Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Az: 11 Sa 569/11
Urteil vom 02.02.2012
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 18.08.2011, Az. 5 Ca 356/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Verfahren über Zahlungsansprüche des Klägers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger, portugiesischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Portugal, war vom 24.07.2009 bis 31.03.2011 bei der Beklagten als Kraftfahrer im internationalen Transportwesen zu einer Bruttomonatsvergütung von 900,– EUR beschäftigt. Er ist der deutschen Sprache nicht mächtig.
Nachdem die Verhandlungen über die Vertragsinhalte in portugiesischer Sprache geführt worden waren, wurde dem Kläger ein Formulararbeitsvertrag in deutscher Sprache vorgelegt. Er unterzeichnete den Vertrag vom 24.07.2009, ohne zuvor eine Übersetzung des Vertrags in die portugiesische Sprache erbeten zu haben.
Der Formulararbeitsvertrag vom 24.07.2009 beinhaltet folgende Regelungen:
§ 4 Vergütung
…
Die Vergütung ist jeweils am letzten des Monats fällig.
§ 12 Ausschlussfristen
Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb eines Monats nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.
…
Im August 2010 stellte die Beklagte einen weiteren portugiesischen Arbeitnehmer in Anwesenheit des Klägers ein. Auf Wunsch des Arbeitnehmers fertigte der Buchhalter der Beklagten mit Hilfe eines Übersetzungsprogramms eine Übersetzung des Vertrags in die portugiesische Sprache. Der Kläger besprach diesen Vertrag sodann mit dem Arbeitnehmer.
Mit Schreiben vom 13.04.2011 machte der Kläger außergerichtlich gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Arbeitsvergütung für den Zeitraum von Dezember 2010 bis März 2011 und Reisekostenpauschale für 14 Reisen in Höhe von 2.980,– EUR in den Monaten April bis Dezember 2010 und Januar bis März 2011 geltend.
Am 12.05.2011 hat der Kläger Zahlungsklage erhoben.
Er begehrte zuletzt erstinstanzlich die Zahlung der Arbeitsvergütung für den Monat Dezember 2010 in Höhe von 900,– EUR brutto sowie die Zahlung von Fahrtkostenpauschalen in einer Gesamthöhe von 3.870,– EUR netto aus dem Zeitraum März 2010 bis September 2010.
Der Kläger hat vorgetragen, dass er seine Ansprüche erstmals mit Schreiben vom 28.02.2011 gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe. Der Beklagten sei es verwehrt, sich auf die arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen zu berufen. Zur wirksamen Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag sei es erforderlich, dass die andere Vertragspartei vom Inhalt der Klauseln in zumutbarer Weise Kenntnis nehmen könne. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, da allen Beteiligten bekannt gewesen sei, dass er der deutschen Sprache nicht mächtig sei. Er habe die fragliche Klausel nicht verstanden und sie nicht zur Kenntnis nehmen können.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 900,– EUR brutto für den Monat Dezember 2010 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2011 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.870,– EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 31.03.2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage unter Hinweis auf die wirksam vereinbarte 1. Stufe der Ausschlussfrist in § 12 des Arbeitsvertrags abgewiesen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass er der deutschen Sprache nicht mächtig sei und den Inhalt des Arbeitsvertrags, insbesondere von § 12, bei seiner Unterzeichnung nicht verstanden habe. Es falle in seinen Risikobereich, dass er sich den Vertrag vor der Unterzeichnung nicht habe übersetzen lassen.
Das Urteil wurde dem Kläger am 09.09.2011 zugestellt. Er hat am Montag, den 10.10.2011 hiergegen Berufung eingelegt und die Berufung mit Schriftsatz vom 09.11.2011, eingegangen am selben Tag per Telefax, begründet.
Mit dem genannten Schriftsatz, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 107 ff. d.A.), macht der Kläger zur Begründung seiner Berufung im Wesentlichen geltend:
Das Arbeitsgericht habe versäumt zu prüfen, ob die AGB der Beklagten wirksam in den Vertrag einbezogen worden seien. Für die wirksame Einbeziehung sei es erforderlich, dass die andere Vertragspartei vom Inhalt der Klauseln in zumutbarer Weise Kenntnis nehmen kann. Hier hätte für den Kläger ein verständlicher Hinweis auf die AGB in der Verhandlungssprache portugiesisch erfolgen müssen, da er der deutschen Sprache nicht mächtig sei. Die 1. Stufe der Ausschlussfrist sei durch ihn gewahrt worden durch monatliche Vorlage der von ihm schriftlich abgefassten Reisekostenabrechnungen, vgl. Anlage K 7 bis K 12, Bl. 49 ff d.A..
Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern – Auswärtige Kammern Pirmasens – vom 18.08.2011, Az:. 5 Ca 356/11 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 900,– EUR brutto für den Monat Dezember 2010 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2011 zu zahlen, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.870,– EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 31.03.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger ein Vertragsexemplar in seiner Muttersprache auszuhändigen.
Ergänzend wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Insbesondere wurde die Berufungseinlegungsfrist gewahrt. Die Frist lief nach Zustellung des Urteils am 09.09.2011 bis zum 09.10.2011. Da der 09.10.2011 jedoch ein Sonntag war, endete die Frist gemäß § 222 Abs. 2 ZPO mit dem Ablauf des nächsten Werktages, also dem 10.10.2011.
Die Berufung ist somit zulässig.
II. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage zu recht abgewiesen. Etwaige Zahlungsansprüche des Klägers sind aufgrund der im Arbeitsvertrag unter
§ 12 wirksam vereinbarten 1. Stufe der Ausschlussfrist verfallen.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist hier nicht zu prüfen, ob die Regelung zur Ausschlussfrist gemäß § 305 BGB wirksam in den Vertrag einbezogen worden ist.
a) § 305 BGB regelt die Einbeziehung allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag. Gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB werden allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei erkennbar auf diese hinweist und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Diese Regelung kommt jedoch nach § 310 Abs. 4 S. 2 BGB bei Arbeitsverträgen nicht zur Anwendung. Der Gesetzgeber hat kein Bedürfnis für eine Einbeziehungskontrolle gesehen aufgrund der bereits bestehenden Verpflichtungen des Arbeitgebers aus § 2 NachwG, die wesentlichen Vertragsbestimmungen schriftlich auszuhändigen (BT-Ds. 14/6857, S. 54). Wegen dieser klaren gesetzgeberischen Entscheidung scheidet auch eine analoge Anwendung des § 305 Abs. 2 BGB aus. Die Einbeziehung von AGB in den Arbeitsvertrag richtet sich daher allein nach §§ 145 ff BGB (Erfurter Kommentar-Preis, 11. Aufl., BGB §§ 305-310 Rn. 28; LAG Niedersachsen 18.03.2005 – 10 Sa 1990/04 – zitiert nach juris, Rn. 32). Es genügt jede, auch stillschweigende Willensübereinkunft.
2. Durch seine Unterschrift unter das Vertragsformular hat der Kläger das Angebot der Beklagten zum Abschluss eines Arbeitsvertrages unter den in diesem Formular geregelten Bedingungen einschließlich der Ausschlussfrist vorbehaltlos angenommen. Die Ausschlussfristenregelung ist daher Vertragsbestandteil geworden.
Auch wenn der Kläger der deutschen Sprache nicht mächtig ist und die Vertragsbedingungen einschließlich der Ausschlussfrist zum damaligen Zeitpunkt nicht verstanden hat, war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger vor seiner Unterzeichnung eine portugiesische Übersetzung des Vertrages zukommen zu lassen.
a) Es besteht keine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag unaufgefordert in die Muttersprache des Arbeitnehmers zu übersetzen (Hessisches LAG, 11.09.1986 – 9 Sa 421/86 – zitiert nach juris). Eine generelle Übersetzungspflicht für Schriftstücke, die von fremdsprachlichen Arbeitnehmern unterzeichnet werden sollen, ist dem geltenden Recht nicht zu entnehmen (Hessisches LAG, 01.04.2003 – 13 Sa 1240/02 – zitiert nach juris, Rn. 47).
Dies gilt insbesondere, wenn sich die Vertragsparteien auf die deutsche Sprache als Verhandlungs- und Vertragssprache einigen (LAG Niedersachsen aaO. Rn. 34; BGH 10.03.1983 – VII ZR 302/82 – BGHZ 87, 112). Lässt sich der ausländische Partner hierauf ein, so akzeptiert er damit den gesamten deutschsprachigen Vertragsinhalt einschließlich der zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Es ist ihm zuzumuten, sich vor Abschluss des Vertrags selbst die erforderliche Übersetzung zu beschaffen. Anderenfalls muss er den nicht zur Kenntnis genommenen Text der Geschäftsbedingungen gegen sich gelten lassen.
