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Grunddienstbarkeit – Beeinträchtigung durch Errichtung eines Kinderspielhauses in Grenznähe

AG Hamburg-Blankenese, Az.: 533 C 62/15, Urteil vom 09.12.2015

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerinnen begehren Beseitigung eines Baum- bzw. Kinderspielhauses auf dem Grundstück des Beklagten.

Die Parteien sind Nachbarn. Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen des Grundstücks …, Flurstück …, eingetragen im Grundbuch von …‚ Blatt … (Anl. K 1, Bl. 12 ff. d. A.). Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks …‚ Flurstück …, eingetragen im Grundbuch von …‚ Blatt … (Anl. K 2, Bl. 17 ff. d.A.).

In der zweiten Abteilung des Grundbuchs Blatt … ist unter der laufenden Nr. 1 zugunsten des Grundstücks der Klägerinnen eine Grunddienstbarkeit betreffend die Bebauung, Bepflanzung und Benutzung des Grundstücks eingetragen. Der Inhalt der Grunddienstbarkeit ergibt sich aus der Bewilligung vom 6.12.1935 aus dem Kaufvertrag … (Anl. K 4, Bl. 26 ff. d.A., B 2, Bl. 58 ff. d.A.).

Die Regelung lautet in § 8 b auszugsweise:

„Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers bei der Bebauung, Bepflanzung und Benutzung des Grundstücks zur Wahrung der Sicht auf die Elbe und des einheitlichen Charakters bei der Aufteilung des auf dem Aufteilungsplan (Anlage 2 dieses Vertrages) bezeichneten […] Parkgeländes, die in den Anlagen 2 – 4 dieses Vertrages vorgeschrieben Richtlinien zu beachten […]“.

Für den Aufteilungsplan Anlage 2 wird auf Anl. K 5 (Bl. 28 d.A.) verwiesen.

Hinsichtlich des Inhalts der Richtlinien wird auf Anl. K 6 (Bl. 30 ff. d.A.) verwiesen.

Gemäß Ziffer 1) der Richtlinien müssen „die Häuser auf den einzelnen Grundstücken auf den im Lageplan vorgesehen Plätzen erbaut werden“.

Gemäß Ziffer 4) der Richtlinien darf die „Einfriedung der Grundstücke nur einheitlich erfolgen und zwar in der Weise, dass die Grenzen mit Buchenhecken bepflanzt werden. Falls eine weitere Einfriedung gewünscht wird, darf diese nur aus Maschendraht […]“ hergestellt werden.

Gemäß Ziffer 5) der Richtlinien sind „Platz und Gestaltung etwaiger Pavillons“ genehmigungspflichtig.

Gemäß Ziffer 6) sind „Baumpflanzungen, Gartenanlagen, Verbindungsmauern und dergleichen (Sichterhaltung!)“ genehmigungspflichtig.

Im Anschluss daran heißt es nach Ziffer 6) der Richtlinie:

„Jeder Bauentwurf ist daher vor Einreichung bei der Baupolizei dem aufsichtsführenden Architekten Herrn Dipl. Ing. …‚ Altona, […] und den Hausmaklern … […] zum Nachweis der Innehaltung vorstehender Richtlinien vorzulegen. [..]. Im Einvernehmen mit der Stadtverwaltung Altona können Abweichungen gestattet werden […]. Falls Meinungsverschiedenheiten über die äußere Gestaltung entstehen, entscheidet das Baupflegeamt der Stadt Altona in letzter Instanz.“ (Blatt 31 d.A.).

Am 28.03.2015 begann der Beklagte an der östlichen Grenze seines Grundstücks mit der Errichtung eines Baum- bzw. Kinderspielhauses (Fotos Anl. A 1 bis A 9, Bl. 32 ff. d.A.).

Auf Antrag der Klägerinnen vom 1.04.2015 (Anl. K 7, BI. 37 d.A.) stellte die Bauprüfabteilung des Bezirksamtes Altona die Bautätigkeiten ein und teilte den Klägerinnen mit, die erforderliche Baugenehmigung werde beantragt (Anl. K 8, Bl. 41 d.A.). Am 25.06.2015 erteilte das Fachamt Bauprüfung des Bezirksamtes Altona im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 61 HBauO „unbeschadet der Rechte Dritter“ die Genehmigung (Anl. B 3, Bl. 61 d.A.), einen Spielturm für Kinder entsprechend der anliegenden Baubeschreibung vom 22.05.2015 zu errichten (Anl. B 4, Bl. 65 d.A.). Diese sieht eine ca. 20 m2 große Plattform auf Stelzen in 2 Meter Höhe mit umlaufendem Geländer vor, wobei 7 m2 der Plattform überdacht sind. Das Dach weist eine Höhe zwischen 3,60 und 4,20 Metern auf. Die Klägerinnen legten am 2.06.2015 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein (Anl. K 9, Bl. 105 d.A.). Über den Widerspruch ist noch nicht entschieden worden.

