BUNDESARBEITSGERICHT
Az.: 2 AZR 674/01
Urteil vom 06.02.2003
Leitsätze
Die vorbehaltlose Annahme des in einer Änderungskündigung enthaltenen Änderungsangebots ist nicht an die Höchstfrist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung (§ 2 Satz 2 KSchG) gebunden.
Zu der Frage, wann der Arbeitgeber unter regelmäßigen Umständen (§ 147 BGB) eine Antwort auf das in seiner Änderungskündigung enthaltene Änderungsangebot erwarten darf.
Das Bundesarbeitsgericht hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom XXX für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19. September 2001 – 7 Sa 13/01 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses nach einer arbeitgeberseitigen Änderungskündigung.
Der 43 Jahre alte, ledige Kläger ist seit dem 1. April 1991 bei dem Beklagten halbtags als Referent in dessen Statistikabteilung beschäftigt. Das hieraus erzielte Einkommen betrug zuletzt 2.950,00 DM brutto monatlich. Bis zum 31. Dezember 1997 stand der Kläger zugleich in einem weiteren Halbtagsarbeitsverhältnis als Leiter der Dokumentationsstelle der I GmbH. Diese Stelle wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie subventioniert. Bei der I GmbH handelt es sich um eine Gesellschaft, die Dienstleistungen zu Gunsten der Mitglieder des Beklagten erbringt. Auch sonst bestand zwischen den Beschäftigten des Beklagten und der I GmbH teilweise Personenidentität. Die I GmbH hatte das sie betreffende Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger am 27. Oktober 1997 fristgerecht betriebsbedingt gekündigt und zur Begründung angeführt, die zur Finanzierung des Arbeitsplatzes des Klägers eingesetzten Subventionen seien weggefallen.
Im März 1999 sandte der Beklagte dem Kläger wie auch allen übrigen Beschäftigten ein Schreiben, in dem auf den geplanten Umzug des Verbandes nach Berlin Bezug genommen wurde. In dem Schreiben kündigte der Beklagte dem Kläger an, er werde ihm rechtzeitig eine Änderungskündigung zum 30. Juni 2000 aussprechen, verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu ansonsten gleichen Bedingungen mit dem Arbeitsort B fortzusetzen.
Gegenüber der I GmbH machte der Kläger im Frühjahr 1999 die Unwirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung vom 27. Oktober 1997 geltend. Zur Begründung führte er an, er habe erst jetzt erfahren, daß die zur Finanzierung seines Arbeitsplatzes dienenden Subventionen entgegen der damaligen Darstellung der I GmbH in Wirklichkeit nicht weggefallen seien. Es entwickelten sich zunächst außergerichtliche Vergleichsverhandlungen, in denen die I GmbH von den jetzigen Prozeßbevollmächtigten des Beklagten vertreten wurde. Im Rahmen dieser Vergleichsverhandlungen wurde von Arbeitgeberseite der Vorschlag unterbreitet, beide Arbeitsverhältnisse gegen Zahlung einer Abfindung aufzuheben. Hierauf bezogen antwortete der Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 8. Juli 1999 ua. wie folgt:
„Der von Ihnen unterbreitete Vorschlag kommt für Herrn K nicht in Betracht. Unser Mandant schätzt seine Tätigkeit für den D e.V. sehr und sieht bereits dem B-Umzug entgegen. Herr K hat daher keine Veranlassung, seine Stellung bei dem D e.V. aufzugeben.
Stattdessen erneuern wir nochmals unseren Vorschlag gemäß Schreiben vom 18.05.1999 an die I GmbH. Herr K begehrt weiterhin die Wiedereinstellung …“.
Da die I GmbH zu einer Wiedereinstellung des Klägers nicht bereit war, erhob der Kläger gegen diese wegen deren Kündigung vom 27. Oktober 1997 am 23. Juli 1999 Klage und berief sich auf eine vermeintliche Sittenwidrigkeit der damaligen Kündigung. Im Rahmen des Kammertermins vor dem Arbeitsgericht Bonn am 17. November 1999 äußerte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers: „Mein Mandant freut sich schon auf Berlin“. Die gegen die I GmbH gerichtete Kündigungsschutzklage blieb in beiden Instanzen erfolglos.