b) Die Besonderheit des vorliegenden Verfahrens besteht darin, dass die Parteien die Vertragsverhandlungen in der portugiesischen Sprache geführt haben. Insofern war dem Arbeitgeber von vornherein erkennbar, dass der Kläger der deutschen Sprache nicht bzw. nicht hinreichend mächtig ist. Aus dieser Kenntnis des Arbeitgebers lässt sich jedoch nach Auffassung der erkennenden Kammer keine besondere Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ableiten, den schriftlichen Arbeitsvertrag in der Verhandlungssprache vorlegen zu müssen.
aa) Bei der Anbahnung eines Vertrages hat eine Partei dem anderen Teil nur diejenigen entscheidungserheblichen Umstände mitzuteilen, über die dieser eine Aufklärung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr (§ 242 BGB) redlicherweise erwarten darf. Danach besteht keine regelmäßige Pflicht einer Partei, von sich aus – ungefragt – einen anderen vor oder bei Vertragsschluss über das damit verbundene Risiko zu unterrichten. Jedermann darf grundsätzlich davon ausgehen, dass sich sein künftiger Vertragspartner selbst über die Umstände, die für seine Vertragsentscheidung maßgeblich sind, sowie über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft hat. Es ist im allgemeinen nicht rechtliche Aufgabe des Vertragsgegners, gegenüber dem anderen Teil die Nachteile und Gefahren zu verdeutlichen, die mit den Pflichten aus dem beabsichtigten Vertrag verbunden sind, und diese bei einem gegenseitigen Vertrag gegen die Vorteile abzuwägen. Nur ausnahmsweise kann eine Aufklärungs- und Warnpflicht nach Treu und Glauben dann bestehen, wenn wegen besonderer Umstände des Einzelfalles davon auszugehen ist, dass der künftige Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH 15.04.1997 – IX ZR 112/96 – zitiert nach juris, Rn. 25).
bb) Hier hatte die Vorlage eines schriftlichen Vertrags für den Kläger eine Warnfunktion. Er konnte erkennen, dass von ihm eine rechtserhebliche Erklärung verlangt wird. Gerade weil die Vertragsverhandlungen in portugiesisch geführt wurden, konnte er sich in seiner Muttersprache verhandlungssicher ausdrücken und seine Vorstellungen und Wünsche verständlich formulieren. Insofern ist es unangebracht, den des Deutschen gar nicht mächtigen Arbeitnehmer besser zu stellen als einen Arbeitnehmer, der sich ohne hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache auf eine Verhandlung in deutsch eingelassen hat. Der Kläger hatte hier ohne Weiteres die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass die bisherigen Verhandlungen in portugiesisch geführt worden sind, weil er der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Er hätte den Vertrag mitnehmen können, um ihn sich von einer Person seines Vertrauens übersetzen zu lassen, oder er hätte gleich den Arbeitgeber um ein übersetztes Exemplar des Vertrags bitten können. Von diesen beiden Möglichkeiten machte der Kläger keinen Gebrauch. Hierfür hat er die Verantwortung zu tragen. Das Unterzeichnen des Vertrags in Unkenntnis seines Inhalts fällt in den Risikobereich des Klägers. Er muss sich so behandeln lassen wie eine Person, die einen Vertrag ungelesen unterschreibt. Der Vertrag ist wirksam.
3. Die Ausschlussfrist in § 12 des Arbeitsvertrags stellt keine überraschende Klausel im Sinne des § 305 c BGB dar.
a) Nach § 305 c BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders nicht mit ihnen zu rechnen braucht, nicht zum Vertragsbestandteil.
b) Die Vereinbarung einer Ausschlussfrist in einem Arbeitsvertrag ist im Arbeitsleben weit verbreitet. Deshalb hat jeder Arbeitnehmer grundsätzlich damit zu rechnen, dass ein vom Arbeitgeber vorgefertigtes Regelwerk, welches Bestandteil seines Arbeitsverhältnisses werden soll, eine solche Verfallklausel beinhaltet (BAG, 13.12.2000 – 10 AZR 168/00 – AP Nr. 2 zu § 241 BGB).
4. Die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Verfallklausel hält auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB iVm. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stand. Sie benachteiligt den Kläger nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (28.09.2005 – 5 AZR 52/05 – BAGE 116, 66) ist eine Frist für die schriftliche Geltendmachung von weniger als drei Monaten im Rahmen einer einzelvertraglichen Ausschlussfrist unangemessen kurz. Diese Grenze wird in § 12 Absatz 1 des Arbeitsvertrages gewahrt.
