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Rückabwicklung Fahrzeugkaufvertrag wegen Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit – Rostfreiheit

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 3 U 15/18 – Urteil vom 27.11.2018

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 01.02.2018 (Az. 1 O 50/16) abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.832,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 22.276,64 € seit dem 25.11.2015 und aus einem Betrag von 555,66 € seit dem 23.11.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW Mercedes Benz 450 SL, 192 PS, Erstzulassung 01.04.1973, Fahrzeug- Ident-Nr. …138.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Kosten der Garagenmiete für das im Antrag zu Ziffer 1. näher bezeichnete Kfz in Höhe von monatlich 130 € zu erstatten, beginnend mit dem 01.12.2016 und endend mit dem Schluss des übernächsten Monates, der auf den Monat, in dem die Rückgabe des unter 1. bezeichneten PKW stattgefunden hat, folgt.

3. Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte seit dem 25.11.2015 in Annahmeverzug befindet.

4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2016 zu zahlen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Berufung des Beklagten und die weitergehende Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

III. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Rückabwickelung eines Kaufvertrages über einen gebrauchten PKW.

Im Juli 2015 bot der Beklagte einen gebrauchten PKW Mercedes Benz 450 SL, 192 PS, Erstzulassung 01.04.1973 über die Verkaufsplattform „…“ zu einem Preis von 20.000 € an.

Hierbei beschrieb er den PKW unter anderem wie folgt:

„ …

Fahrzeug ist jetzt komplett ROSTFREI !!!

Kein Unfall!!! ROSTFREI!!! SEHR GERINGE Laufleistung!! “

Hinsichtlich der weiteren Angaben im Verkaufsangebot wird auf Blatt 13-15 der Akten Bezug genommen.

Auf das Inserat des Beklagten meldete sich der Kläger und erwarb nach Durchführung einer Probefahrt das Fahrzeug vom Beklagten am 29.06.2015 zu einem Kaufpreis von 19.400 €. Hierbei schlossen die Parteien einen schriftlichen Kaufvertrag, in dem es unter anderem heißt:

„II. Gewährleistung

Das Fahrzeug wird wie besichtigt unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft, soweit nicht unter Ziffer III. eine bestimmte Zusicherung erfolgt. (…)

III. Zusicherungen des Verkäufers

Der Verkäufer sichert Folgendes zu: (…) Das Fahrzeug hatte, seit es im Eigentum des Verkäufers war, keinen Unfallschaden. Das Fahrzeug hat keine sonstigen Beschädigungen.“

Handschriftlich wurde unter Ziffer VIII. Sondervereinbarungen u.a. hinzugefügt:

„(…) keine Garantie, keine Gewährleistung.“

Wegen des weiteren Inhalts des Kaufvertrages wird auf Blatt 11- 12 der Akte Bezug genommen.

Unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages ließ der Kläger das Fahrzeug für 80,30 € anmelden und für insgesamt 1.493,65 € mehrere Reparaturen wegen defekter Türschlösser, einer defekten Uhr, der defekten Heizung und einer gebrochenen Mittelkonsole durchführen. Nachdem der Kläger von einer Werkstatt auf erhebliche Roststellen an der Fahrzeugunterseite hingewiesen worden war, ließ er sich am 11.09.2015 einen Kostenvoranschlag über die voraussichtlichen Reparaturkosten erstellen, der sich auf über 20.000 € brutto beläuft. Am 21.09.2015 verlangte der Kläger vom Beklagten eine Beseitigung der Rostschäden, was dieser ablehnte.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.09.2015 forderte der Kläger den Beklagten erneut auf, das Fahrzeug bis zum 02.10.2015 zu reparieren. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach. Am 19.10.2015 beauftragte der Kläger einen Sachverständigen mit der Begutachtung des PKWs. Dieser stellte diverse technische Mängel und Rostschäden fest und schätzte die hierfür anfallenden Reparaturkosten höher ein als den Kaufpreis. Für die Erstellung des Gutachtens zahlte der Kläger 1.302,69 €.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.11.2015 erklärte der Kläger gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag und bot dem Beklagten die Rückgabe des PKW an.