Der Beklagte hatte bereits unter dem 10. Juli 1999 allen Beschäftigten mit Ausnahme des Klägers die im März 1999 angekündigte Änderungskündigung wegen des Umzugs nach Berlin zum 30. Juni 2000 ausgesprochen. Verschiedenen Mitarbeitern hatte er dabei ausdrücklich Fristen von mehr als sechs Monaten zur Stellungnahme auf das Änderungsangebot eingeräumt, wobei er die Mitarbeiterin W. noch im März 2000 an die von dieser innerhalb der Frist versäumte Stellungnahme erinnerte.
Mit Schreiben vom 30. November 1999 sprach der Beklagte auch gegenüber dem Kläger die angekündigte Änderungskündigung zum 30. Juni 2000 aus, ohne zuvor dem Kläger das Änderungsangebot zur etwaigen einvernehmlichen Annahme unterbreitet zu haben. Eine ausdrückliche Reaktion des Klägers auf die Änderungskündigung erfolgte zunächst nicht. Nachdem der Kläger im März 2000 bemerkt hatte, daß er nicht in die Teilnehmerliste einer Besprechung für Mitarbeiter aufgenommen worden war, die den B-Umzug mitmachen würden, richtete er an den Beklagten unter dem 21. März 2000 ein Schreiben folgenden Wortlauts: „Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit nehme ich nochmals Ihr Angebot vom 30.11.1999 zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses (Arbeitsort B) an“.
In der Folgezeit stellte sich der Beklagte gegenüber dem Kläger auf den Standpunkt, das Arbeitsverhältnis werde auf Grund der Änderungskündigung vom 30. November 1999 zum 30. Juni 2000 sein Ende finden; der Kläger habe das Änderungsangebot verspätet, nämlich nicht innerhalb der Frist des § 2 Satz 2 KSchG angenommen.
Mit der am 28. Juni 2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht der Kläger den Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses über den 30. Juni 2000 hinaus zu den Bedingungen des Änderungsangebotes vom 30. November 1999 geltend. Er habe das Änderungsangebot des Beklagten rechtzeitig ausdrücklich angenommen. Bereits seine Äußerungen in dem vorgerichtlichen Anwaltsschreiben vom 8. Juli 1999 im Rahmen der Vergleichsverhandlungen mit der I GmbH, bestärkt durch die Erklärung seines Prozeßbevollmächtigten im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 17. November 1999, sei als vorweggenommene Annahme des Änderungsangebots anzusehen. Auch die ausdrückliche schriftliche Annahmeerklärung vom 21. März 2000 stelle eine rechtswirksame Annahme dar. Die Drei-Wochen-Frist des § 2 Abs. 2 KSchG gelte nicht für die vorbehaltlose Annahme eines Änderungsangebots. Jedenfalls sei auf Grund der Gesamtumstände von einer rechtzeitigen konkludenten Annahme des Angebots auszugehen. Der Beklagte habe auch den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, indem er anderen Arbeitnehmern, anders als ihm, mehr als sechsmonatige Überlegungsfristen hinsichtlich der Annahme des Änderungsangebots eingeräumt habe. Das Verhalten des Beklagten verstoße schließlich gegen das Maßregelungsverbot des § 612 a BGB. Der Beklagte wolle ihn lediglich wegen seines Prozesses gegen die I GmbH „bestrafen“.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß zwischen den Parteien mit Wirkung ab 1. Juli 2000 das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Änderungsangebots des Beklagten vom 30. November 1999 fortbesteht.
Der Beklagte beruft sich zur Stützung seines Klageabweisungsantrags darauf, der Kläger habe das Änderungsangebot nicht binnen drei Wochen ab Zugang der Änderungskündigung angenommen. Umstände, die für eine konkludente Annahme des Abgebots sprächen, seien nicht gegeben. Soweit anderen Arbeitnehmern eine sechsmonatige Annahmefrist eingeräumt worden sei, sei dies auf Initiative der betroffenen Mitarbeiter aufgrund individueller Vereinbarungen geschehen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung des Klägers stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien besteht seit 1. Juli 2000 auf der Grundlage des Änderungsangebots des Beklagten vom 30. November 1999 fort.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe das Änderungsangebot des Beklagten mit Schreiben vom 21. März 2000 rechtzeitig angenommen. Diese Annahme sei noch rechtzeitig iSv. § 147 Abs. 2 BGB erfolgt. Die Frist des § 2 Satz 2 KSchG gelte nur für die Annahme unter Vorbehalt, nicht für die vorbehaltlose Annahme eines mit einer Änderungskündigung verbundenen Änderungsangebots des Arbeitgebers. Jedenfalls könne sich der Beklagte nach Treu und Glauben auf eine etwaige Verspätung der Annahmeerklärung nicht berufen, da der Kläger rechtzeitig seine Bereitschaft zu einem Umzug nach B erklärt habe und die Personaldispositionen des Beklagten für den Umzug im Zeitpunkt der Annahme des Änderungsangebots durch den Kläger noch nicht abgeschlossen gewesen seien.
