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Pachtvertrag – Herausgabepflicht des Pächters bei Nutzungsüberlassung an einen Dritten

Pächterpflichten und Räumungsansprüche: Ein tiefgehender Blick in das LG Kempten Urteil

In einem komplexen Rechtsstreit hat das Landgericht Kempten (Az.: 32 O 819/18) ein Urteil gefällt, das die Pflichten eines Pächters nach Beendigung des Pachtverhältnisses klarstellt. Im Kern ging es um die Frage, ob der Pächter, der das Pachtobjekt an einen Dritten weitergegeben hat, nach Beendigung des Pachtvertrags zur Herausgabe des Objekts verpflichtet ist. Das Gericht entschied, dass der Pächter in der Tat eine Besitzverschaffungspflicht hat und den Räumungsanspruch gemäß § 546 Abs. 2 BGB durchsetzen muss.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 32 O 819/18  >>>

Die Besitzverschaffungspflicht des Pächters

Der Pächter hatte das Pachtobjekt an eine GmbH übergeben, deren Geschäftsführer er selbst war. Nach Beendigung des Pachtvertrags weigerte er sich, das Objekt an die Klägerin zurückzugeben. Das Gericht stellte klar, dass der Pächter eine Besitzverschaffungspflicht hat. Das bedeutet, er muss sicherstellen, dass das Pachtobjekt nach Beendigung des Vertrags an den Verpächter zurückgegeben wird, auch wenn er es an einen Dritten weitergegeben hat.

Verzug und Schadensersatz

Das Gericht stellte fest, dass der Beklagte sich seit dem Ablauf des Pachtvertrags am 31.03.2017 im Verzug befindet. Darüber hinaus wurde entschieden, dass der Beklagte der Klägerin einen aus diesem Verzug resultierenden Schaden zu ersetzen hat. Dieser Schaden wurde allerdings im Urteil nicht konkret beziffert, was für zukünftige Rechtsstreitigkeiten von Bedeutung sein könnte.

Kostenverteilung und Vollstreckbarkeit

In Bezug auf die Verfahrenskosten entschied das Gericht, dass die Klägerin 65 % und der Beklagte 35 % zu tragen haben. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, allerdings in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Dies könnte für den Beklagten finanzielle Risiken bergen, sollte er sich weiterhin weigern, das Pachtobjekt zurückzugeben.

Streitwert und weitere finanzielle Aspekte

Der Streitwert des Verfahrens wurde auf € 77.347,20 festgesetzt. Die Klägerin hatte ursprünglich einen Zahlungsanspruch in Höhe von € 50.640,00 nebst Zinsen geltend gemacht. Obwohl das Gericht den Verzug des Beklagten und seine Pflicht zum Schadensersatz anerkannte, wurde die Klage im Übrigen abgewiesen. Dies lässt Raum für weitere rechtliche Auseinandersetzungen, insbesondere in Bezug auf die Höhe des Schadensersatzes.

Dieses Urteil klärt wichtige Fragen im Bereich der Pächterpflichten und Räumungsansprüche. Es zeigt, dass Pächter, die ihre Pflichten nicht ernst nehmen, mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Konsequenzen rechnen müssen.

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Das vorliegende Urteil

LG Kempten – Az.: 32 O 819/18 – Endurteil vom 28.06.2019

Leitsatz:

Überlässt der Pächter das Pachtobjekt vertragsgemäß an einen Dritten, so ist die Herausgabe des Pachtobjektes nach Beendigung des Pachtverhältnisses nicht unmöglich. Vielmehr trifft ihn eine Besitzverschaffungspflicht, auch durch Durchsetzung des abgetretenen Räumungsanspruches aus § 546 Abs. 2 BGB.


1. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Räumung und Herausgabe des Pachtobjektes in 8…. O. seit Ablauf des 31.03.2017 in Verzug befindet und der Klägerin einen aus diesem Verzug resultierenden Schaden zu ersetzen hat.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens werden der Klägerin 65 %, dem Beklagten 35 % auferlegt.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

5. Der Streitwert wird auf € 77.347,20 festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Ansprüche aus einem Pachtvertrag geltend.