Im weiteren Verlauf wandte der Kläger 118,63 € für eine am 08.08.2016 erworbene Autobatterie auf und zahlte für den Zeitraum zwischen dem 25.11.2015 und dem 09.10.2016 Steuern und Versicherungsprämien von insgesamt 437,03 €. Nachdem er das Fahrzeug am 10.10.2016 abgemeldet hatte, schloss er für dessen Unterbringung einen Garagenmietvertrag, beginnend ab dem 01.12.2016 zu einem Mietzins von monatlich 130 €.

An vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zahlte der Kläger unter Zugrundelegung einer 1,5 Geschäftsgebühr 1.348,27 €.

Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug sei bereits bei der Übergabe stark von Rost befallen gewesen. Er ist der Auffassung, dies habe ihn zum Rücktritt berechtigt, da sich der Beklagte nicht auf einen Gewährleistungsausschluss berufen könne.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 22.832,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 22.276,64 € seit dem 25.11.2015 und aus einem Betrag von 555,66 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW Mercedes Benz 450 SL, 192 PS, Erstzulassung 01.04.1973, Fahrzeug- Ident-Nr. …138;

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn die Kosten der Garagenmiete für das im Antrag zu Ziffer 1. näher bezeichnete Kfz in Höhe von monatlich 130 € zu erstatten, beginnend mit dem 01.12.2016 und endend mit dem Schluss des übernächsten Monates, der auf den Monat, in dem die Rückgabe des unter 1. bezeichneten PKW stattgefunden hat, folgt.

3. festzustellen, dass sich der Beklagte seit dem 24.11.2015 in Annahmeverzug befindet.

4. den Beklagten zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.348,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, einer Rückabwicklung des Vertrages stehe der vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Im Übrigen handele es sich bei den Rostschäden um altersbedingte Verschleißerscheinungen.

Das Landgericht hat ein selbständiges Beweisverfahren angeordnet (1 OH 6/16) und die Akte beigezogen.

Wegen der weiteren erstinstanzlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit Urteil vom 01.02.2018 hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 20.782,99 € nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs verurteilt. Den Anträgen auf Erstattung der Garagenmiete sowie auf Feststellung des Annahmeverzuges hat es stattgegeben, dem Antrag auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren nur in Höhe von 1.171,67 €. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger sei zum Rücktritt wegen Fehlens einer vereinbarten Beschaffenheit aus §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, 437 Nr. 2 BGB berechtigt. Die Rostfreiheit sei durch die Angaben auf der „…“ -Plattform als Beschaffenheit vereinbart worden. An dieser Beschaffenheit fehle es, wie sich aus dem eingeholten Gutachten im selbständigen Beweisverfahren ergebe. Auf den im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschluss könne der Beklagte sich nicht berufen, da dieser hinter die Beschaffenheitsvereinbarung zurücktrete. Die Mängel seien dem Kläger auch nicht bekannt gewesen, so dass der Rücktritt auch nicht gemäß § 442 BGB ausgeschlossen sei. Der Kläger habe auch Anspruch auf Erstattung der Kosten für das Privatgutachten aus § 439 Abs. 2 BGB, da er diese zum Zwecke der Nacherfüllung aufgewandt habe. Aus § 284 BGB ergebe sich der Anspruch auf die Kosten für die Anmeldung in Höhe von 80,30 €, aus § 304 BGB die Kosten für die Garagenmiete. Der Beklagte befinde sich seit dem 25.11.2015 im Annahmeverzug. Die Kosten für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren seien als Verzugsschaden erstattungsfähig, jedoch nur in Höhe der Regelgebühr von 1,3.

Ein Anspruch auf Zahlung der Reparaturkosten bestehe dagegen nicht, da die Voraussetzungen für einen gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruch nicht gegeben seien. Der Kläger habe bereits keine Nacherfüllung verlangt. Hinsichtlich der Kosten für Steuern und Versicherung sei der grundsätzlich aus §§ 280 Abs. 1, 437 Nr. 3 BGB bestehende Anspruch wegen eines Verstoßes des Klägers gegen seine Schadensminderungspflicht vollständig entfallen. Der Kläger hätte das Fahrzeug bereits im November 2015 wegen dessen Verkehrsunsicherheit stilllegen müssen. Die Kosten für die Autobatterie seien ebenfalls nicht erstattungsfähig, weder aus § 347 Abs. 2 BGB noch aus § 284 BGB.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.

