wasser gestanden hätten. Das Vorhandensein von Wasseransammlungen nach stärkeren Regenfällen stellt – wie oben ausgeführt – keinen aufklärungspflichtigen Umstand dar. Der Zeuge J war auch nicht zur Frage zu vernehmen, ob Wasser nach dem Hauskauf zweifach durch das Schlafzimmerfenster eingedrungen ist. Das kann als wahr unterstellt werden und besagt nichts darüber, ob es in der Besitzzeit des Beklagten zu Feuchtigkeitseintritten gleicher Art gekommen ist, die jenem nicht verborgen bleiben konnten. Gleiches gilt im Grundsatz und zunächst für die Zeugin W R. Die Zeugin W R war zudem nicht zu vernehmen, weil die weiter angegebenen Beweistatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich sind. Selbst wenn die Zeugin, wie angegeben, bestätigt hätte, dass sich die Mutter der Lebensgefährtin des Beklagten, die das Hinterhaus bewohnt hat, ihr gegenüber immer wieder über Feuchtigkeit im Haus geärgert habe, ergibt sich daraus keine für die Entscheidung verwertbare Tatsache. Es bleibt danach schon unklar, wo ggf. Wasser in das Haus eingedrungen sein soll und lässt damit keinen Rückschluss auf einen arglistig verschwiegenen Mangel (Wassereintritte über das Schlafzimmerfenster) zu.

b) In Ermangelung eines Anspruchs auf Zahlung haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten bezüglich der Reparatur der Grundstücksentwässerung.

II.

1. Die Kläger können auf den zugesprochenen Anspruch bezüglich der mangelhaften Heizungsanlage Rechtshängigkeitszinsen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang verlangen. Soweit die Kläger eine Verzinsung auch der auf die Grundstücksentwässerung bezogenen Hauptforderung geltend gemacht haben, war die Klage abzuweisen.

2. Anwaltskosten können die Kläger nach Maßgabe einer 1,6-Gebühr (zzgl. Postpauschale und Umsatzsteuer) bei einem zugrunde zu legenden Streitwert von bis zu 10.000,00 € aus dem Gesichtspunkt des Verzugs beanspruchen. Eine Mahnung war insoweit nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB entbehrlich, da ein vorsätzlich verschwiegener Mangel vorgelegen hat. Die erstattungsfähigen Anwaltskosten belaufen sich damit auf 1.086,23 € (1,6-Gebühr in Höhe von 892,80 € zuzüglich 20,00 € Postpauschale und 19 % Umsatzsteuer). Der Betrag ist seit Rechtshängigkeit der die Heizungsanlage betreffenden Klageerweiterung zu verzinsen.

Soweit die Kläger höhere Anwaltskosten und deren Verzinsung beanspruchen, war die Klage teilweise abzuweisen.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 92 Abs. 1, 96 ZPO diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

Die Kosten des Rechtsstreits waren anhand der Obsiegens-/Unterliegensquote zu verteilen, § 92 Abs. 1 ZPO. Bezogen auf den Gesamtstreitwert (zu den Einzelheiten: im Folgenden unter IV.) von 34.662,06 € ergibt sich ein Unterliegen der Kläger in Bezug auf den Komplex „Grundstücksentwässerung“ in Höhe von 23.794,52 €.

Über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens war gemäß §§ 92 Abs. 1, 96 ZPO zu entscheiden, da die Beweiserhebung in Bezug auf die Grundstücksentwässerung für die Kläger im Ergebnis erfolglos geblieben ist. Da die Kosten der Beweiserhebung bezogen auf die einzelnen Mängel eine andere Quote erfordern als das Verhältnis der Streitwerte, ist eine gesonderte Kostenquote gebildet worden. Die Anwalts- und Gerichtskosten sind anhand der Streitwertverhältnisse im selbständigen Beweisverfahren verteilt worden. So ergibt sich eine Quotelung von 80 % zu 20 %. In Bezug auf den Gesamtstreitwert von 52.764,82 € (vgl. Beschluss vom 18.04.2019; Bl. 297 d.A. im selbständigen Beweisverfahren) ergibt sich ein Unterliegen des Beklagten in Höhe von 10.812,82 €, mithin von 20 %. Die Kosten der Beweisaufnahme sind für das selbständige Beweisverfahren schließlich anhand der tatsächlich angefallenen Kosten verteilt worden. Die Kosten der Beweisaufnahme belaufen sich dort auf insgesamt 19.810,10 €. Hiervon sind 3.215,41 €, mithin 17 % für die Beweisaufnahme über die Heizungsanlage, die übrigen Kosten für eine Beweisaufnahme über die Grundstücksentwässerung aufgewendet worden.

IV.

Der Streitwert war auf 34.662,06 € festzusetzen. Davon entfallen 22.952,00 € (Grundstücksentwässerung) bzw. 9.086,40 € (Heizungsanlage) auf die Zahlungsanträge. Die Bewertung des in der Klageschrift angekündigten Feststellungsantrags (Grundstücksentwässerung) ist – den Vorstellungen der Kläger entsprechend – mit 842,52 € bewertet worden. Für den übrigen Feststellungsantrag (Heizungsanlage) ist ein Betrag von 1.781,14 € festgesetzt worden. Hierzu sind, um einen Feststellungsabschlag von 20 % zu berücksichtigen, jeweils 80 % der bei Reparatur anfallenden Umsatzsteuer (1.726,42 €) und eines Betrags für etwaige Kostensteigerungen (angenommen mit pauschal 500,00 €) einberechnet worden. Für die Grundstücksentwässerung war im Feststellungsantrag keine Umsatzsteuer gesondert zu berücksichtigen, da die Kläger die Mangelbeseitigungskosten insoweit brutto geltend gemacht haben.

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