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Fristlose Kündigungsgründe außerhalb des Arbeitsverhältnisses

Bundesarbeitsgericht

Az: 2 AZR 483/07

Urteil vom 23.10.2008


In Sachen hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2008 für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. Dezember 2006 – 13 Sa 627/06 – aufgehoben, soweit das Landesarbeitsgericht den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und über die Kosten entschieden hat.

In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 13. August 2005, einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung vom 18. August 2005 sowie über einen Auflösungsantrag der Arbeitgeberin.

Die am 22. Dezember 1966 geborene Klägerin ist seit 1993 für die Beklagte tätig. Sie war zunächst Praktikantin, dann freie Mitarbeiterin und Volontärin. Seit dem 1. März 2000 war sie als Redakteurin bei der von der Beklagten herausgegebenen F R beschäftigt und zuletzt gegen ein Bruttomonatsgehalt von 2.900,00 Euro als stellvertretende Ressortleiterin der Wochenendbeilage „M“ tätig. Das M veröffentlicht ua. Beiträge über Erziehungsfragen.

Die Klägerin hat sich arbeitsvertraglich zur Einhaltung der „Richtlinien für die grundsätzliche Haltung der Zeitung“ verpflichtet, die ua. vorsehen:

„… (Die FR) weiß sich dem Geist des Grundgesetzes, vor allem den Grund- und Freiheitsrechten, wie überhaupt den allgemeinen Menschenrechten verpflichtet.“;

„Sie will durch ihr Wirken dazu beitragen, der Freiheit und der Würde des einzelnen Menschen in einer sich wandelnden Umwelt ein Höchstmaß an Geltung zu verschaffen.“;

„Gewalt muss nach ihrer Grundhaltung im persönlichen, gesellschaftlichen und zwischenstaatlichen Bereich auf das Recht der Notwehr beschränkt bleiben.“

Die Klägerin ist Mutter zweier Töchter. Am Morgen des 3. Juli 2004 sprang ihre 12-jährige Tochter L in suizidaler Absicht aus dem Fenster der Wohnung des fünften Stocks. Sie überlebte schwerverletzt. Gegen den Lebensgefährten der Klägerin wurde ein Ermittlungsverfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern eingeleitet und später das Strafverfahren eröffnet. Im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Lebensgefährten war die Klägerin als Zeugin vernommen worden. Ihre Aussagen sollten ihren Lebensgefährten entlasten. Auch gegen die Klägerin wurde im Herbst 2004 ua. wegen des Verdachts der Misshandlung Schutzbefohlener ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Im Januar 2005 erhielt die Beklagte einen anonymen Brief, der auf diese Geschehnisse hinwies. Die Beklagte führte am 14. Januar 2005 ein Gespräch mit der Klägerin.

Nach einer Presseveröffentlichung über den Fall am 14. Mai 2005 im Spiegel fand am 17. Mai 2005 eine „Krisenrunde“ bei der Beklagten unter Beteiligung der Klägerin statt. Die Beklagte beschloss, in der FR selbst – allerdings nicht durch eigene Redakteure, sondern durch Übernahme von Berichten der Deutschen Presseagentur – über den Fall zu berichten. Dies wurde der Klägerin noch am selben Tag mitgeteilt.

Mit Schreiben vom 19. Mai 2005 stellte die Beklagte die Klägerin für zunächst acht Wochen von der Arbeit frei. Eine gleichzeitige Bitte der Beklagten, ihr Einsicht in die Akten des gegen die Klägerin geführten Ermittlungsverfahrens zu gewähren, wies die Klägerin mit Schreiben vom 25. Mai 2005 zurück und verlangte ihre Beschäftigung.

Am 20. Mai 2005 berichtete die Beklagte in der FR über den Fall. Die Klägerin reagierte mit einer Gegendarstellung in der FR vom 28. Mai 2005.

In dem Strafverfahren verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main den Lebensgefährten der Klägerin am 8. August 2005 wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass der Lebensgefährte die Tochter L vor ihrem Suizidversuch am 2. Juli 2004 oder in der Nacht zum 3. Juli 2004 sexuell missbraucht hatte. Bei der Urteilsverkündung erhob die Vorsitzende Richterin schwere Vorwürfe gegen die Klägerin. Darüber berichtete die Presse am Folgetag. Diese Berichte nahm die Beklagte zum Anlass, das Anhörungsverfahren zur Kündigung beim Betriebsrat einzuleiten.

Mit Schreiben vom 13. August 2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich fristlos und mit Schreiben vom 18. August 2005 hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2005.

Die Klägerin hat sich gegen diese Kündigungen gewandt und die Auffassung vertreten, es liege kein Kündigungsgrund vor. Sie habe keine arbeitsvertraglich relevanten Pflichten verletzt. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten Akteneinsicht in das gegen sie geführte Ermittlungsverfahren zu gewähren. Nachdem interne Bemühungen um eine Korrektur der falschen Tatsachenbehauptungen in der FR fehlgeschlagen seien, habe sie mit der Gegendarstellung nur von einem jedermann zustehenden Recht Gebrauch gemacht. Durch den Artikel in der FR sei sie von der Beklagten „geoutet“ worden. Erst durch den Artikel sei bekannt geworden, dass eine Redakteurin der FR betroffen sei. Im Übrigen habe ihr Lebensgefährte ihre Tochter nicht sexuell missbraucht, das Strafurteil beruhe auf einem Justizirrtum. Innerfamiliäre Probleme hätten nach einer verbalen Auseinandersetzung zu einer Kurzschlusshandlung der Tochter geführt. Die gegen sie gerichteten schweren Vorwürfe der Vorsitzenden Richterin bei der mündlichen Urteilsverkündung und in den schriftlichen Urteilsgründen im Strafverfahren des Lebensgefährten seien unzutreffend. Die angebliche Weigerung der Ressortleiter, mit ihr zusammenzuarbeiten, sei nicht nachvollziehbar; die Erklärungen seien vom Chefredakteur veranlasst worden. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Sie bestreite die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 13. August 2005 noch durch die hilfsweise auch fristgemäß zum 31. Dezember 2005 erklärte Kündigung vom 18. August 2005 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat zuletzt beantragt, die Klage abzuweisen;

hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 20.000,00 EUR nebst fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Tag der Auflösung nicht überschreiten sollte, mit Wirkung zum 31. Dezember 2005 aufzulösen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien gerechtfertigt. Das Vertrauensverhältnis zur Klägerin sei durch die Ereignisse tiefgreifend zerrüttet. Durch ihr Verhalten habe die Klägerin die ihr als Tendenzträgerin obliegenden Loyalitätspflichten gravierend verletzt. Durch ihre Weigerung, der Beklagten Einsicht in die Ermittlungsakten zu gewähren, habe sie eine Überprüfung der gegen sie im Raum stehenden Vorwürfe verhindert. Sie habe gegen die eigene Zeitung eine Gegendarstellung erwirkt, ohne die Möglichkeit interner Abhilfe wahrzunehmen, die ihr angeboten worden sei. Erst durch die Gegendarstellung sei bekannt geworden, dass es sich um eine Redakteurin der FR handele. Durch diese Namensnennung habe sich die Klägerin erstmals selbst „geoutet“. Aufgrund der Vorkommnisse sei anzunehmen, die Klägerin werde auch in Zukunft ihre Loyalitätspflichten nicht einhalten. Die Feststellungen im Strafverfahren gegen ihren Lebensgefährten ließen auf umfangreiche Grundrechtsverletzungen auch der Klägerin zu Lasten ihrer Tochter schließen. Ihr Verhalten stehe damit in einem eklatanten Widerspruch zur Tendenz der FR, der die Klägerin auch im privaten Bereich verpflichtet sei. Der Suizidversuch der Tochter habe auch Gründe in der Mutter-Kind-Beziehung. Da es zu den Aufgaben der Klägerin gehöre, über Erziehungsfragen zu schreiben und zu berichten, sei ihr Verhalten nicht hinnehmbar. Dies gelte umso mehr als ein Missbrauchsfall diesen Ausmaßes öffentlich bekannt geworden sei und nunmehr mit der FR in Verbindung gebracht werde. Das Ansehen der Beklagten in der Öffentlichkeit sei auf das Schwerste beschädigt. Leser der FR hätten angekündigt, bei einer Weiterbeschäftigung der Klägerin ihre Abonnements zu kündigen. Betriebsintern gebe es Vorbehalte gegen die Klägerin. Die Ressortleiter der Redaktionen weigerten sich, mit der Klägerin in Zukunft zusammenzuarbeiten. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten. Der Betriebsrat sei umfassend und ordnungsgemäß angehört worden.

Das Arbeitsverhältnis sei hilfsweise gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen. Das Vertrauen in die Klägerin sei zerstört. Aufgrund der gestörten Kommunikation innerhalb der Redaktion sei eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit nicht mehr zu erwarten.

Die Klägerin beantragt, den Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuweisen.

Sie meint, der Auflösungsantrag sei unbegründet. Die vorgetragenen Gründe rechtfertigten eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht.

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage der Klägerin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten ebenso wie den erstmals in der zweiten Instanz gestellten Auflösungsantrag zurückgewiesen. Mit der auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten vom Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung hin zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag, hilfsweise ihren Auflösungsantrag, weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat nur teilweise Erfolg.

Sie ist begründet, soweit ihr Auflösungsantrag zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es liege weder ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung noch ein Grund für eine ordentliche Kündigung vor. Die Klägerin sei auch als Tendenzträgerin nicht verpflichtet gewesen, der Beklagten Einsicht in die Ermittlungsakten zu gewähren. Aus dem Ermittlungsverfahren ergebe sich weder eine strafrechtliche Schuld der Klägerin noch ein kündigungsrelevantes tendenzwidriges Verhalten. Die Unschuldsvermutung gelte bis zur rechtskräftigen Verurteilung. Mit ihrer Gegendarstellung habe die Klägerin nur von einem ihr gemäß § 10 HPresseG zustehenden Recht Gebrauch gemacht. Eine darauf gestützte Kündigung sei eine unzulässige Maßregelung. Andere kündigungsrelevante Pflichtverletzungen seien nicht feststellbar. Aus dem außerdienstlichen Verhalten der Klägerin ergebe sich kein Kündigungsgrund. Zwar verkenne die Berufungskammer nicht die tragische Verstrickung der Klägerin in die Leiden ihrer Töchter und erscheine ihr Verhalten als Mutter unverständlich und erschreckend. Aber selbst wenn deshalb das Arbeitsverhältnis und dessen Tendenzorientierung berührt würde, fehle es, solange eine Schuld der Klägerin nicht feststehe, an Anhaltspunkten für eine konkrete Störung der betrieblichen Interessen. Eine tendenzwidrige Einstellung der Klägerin, etwa zu Fragen der Erziehung und des Schutzes von Kindern vor sexuellen Übergriffen, sei schließlich nicht sicher auszumachen, sondern allenfalls spekulativ zu vermuten.

Der Auflösungsantrag der Beklagten sei unbegründet. Soweit die Ressortleiter und andere Mitarbeiter tatsächlich eine Zusammenarbeit verweigert hätten, habe die Beklagte nicht dargelegt, was sie versucht habe, um mäßigend auf diese Mitarbeiter einzuwirken.

B. Dem kann der Senat nur teilweise, nämlich soweit es die Kündigungsschutzanträge betrifft, folgen.

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass weder die außerordentliche fristlose Kündigung vom 13. August 2005 noch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 18. August 2005 das Arbeitsverhältnis rechtswirksam beendet haben. Den Auflösungsantrag der Beklagten durfte das Landesarbeitsgericht hingegen nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen. Ob der Auflösungsantrag begründet ist, kann der Senat aber nicht abschließend entscheiden. Deshalb war die Berufungsentscheidung insoweit aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

I. Das Landesarbeitsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 13. August 2005 noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 18. August 2005 rechtswirksam beendet worden ist.

