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Verkehrssicherungspflichten im Drogeriemarkt – Babyöl auf dem Boden

OBERLANDESGERICHT HAMM

Az.: 6 U 253/99

Verkündet am 16.10.2000

Vorinstanz: LG Essen – Az.: 16 O 239/99


In dem Rechtsstreit hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2000 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 1. September 1999 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsmittels.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Klägerin: unter 30.000,00 DM.

Entscheidungsgründe:

I .

Am 02.05.1996 gegen 10:40 Uhr besuchte die Klägerin als Kundin den Selbstbedienungsdrogeriemarkt der Beklagten in X. In einem Quergang zwischen Seitenregalen, in denen unter anderem Babyölflaschen standen, stürzte die Klägerin auf den Steinfußboden. Sie zog sich unter anderem eine Rippenfraktur zu.

Die Klägerin, die nunmehr den Ersatz von Kleidungsschaden, Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie die Feststellung weiterer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten begehrt, hat behauptet, sie sei auf einer farblosen Öllache ausgerutscht. Es habe sich um Öl aus einer ausgelaufenen Babyölflasche gehandelt. Die Öllache habe sich über mindestens die Hälfte des gut 80 cm breiten Ganges zwischen den Regalen erstreckt.

Die Beklagte hat vorgetragen, mindestens alle 30 Minuten werde in ihrem Ladenlokal von Mitarbeitern nachgeschaut, ob sich Gefahrenstellen, auf dem Boden befänden. Zuletzt 15 Minuten vor dem Unfall der Klägerin habe die Zeugin noch einen Kontrollgang unternommen. In diesem Zeitpunkt habe sich kein Babyöl auf dem Boden befunden.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung der. Zeugin abgewiesen, weil bewiesen sei, dass der letzte Kontrollgang im Unfallzeitpunkt noch nicht mehr als 30 Minuten zurückgelegen und zu diesem Zeitpunkt kein Öl auf dem Boden gelagert habe. Zu häufigeren Kontrollen als alle 30 Minuten sei die Beklagte nicht verpflichtet.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Ziel unter Wiederholung und Vertiefung ihres- Vertrags weiter. Sie meint, ebenso, wie in der Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes müsse die Beklagte den Fußboden in ihrem Geschäftslokal in kürzeren als halbstündigen Intervallen kontrollieren.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung, bestreitet nunmehr, dass die Klägerin auf einer Öllache ausgerutscht sei und hält für möglich, dass das Babyöl erst als Folge des Sturzes der Klägerin auf den Boden gelangt ist.

II.

Die Berufung ist unbegründet. Der Unfall der Klägerin vom 02.05.1996 ist nicht durch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten verursacht worden. Die Beklagte haftet der Klägerin daher weder wegen Verschuldens beim Vertragsschluss noch gemäß §§ 823, 847, 31 BGB oder §§ 831, 847 BGB.