II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und auch in wesentlichen Teilen der Begründung. Die Revision rügt zu Unrecht eine Verletzung von § 147 BGB, § 2 Satz 2 KSchG.
1. Dem Landesarbeitsgericht ist darin zu folgen, daß der Kläger das Änderungsangebot des Beklagten (Arbeitsort: B, sonst gleiche Arbeitsbedingungen) weder ausdrücklich vor Ausspruch der Änderungskündigung, noch konkludent zeitnah nach der Kündigung angenommen hat, wie der Kläger in den Vorinstanzen geltend gemacht hat. Die Annahme des Änderungsangebots des Beklagten ist, hiervon geht auch die Revision aus, erst durch das Schreiben vom 21. März 2000 erfolgt.
2. Diese Annahme war aber nach § 147 Abs. 2 BGB rechtzeitig. Nach dieser Vorschrift kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.
a) Die Entscheidung der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt ein Vertragsangebot unter Abwesenden angenommen werden kann, der Antragende also unter regelmäßigen Umständen eine Antwort auf sein Angebot erwarten durfte, unterliegt tatrichterlichem Ermessen. Die Entscheidung des Tatsachengerichts ist vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüfbar, ob die Voraussetzungen und Grenzen des tatrichterlichen Ermessens richtig bestimmt und eingehalten worden sind (BGH 24. November 1952 – II ZR 63/51 – LM BGB § 147 Nr. 1; MünchKommBGB/Kramer 4. Aufl. § 148 Rn. 8). Diesem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil stand.
b) Die gesetzliche Annahmefrist nach § 147 Abs. 2 BGB setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Vertragsangebots an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit und aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden. Die Überlegungsfrist bestimmt sich vor allem nach der Art des Angebots. Nach seinem Inhalt ist zu beurteilen, ob der Antragende die Behandlung des Angebots als eilbedürftig erwarten darf oder ob er damit rechnen muß, daß der Angebotsempfänger „sich Zeit läßt“. Besteht eine Geschäftsverbindung, kommt es zusätzlich darauf an, welche Überlegungsfrist zwischen den Geschäftspartnern bisher üblich war (Flume Das Rechtsgeschäft 4. Aufl. S 639 f.). Bei einem Antrag auf Änderung eines Vertrages, aus dem fortlaufend Rechte und Pflichten folgen, kann möglicherweise eine längere Überlegungsfrist angemessen sein als etwa bei einem Kaufangebot (OLG Frankfurt 13. November 1985 – 17 U 203/84 – NJW-RR 1986, 329; Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 148 Rn. 7). So hat das Bundesarbeitsgericht bei dem Angebot auf Auflösung eines Arbeitsverhältnis eine Reaktion des Arbeitnehmers nach einem Monat als nach § 147 Abs. 2 BGB rechtzeitig angesehen mit der Begründung, wenn es bei der Entscheidung um den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers gehe, habe der Entschluß existentielle Bedeutung und der Arbeitnehmer könne sich angesichts einer vertraglichen Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartalsende Zeit nehmen, um die Angelegenheit zu überdenken; für diesen Fall bestehe keine Notwendigkeit, die Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB besonders einzuengen (BAG 21. August 1980 – 3 AZR 313/79 – nv.). Wenn danach die Frist, innerhalb derer die Annahme des Angebots den Vertragsschluß herbeiführt, vom Gesetz nicht exakt bestimmt ist, so mag man dies für mißlich halten. Bei der Unterschiedlichkeit der Verhältnisse wäre aber eine solche allgemeine Festlegung durch das Gesetz kaum möglich. Deshalb bleibt demjenigen, dem es auf eine exakte Fristbestimmung ankommt, nur übrig, sein Angebot selbst zu befristen, indem er nach § 148 BGB eine Annahmefrist bestimmt (so ausdrücklich: Flume aaO S 640).