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund darstellt, vollzieht sich zweistufig: Im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., etwa Senat 7. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 – BAGE 115, 195 mwN; KR/Fischermeier 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 84).

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Da der Begriff des wichtigen Grundes in § 626 Abs. 1 BGB ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, kann seine Anwendung durch die Tatsachengerichte im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände, die für oder gegen die außerordentliche Kündigung sprechen, widerspruchsfrei beachtet hat (st. Rspr., etwa Senat 21. Juni 1995 – 2 ABR 28/94 – BAGE 80, 185; 6. September 2007 – 2 AZR 722/06 – AP KSchG 1969 § 4 Nr. 62 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 29).

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Urteil des Landesarbeitsgerichts stand.

a) Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, durch ihre Weigerung, der Beklagten einen Einblick in die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten zu ermöglichen, verletze die Klägerin keine arbeitsvertraglichen Pflichten, die eine außerordentliche fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen konnten, ist nicht zu beanstanden. Eine solche arbeitsvertragliche Nebenpflicht der Klägerin besteht nicht.

aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die Bitte der Beklagten, die Klägerin möge ihr „Einsicht in Ihre Ermittlungsakte“ bzw. „einen aktuellen Aktenauszug“ geben, überhaupt in rechtlich zulässiger Weise ohne Weiteres erfüllen konnte.

Sie hätte die ihr zum Zwecke der Verteidigung im Strafverfahren vorliegenden Ablichtungen der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte nur dann an die Beklagte weitergeben dürfen, wenn diese selbst ein Auskunfts- bzw. Akteneinsichtsrecht nach § 475 StPO gehabt und die Staatsanwaltschaft einer Weitergabe zugestimmt hätte. Dass diese Voraussetzungen gegeben waren, ist nicht ersichtlich.

bb) Selbst wenn der Klägerin eine Weitergabe von Ablichtungen aus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte möglich gewesen wäre, hätte gleichwohl keine arbeitsvertragliche (Neben-)Pflicht der Klägerin bestanden, der Beklagten die gewünschten Informationen zu geben.

(1) Erfährt der Arbeitgeber von Vorwürfen gegen einen Arbeitnehmer, die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben können, und konfrontiert er ihn damit, kann der Arbeitnehmer sich auf diese substanziiert einlassen und aktiv an der Aufklärung mitwirken oder schweigen. Dies gilt schon im Rahmen einer – notwendigen – Anhörung vor Ausspruch einer beabsichtigten Verdachtskündigung, erst recht aber, wenn der Arbeitgeber – ohne Kündigungsabsicht – sich um Klärung einer durch einen anonymen Brief und durch Presseberichte entstandenen Vermutung einer möglichen Pflichtverletzung bemüht. Verweigert der Arbeitnehmer eine aktive Beteiligung hieran, kann dies zwar den Schluss rechtfertigen, er sei an einer Aufklärung des gegen ihn gerichteten Verdachts und der Beseitigung des daraus resultierenden Vertrauenswegfalls nicht interessiert. Der Arbeitgeber kann dann weitere Aufklärungsbemühungen durch Befragen des Arbeitnehmers ggf. einstellen (vgl. Senat 13. September 1995 – 2 AZR 587/94 – BAGE 81, 27). Das bedeutet aber nicht, dass die fehlende Mitwirkung selbst die Kündigung rechtfertigen kann. Der Arbeitnehmer muss sich weder selbst belasten (vgl. Ebeling Die Kündigung wegen Verdachts S. 173 f.; Fischer BB 2003, 522), noch kann er gezwungen werden, dem Arbeitgeber Tatsachenmaterial zu liefern, um dessen Kündigung „schlüssig“ zu machen (vgl. Ebeling Die Kündigung wegen Verdachts S. 174). Durch eine solche unterlassene Mitwirkung verletzt der Arbeitnehmer keine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Der Arbeitgeber, der mit eigenen Mitteln nicht in der Lage ist, gegen einen Arbeitnehmer erhobene Vorwürfe selbst weiter aufzuklären, vor allem wenn sie sich auf den außerdienstlichen Bereich beziehen, wird dadurch nicht schutzlos gestellt. Er kann bei berechtigtem Interesse über § 475 StPO Auskünfte aus einem laufenden Strafverfahren erlangen.

(2) Dem Ergebnis steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die Frage an einen Arbeitnehmer nach einem laufenden Ermittlungsverfahren – unter eingeschränkten Voraussetzungen – für zulässig erachtet wird (vgl. Senat 20. Mai 1999 – 2 AZR 320/98 – BAGE 91, 349; BAG 27. Juli 2005 – 7 AZR 508/04 – BAGE 115, 296). Die Tatsache des Ermittlungsverfahrens gegen die Klägerin war der Beklagten bekannt. Weitergehende „Pflichten“ bestanden jedoch nicht.

cc) Weitergehende Mitteilungs- oder Aufklärungspflichten hatte die Klägerin auch nicht deshalb, weil sie Redakteurin und stellvertretende Ressortleiterin des „M“ der FR und damit Tendenzträgerin (vgl. BAG 19. Mai 1981 – 1 ABR 39/79 – BAGE 35, 289) in einem Tendenzbetrieb iSd. § 118 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 BetrVG ist.

(1) Grundsätzlich hat die Stellung als Tendenzträgerin Auswirkungen auf das arbeitsvertragliche Pflichtengefüge. Es bestehen gesteigerte Rücksichtnahmepflichten für einen Tendenzträger. Er ist insbesondere verpflichtet, sowohl bei seiner Arbeitsleistung als auch im außerbetrieblichen Bereich nicht gegen die Tendenz, dh. die grundsätzlichen Zielsetzungen des Unternehmens, zu verstoßen (vgl. Senat 28. August 2003 – 2 ABR 48/02 – BAGE 107, 204; 6. Dezember 1979 – 2 AZR 1055/77 – BAGE 32, 214; KR/Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 75; APS/Dörner 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 852, 857 ff.; HaKo/Fiebig KSchG 3. Aufl. § 1 Rn. 405).