5. Die Verfallklausel in § 12 Absatz 2 des Arbeitsvertrages ist hingegen rechts-unwirksam.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können zweistufige Ausschlussklauseln in Formulararbeitsverträgen vereinbart werden. Die Mindestfrist für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche beträgt aber gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 Nr. 1 BGB drei Monate (BAG 25.05.2005 – 5 AZR 572/04 – BAGE 115, 19).
b) Nach § 12 Abs. 2 des Arbeitsvertrages verfällt der Anspruch bereits, wenn er nicht innerhalb von zwei Monaten nach Ablehnung oder nach Ablauf der Erklärungsfrist von 1 Monat nach der Geltendmachung gerichtlich geltend gemacht wird. Eine solche Klagefrist ist mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts nicht vereinbar und benachteiligt den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen. Die Unwirksamkeit der zweiten Stufe der Ausschlussklausel führt nach § 306 Abs. 1 und 2 BGB zu ihrem ersatzlosen Wegfall bei Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages im Übrigen.
c) Damit wird nicht die gesamte Verfallklausel in § 12 des Arbeitsvertrages unwirksam. Diese ist teilbar.
aa) Die Teilbarkeit der Klausel ist mittels einer Streichung des unwirksamen Teils mit einem „blauen Stift“ zu ermitteln (blue-pencil-test; BAG 21.04.2005 – 8 AZR 425/04 – AP BGB § 307 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 3). Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthält (BAG 11.04.2006 – 9 AZR 610/05 – BAGE 118, 36) und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene AGB-Bestimmungen.
bb) Die erste und die zweite Stufe der Ausschlussklausel in § 12 des Arbeitsvertrages sind inhaltlich getrennt. Dies kommt sprachlich darin zum Ausdruck, dass beide Stufen in getrennten Absätzen geregelt sind. Die beiden Absätze enthalten jeweils eigenständige sachliche Regelungen. Abs. 2 kann gestrichen werden, ohne dass Abs. 1 hiervon in seinem Regelungsgehalt berührt wird. § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages bleibt bei einer Streichung des nachfolgenden Absatzes äußerlich und inhaltlich unverändert und behält seine Selbständigkeit und seinen spezifischen Zweck. Einstufige Ausschlussfristen sind in der Praxis des Arbeitslebens auch weit verbreitet und kommen häufig in Formulararbeitsverträgen vor.
6. Der Kläger hat die im Prozess geltend gemachten Ansprüche auf die Arbeitsvergütung für den Monat Dezember 2010 sowie Reisekostenpauschalen für den Zeitraum von März bis September 2010 erstmals mit Schreiben seiner Anwältin vom 13.04.2011 geltend gemacht.
a) Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, durch die monatlich von ihm eingereichten Belege über die durchgeführten Fahrten habe er die Ausschlussfrist des § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrags gewahrt, kann ihm nicht gefolgt werden. Bei den Anlagen K 7 bis K 12, Bl. 49 ff d.A., handelt es sich nicht um Spesenabrechnungen, mit denen die Zahlung eines bestimmten Betrags vom Arbeitgeber verlangt wird, sondern lediglich um Aufstellungen über die durchgeführten Fahrten und Fahrzeiten. Hiermit hat er den Arbeitgeber nicht zur Erfüllung des Anspruchs aufgefordert.
b) Im Hinblick auf das vom Kläger vorgelegte Forderungsschreiben vom 28.02.2011, Bl. 44 d.A., ist bereits fraglich, ob dieses tatsächlich für die Beklagte bestimmt war. Denn es trägt am unteren Rand die Bezeichnung einer anderen Firma. Jedenfalls hat der Kläger den Zugang dieses Schreibens bei der Beklagten nicht unter Beweis stellen können.
7. Zum Zeitpunkt der außergerichtlichen Geltendmachung mit Schreiben vom 13.04.2011 waren sämtliche streitgegenständlichen Forderungen bereits verfallen.
Bei der geltend gemachten Vergütung für den Monat Dezember 2010 handelt es sich um die jüngste Forderung des Klägers. Diese Vergütung war nach § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags am letzten des Monats fällig geworden, also am 31.12.2010. Daher hätte die Forderung spätestens zum 31.03.2011 schriftlich gegenüber der Beklagten erhoben werden müssen.
III. Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) zuzulassen. Auf die anliegende Rechtsmittelbelehrung wird hingewiesen.