c) Was die Annahme des in einer Änderungskündigung enthaltenen Änderungsangebots des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer anbelangt, so ist die höchstrichterliche Rechtsprechung, gefolgt von der Literatur, zunächst davon ausgegangen, daß dem Arbeitnehmer nach § 147 Abs. 2 BGB eine lange Überlegungsfrist einzuräumen ist (RAG 2. Juli 1930 – RAG 399/29 – ARS 9, 601; 10. Juni 1931 – RAG 665/30 – ARS 12, 332; 31. März 1936 – RAG 275/35 – ARS 27, 134; Nikisch Festschrift Sitzler S 273 f.; Betz Die Änderungskündigung des Arbeitgebers 119; Kunze/Wiesler BB 1960, 292 f.; Auffahrth/Müller KSchG § 1 Rn. 48). Das Reichsarbeitsgericht hat es sogar als rechtzeitige Annahme nach § 147 Abs. 2 BGB, nicht als neues Vertragsangebot gewertet, daß der Arbeitnehmer, der während der dreimonatigen Kündigungsfrist Einspruch gegen die Vertragsänderungen erhoben hatte, nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den neuen Bedingungen weitergearbeitet hat (RAG 31. März 1935 – RAG 275/35 – aaO). Angeknüpft wurde regelmäßig an den Ablauf der Kündigungsfrist. Arbeitete der Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist weiter, so wurde darin die konkludente Annahme des Änderungsangebots gesehen. Da für längere Kündigungsfristen insoweit keine Einschränkung gemacht wurde, bedeutete dies, daß eine Annahme des Änderungsangebots auch nach mehreren Monaten danach je nach den Umständen noch als rechtzeitig iSv. § 147 Abs. 2 BGB angesehen wurde. Nikisch (Festschrift Sitzler S 273 f.) geht sogar so weit anzunehmen, es entspreche einer im Arbeitsleben geltenden Verkehrssitte (§ 151 BGB) und dem mutmaßlichen Willen des Arbeitgebers, daß sich der Arbeitnehmer erst bei Ablauf der Kündigungsfrist zu entscheiden brauche, ob er die Änderung der Arbeitsbedingungen hinnehmen wolle oder nicht.
d) Erst seit Inkrafttreten des § 2 KSchG wird in Teilen der Literatur und von einzelnen Landesarbeitsgerichten angenommen, das Planungsinteresse des Arbeitgebers fordere es, dem Arbeitnehmer in derartigen Fällen nur eine kurze Überlegungsfrist einzuräumen (LAG Köln 10. Februar 2000 – 5 Sa 1371/99 – NZA-RR 2000, 303; LAG Baden-Württemberg 30. Oktober 1990 – 8 Sa 39/90 LAGE KSchG § 2 Nr. 12; APS/Künzl § 2 KSchG Rn. 161; ErfK/Ascheid 3. Aufl. § 2 KSchG Rn. 36; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 2 Rn. 100; KR-Rost 6. Aufl. § 2 KSchG Rn. 72 a – jedenfalls in der Regel; aA Löwisch KSchG 8. Aufl. § 2 Rn. 16; ders. NZA 1988, 633, 635). Argumentiert wird im wesentlichen damit, § 2 Satz 2 KSchG enthalte nicht nur die Höchstfrist für die Annahme des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer unter dem Vorbehalt des § 2 Satz 1 KSchG, sondern konkretisiere gleichzeitig verbindlich für die vorbehaltlose Annahme die Annahmefrist des § 147 Abs. 2 BGB. Gleichzeitig wird dann allerdings überwiegend darauf abgestellt, die Weiterarbeit des Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist stelle eine konkludente Annahme des Änderungsangebots dar, was angesichts der Tatsache, daß die meisten Kündigungsfristen inzwischen länger als die Frist des § 2 Satz 2 KSchG sind, widersprüchlich scheint. Dieser Ansicht ist das Landesarbeitsgericht zu Recht nicht gefolgt.
aa) Es unterliegt schon grundsätzlichen Bedenken, eine Frist zur Abgabe einer Willenserklärung, die im Gesetz für einen bestimmten Fall geregelt ist, entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut auf andere Fälle zu übertragen, in denen nach der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift (§ 147 Abs. 2 BGB) gerade keine starre Frist gilt, sondern es nach dem Willen des Gesetzgebers von den Umständen des Einzelfalls abhängen soll, wie schnell oder zögerlich der Betreffende reagieren darf.