(2) Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Tendenz, insbesondere solchen, bei denen der Tendenzträger offensichtlich und erheblich gegen die der unternehmerischen Betätigung zugrunde liegenden Grundrechts- und Verfassungswerte verstößt und deshalb nicht mit einer entsprechenden Billigung seiner Handlungen und Äußerungen durch den Tendenzarbeitgeber rechnen kann, kann eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund – auch ohne Abmahnung – in Betracht kommen (Senat 28. August 2003 – 2 ABR 48/02 – BAGE 107, 204; vgl. auch KR/Fischermeier 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 121 ff.).

(3) In der Weigerung der Klägerin, die Ermittlungsakten offen zu legen, liegt aber für sich kein tendenzbezogener Pflichtenverstoß.

b) Das Landesarbeitsgericht hat weiter im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die von der Klägerin veranlasste Gegendarstellung den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung nicht rechtfertigen kann.

aa) Die Kündigung ist allerdings noch nicht als nach § 612a BGB unzulässige Maßregelung wegen der Ausübung eines Gegendarstellungsrechts unwirksam.

(1) Die Ausübung eines dem Arbeitnehmer grundsätzlich zustehenden Rechts kann unter bestimmten Voraussetzungen gleichwohl eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung beinhalten (vgl. Senat 3. Juli 2003 – 2 AZR 235/02 – BAGE 107, 36; KR/Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 427 ff.). Der Schutz des § 612a BGB greift nur bei einer zulässigen Rechtsausübung ein. Sie muss objektiv rechtmäßig sein (vgl. APS/Linck 3. Aufl. § 612a BGB Rn. 7; KR/Pfeiffer 8. Aufl. § 612a BGB Rn. 6, 9). Verletzt der Arbeitnehmer mit seiner Rechtsausübung arbeitsvertragliche Pflichten, ist § 612a BGB nicht einschlägig.

(2) Auch muss die zulässige Rechtsausübung für die benachteiligende Kündigung der tragende Beweggrund gewesen sein (vgl. Senat 16. September 2004 – 2 AZR 511/03 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 142 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 10 mwN; KR/Pfeiffer 8. Aufl. § 612a BGB Rn. 7; APS/Linck 3. Aufl. § 612a BGB Rn. 11).

(3) Der festgestellte Sachverhalt lässt jedoch keinen hinreichenden Schluss zu, ob die Ausübung des Gegendarstellungsrechts im Entscheidungsfall eine zulässige oder eine unzulässige Rechtsausübung war. Ferner ist nicht erkennbar, dass auch bei einer – unterstellten – zulässigen Rechtsausübung diese überhaupt der tragende Beweggrund für den Kündigungsausspruch war. Aufgrund der zeitlichen Abfolge scheint der Kündigungsauslöser vielmehr die Verkündung des Urteils im August 2005 gegen den Lebensgefährten der Klägerin zu sein.

bb) Gleichwohl rechtfertigt selbst für den Fall, dass die Klägerin nicht in zulässiger Weise von ihrem Gegendarstellungsrecht nach § 10 HPresseG Gebrauch gemacht und mit ihrer Rechtsausübung gegen ihre arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht verstoßen hätte, eine mögliche Pflichtverletzung eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne vorherige einschlägige Abmahnung nicht.

(1) Zu den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten iSd. § 241 Abs. 2 BGB gehört die Pflicht des Arbeitnehmers, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie im zumutbaren Umfang zu wahren. Die vertragliche Rücksichtnahmepflicht wird durch die Grundrechte näher ausgestaltet (Senat 3. Juli 2003 – 2 AZR 235/02 – BAGE 107, 36; 10. Oktober 2002 – 2 AZR 472/01 – BAGE 103, 111).

(2) Zwar nimmt ein Arbeitnehmer mit der Geltendmachung des Gegendarstellungsrechts nach § 10 HPresseG eine ihm von der Rechtsordnung eröffnete Möglichkeit wahr, auf eine Veröffentlichung in der Presse zu reagieren. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 HPresseG sind der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 HPresseG besteht die Pflicht zum Abdruck einer Gegendarstellung, wenn und soweit die betroffene Person ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung hat und die Gegendarstellung ihrem Umfang nach angemessen ist. Mit der Gegendarstellung wird der Schutz des von der Berichterstattung der Presse Betroffenen bezweckt und ein ausgleichendes Gegengewicht zur Gewährleistung der Pressefreiheit gewährt (vgl. Löffler/Ricker Handbuch des Presserechts 5. Aufl. S. 161 f. Rn. 1, 3; Löffler/Sedelmeier Presserecht 5. Aufl. § 11 LPG Rn. 22 mwN). Der Gegendarstellungsanspruch ist durch das aus Art. 1 und Art. 2 GG folgende allgemeine Persönlichkeitsrecht verfassungsrechtlich geboten. Er dient dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen über die Darstellung der eigenen Person als Teil seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG 14. Januar 1998 – 1 BvR 1861/93, 1 BvR 1864/96, 1 BvR 2073/97 – BVerfGE 97, 125; 8. Februar 1983 – 1 BvL 20/81 – BVerfGE 63, 131; Löffler/Ricker Handbuch des Presserechts 5. Aufl. S. 162 Rn. 3 mwN; Löffler/Sedelmeier Presserecht 5. Aufl. § 11 LPG Rn. 39 ff.).