Die Klägerin pachtete das Pachtobjekt in 8….. O. von der Eigentümerin, der Königlich privilegierten Schützengesellschaft O. 1557. Dieser Pachtvertrag wurde mit Kündigung vom 28.09.2016 zum 31.03.2017 gekündigt.

Aufgrund einer Annonce der Eigentümerin hinsichtlich einer Pachtmöglichkeit des Pachtobjekts setzte sich der Beklagte mit dieser in Verbindung. Daraufhin erfolgten Gespräche zwischen der Eigentümerin und dem Beklagten, welche im März 2017 abgebrochen wurden.

Am 24.03.2016 erfolgte ein Gespräch, welches einen Pachtvertrag mit der Klägerin zum Gegenstand hatte. Teilnehmer waren Herr S , Vertriebsleiter der Klägerin, der Beklagte, R , Erster Vorstand der Eigentümerin, B und S . Am 21./25.04.2016 wurde ein Pachtvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten hinsichtlich des Pachtobjekts , 8…. O. unterzeichnet. Darin wurde eine monatliche Pacht von € 2.532,– vereinbart. Unter „4. Pachtdauer“ heißt es:

„Beginn: nach Schlüsselübergabe durch den Verpächter

– voraussichtlich in der 20. oder 21. Kalenderwoche 2016 (das Übergabeprotokoll ist bindend)

Ende: 31.03.2017.

Ende: 31.03.2017.

Das Pachtverhältnis endet, ohne dass es einer weiteren Kündigung bedarf.“

Unter den „Allgemeinen Vertragsbedingungen für Pachtverträge“ finden sich unter 5. 5. und 5. 6 Regelungen hinsichtlich der Rückgabe des Pachtvertrages. Unter 5. 2 der „Allgemeinen Vertragsbedingungen für Pachtverträge“ heißt es: „Die Unterverpachtung/Untervermietung durch den Pächter ist unzulässig, sofern im obigen individuellen Pachtvertrag keine gesonderte Regelung getroffen wurde.“ Eine gesonderte Regelung im individuellen Pachtvertrag findet sich dazu nicht.

Im Übrigen wird hinsichtlich des Inhalts des Pachtvertrages die Anl. K 1 in Bezug genommen.

Am 10.05.2016 wurde durch S, Notar a.D. eine Erklärung des Beklagten beurkundet. Dabei heißt es unter anderem unter „I. Vorbemerkungen“: „Das Pachtverhältnis beginnt am 11.05.2016 und endet am 31.03.2017, ohne dass es einer weiteren Kündigung bedarf.“

Unter „II. Zwangsvollstreckungsunterwerfung wegen Räumung des Pachtobjektes“ heißt es unter anderem: „Der Pächter verpflichtet sich gegenüber dem Verpächter

– zur Räumung des gesamten in Abschnitt I. näher beschriebenen Pachtobjektes und

– zur Herausgabe an den Verpächter, und zwar sofort und ohne Sicherheitsleistung.

Wegen der Verpflichtung zur Räumung und zur Herausgabe unterwirft sich der Pächter gegenüber dem Verpächter der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde.“

Zum weiteren Inhalt wird die Anl. K 2 in Bezug genommen.

Besitzerin des Pachtobjektes ist die A. K. Erlebniswelten & P. C. GmbH (im folgenden GmbH), deren Geschäftsführer der Beklagte ist.