Der Kläger wendet sich gegen die Teilabweisung der Klage. Er ist der Auffassung, dass die von ihm dargelegten Reparaturkosten in Höhe von 1.493,65 € als frustrierte Aufwendungen aus § 284 BGB erstattungsfähig seien. Auch der Anspruch auf Zahlung der für Versicherung und Steuern aufgewendeten Kosten sei begründet. Ein Verstoß gegen die Schadenminderungspflicht liege nicht vor. Hätte er das Fahrzeug bereits früher abgemeldet, wären die – viel höheren Kosten – für die Garagenmiete in Höhe von 130 € bereits ab November 2015 angefallen. Der Einbau einer Autobatterie sei für die Erhaltung der Fahrfähigkeit notwendig gewesen und deren Kosten damit nach § 347 Abs. 2 S.2 BGB erstattungsfähig. Die Rechtsanwaltsgebühren seien in voller Höhe ersatzfähig, weil Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit ohne weiteres eine Gebühr von 1,5 rechtfertigten.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin den Beklagten zu verurteilen, an ihn 22.832,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 22.276,64 € seit dem 25.11.2015 und aus einem Betrag von 555,66 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des PKW Mercedes Benz 450 SL, 192 PS, Erstzulassung 01.04.1973, Fahrzeug- Ident-Nr. …138;

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn die Kosten der Garagenmiete für das im Antrag zu Ziffer 1. näher bezeichnete Kfz in Höhe von monatlich 130 € zu erstatten, beginnend mit dem 01.12.2016 und endend mit dem Schluss des übernächsten Monates, der auf den Monat, in dem die Rückgabe des unter 1. bezeichneten PKW stattgefunden hat, folgt.

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3. festzustellen, dass sich der Beklagte seit dem 24.11.2015 in Annahmeverzug befindet.

4. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin den Beklagten zu verurteilen, an ihn vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.348,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts Neuruppin abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist weiterhin der Auffassung, zwischen den Parteien sei keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden. Der Beklagte habe nicht rechtsverbindlich zugesichert, dass das Fahrzeug komplett rostfrei sei. Die Angaben in der Annonce bei „…“ reichten hierzu nicht aus. Die Parteien hätten die Angaben zur Rostfreiheit vielmehr in den Kaufvertrag selbst aufnehmen müssen. Das Rücktrittsrecht sei im Übrigen nach § 442 BGB ausgeschlossen, da der Kläger die Mängel bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt im Rahmen der Besichtigung hätte erkennen müssen. Der Beklagte habe ihm mehrmals angeboten, den Unterboden des Fahrzeugs anzusehen. Hätte der Kläger dies getan, wäre ihm die beginnende Korrosion ersichtlich geworden.

Da der Kläger keine Mängelrechte geltend machen könne, stünden ihm auch keine Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche zu.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufungen des Klägers und des Beklagten sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung des Klägers hat überwiegend Erfolg und führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils im tenorierten Umfang; die Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Im Einzelnen gilt folgendes:

1.

Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises von 19.400 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen PKW aus §§ 346 Abs. 1, 323 Abs. 1, 437 Nr. 2 BGB.

Zutreffend führt das Landgericht aus, dass dem verkauften PKW die vereinbarte Beschaffenheit fehlte, weil der PKW entgegen den Angaben in der Anzeige auf der Verkaufsplattform „…“ nicht komplett rostfrei war, sondern, wie der Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren ausgeführt hat, sich in allen Bereichen des Fahrzeuges Korrosion befand und weder eine vernünftige Entrostung noch Maßnahmen zum dauerhaften Korrosionsschutz erfolgt sind.

2.