(3) Allerdings ist verfassungsrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG auch die Unternehmerfreiheit des Arbeitgebers geschützt. Er darf sein Unternehmen frei gründen und führen (vgl. BVerfG 1. März 1979 – 1 BvR 532/77, 1 BvR 533/77, 1 BvR 419/78, 1 BvL 21/78 – BVerfGE 50, 290). Als deren Ausfluss hat der Arbeitgeber ein rechtlich geschütztes Interesse daran, nur mit solchen Arbeitnehmern zusammenzuarbeiten, die die Ziele des Unternehmens fördern und dieses vor Schäden bewahren (Senat 3. Juli 2003 – 2 AZR 235/02 – BAGE 107, 36). Bei Tendenzträgern in Tendenzunternehmen ist zusätzlich die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Pressefreiheit zu berücksichtigen. Zum Schutzbereich für Tendenzunternehmen gehört es, frei von fremder Einflussnahme über die Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der an der Verwirklichung der publizistischen Tendenz beteiligten Mitarbeiter entscheiden zu können und solche Arbeitsverhältnisse aus tendenzbezogenen Gründen beenden zu können (vgl. BVerfG 14. Januar 2008 – 1 BvR 273/03 -).

(4) Deshalb kann ein Tendenzträger seine vertraglichen Rücksichtnahmepflichten dadurch verletzen, dass er sich gegen eine Veröffentlichung in der Presse des eigenen Arbeitgebers mit einer Gegendarstellung wendet und sich diese als eine unverhältnismäßige Reaktion auf einen Pressebericht darstellt (vgl. für Strafanzeigen Senat 3. Juli 2003 – 2 AZR 235/02 – BAGE 107, 36). Indizien für eine unverhältnismäßige Reaktion aufgrund einer Gegendarstellung können sich aus einer fehlenden Berechtigung der Gegendarstellung oder wegen eines fehlenden zumutbaren innerbetrieblichen Abhilfeversuchs in Form eines Richtigstellungsverlangens ergeben (für Strafanzeigen vgl. Senat 3. Juli 2003 – 2 AZR 235/02 – aaO.). Unverhältnismäßig kann die Reaktion auch dann sein, wenn das Gegendarstellungsrecht dazu genutzt wird, tendenzwidrige Meinungen kundzugeben oder wissentlich oder leichtfertig die Veröffentlichung durch unwahre Tatsachenbehauptungen veranlasst wird. Eine solche Veröffentlichung würde bei einem Redakteur und Tendenzträger eine besonders gravierende Pflichtverletzung indizieren, da sie zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit des Arbeitgebers führen könnte.

(5) Dass die von der Klägerin in ihrer Gegendarstellung aufgestellten Tatsachenbehauptungen offenkundig unwahr sind, hat die Beklagte nicht dargelegt. Die Beklagte behauptet auch nicht, die Gegendarstellung der Klägerin enthalte wissentlich oder leichtfertig aufgestellte unwahre Tatsachen. Auch wird mit der Gegendarstellung keine tendenzwidrige Meinung kundgetan, beispielsweise indem Gewalt gegenüber Kindern gerechtfertigt würde. Die Gegendarstellung der Klägerin enthält allein konkrete Tatsachenbehauptungen.

(6) Die Klägerin hat schließlich auch nicht ihre vertragliche Rücksichtnahmepflicht dadurch verletzt, dass sie sich nicht vor der Veröffentlichung der Gegendarstellung um eine interne Abhilfe bemüht hat. Anders als in den sog. „Whistleblowing“-Fällen ist hier zunächst der Arbeitgeber selbst in die Öffentlichkeit getreten, indem er in seiner Zeitung einen Artikel über den Fall veröffentlicht hat. Danach wäre aber eine rein innerbetriebliche Abhilfe wirkungslos gewesen. Notwendig war vielmehr eine erneute Information der Öffentlichkeit. Dies kann entweder durch die Geltendmachung und Umsetzung des Gegendarstellungsrechts oder durch eine Richtigstellung des Publizisten, unabhängig von einem Verlangen des Betroffenen, erfolgen. Das Gegendarstellungsrecht ist aber einem Richtigstellungsverlangen grundsätzlich nicht subsidiär. Ihm kommt daher auch nicht zwingend ein Vorrang zu.

(7) Jedenfalls wäre selbst dann, wenn man ausnahmsweise die Klägerin als verpflichtet ansehen würde, vor Ausübung eines Gegendarstellungsrechts eine Richtigstellung innerbetrieblich zu verlangen, um daran anschließend eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht anzunehmen, diese gleichwohl wegen des Fehlens einer einschlägigen Abmahnung nicht geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

(a) Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist bei einerschwerwiegenden Vertragspflichtverletzung nur möglich, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen möglichen und angemessenen milderen Mittel erschöpft sind, das in der bisherigen Form belastete Arbeitsverhältnis aufgrund der eingetretenen Vertragsstörung in der Zukunft nicht mehr fortzusetzen.

Als milderes Mittel kommt insbesondere der Ausspruch einer Abmahnung in Betracht. Der grundsätzliche Vorrang der Abmahnung vor einer verhaltensbedingten Kündigung ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. § 314 Abs. 2 BGB). Die Abmahnung ist zudem notwendiger Bestandteil für die Anwendung des Prognoseprinzips (vgl. zuletzt etwa Senat 19. April 2007 – 2 AZR 180/06 – AP BGB § 174 Nr. 20).

(b) Eine vorherige Abmahnung ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht erwartet werden kann oder es sich um eine solch schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist, und bei der die Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (Senat 19. April 2007 – 2 AZR 180/06 – AP BGB § 174 Nr. 20; 10. Februar 1999 – 2 ABR 31/98 – BAGE 91, 30; 1. Juli 1999 – 2 AZR 676/98 – AP BBiG § 15 Nr. 11 = EzA BBiG § 15 Nr. 13).

(c) Im Entscheidungsfall kann nicht auf das Vorliegen einer Abmahnung verzichtet werden. Selbst wenn die Klägerin eine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht verletzt haben sollte, ist kein Grund ersichtlich, auf das Erfordernis einer Abmahnung zu verzichten. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Klägerin zukünftig eine innerbetriebliche Klärung vergleichbarer Vorkommnisse ablehnen würde.