Selbst wenn die Klägerin, wie in erster Instanz zwischen den Parteien noch unstreitig war, auf einer Babyöllache ausgerutscht ist und somit ein objektiv verkehrsunsicherer Zustand des Fußbodens schon gegeben war, bevor die Klägerin die Unfallstelle erreichte, steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch nicht zu. Denn die Beklagte hat bewiesen, dass die Zeugin den Fußboden nicht länger als 30 Minuten vor dem Unfall noch kontrolliert hat und dass sich bei dieser Nachschau noch kein Babyöl auf dem Boden befand. Dies hat die Zeugin bei ihrer erstinstanzlichen Vernehmung so bestätigt. Dabei hat sich die Zeugin noch an viele Details erinnern können, obwohl der Vorfall im Zeitpunkt der Vernehmung schon mehr als drei Jahre zurück lag. Durchgreifende Gründe, abweichend von der Einschätzung des Landgerichts an der Richtigkeit der Aussage dieser Zeugin zu zweifeln, bestehen nicht, und zwar auch nicht mit Rücksicht darauf, dass es sich bei der Zeugin um eine Mitarbeiterin der Beklagten handelt. Bedenken dagegen, dass die Zeugen die Bodenverunreinigung ausschließen konnte, ergeben sich nicht daraus, dass die Zeugin lediglich einen Blick in den Quergang geworfen hat, ohne den Quergang selbst zu betreten, und dass das Babyöl farblos war. Denn die Unfallstelle in dem Quergang befindet sich, wie auch der von der Klägerin überreichten Skizze entnommen werden kann, nicht weiter als drei Meter von dem längs durch das Ladenlokal verlaufenden Gang entfernt. Selbst bei einem flüchtigen Blick hätten der Zeugin daher der auf dem Boden liegende abgeschraubte Verschluss sowie auch die geöffnete Ölflasche auffallen müssen. Zweifel an den Bekundungen der Zeugin sind ferner nicht gerechtfertigt, wenn in dem gleichen Ladenlokal der Beklagten einige Zeit nach dem Unfall der Fußboden nicht alle 30 Minuten kontrolliert worden sein sollte, wie die Klägerin behauptet. Denn es nicht ersichtlich, dass gerade die Zeugin in dem Geschäft der Beklagten tätig war, als die nunmehr von der Klägerin benannten Zeugen ihre nachträglichen Beobachtungen gemacht haben. Jedenfalls für die Zeit ihres eigenen Einsatzes in dem Geschäft hat die Zeugin trotz eingehender Befragung durch das Landgericht die Einhaltung halbstündiger Kontrollintervalle für die Zeit des Unfallgeschehens bestätigt. Schließlich ist die erstmals im Berufungsverfahren aufgestellte Behauptung der Klägerin, die ausgelaufene Ölflasche habe nicht auf dem Boden, sondern im Regal gelegen, nicht geeignet, die Bekundungen der Zeugin in Zweifel zu ziehen. Denn die Klägerin hat die Flasche nach eigener Darstellung erst gesehen, als sie schon wieder aufgestanden war und sich auf einem Stuhl, der ihr gebracht worden war, ausruhte. Bis dahin kann die Ölflasche, die die Zeugin auf Boden liegen gesehen hat, bereits aufgehoben worden und in das Regel gelegt worden sein.

Obwohl insbesondere Fußböden in Geschäftslokalen mit freiem Publikumsverkehr frei von Gefahren zu halten sind und diesbezüglich strenge Anforderungen gelten, war die Beklagte zu häufigeren als halbstündigen Kontrollen zum Unfallzeitpunkt nicht verpflichtet. Zur Beurteilung der Frage, wie häufig Fußböden in Geschäftslokalen mit Publikumsverkehr zu kontrollieren sind, ist auf die jeweiligen Gegebenheiten abzustellen. Von Bedeutung sind unter anderem Kundenfrequenz, Witterung sowie das von etwaigen zum Verkauf angebotenen Waren ausgehende Gefahrenpotenzial. Anhaltspunkte dafür, dass am 02.05.1996 etwa witterungsbedingt oder wegen starken Kundenandrangs im Geschäft der Beklagten besonders engmaschige Kontrollen geboten gewesen wären, bestellen nicht. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass wegen räumlicher Enge häufig Waren auf den Boden gefallen sind. Schließlich begründet die Art des Warensortimentes der Beklagten nicht eine ähnliche Gefahrenlage wie sie etwa in einer Obst- und Gemüseabteilung eines Selbstbedienungs-Verbrauchermarktes besteht. Denn die Beklagte bot in den Regalen nahe der Unfausteile nur verpackte Waren an, so dass es selbst beim Herabfallen derartiger Waren allenfalls ausnahmsweise zu einer Rutschgefahr für Kunden kommen konnte. Auch in der vorliegenden Sache ist der Inhalt der Babyölflasche nicht allein als Folge des Herabfallens der Flasche auf den Boden ausgelaufen. Hierzu konnte es vielmehr nur kommen, weil eine unbekannt gebliebene Person die Verschlusskappe der Flasche abgeschraubt hatte.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 546 ZPO.

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