Grunddienstbarkeit - Beeinträchtigung durch Errichtung eines Kinderspielhauses in Grenznähe
Symbolfoto: fiskness/Bigstock

Am 7.07.2015 erwirkten die Klägerinnen eine einstweilige Verfügung des Amtsgericht Hamburg-Blankenese (Az. 531 C 190/15), mit der dem Beklagten die weitere Bautätigkeit an dem streitgegenständlichen Baum- bzw. Kinderspielhaus untersagt wurde. Auf Widerspruch des Beklagten hob das Amtsgericht Hamburg-Blankenese mit Urteil vom 23.07.2015 die einstweilige Verfügung wieder auf (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 17.08.2015, Bl. 71 ff. d.A.). Das Kinderspielhaus ist zwischenzeitlich entsprechend der genehmigten Baubeschreibung errichtet worden.

Die Klägerinnen sind der Auffassung, die Errichtung des Baum- bzw. Kinderspielhauses stelle eine Beeinträchtigung der Grunddienstbarkeit dar. Es befinde sich außerhalb des festgelegten Baufensters und stelle zusätzlich zu dem schon vorhandenen Wohnhaus eine weitere bauliche Anlage dar, obwohl nur ein Gebäude pro Grundstück zulässig sei. Darüber hinaus fehle die „für Baumpflanzungen, Gartenanlagen, Verbindungsmauern“ erforderliche Genehmigung nach Ziffer 6) der Anlage 3. Im Übrigen handele es sich entgegen Ziffer 4) der Anlage 3 um eine unzulässige Grenzbebauung, die mit der Gestaltungsform nicht vereinbar sei, da eine Einfriedung nur aus Buchenhecken oder Maschendrahtzaun bestehen dürfe. Auch der Baukörper des Wohngebäudes verstoße gegen die Beschränkung der genannten Breite auf 20 Meter in Ziffer 2) der Anlage 3 sowie gegen die Farbgestaltung in Ziffer 3) der Anlage 3. Eine Ausnahmegenehmigung nach der Richtlinie könne nur unter Beteiligung der Berechtigten aus der Grunddienstbarkeit erfolgen.

Die Klägerinnen beantragen, den Beklagten zu verurteilen, das auf dem Grundstück … in Hamburg-Blankenese an der östlichen Grundstücksgrenze belegene Baumhaus (Flurstück … eingetragen in das Grundbuch von Dockenhuden beim Amtsgericht Hamburg-Blankenese, Band …, Blatt …) zu beseitigen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Grunddienstbarkeit werde durch das streitgegenständliche Kinderspielhaus nicht beeinträchtigt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1.

Den Klägerinnen steht kein Anspruch auf Beseitigung des Baum- bzw. Kinderspielhauses zu. Ein solcher Anspruch wäre nur dann nach §§ 1004, 1027, 1018 BGB gegeben, wenn die Errichtung des Baum- bzw. Kinderspielhauses die zugunsten der Klägerinnen eingetragene Grunddienstbarkeit beeinträchtigen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall.

a)

Die Errichtung des Baum- bzw. Kinderspielhauses verstößt nicht gegen ein durch die Grunddienstbarkeit vorgegebenes Baufenster. Zwar sieht Ziffer 1) der Richtlinien durch Bezugnahme auf einen angefügten Lageplan und der Vorgabe, dass die Häuser auf den ihnen in diesem Plan zugewiesenen Plätzen erbaut werden müssen, ein solches Baufenster für die Errichtung der Wohnhäuser vor. Die Richtlinien enthalten aber kein Verbot der Errichtung einer weiteren baulichen Anlage. Ziffer 5) der Richtlinien gestattet ausdrücklich die Genehmigung von Pavillons und erlaubt die Errichtung von Garagen in Verbindung mit dem Haus. Nach Ziffer 6) der Richtlinien können Gartenanlagen und Verbindungsmauern genehmigt werden. Die Annahme der Klägerinnen, eine zweite bauliche Anlage sei auf keinen Fall zulässig, ist daher nicht haltbar. Baufenster sind weder für Pavillons nach Ziffer 5) noch für Gartenanlagen oder Verbindungsmauern nach Ziffer 6) vorgegeben. Die Frage, ob die Häuser der Parteien im vorhandenen Baufenster liegen, was angesichts der Differenz zwischen der Vorgabe des Aufteilungsplans (Anl. K 5, Bl. 28 d.A.) sowie der tatsächlichen Lage der Häuser (Auszug aus dem Liegenschaftskataster, Anl. K 3, Bl. 25 d.A.) zweifelhaft ist, ist für den vorliegenden Rechtsstreit dagegen nicht relevant.

b)