bb) Die Fälle der Vorbehaltsannahme nach § 2 Satz 2 KSchG und der vorbehaltlosen Annahme des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer sind auch vom Sinn und Zweck des § 2 Satz 2 KSchG nicht ohne Weiteres vergleichbar. Erhebt der Arbeitnehmer gegen die Kündigung nach § 4 KSchG rechtzeitig Klage, so muß allein für die Durchführung des Kündigungsschutzverfahrens feststehen, ob der Arbeitnehmer die neuen Bedingungen unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung annimmt oder nicht. Dies rechtfertigt es, die Überlegungsfrist, die der Gesetzgeber auch in § 2 Satz 2 KSchG grundsätzlich mit der Kündigungsfrist gleichsetzt, auf einen der Klagefrist des § 4 KSchG entsprechenden Zeitraum zu verkürzen. Anders ist es, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung als solche nicht angreifen will und nur überlegt, ob er nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den neuen Bedingungen weiterarbeiten will oder nicht. Hier ist eine Reaktion innerhalb von drei Wochen gerade bei längeren Kündigungsfristen oft nicht einmal im Interesse des Arbeitgebers erforderlich, für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist des Arbeitnehmers ggf. die Stelle neu zu besetzen. Nach Ablauf der Klagefrist des § 4 KSchG weiß der Arbeitgeber regelmäßig, daß nur noch zwei Möglichkeiten bestehen: Entweder arbeitet der Arbeitnehmer zu den neuen Bedingungen weiter oder das Arbeitsverhältnis wird mit Ablauf der Kündigungsfrist sein Ende finden. Entspricht es für den Arbeitnehmer erkennbar dem Planungsinteresse des Arbeitgebers, längere Zeit vor Ablauf der Kündigungsfrist zu erfahren, wie sich der Arbeitnehmer entscheidet, so verkürzt dies nach der flexiblen Regelung des § 147 Abs. 2 BGB die Überlegungsfrist entsprechend den konkreten Umständen des Einzelfalls. Stets kann der Arbeitgeber außerdem eine seine besonderen Interessen berücksichtigende Frist nach § 148 BGB setzen.
e) Zutreffend weist das Landesarbeitsgericht auf weitere Gesichtspunkte hin, die gegen eine entsprechende Anwendung der Frist des § 2 Satz 2 KSchG bei der vorbehaltlosen Annahme des in einer Änderungskündigung enthaltenen Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer sprechen: Nimmt der Arbeitnehmer trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt (vgl. § 5 KSchG) das Änderungsangebot erst nach Ablauf von drei Wochen an, so würde es ohne die Möglichkeit einer nachträglichen Berücksichtigung der Annahmeerklärung weitgehend im Belieben des Arbeitgebers stehen, ob er das in der verspäteten Annahmeerklärung liegende neue Angebot des Arbeitnehmers, das den von ihm selbst vorgeschlagenen Bedingungen entspricht, annimmt oder es lieber bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses beläßt. Außerdem müßten, da eine Ausdehnung der Frist des § 2 Satz 2 KSchG auf Änderungskündigungen in Arbeitsverhältnissen, die nicht dem KSchG unterliegen, und auf Änderungsangebote ohne Kündigung kaum vertretbar scheint, durchaus vergleichbare Fälle ohne erkennbaren sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden.
f) Der Senat braucht nicht abschließend zu entscheiden, ob bei einem in einer Änderungskündigung enthaltenen Änderungsangebot dem Arbeitnehmer regelmäßig mangels Fristsetzung durch den Arbeitgeber (§ 148 BGB) die volle Kündigungsfrist oder eine kürzere Regelfrist als Überlegungsfrist zur Verfügung steht bzw. ob dem Planungsinteresse des Arbeitgebers nicht stets dadurch Rechnung getragen werden muß, daß der Arbeitnehmer seine Entscheidung, ob er zu den neuen Arbeitsbedingungen weiterarbeiten will, eine angemessene Zeit vor Ablauf der Kündigungsfrist mitzuteilen hat. Der Arbeitnehmer ist im eigenen Interesse jedoch gut beraten, seine Entscheidung nicht zu lange hinauszuzögern, damit er nicht Gefahr läuft, daß die Gerichte seine Annahmeerklärung als nach § 147 BGB verspätet ansehen.