(d) Auch liegt keine schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vor, deren Rechtswidrigkeit bzw. Nichthinnahme durch den Arbeitgeber offenkundig wäre. Die Klägerin hat ein nach § 10 Abs. 2 Satz 2 HPresseG unverzüglich geltend zu machendes Recht ausgeübt. Dass diese Rechtsausübung aufgrund arbeitsvertraglicher Nebenpflichten unter Umständen nicht zulässig sein und eine Pflichtverletzung bedeuten könnte, liegt gerade nicht auf der Hand.

c) Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ergibt sich auch nicht aus einem kündigungsrelevanten außerdienstlichen Verhalten der Klägerin.

Die der Klägerin vorgeworfenen Verfehlungen gegenüber ihren Kindern begründen keine erhebliche Vertragspflichtverletzung des Tendenzarbeitsverhältnisses.

aa) Das Verhalten eines Arbeitnehmers im privaten Lebensbereich steht grundsätzlich außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers. Nur in den Fällen, in denen sich das private Verhalten auf den betrieblichen Bereich auswirkt und dort zu Störungen führt, kann eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung ausnahmsweise vorliegen (vgl. Senat 16. September 2004 – 2 AZR 447/03 – AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5; KR/Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 450 ff.; APS/Dörner 3. Aufl. § 1 KSchG Rn. 327a ff.). Generell setzt die Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung durch außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses voraus (Senat 8. Juni 2000 – 2 AZR 638/99 – BAGE 95, 78 mwN; KR/Fischermeier 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 414). Berührt hingegen das außerdienstliche Verhalten den arbeitsvertraglichen Pflichtenkreis nicht, so ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, die ihm bekannt gewordenen Umstände aus der Privatsphäre des Arbeitnehmers durch den Ausspruch einer Kündigung zu missbilligen (Senat 16. September 2004 – 2 AZR 447/03 – aaO.).

bb) Ob eine betriebliche Auswirkung gegeben ist, bestimmt sich vor allem nach der Art des Arbeitsverhältnisses und der Tätigkeit des Arbeitnehmers. Dabei gelten für Tendenzträger in Tendenzbetrieben gesteigerte Anforderungen an das außerdienstliche Verhalten. Die Stellung als Tendenzträger hat Auswirkungen auf die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten. Ein Tendenzträger ist verpflichtet, sowohl bei der Arbeitsleistung als auch im außerdienstlichen Bereich nicht gegen die Tendenz des Unternehmens zu verstoßen (Senat 28. August 2003 – 2 ABR 48/02 – BAGE 107, 204; vgl. auch 6. Dezember 1979 – 2 AZR 1055/77 – BAGE 32, 214 mwN; KR/Griebeling 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 456). Ein Tendenzträger hat sich auch außerdienstlich solcher Äußerungen und Handlungen zu enthalten, die der Tendenz des Unternehmens nachhaltig zuwiderlaufen und damit betriebliche Interessen des Unternehmens erheblich berühren (vgl. Senat 28. August 2003 – 2 ABR 48/02 – aaO.; 6. Dezember 1979 – 2 AZR 1055/77 – aaO. mwN). Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die Tendenz, insbesondere solchen, bei denen der Tendenzträger offensichtlich und erheblich gegen die der unternehmerischen Betätigung zugrunde liegenden Grundrechts- und Verfassungswerte verstößt und deshalb nicht mit einer entsprechenden Billigung seiner Handlung durch den Tendenzarbeitgeber rechnen kann, kann ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ohne Abmahnung in Betracht kommen (Senat 28. August 2003 – 2 ABR 48/02 – aaO.). Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Tendenzträger gegenüber Dritten im außerdienstlichen Bereich Straftaten begeht, die der Tendenz des Unternehmens diametral entgegenstehen.

cc) Da sich die Klägerin aber weder in Äußerungen noch mit Handlungen feststellbar gegen die Tendenz der Beklagten gewandt hat, ist eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung nicht gegeben.

Zur Tendenz der Beklagten gehört nach den „Richtlinien für die grundsätzliche Haltung der Zeitung“ zwar auch die Ablehnung von Gewalt im persönlichen Bereich und die Verpflichtung der Mitarbeiter auf die Grund- und Freiheitsrechte sowie die allgemeinen Menschenrechte. Zu den höchsten Werten des Grundgesetzes gehört das nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht auf körperliche Unversehrtheit. Dementsprechend wäre eine gegen die körperliche Unversehrtheit begangene Straftat – oder auch deren ausdrückliche Rechtfertigung – im außerdienstlichen Bereich, wie sie der Klägerin als auch mit Erziehungsthemen befasster Redakteurin zum Nachteil ihrer Kinder zur Last gelegt werden, ein erheblicher Tendenz- und damit arbeitsvertraglicher Pflichtenverstoß.

Gegen diese Tendenz hat sich die Klägerin durch ihre Äußerungen, insbesondere durch die Gegendarstellung, oder durch andere Handlungen nicht gewandt. Auch steht nicht fest, dass die Klägerin die ihr in dem gegen sie gerichteten Ermittlungsverfahren vorgeworfenen Taten gegenüber ihren Kindern begangen hat. Sie hat diese Taten bestritten. Im gegen sie gerichteten Strafverfahren gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verfassungsrechtlich und in Art. 6 Abs. 2 EMRK verbürgte Unschuldsvermutung. Die beiläufigen Feststellungen bezüglich des Verhaltens der Klägerin im rechtskräftigen Strafurteil gegen ihren Lebensgefährten sind insoweit für das vorliegende Verfahren nicht tragfähig.

d) Die außerordentliche Kündigung ist auch nicht als Verdachtskündigung wirksam.

aa) Die Beklagte hat sich in keinem Stadium des Verfahrens auf eine Verdachtskündigung berufen. Sie hat im Gegenteil sogar in der Klageerwiderung ausdrücklich ausgeführt, die Kündigung werde nicht auf den Verdacht der jeweiligen Taten gestützt, sondern einzig und allein auf den Verlust des Vertrauens. Grundlegende Voraussetzung zur Prüfung einer Verdachtskündigung ist aber, dass der Arbeitgeber zumindest hilfsweise die Kündigung auf einen entsprechenden Verdacht gründet (vgl. Senat 26. März 1992 – 2 AZR 519/91 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 23 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4; 20. August 1997 – 2 AZR 620/96 – AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 27 = EzA BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7; HaKo/Gallner KSchG 3. Aufl. § 1 Rn. 600, 602).