Mit dem Landgericht ist anzunehmen, dass die Parteien eine dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben. Der Beklagte hat mit dem doppelten Hinweis auf die vollständige Rostfreiheit des Fahrzeuges in seinem Angebot auf der Verkaufsplattform „…“ zur Beschreibung des Fahrzeuges eine verbindliche Willenserklärung zur Beschaffenheit des angebotenen PKW abgegeben, auch wenn diese Erklärung im schriftlichen Kaufvertrag nicht enthalten ist.

a)

Ob durch eine Angebotsbeschreibung eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) getroffen wurde, erfordert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine umfassende Würdigung der abgegebenen Willenserklärungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 28.03.2012, VIII ZR 244/10). Nicht erforderlich ist, dass bestimmte Beschaffenheitsanforderungen ausdrücklich festgelegt werden. Eine solche Vereinbarung kann sich vielmehr auch aus den Umständen des Vertragsschlusses wie etwa dem Kontext der dabei geführten Gespräche oder den bei dieser Gelegenheit abgegebenen Beschreibungen ergeben. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass in Fällen, in denen der Verkäufer bei Vertragsschluss die Eigenschaften der verkauften Sache in einer bestimmten Weise beschreibt und der Käufer vor diesem Hintergrund seine Kaufentscheidung trifft, die Erklärungen des Verkäufers ohne weiteres zum Inhalt des Vertrages und damit zum Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung werden (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 96/12 unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/6040, S. 212). Dementsprechend ist in der Regel auch in Fällen, in denen im Anschluss an ein Angebot auf einer Internetplattform wie „…“ ein schriftlicher Kaufvertrag geschlossen wird, für diesen Kaufvertrag dieses Angebot auch dann maßgeblich, wenn keine ausdrückliche Erwähnung im Kaufvertrag mehr erfolgt, weil die Parteien in der Regel von der Verbindlichkeit des Angebots ausgehen. In der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass das Angebot auf „…“ in der Regel auch ohne ausdrückliche Erwähnung im anschließenden schriftlichen Kaufvertrag den Charakter einer Beschaffenheitsvereinbarung haben kann (OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.01.2014, 9 U 233/12; OLG Koblenz, Beschluss vom 25.01.2011, 2 U 590/10).

b)

So liegt es bei der erforderlichen Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles auch hier.

In der Anzeige erfolgte in Großbuchstaben und mit Ausrufezeichen versehen ein zweifacher Hinweis auf die vollständige Rostfreiheit des Fahrzeuges. Das Internetangebot ist damit aus Sicht des Empfängers eindeutig so zu verstehen, dass bei dem streitgegenständlichen PKW etwa vorhanden gewesene Roststellen vor dem Verkauf vollständig beseitigt worden sind und dieses zum Zeitpunkt des Verkaufs vollständig rostfrei war.

c)

Das Fahrzeug wies nicht die angepriesene Beschaffenheit auf. Nach den unangegriffenen Ausführungen des Sachverständigen befindet sich in allen Bereichen des Fahrzeuges eine durch eine neue Lackierung überdeckte Korrosion. Weder ist eine vernünftige Entrostung erfolgt noch Maßnahmen zum dauerhaften Korrosionsschutz.

d)

Der Ausschluss der Gewährleistung im Kaufvertrag steht den Wirkungen der Beschaffenheitsvereinbarung nicht entgegen. Ein Gewährleistungsausschluss in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes generell dahingehend zu verstehen, dass dieser solche Eigenschaften des Fahrzeugs nicht betrifft, die Gegenstand einer gleichzeitigen Beschaffenheitsvereinbarung sind (BGH, Urteil vom 29. November 2006, VIII ZR 92/06: BGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 – VIII ZR 117/12).

e)

Rückabwicklung Fahrzeugkaufvertrag wegen Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit - Rostfreiheit
(Symbolfoto: Von Nestor Rizhniak/Shutterstock.com)

Der Rücktritt ist auch nicht gemäß § 442 BGB ausgeschlossen. Dies wäre nur dann anzunehmen, wenn der Kläger den Mangel bei Vertragsschluss gekannt hat oder er ihm infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Dies war jedoch nicht der Fall.