Mit Schreiben vom 07.03.2017 teilte die Klägerin dem Beklagten den Übergabetermin 30.03.2017 mit. Nachdem der Beklagte den Termin nicht wahrnahm, verlängerte die Klägerin mit Schreiben vom 03.04.2017 die Räumungsfrist bis 06.04.2017. Mit E-Mail vom 04.04.2017 teilte der Beklagte mit, keine Veranlassung zu haben das Objekt an die Klägerin zurückzugeben. Die Klägerin leitete die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe gegen den Beklagten aufgrund der notariellen Urkunde vom 10.05.2016 ein. Der Beklagte beantragte die Einstellung der Zwangsvollstreckung. Das Landgericht Kempten (Allgäu) stellte die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde mit Entscheidung vom 14.08.2017, Az. 42 T 907/17 ein. Im Verfahren Az. 13 O 1293/17 klagte die Eigentümerin gegen die GmbH auf Räumung des Pachtobjektes. Das Landgericht Kempten (Allgäu) wies die Klage ab. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Beklagte meldete das Gewerbe zum Betrieb der Gaststätte zunächst auf sich, später auf die GmbH an. Die Pacht an die Klägerin wurde von der GmbH gezahlt. Die Eigentümerin fordert Entschädigung gegenüber der Klägerin und hat mit Schreiben vom 28.03.2019 Erlass eines Mahnbescheides beim Zentralen Mahngericht beantragt.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass zunächst der Beklagte Besitz am Pachtobjekt hatte und er diesen unberechtigt an die GmbH übergeben habe. Die Klägerin habe Herrn R bzw. die Eigentümerin beauftragt, dem Beklagten die zum Objekt gehörigen Schlüssel zur Besichtigung auszuhändigen. Der Beklagte habe mit seiner Unterschrift den Erhalt des Schlüssels Nr. 4…-4 am 07.03.2016 bestätigt. Die Klägerin behauptet, dass zum Gesprächszeitpunkt am 24.03.2016 kein Hinweis erfolgte, dass der Betrieb durch die GmbH erfolgen solle, die Klägerin habe zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis davon gehabt.

Die Klägerin habe die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin zunächst außergerichtlich beauftragt. Diese sandte ein Schreiben vom 10.04.2017 an den damaligen Vertreter des Beklagten. Darin heißt es unter anderem, dass sich die Klägerin nun gezwungen sehe aus der Urkunde die Zwangsvollstreckung gegen ihren Auftraggeber einzuleiten. Eine Zwangsräumung ließe sich nur vermeiden, wenn nunmehr unverzüglich, allerspätestens jedoch bis zum 13.04.2017 eine freiwillige Räumung erfolgen würde. Zum weiteren Inhalt wird die Anl. K 7 in Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte zur Räumung und Herausgabe verpflichtet ist. Ihr stehe der geltend gemachte bezifferte Anspruch sowohl aus Nutzungsentschädigung als auch aus Schadensersatz zu. Ein weiterer Schaden sei noch nicht zu beziffern. Dieser würde sich aus möglichen Ansprüchen der Eigentümerin gegen die Klägerin, vorgerichtliche Kosten im Zusammenhang mit der nicht erfolgten Herausgabe des Pachtobjekts im Verhältnis der Klägerin und der Eigentümerin sowie aus weiteren Pachtausfällen ergeben. Die Klägerin behauptet, dass mittlerweile Mahnbescheid nach Antrag durch die Eigentümerin gegen sie erlassen wurde, gegen welchen von ihr Widerspruch eingelegt worden sei.

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Die Beklagte machte zunächst einen Zahlungsanspruch in Höhe von € 35.448,- geltend. Die Klage wurde dem Beklagten am 17.08.2018 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 08.11.2018 wurde der Zahlungsantrag erweitert. Die Beklagte stützte den Zahlungsanspruch zunächst auf Nutzungsentschädigung, im Schriftsatz vom 08.11.2018 daneben auf Schadensersatz.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 50.640,00 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts in 8…. O. seit Ablauf des 31.03.2017 in Verzug befindet und der Klägerin einen aus diesem Verzug resultierenden Schaden zu ersetzen hat.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten i.H.v. € 1.239,40 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagtenpartei beantragt, Klageabweisung.

Der Beklagte behauptet, das alle geschäftliche Angelegenheiten die GmbH machen sollte. Im Pachtvertrag sei der Beklagte auf Wunsch der Klägerin im Hinblick auf Haftungsgründe deren Vertragspartner geworden. Besitz am Pachtobjekt habe die GmbH aufgrund Übertragung durch die Schützen gehabt. Der Beklagte habe nie Besitz am Pachtobjekt innegehabt. Der Schlüssel sei am 07.03.2016 durch Herrn R für die Schützen übergeben worden. Am 12.03.2016 sei der Einzug ins Pachtobjekt erfolgt und am 16.04.2016 habe eine Bewirtung mit großem Buffet und Pächter-Vorstellung bei der Generalversammlung der Eigentümerin erfolgt.

Beim Gespräch vom 24.03.2016 habe sich der Beklagte als Geschäftsführer der GmbH vorgestellt und Herrn S eine Visitenkarte der GmbH übergeben. Nach dem 07.03.2016 seien keine Schlüssel mehr übergeben worden.