bb) Im Übrigen sind auch die Voraussetzungen, die an eine wirksame Verdachtskündigung zu stellen sind, nicht erfüllt. Es fehlt insbesondere an einer ausdrücklichen Anhörung der Klägerin zu dem dringenden Verdacht einer konkreten außerdienstlichen Pflichtverletzung (zum Anhörungserfordernis als formelle Wirksamkeitsvoraussetzung: st. Rspr., vgl. etwa Senat 13. September 1995 – 2 AZR 587/94 – BAGE 81, 27).

e) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe keine Gesamtschau der erhobenen Vorwürfe vorgenommen und eine entsprechende Prüfung des wichtigen Grundes zur außerordentlichen fristlosen Kündigung durchgeführt (vgl. dazu Senat 13. Juni 2002 – 2 AZR 234/01 – BAGE 101, 341).

Zwar ist dem Urteil der Vorinstanz eine einheitliche Würdigung der geltend gemachten Kündigungsgründe nicht ausdrücklich zu entnehmen. Sie war vom Standpunkt des Landesarbeitsgerichts aber auch nicht erforderlich. Es liegt auch keine Mehrzahl von Pflichtverletzungen vor, die in ihrer Gesamtheit zu würdigen gewesen wäre. Die Weigerung, die Ermittlungsakten offen zu legen, stellt keine Pflichtverletzung dar, ebenso die Durchsetzung der Gegendarstellung.

II. Die Revision der Beklagten ist jedoch erfolgreich, soweit das Landesarbeitsgericht den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen hat. Allerdings kann der Senat insoweit noch nicht abschließend beurteilen, ob der Auflösungsantrag der Beklagten begründet ist oder nicht.

1. Bei der Beurteilung der Auflösungsgründe gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG geht es um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe. Die Wertung, ob im Einzelfall eine Auflösung gerechtfertigt ist, obliegt in erster Linie dem Tatsachengericht. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen für den Auflösungsantrag verkannt und bei der Prüfung der vorgetragenen Auflösungsgründe alle wesentlichen Umstände vollständig und widerspruchsfrei berücksichtigt hat (Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 234/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 51 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 51 mwN).

2. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das angefochtene Urteil nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt.

a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ist das Arbeitsverhältnis auf Antrag des Arbeitgebers aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Nach der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes führt eine Sozialwidrigkeit der Kündigung zu deren Rechtsunwirksamkeit und zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Dieser Grundsatz wird bei einem Auflösungsantrag des Arbeitgebers durch § 9 KSchG unter der Voraussetzung durchbrochen, dass eine Vertrauensgrundlage für eine sinnvolle Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr besteht. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses kommt hiernach nur ausnahmsweise in Betracht. An die Auflösungsgründe sind strenge Anforderungen zu stellen (st. Rspr., statt vieler Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 234/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 51 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 51 mwN). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag ist zu fragen, ob in Zukunft noch mit einer den Betriebszwecken dienenden weiteren Zusammenarbeit der Parteien zu rechnen ist. Als Auflösungsgründe für den Arbeitgeber gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommen solche Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen zwar nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Auch kann die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit einem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten, die Auflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG genauso wenig rechtfertigen, wie es dem Arbeitgeber gestattet sein kann, sich auf Auflösungsgründe zu berufen, die von ihm selbst oder von Personen, für die er einzustehen hat, provoziert worden sind (Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 234/04 – aaO.; 10. Oktober 2002 – 2 AZR 240/01 – BAGE 103, 100). Umstände, die nicht geeignet sind, die Kündigung sozial zu rechtfertigen, können aber zur Begründung des Auflösungsantrags herangezogen werden, jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber sich noch auf zusätzliche Tatsachen beruft (vgl. Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 234/04 – aaO.; 23. Juni 2005 – 2 AZR 256/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 52 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 52; KR/Spilger 8. Aufl. § 9 KSchG Rn. 58).

b) Die Beurteilung der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG erfordert verfassungsrechtlich eine Abwägung, die der Grundkonzeption des Kündigungsschutzgesetzes als eines Bestandsschutzgesetzes und dem Ausnahmecharakter zureichend Rechnung trägt (BVerfG 14. Januar 2008 – 1 BvR 273/03 -). Schließt der Betriebszweck die Verfolgung einer grundrechtlich gewährleisteten Tendenz ein und ergeben sich hieraus besondere Anforderungen an das Verhalten oder die Person des Arbeitnehmers, kann daraus ein gestärktes Interesse des Arbeitgebers an der Vertragsauflösung folgen (BVerfG 14. Januar 2008 – 1 BvR 273/03 -; 9. Februar 1990 – 1 BvR 717/87 – EzA KSchG § 9 nF Nr. 36). Bei der Anwendung des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG sind daher die wechselseitigen Grundrechtspositionen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers, hier auch die Pressefreiheit, zu berücksichtigen und vor allem abzuwägen (vgl. BVerfG 14. Januar 2008 – 1 BvR 273/03 -; Senat 23. Juni 2005 – 2 AZR 256/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 52 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 52; 2. Juni 2005 – 2 AZR 234/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 51 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 51). Diese Abwägung kann dazu führen, dass in einem Tendenzarbeitsverhältnis bestimmte Sachverhalte für eine Auflösung ausreichen, die in einem nicht von der Tendenz bestimmten Arbeitsverhältnis nicht hinreichend wären. Allerdings rechtfertigt allein die Tendenzträgereigenschaft eine Auflösung nicht, da eine § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG entsprechende Vorschrift für Tendenzträger gerade nicht besteht (vgl. dazu BAG 23. März 1984 – 7 AZR 249/81 – BAGE 45, 250; LAG Hamburg 27. Januar 2005 – 2 Sa 51/04 -; LAG Sachsen-Anhalt 9. Juli 2002 – 8 Sa 40/02 – NZA-RR 2003, 244).

c) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs hält die angefochtene Entscheidung einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat wesentliche Umstände nicht berücksichtigt.

aa) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die bloße Weigerung von Arbeitskollegen, mit der Klägerin zusammenzuarbeiten, eine Auflösung allein nicht rechtfertigen kann (vgl. Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 234/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 51 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 51; 10. Oktober 2002 – 2 AZR 240/01 – BAGE 103, 100). Dies gilt umso mehr, als auch die Beklagte zunächst verpflichtet ist, mäßigend auf die Ressortleiter einzuwirken. So hat der Senat im Rahmen einer Auflösung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG es als klärungsbedürftig angesehen, ob Spannungen zu anderen Kollegen durch geeignete und zumutbare Schritte seitens des Arbeitgebers (Konfliktmanagement) vermieden werden können (Senat 10. Oktober 2002 – 2 AZR 240/01 – BAGE 103, 100). Wird ein Verhalten Dritter als Auflösungsgrund herangezogen, muss der Arbeitgeber darlegen, dass er alles Zumutbare getan hat, um einen Ausgleich zwischen den Arbeitnehmern herbeizuführen.

bb) Auch hat das Landesarbeitsgericht zutreffend im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG den Tendenzcharakter des Arbeitsverhältnisses und die widerstreitenden Grundrechtspositionen erörtert. Es hat angenommen weder die Tendenz als solche noch die Problematik der Zusammenarbeit mit den Kollegen seien allein geeignet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Auch bei einem Tendenzarbeitsverhältnis muss vielmehr der Arbeitgeber konkrete Gründe darlegen, die eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwarten lassen.

cc) Das Landesarbeitsgericht hat aber zu Unrecht die Prüfung des Auflösungsgrundes auf die Weigerung der Ressortleiter, mit der Klägerin zusammenzuarbeiten, beschränkt. Damit hat es wesentliche weitere Umstände, die zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen könnten, außer Acht gelassen.

(1) Die Beklagte hat ihren Auflösungsantrag weiter damit begründet, das erforderliche Vertrauensverhältnis sei nicht mehr gegeben bzw. sei nachhaltig zerstört. Damit will die Beklagte ergänzend auch solche Sachverhalte bei der Auflösung berücksichtigt wissen, auf denen der Ausspruch der Kündigung beruht. Ihr Vortrag zum Kündigungsgrund, weshalb das Vertrauensverhältnis aus ihrer Sicht zerstört sei, muss auch bei der Prüfung der Auflösung Berücksichtigung finden (vgl. Senat 30. September 1976 – 2 AZR 402/75 – BAGE 28, 196; BAG 21. Januar 1981 – 7 AZR 1133/78 -). Der Sachvortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen kann nur so verstanden werden, dass, neben der Weigerung der Ressortleiter, mit der Klägerin zusammenzuarbeiten, das gesamte Vorbringen, das zum Ausspruch der Kündigung geführt hat, zu einer nachhaltigen Zerstörung des Vertrauens geführt hat, die eine den Betriebs- zwecken dienliche weitere Zusammenarbeit ausschließt.

(2) Auch die Anlässe, die zur Kündigung geführt haben, können eine negative Prognose für eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit begründen oder verstärken. Die Kündigungsgründe können geeignet sein, den Auflösungsgründen ein hinreichendes Gewicht zu verleihen (vgl. Senat 23. Juni 2005 – 2 AZR 256/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 52 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 52). Das Landesarbeitsgericht hätte deshalb vorliegend weiter prüfen müssen, ob die Tatsache, dass sich die Klägerin des Mittels der Gegendarstellung – möglicherweise unter Verstoß gegen ihre arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht – bedient hat und gerade dadurch eine erhebliche nachteilige Reaktionen in der Presse und im Betrieb ausgelöst worden ist, einer weiteren Zusammenarbeit mit der Klägerin als Tendenzträgerin entgegensteht. Dies gilt umso mehr als gerade die Gegendarstellung Ausdruck und gewichtiges Indiz für eine erheblich gestörte Kommunikation innerhalb des Arbeitsverhältnisses sein kann. Dies ist für ein – auf Kommunikation angelegtes – Arbeitsverhältnis in einem Tendenzunternehmen besonders problematisch.

(3) Hinzu kommt, dass das Landesarbeitsgericht sowohl den Umstand des eingeleiteten Ermittlungs- und Strafverfahrens gegen die Klägerin als auch den Verdacht von Straftaten, die die Tendenz berühren könnten, nicht berücksichtigt hat. Auch dieser Verdacht (vgl. Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 234/04 – AP KSchG 1969 § 9 Nr. 51 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 51) kann bei der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit mit einer Tendenzträgerin denkbar erscheint, Berücksichtigung finden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Gefährdung des Ansehens und der Glaubwürdigkeit der von der Beklagten herausgegebenen Zeitung in der Öffentlichkeit und der durch die Verlagsrichtlinien verkörperten Tendenz.

(4) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht auch dem Vorwurf der Klägerin, der Chefredakteur habe die Erklärung der Ressortleiter zur Nichtzusammenarbeit „veranlasst“, keine Beachtung geschenkt. Sollte dieser Vorhalt unberechtigt sein, kann auch durch ihn die weitere Zusammenarbeit erheblich belastet sein.

3. Das angefochtene Urteil war deshalb aufzuheben und dem Landesarbeitsgericht Gelegenheit zu geben, im Rahmen seines tatrichterlichen Beurteilungsspielraums über die von ihm noch nicht geprüften auflösungsrelevanten Umstände zu befinden.

Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, ein Auflösungsgrund liege vor – wofür einiges sprechen mag – so wird es zusätzlich die bisher von ihm offen gelassene Frage, ob der Betriebsrat iSd. § 102 Abs. 1 BetrVG ordnungsgemäß angehört worden ist, zu prüfen haben. Sollte dies nicht der Fall sein, scheitert allerdings eine Auflösung hieran (vgl. zuletzt Senat 28. August 2008 – 2 AZR 63/07 -).

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