Selbst wenn der Beklagte dem Kläger die Gelegenheit gegeben haben sollte, den Unterboden des Fahrzeuges anzusehen, war es nicht grob fahrlässig vom Kläger, dieses Angebot nicht wahrzunehmen. Grob fahrlässig handelt ein Käufer nur dann, wenn er das Mindestmaß an Aufmerksamkeit und Information in besonders schwerem Maß vernachlässigt hat. Zu einer besonderen Untersuchung des Kaufgegenstandes ist der Käufer allerdings nicht verpflichtet. Im Übrigen gehört es zum Wesen einer Beschaffenheitsangabe des Verkäufers, dass der Käufer auf diese Angabe, hier die Rostfreiheit des Fahrzeuges, vertrauen darf. Es war damit keinesfalls grob fahrlässig, dass er auf diese Angabe ohne eigene Überprüfung vertraut hat (Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 442, Rn 11,12; OLG Karlsruhe, 9 U 233/12). Darüber hinaus hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger das Ausmaß der vom Sachverständigen festgestellte Korrosion gar nicht hätte erkennen können.

f)

Der Kläger hat den Beklagten auch vergeblich zur Mangelbeseitigung aufgefordert und vor Erklärung des Rücktritts die zur Nachbesserung gesetzte Frist abgewartet.

g)

Aufgrund des wirksamen Rücktritts hat der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises von 19.400 € Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen PKW. Da der Kläger das Fahrzeug abgesehen von wenigen Fahrten zur Werkstatt nicht genutzt hat, war dieser Anspruch auch nicht um etwaige Nutzungsersatzansprüche des Beklagten zu kürzen. Insoweit wird auf die nicht angegriffenen, zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen.

3.

Der Kläger hat ebenfalls Anspruch auf die Erstattung der Kosten für das eingeholte Privatgutachten in Höhe von 1.302,69 € aus § 439 Abs. 2 BGB, auf Aufwendungsersatz aus § 284 BGB für die Kosten der Anmeldung in Höhe von 80,30 €, sowie der Kosten für die Garagenmiete in Höhe von monatlich 130 €. Auch insoweit wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, die von der Berufung des Beklagten nicht angegriffen werden.

Die Berufung des Beklagten ist damit insgesamt unbegründet.

4.

Darüber hinaus hat der Kläger – insoweit hat die Berufung des Klägers Erfolg – über den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag hinaus Anspruch auch auf die geltend gemachten Reparaturkosten in Höhe von 1.493,65 €.

Dieser ergibt sich aus § 284 BGB. Es handelt sich bei diesen Kosten ebenso wie bei den Kosten der Anmeldung um ersatzfähige sogenannte „frustrierte Aufwendungen“. Der Käufer einer mangelhaften Sache hat auch dann gemäß § 284 BGB Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zurücktritt. Der Anspruch ist nicht gemäß § 347 Abs. 2 BGB auf den Ersatz notwendiger Verwendungen oder solcher Aufwendungen beschränkt, durch die der Verkäufer bereichert wird. Er kann neben dem Rücktritt verlangt werden (BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 – VIII ZR 275/04, VersR 2005, 1541).

Voraussetzung für einen Anspruch aus § 284 BGB ist das Bestehen eines Schadensersatzanspruches, d.h. alle Voraussetzungen der §§ 281 ff BGB müssen erfüllt sein. Dies ist, wie das Landgericht im Hinblick auf die Kosten der Anmeldung zutreffend ausgeführt hat, vorliegend der Fall, da der Beklagte durch die mangelhafte Lieferung seine Leistungspflicht nicht erfüllt hat und der Kläger ihm vergeblich eine angemessene Frist zur Nachbesserung gesetzt hatte. Es handelt sich, darin weicht der Senat von der Auffassung des Landgerichts ab, bei den Reparaturkosten auch um frustrierte Aufwendungen im Sinne von § 284 BGB. Aufwendungen in diesem Sinne sind freiwillige Vermögensopfer, die vom Gläubiger im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung erbracht worden sind. Genau darum handelt es sich hier. Der Kläger hat die Reparaturarbeiten an dem Fahrzeug vorgenommen, da er davon ausging, das Fahrzeug vom Beklagten mit der vereinbarten Beschaffenheit erhalten zu haben. Anders als das Landgericht meint, kann er auch nicht im Hinblick auf diese Reparaturkosten (isoliert) auf Gewährleistungsansprüche verwiesen werden und können diese nicht mit dem Argument abgelehnt werden, der Kläger habe vom Beklagten keine Nachbesserung verlangt, denn dem Kläger standen im Hinblick auf diese Mängel keine Gewährleistungsrechte zu. Die Parteien hatten einen Gewährleistungsausschluss vereinbart, den der Beklagte wirksam hätte einwenden können, da dieser, wie dargelegt, nur im Hinblick auf die vereinbarte Beschaffenheit nicht greift.