Der Beklagte behauptet, dass es abweichend zum schriftlichen Vertrag eine individuelle Vereinbarung dahingehend gab, dass eine Räumung und Herausgabe des Pachtobjekts an die Klägerin am 31.03.2017 nicht geschuldet sei, da das Pachtverhältnis als Interimslösung nahtlos in ein langfristiges Pachtverhältnis zwischen der GmbH und der Eigentümerin übergehen sollte. Der nahtlose Übergang in ein Pachtverhältnis der Eigentümerin mit der GmbH sei Geschäftsgrundlage des streitgegenständlichen Pachtvertrages gewesen. Im März 2016 sei zwischen der GmbH und der Eigentümerin ein Pachtvorvertrag geschlossen worden. Die GmbH habe € 200.000,- in das Pachtobjekt investiert. Das Verhandlungsergebnis im Rechtsverhältnis der Eigentümerin zur GmbH sei auch Bedingung des streitgegenständlichen Vertrages geworden, welche nicht eingetreten sei. Darüber hinaus sei der streitgegenständliche Pachtvertrag nicht in Kraft getreten.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Herausgabe des Pachtobjekts anfänglich und nachträglich unmöglich sei. Einen Verzug habe er nicht zu vertreten. Er beruft sich auf einen unverschuldeten Tatsachen- und Rechtsirrtum, da er sich eingehend juristischen Rat eingeholt habe und diesen dahingehend erhalten habe, dass die Herausgabe mangels Besitz nicht geschuldet sei.

Der Beklagte bestreitet eine vorgerichtliche Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in hiesiger Sache.

Die Klagepartei hat Aussetzung des Verfahrens gem. § 148 ZPO im Hinblick auf eine Entscheidung im Verfahren Az. 13 O 1293/17 des Landgerichts Kempten (Allgäu) und im Hinblick auf die Frage ob der Schützengesellschaft ein Anspruch gegen Klägerin zusteht beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Urkunden Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Kempten (Allgäu) ist gem. § 29 a ZPO örtlich und gemäß §§ 23, 71 GVG sachlich zuständig. Das besondere rechtliche Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO besteht hinsichtlich Ziff. 2 des Klageantrages. Der Eintritt eines Schadens ist hinreichend wahrscheinlich.

II.

Die Voraussetzungen einer Aussetzung gem. § 148 ZPO liegen nicht vor.

1. Eine Aussetzung gem. § 148 ZPO im Hinblick darauf, ob der Eigentümerin ein Anspruch gegen die Klägerin zusteht, besteht nicht. Zum einen wird der Antrag nicht im Hinblick auf einen anderen anhängigen Rechtsstreit gestellt. Zum anderen umfasst das von der Klägerin vorgetragene Mahnverfahren der Eigentümerin gegen die Klägerin nicht sämtliche im Rahmen des Feststellungsantrags mögliche Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten. Eine Abhängigkeit im Sinne einer Vorgreiflichkeit besteht demnach nicht.

2. Eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf die Entscheidung im Verfahren Az. 13 O 1293/17 des Landgerichts Kempten (Allgäu) kommt ebenfalls nicht in Betracht. Eine Abhängigkeit im Sinne einer Vorgreiflichkeit des dort zur Entscheidung stehenden Rechtsverhältnisses für den hiesigen Prozess besteht nicht. Der Umstand, dass ggf. der vorliegende Rechtsstreit durch den anderen Prozess gegenstandslos wird, genügt nicht. Ein mögliches Recht zum Besitz gegenüber der Eigentümerin kann der Klägerin im Rahmen eines Rückgabeanspruchs im Sinne des § 546 Abs. 1 nicht entgegengehalten werden. Zwar geht der dingliche Anspruch des Eigentümers vor, wenn sowohl der Eigentümer als auch der Verpächter beide gleichzeitig Herausgabe bzw. Rückgabe vom Mieter jeweils an sich selbst verlangen, jedoch liegt diese Konstellation nicht vor. Das Verfahren 13 O 1293/17 des Landgerichts Kempten (Allgäu) richtet sich gegen die GmbH, das vorliegende Verfahren gegen den Beklagten.

III.

1. Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten auf Herausgabe und Räumung des streitgegenständlichen Pachtobjektes zu. Dieser besteht gem. §§ 581 Abs. 2, 546 BGB aufgrund des vorliegenden Pachtvertrages.

a) Nach Überzeugung des Gerichts, ist der Vertrag in Kraft getreten. Zwar stellt der Pachtvertrag, Anl. K 1 hinsichtlich des Beginns auf die Schlüsselübergabe durch den Verpächter – voraussichtlich in der 20. oder 21. Kalenderwoche 2016 ab, jedoch enthält K 2 eine abweichende Regelung. Dort erklärt der Beklagte selbst am 10.05.2016, dass das Pachtverhältnis am 11.05.2016 beginnt. Eine Abhängigkeit von einer Schlüsselübergabe wird darin nicht formuliert. Die Erklärung Anl. K 2 wurde zeitlich nach dem Pachtvertrag abgegeben und lässt nur den Schluss einer abweichenden Vereinbarung zu, zumal der Pachtzins regelmäßig, wenn auch von der GmbH gezahlt wurde.

b) Dem Beklagten wurde auch der Gebrauch an dem streitgegenständlichen Pachtobjekt gewährt. Es ergibt sich zwar aus der erfolgten Gewerbeanmeldung des Beklagten und dem vorliegenden Schlüsselübergabeprotokoll zur Überzeugung des Gerichts gem. § 286 ZPO nicht, dass der Beklagte Besitz am streitgegenständlichen Pachtobjekt hatte, dies kann jedoch auch dahinstehen, da auch nach dem Vortrag des Beklagten diesem Gebrauch an der Pachtsache gewährt wurde. Nach Vortrag des Beklagten sollten alle geschäftlichen Angelegenheiten durch die GmbH erfolgen, welche auch Besitz am Pachtobjekt hatte. Beim Gespräch mit Herrn S als Vertreter der Klägerin am 24.03.2016 habe sich der Beklagte als Geschäftsführer der GmbH vorgestellt und eine entsprechende Visitenkarte übergeben. Die GmbH sei nur deshalb nicht Vertragspartner geworden, da sich die Klägerin eine natürliche Person als Vertragspartner wünschte. Dennoch sollte der Vertrag nur als Interimslösung bis zu einem Pachtvertrag zwischen der Eigentümerin und der GmbH dienen.

Verschaffen des Pachtgebrauchs heißt, die Pachtsache so zu überlassen, dass der Pächter in der Lage ist, den vertragsgemäßen Gebrauch zu machen bzw. zu nutzen. Eine fehlende Besitzverschaffung oder eine mangelnde sachenrechtliche Beziehung schließen dies nicht aus (vgl. BGH, 28.07.2004, XII ZR 153/03). Nach klägerischem Vortrag war eine Benutzung durch die GmbH vertraglich vereinbart. Das auf Seiten der Klägerin bestehende Nutzungsrecht wurde vertragsgemäß übertragen. Eine Besitzgewährung an den Beklagten selbst war aufgrund der nach klägerischem Vortrag abweichenden Vereinbarung nicht erforderlich.

c) Den Nachweis einer abweichenden vertraglichen Regelung dahingehend, dass mündlich vereinbart wurde, dass eine Herausgabe und Räumung des Pachtobjekts nicht geschuldet ist, ist nicht erfolgt. Der Wortlaut des schriftlichen Vertrages und insbesondere der notariellen Erklärung ist insoweit eindeutig, dass eine Pflicht zur Herausgabe und Räumung besteht.

Eine abweichende mündliche Erklärung wäre von der Beklagtenpartei zu beweisen. Diese wurde nicht unter Beweis gestellt.

d) Der Beklagte kann sich nicht auf Wegfall der Geschäftsgrundlage bzw. Nichteintritt einer Bedingung im Hinblick auf den Abschluss eines Vertrages zwischen der GmbH und der Eigentümerin berufen. Eine dahingehende mündliche Vereinbarung hat der Beklagte nicht unter Beweis gestellt, es ergeht im Übrigen nicht aus den schriftlichen Vertragsunterlagen hervor. Selbst eine Qualifizierung des streitgegenständlichen Pachtvertrages als Interimslösung würde nicht dazu führen, dass der streitgegenständliche Pachtvertrag zwingend abhängig von einem nachfolgenden Pachtvertrag wäre.