Ein Verstoß gegen die Vorgabe einheitlicher Einfriedungen in Ziffer 4) der Richtlinie liegt ebenfalls nicht vor, da das streitgegenständliche Baum- bzw. Kinderspielhaus keine Einfriedung darstellt. Eine Einfriedung ist nach allgemeiner Verkehrsanschauung eine Anlage, die dazu bestimmt ist, ein Grundstück vollständig oder teilweise zu umschließen oder nach außen abzugrenzen wie beispielsweise eine Mauer, Hecke oder Zaunanlage. Die Einfriedung dient vorrangig dazu, unbefugtes Betreten oder sonstige störende Einwirkungen abzuwehren. Das Baum- bzw. Kinderspielhaus stellt keine solche Anlage dar. Es befindet sich auf dem Grundstück des Beklagten mit einem geschätzten Mindestabstand von 1 Meter zur Hecke (Anl. B 4, siehe Lageplan und Abstandsflächenplan, Bl. 66 und 67 d.A.). Das Baumhaus ist weder dazu gedacht, das Grundstück in irgendeiner Art zu begrenzen, noch gegen ein Betreten oder andere Einwirkungen zu schützen.

c)

Dem Genehmigungsvorbehalt für Pavillons nach Ziffer 5) sowie Baumpflanzungen, Gartenanlagen und Verbindungsmauern nach Ziffer 6) der Richtlinien ist Genüge getan.

Die Richtlinien sehen vor, dass Bauentwürfe vor Einreichung bei der Baupolizei dem Architekten Herrn Dipl. Ing. … und den Hausmaklern … vorzulegen seien und im Einvernehmen mit der Stadtverwaltung Altona Abweichungen erteilt werden können. Bei Meinungsverschiedenheiten über die äußere Gestaltung sollte das Baupflegeamt der Stadt Altona in letzter Instanz entscheiden. Da der Architekt … unstreitig verstorben ist und es die genannten Makler – was ebenfalls unstreitig ist – nicht mehr gibt, kann die Ausnahmegenehmigung nun nur noch von der Stadtverwaltung Altona – und damit dem heutigen Bezirksamt Altona – erteilt werden.

Diese Genehmigung liegt mit der am 25.06.2015 vom Fachamt Bauprüfung des Bezirksamtes Altona erteilten Genehmigung für einen Spielturm für Kinder vor (Anl. B 3, Bl. 61 d.A.). Zwar ist die Genehmigung aufgrund des Widerspruches der Klägerinnen nicht rechtskräftig. Dies ist jedoch eine Frage der öffentlich-rechtlichen Beurteilung und stellt keinen Verstoß gegen die Grunddienstbarkeit dar. Die Regelungen der Richtlinien betreffen nicht die Frage der Angreifbarkeit der Entscheidung der Stadtverwaltung Altona, sondern lediglich die Frage, wer bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Architekt, Maklern und Stadtverwaltung Altona entscheiden soll.

Eine Einbeziehung insbesondere der aus der Grunddienstbarkeit berechtigten Klägerinnen sieht die Regelung dagegen nicht vor. Die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Annahme des Klägervertreters, Ausnahmegenehmigungen könnten jetzt nicht mehr erteilt werden, nachdem es weder den Architekten noch den Makler gebe, überzeugt nicht und kann weder dem Wortlaut noch dem Sinn der Richtlinien entnommen werden. Nach dieser Auslegung wären auf den betroffenen Grundstücksflächen nun keinerlei Bauvorhaben, weder Neu- noch Umbauten bestehender Häuser möglich, da nach der Richtlinie „jeder Bauentwurf“ vorzulegen ist.

Zwar ist die Genehmigung im vereinfachten Verfahren und damit ohne Ansehung der Rechte Dritter erteilt worden; es handelt es sich aber um eine Genehmigung der Rechtsnachfolgerin der nach der Richtlinie zuständigen Stadtverwaltung Altona. Die erforderliche Prüfung der Vereinbarkeit mit der Grunddienstbarkeit kann das erkennende Gericht vornehmen. Mit der Grunddienstbarkeit soll die Wahrung der Sicht auf die Elbe sowie ein einheitlicher Charakter des aufgeteilten vorherigen Parkgeländes gewährleistet werden. Unstreitig liegt das Grundstück des Beklagten auf der elbabgewandten Seite des Grundstücks der Klägerinnen. Die Sicht auf die Elbe ist daher nicht beeinträchtigt. Zur Auffassung des Gerichts ist auch kein Verstoß gegen den einheitlichen Charakter des Geländes erkennbar.

Die Grundstücke in der betroffenen Straße sind individuell mit Ein- und Mehrfamilienhäusern bebaut und weisen durchweg großzügig angelegte Gärten auf. Ein Baum- bzw. Kinderspielhaus fügt sich in die übliche Gartennutzung und Gartengestaltung ein.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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