5.

Der Kläger hat auch Anspruch auf die Kosten für Steuern und Versicherungen in Höhe von weiteren 437,03 €. Dieser Anspruch begründet sich allerdings nicht aus § 284 BGB, da der Kläger diese Kosten nach der Rücktrittserklärung aufgewendet hat, er diese also nicht (mehr) im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung erbracht hat. Sie ergeben sich aber aus § 347 Abs. 2 Satz 1 BGB. Notwendig im Sinne des § 347 Abs. 1 Satz 2 BGB ist, wie bei § 994 BGB auch, eine Verwendung, wenn sie zur Erhaltung und ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache nach objektivem Maßstab zur Zeit der Vornahme erforderlich ist. Hierzu gehören auch öffentlich-rechtliche Pflichtversicherungen, etwa die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung. Zwar trifft diese den Kraftfahrzeughalter nicht wegen seines Eigentums am Fahrzeug, sondern aufgrund dessen Entscheidung, das Fahrzeug im Straßenverkehr zu nutzen. Das ist aber bei Kraftfahrzeugen der – schon objektiv – bestimmungsgemäße Gebrauch und damit der Nutzen aus dem Eigentum (OLG Frankfurt, Entscheidung vom 14.01.2009, 17 U 223/08, MDR 2009, 497; Staudinger/Dagmar Kaiser (2012) BGB § 347, Rn 39). Solange das Fahrzeug nicht abgemeldet war, wozu seitens des Klägers keine Verpflichtung bestand, war er verpflichtet, das Fahrzeug zu versichern und die KFZ- Steuer zu entrichten.

6.

Gleiches gilt auch für die Kosten der Autobatterie in Höhe von 118,63 €, die der Kläger ebenfalls ersetzt verlangen kann. Die Ausstattung eines Fahrzeugs mit einer funktionsfähigen Batterie war objektiv zur Erhaltung seiner Funktions- und Fahrfähigkeit erforderlich. Zu diesem Zeitpunkt war das Fahrzeug auch noch nicht abgemeldet.

Der Beklagte ist damit zur Zahlung von insgesamt 22.832,30 € verpflichtet.

7.

Keinen Erfolg hat die Berufung des Klägers, soweit sie sich gegen die teilweise Abweisung der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren wendet.

Erstattungsfähig sind als Verzugsschaden die (tatsächlich) angefallenen Kosten, im Regelfall allerdings nur bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren. Für die außergerichtliche Regulierung erhält der Anwalt Gebühren nach §§ 34 f. RVG, Nr. 2100 f. RVG-VV, insbesondere die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV mit einem Gebührenrahmen von 0,5-2,5 der vollen Gebühr, innerhalb dessen er nach § 14 RVG den Gebührensatz unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen zu bestimmen hat. Die Bestimmung des Anwalts ist gerichtlich uneingeschränkt überprüfbar, wobei die der früheren Mittelgebühr entsprechende sogenannte Schwellengebühr von 1,3 meist der Regelgebühr entspricht, die nur bei (seltener) überdurchschnittlicher Tätigkeit überschritten werden darf. Eine solche überdurchschnittliche Tätigkeit liegt hier nicht vor. Es handelt sich um einen Sachverhalt aus dem Kaufvertragsrecht, der die bei einem Rücktritt von einem PKW-Kaufvertrag typischerweise auftretenden Rechtsfragen aufwirft und der auch in tatsächlicher Hinsicht keine übermäßig hohen Schwierigkeiten aufweist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 25.042,30 €

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