e) Die Herausgabe und Räumung des Pachtobjekts ist dem Beklagten nicht unmöglich. Der Beklagte beruft sich darauf, dass die GmbH Besitzerin des streitgegenständlichen Pachtobjekts ist und der Beklagte insoweit keinen Herausgabeanspruch gegen diesen hat. Der Beklagte kann sich insoweit nicht auf Unmöglichkeit berufen, da ihm eine Besitzverschaffungspflicht obliegt. Auch das Fehlen eines Herausgabeanspruchs begründet insoweit keine Unmöglichkeit, da zum einen die Möglichkeit besteht durch entsprechende Vereinbarung die Freimachung der Pachtsache zu erreichen oder auch sich den Anspruch der Klägerin gegen die GmbH gem. § 546 Abs. 2 BGB von dieser abtreten zu lassen. Eine Pflicht der Klägerin selbst von § 546 Abs. 2 BGB Gebrauch zu machen, besteht nicht (vgl. dazu Schmidt-Futterer, § 546 RdNr. 25 BGB).

2. Die Klägerin hat auch einen Anspruch den aus diesem Verzug resultierenden Schaden ersetzt zu bekommen. Unstreitig war für das Pachtende der 31.03.2018 vereinbart.

Den Verzug hat der Kläger auch zu vertreten.

a) Die dem Beklagten obliegenden Besitzverschaffungspflicht, vgl. oben, ist dieser nicht nachgekommen.

b) Auf einen unverschuldeten Tatsachen- oder Rechtsirrtum kann sich der Beklagte nicht berufen. Es obliegt dem Beklagten im Einzelnen darzulegen und nachzuweisen, dass er die Verzögerung nicht zu vertreten hat. Zum einen trägt die Beklagtenpartei schon nicht ausreichend vor, inwieweit er sich juristisch beraten ließ, darüber hinaus müsste sich der Beklagte auch ein etwaiges Verschulden des Beraters gem. § 278 BGB zurechnen lassen.

IV.

Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von € 50.640,- zu.

1. Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung besteht nicht, da das Pachtverhältnis zwischen der Klägerin und der Eigentümerin zum 31.03.2017 endete und der Klägerin somit keine Nutzungsberechtigung mehr zustand (vgl. Palandt-Weidenkaff § 540 BGB RdNr. 3, BGHZ 63, 132).

2. Unabhängig des Vorliegens einer Klageänderung, die im Übrigen auch sachdienlich wäre, besteht kein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von € 50.640,-. Ein zu ersetzender Schaden wurde insoweit von Seiten der Klägerin nicht vorgetragen. Die Klägerin trägt selbst vor, dass sie gegen den erlassenen Mahnbescheid der Eigentümerin gegen sie Widerspruch eingelegt hat. Zu ersetzender Schaden kann zwar auch in der Belastung mit einer Verbindlichkeit bestehen, solange der Beschwerte jedoch den Anspruch bekämpft, kann er nicht Freihaltung durch Zahlung fordern (vgl. Palandt/Grüneberg § 249 RdNr. 4, BGH NJW 07, 1809).

V.

Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht nicht. Die dargelegte vorgerichtliche Tätigkeit bezog sich gemäß der vorliegenden Schreiben lediglich auf eine Vollstreckung aus der Zwangsvollstreckungsunterwerfung, Anl. K 2. Diesbezüglich war das Vorgehen gem. Anl. K 10 jedoch nicht erfolgreich, sodass insoweit auch kein Ersatzanspruch besteht.

VI.

Die Entscheidung hinsichtlich der Kosten beruht auf § 92 ZPO, im Hinblick auf die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

VII.

Der Streitwert hinsichtlich Ziff. 1 beträgt € 50.640,-, hinsichtlich Ziff. 2 € 26.707,20. Im Hinblick auf weitere Pachtausfälle wurde der einjährige Pachtzins in Höhe von € 30.384,- in Ansatz gebracht, weitere mögliche Schäden in Höhe von € 3.000,- geschätzt, sodass sich unter Berücksichtigung eines Abschlags von 80% aufgrund der Feststellungsklage dieser Streitwert ergibt.

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