g) Jedenfalls kann der Arbeitgeber, der lange vor dem Zeitpunkt kündigt, zu dem er unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zu dem beabsichtigten Kündigungstermin noch hätte kündigen können, regelmäßig nicht erwarten, daß der Arbeitnehmer die existentielle Entscheidung, ob er sein Arbeitsverhältnis aufgibt oder zu entscheidend geänderten Arbeitsbedingungen weiterarbeitet, nunmehr in kürzester Frist trifft. Es muß dann, wenn nicht der Arbeitgeber etwa durch eine Fristsetzung nach § 148 BGB auf sein Interesse an einer schnellen Entscheidung des Arbeitnehmers hingewiesen hat, zumindest ausreichen, daß der Arbeitnehmer zu dem Änderungsangebot noch vor dem Tag Stellung nimmt, an dem der Arbeitgeber unter Einhaltung der Kündigungsfrist letztmalig hätte kündigen können. Betont man mit den Landesarbeitsgerichten und den Autoren, die § 2 Satz 2 KSchG auf § 147 Abs. 2 BGB (entsprechend) anwenden wollen, den Gesichtspunkt der Planungssicherheit des Arbeitgebers, so reicht unter regelmäßigen Umständen für die Planung des Arbeitgebers, wie er den Arbeitsplatz neu besetzen kann, jedenfalls die volle, für das jeweilige Arbeitsverhältnis einschlägige Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber, der für seine Planungen eine längere Frist benötigte, mag nach § 148 BGB eine Frist setzen.
3. Danach ist die Wertung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe das Änderungsangebot mit Schreiben vom 21. März 2000 rechtzeitig angenommen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit das Landesarbeitsgericht nach den Umständen des Einzelfalles davon ausgegangen ist, das Schreiben vom 21. März 2000 stelle eine rechtzeitige Annahme dar, hat es die wesentlichen Umstände des Einzelfalls zutreffend berücksichtigt und seine abschließende Bewertung hält sich im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz. Auch die weiteren Umstände, auf die das Landesarbeitsgericht nicht ausdrücklich abgestellt hat, sprechen für eine Rechtzeitigkeit der Annahmeerklärung.
a) Die Änderungskündigung berührte die Interessen des Klägers ganz erheblich. Dies war schon der Fall, weil es ua. um eine Beendigung des langjährigen Arbeitsverhältnisses bei dem Beklagten ging und der Kläger als Spezialist nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben mußte, in angemessener Zeit eine neue Arbeit zu finden. Auch die Änderung der Arbeitsbedingungen als solche war einschneidend, da sie einen Umzug des Klägers an einen weiter entfernten Arbeitsort beinhaltete. Hinzu kam, daß der Kläger bei dem Beklagten nur in einem Teilzeitarbeitsverhältnis stand, seine finanzielle Absicherung bei einem Verlust des Prozesses gegen die I GmbH also möglicherweise einen Umzug nach B nur schwer finanzierbar scheinen ließ. Alle diese dem Beklagten bekannten Umstände sprachen dafür, daß der Beklagte keine all zu schnelle Entscheidung des Klägers erwarten durfte, sondern kraft der ihm obliegenden Fürsorgepflicht gehalten war, dem Kläger eine längere Überlegungsfrist einzuräumen.
b) Zu Recht stellt das Landesarbeitsgericht auch darauf ab, daß sich die Vorgespräche der Parteien über eine Vertragsänderung längere Zeit hinzogen und der Kläger in dem Verfahren gegen die I GmbH, bei dem der Beklagte zumindest an Vergleichsgesprächen beteiligt war, seine Bereitschaft bekundet hatte, nach Berlin umzuziehen. Angesichts dieser Vorgeschichte konnte der Beklagte nicht erwarten, der Kläger werde das ihm mit Schreiben vom 30. November 1999 nunmehr erstmals konkret gemachte Angebot einer Vertragsänderung, die erst sieben Monate später wirksam werden sollte, innerhalb weniger Wochen annehmen.
c) Entscheidend kommt hinzu – hierin ist dem Landesarbeitsgericht ebenfalls zu folgen -, daß der Beklagte die Kündigung ca. vier Monate vor dem Termin ausgesprochen hat, an dem unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist noch eine Kündigung zum 30. Juni 2000 möglich gewesen wäre. Hätte der Beklagte, was nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht der Fall war, ein besonderes Interesse an einer schnellen Entscheidung des Klägers über das Änderungsangebot gehabt, so hätte er dem Kläger gemäß § 148 BGB eine entsprechende Frist setzen müssen. Ohne eine solche Fristsetzung konnte der Kläger nach den regelmäßigen Umständen erwarten, daß seine Annahme des Angebots mit Schreiben vom 21. März 2000, also vor dem Termin, zu dem der Beklagte noch zum 30. Juni 2000 hätte kündigen können, rechtzeitig erfolgt ist.