Landgericht Koblenz
Az.: 2 T 88/2002
Beschluss vom 13.02.2002
Vorinstanz: AG Bad Neuenahr-Ahrweiler – 6 IN 4/2002
In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der XXX hier: Beiordnung eines Rechtsanwaltes nach § 4 a Abs. 2 InsO hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 3o. Januar 2oo2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Neuenahr-Ahrweiler vom 14. Januar 2oo2 am 13. Februar 2oo2 beschlossen:
1. Die Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdewert wird auf 75o,oo EUR festgesetzt .
Gründe:
Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2ool beantragte die Antragstellerin über ihr Vermögen das Verbraucherinsolvenzverfahren zu eröffnen und ihr Rest-Schuldbefreiung zu erteilen. Nachdem mit Wirkung zum 1. Dezember 2ool die neue Fassung des § 3o4 Abs. l InsO einer Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens für die Antragstellerin entgegenstand, beantragte diese mit Schriftsatz vom 11. Januar 2oo2 das Verfahren als Regelinsolvenzverfahren weiter zu führen. Gleichzeitig beantragte sie, die Kosten des Verfahrens zu stunden und ihr ihre Verfahrensbevollmächtigte als Rechtsanwältin beizuordnen.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht -Insolvenzgericht – die Verfahrenskosten für den Verfahrensabschnitt eröffnetes Insolvenzverfahren gestundet, den weitergehenden Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes aber zurückgewiesen.
Gegen diesen, ihr am 21. Januar 2oo2 zugegangenen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer am 3o. Januar 2oo2 beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, soweit durch den Beschluss eine anwaltliche Beiordnung versagt wurde. Zur Begründung beruft sich die Antragstellerin darauf, dass das Verfahren kompliziert gestaltet sei und einer fachkundigen Betreuung bedürfe. Für sie als Laien sei das Verfahren nur schwer verständlich, Termine bei der Schuldnerberatung seien aber in absehbarer Zeit nicht zu vereinbaren. So sehe sie sich hier einer Vielzahl von Gläubigern ausgesetzt, die teilweise durch einen Rechtsanwalt vertreten seien, so dass unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit auch sie der Beiordnung eines Rechtsanwaltes bedürfe. Als besonderes Erschwernis tritt hinzu, dass die ursprünglich beabsichtigte Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nicht mehr möglich sei, so dass nunmehr ein Regelinsolvenzverfahren durchlaufen werden müsse. Schließlich sei auch über ihren Antrag auf Untersagung der Verwertung der bestehenden Lebensversicherung noch nicht entschieden worden, für dessen Verfolgung sie der Beiordnung eines Rechtsanwaltes bedürfe, da der Treuhänder die Aufgabe habe, diese Lebensversicherung zur Insolvenzmasse zu ziehen.
Der Amtsrichter hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Die gem. §§ 4 d Abs. l, 6 InsO, 569, 577 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht – Insolvenzgericht – den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes zurückgewiesen.
So ging der Gesetzgeber bei der Schaffung der neuen Regelung des § 4 a InsO davon aus, dass ein Schuldner im Insolvenzverfahren regelmäßig selbst seine Rechte wahrnehmen kann. Dem Gericht obliege gegenüber dem Schuldner eine Fürsorgepflicht, die insbesondere im Verbraucherinsolvenzverfahren gegenüber dem häufig Rechtsunkundigen auch eine eingehende Beratung erforderlich machen könne. Vor diesem Hintergrund soll nach dem gesetzgeberischen Willen die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nur dann zulässig sein, wenn dies, etwa nach der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage, erforderlich erscheint. Allein der Umstand, dass der Gegner anwaltlich vertreten ist, genügt dabei – anders als bei § 121 Abs. 2 ZPO – nicht (vgl. BT-Drs. 14/568o, Seite 21).
Danach wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Insolvenzverfahren bewusst unter erheblich engere Voraussetzungen gestellt hat, als dies in einem normalen, kontradiktorischen Verfahren nach der ZPO der Fall ist. Die von der Antragstellerin vorgetragene Schwierigkeit des Verfahrens als solchem, rechtfertigt danach die Beiordnung eines Rechtsanwaltes nicht, solange nicht im konkreten Einzelfall besondere Schwierigkeiten hinzutreten. Dass die Schuldnerin hier einer Reihe von Gläubigern gegenübersteht, ist verfahrenstypisch und bildet keine solche besondere Schwierigkeit. Ebenso wenig die Durchführung eines Regelinsolvenzverfahrens, da auch in diesem die gerichtliche Fürsorgepflicht greift, so dass die Antragstellerin auch nicht auf einen – nur langfristig zu erreichenden – Beratungstermin einer Schuldnerberatungsstelle angewiesen ist.
Soweit der Gesetzgeber als Regelfall, der die Beiordnung eines Rechtsanwaltes erforderlich mache, die quasikontradiktorischen Verfahren nach §§ 29o und 296 InsO anführt (vgl. .BT-Drs., a.a.O.), rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis, da zum einen vorliegend noch gar keine Stundung der Kosten für das Restschuldbefreiungsverfahren erfolgt ist und die Antragstellerin auch keine Umstände vorgetragen hat, aus denen sich ergibt, dass ein Versagungsantrag eines Gläubigers konkret droht. Soweit die Antragstellerin bei Einleitung des Verfahrens gleichzeitig eine Untersagung der Verwertung ihrer Lebensversicherung bei der X beantragte (Bl. 48 d.A.), bedurfte es keiner Entscheidung, inwieweit hier das Verfahren einen quasikontradiktorischen Charakter erhält, der die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich macht. Nach den eigenen Angaben der Antragstellerin (Bl. 9o d.A.) bereitete sie spätestens ab Dezember 1999 ein Insolvenzverfahren vor, so dass auf den erst am 1. November 1999 abgeschlossenen Versicherungsvertrag noch keine wesentlichen Zahlungen erbracht worden sein können. Dass hier überhaupt ein Rückkaufswert besteht, den der Treuhänder zur Masse ziehen könnte, wurde von der Antragstellerin dementsprechend auch nicht vorgetragen, so dass schon aus diesem Grunde eine drohende „streitige Auseinandersetzung“ mit dem Treuhänder nicht im erforderlichem Umfange dargelegt ist.
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge der §§ 4 InsO, 97 Abs. l ZPO zurückzuweisen.
Den Beschwerdewert hat das Gericht in Höhe des geschätzten Vergütungsanspruchs, der für einen beigeordneten Rechtsanwalt angefallen wäre, festgesetzt.