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Mietminderung – Grundsätzliche Fragen und Antworten

Wann kann ich die Miete mindern?

  1.  Was genau bedeutet der Begriff „Mietminderung“?
  2.  Kann das Recht zur Mietminderung auch ausgeschlossen sein?
  3.  Wie lässt sich die angemessene Höhe der Mietminderung ermitteln?
  4.  Zusammenfassend: ich möchte die Miete mindern: wie gehe ich vor und was ist dabei zu beachten?
  5. Auszug Mietminderungs-Tabelle

Aktuelle Rechtssprechung

Mietminderung
(Symbolfoto: orig. Von Artist Photographer 3D/Shutterstock.com)

BGH: Kein Anspruch auf Mietminderung bei „Schimmelpilzgefahr“

Alleine die Gefahr, dass in einer älteren Mietwohnung in den Wintermonaten aufgrund von Wärmebrücken in den Außenwänden eine „Gefahr der Schimmelpilzbildung“ besteht, berechtigt den Mieter nicht zur Minderung der vereinbarten Miete. Der Mieter darf ohne ausdrückliche Vereinbarung keinen „Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens“ erwarten, der heutigen Maßstäben gerecht wird. Der Bundesgerichtshof verneint daher das Vorliegen eines Mangels, wenn im Errichtungszeitpunkt der Wohnung der übliche Baustandard eingehalten wurde. Nach dem im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten reicht ein täglich zweimaliges Stoßlüften von rund 15 Minuten beziehungsweise ein täglich dreimaliges Stoßlüften von rund 10 Min. aus, um eine Schimmelpilzbildung an den Außenwänden zu vermeiden (BGH, Urteile v. 05.12.2018 u. Az.: VIII ZR 271/17 u. VIII ZR 67/18).

BGH erleichtert rückwirkende Geltendmachung von Mietminderungen

Zahlt ein Mieter trotz eines Mangels der Wohnung die vereinbarte Miete ohne Vorbehalt weiter, kann er die Miete später in der Regel nicht mehr rückwirkend bis zu dem Zeitpunkt mindern, zu dem er den Mangel dem Vermieter angezeigt hat.

2018 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Mieter sein Mietminderungsrecht auch bei ohne Vorbehalt weiterbezahlter voller Miete nicht verliert, wenn er irrtümlich davon ausgegangen ist, dass er für eine Minderung ein Einverständnis des Vermieters benötigt (BGH, Urteil vom 04.09.2018, Az.: VIII ZR 100/18).

1. Was genau bedeutet der Begriff „Mietminderung“?

Im Rahmen eines Mietverhältnisses ist es die Hauptpflicht des Vermieters, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Dazu hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Treten an der Mietsache Mängel auf, so hat der Vermieter diese unverzüglich zu beseitigen. Solche Mängel können entweder in Form eines Rechtsmangels (z.B. bei einer Doppelvermietung, d.h. dieselbe Sache, die bereits durch einen wirksamen Mietvertrag vermietet ist, wird nochmals an eine andere Person vermietet) oder aber in Form eines Sachmangels auftreten. Unter einem Sachmangel ist jede für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Ist-Zustands des Mietobjekts vom Soll-Zustand zu verstehen. Der Zustand, wie ein Mietobjekt zu sein hat (Soll-Zustand), bestimmt sich nach dem vereinbarten Vertragszweck. Liegt also ein Mangel vor, so hat der Mieter grundsätzlich das Recht auf Mietminderung. Die Mietzahlungspflicht mindert sich dann kraft Gesetzes um gewisse Quoten und kann in extremen Ausnahmefällen sogar ganz entfallen.

2. Kann das Recht zur Mietminderung auch ausgeschlossen sein?

Das kommt darauf an. Vertraglich kann das Recht zur Mietminderung bei einem Wohnraummietvertrag nicht ausgeschlossen werden und ist somit zu Gunsten des Mieters zwingend. Ansonsten kann das Minderungsrecht bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Mieters vom Mangel der Mietsache bei Vertragsschluss ausgeschlossen sein. Ferner droht ein Rechtsverlust des Mieters, wenn er es unterlässt, den Vermieter unverzüglich nach Kenntnis über den Mangel zu informieren.

3. Wie lässt sich die angemessene Höhe der Mietminderung ermitteln?

Zu beachten ist, dass es sich dabei stets um eine Einzelfallentscheidung handelt, die mitunter eine konkrete und verbindliche Voraussage zur angemessenen Höhe der Mietminderung erschwert. Als Anhaltspunkt kann jedoch eine sog. Mietminderungstabelle gelten, die eine Zusammenfassung der Rechtsprechung darstellt und somit zumindest eine grobe Ersteinschätzung ermöglicht. Sollte es hierüber zum Streit mit dem Vermieter kommen, so wird letztlich ein Richter (ggf. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen) entscheiden müssen, welche Minderungsquote im konkreten Fall angemessen erscheint. Der Mieter trägt allerdings das Risiko einer Fehleinschätzung (BGH, Urt. v. 11.07.2012, Az. VIII ZR 138/11), d.h. er muss im Falle einer dem Grunde oder der Höhe nach nicht berechtigten Minderung schlimmstenfalls mit einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs durch den Vermieter rechnen. Von einer Mietminderung „auf eigene Faust“ – ohne rechtliche Beratung – kann daher nur abgeraten werden; der Vermieter ist jedenfalls dann zur fristlosen Kündigung wegen Verzugs berechtigt, wenn der Mieter bei zwei aufeinanderfolgenden Terminen mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete oder bei zwei nicht aufeinanderfolgenden Terminen mit zwei Mietzahlungen im Rückstand ist.

Mietminderungstabelle (exemplarischer Auszug):

BeschreibungMinderung in %
Einsatz von Trocknungsgeräten, Lärmpegel von 50 dB (A) AG Schöneberg, Urt. v. 10.04.2008 – Az. 109 C256/07 100%
Venezianischer Spiegel – Mieter heimlich ausspioniert AG München, Urt. v. 19.10.2006 – Az. 473 C 18682/06100%
Rattenbefall in der Wohnung AG Dülmen, Urt. v. 15.11.2012 – Az. 3 C 128/1280%
Starke Schimmelpilzbildung im Wohnzimmer, fehlende Duschmöglichkeit sowie Lärm durch Trocknungsgeräte AG Köln, Urt. v. 25.10.2011 – Az. 224 C 100/1180%
Schlafzimmer unbenutzbar wg. unzumutbarer Heizungsgeräusche LG Mannheim, Urt. v. 23.11.1977 – Az. 4 S 95/7775%
Ausfall der Heizung in den Heizmonaten LG Berlin, Beschluss v. 18.08.2002 – Az. 67 T 70/02 70%
Umfangreiche Bau- u. Sanierungsarbeiten (Lärmbelästigung, Staub, etc.) wegen Ausbau des DG AG Hamburg, Urt. v. 16.01.1987 – Az. 44 C 1605/8660%
Aufzug wg. sicherheitstechnischer Mängel außer Betrieb, Mieterin wohnt im 4. OG und ist zu 100 % schwerbehindert AG München, Urt. v. 29.09.2015 – Az. 425 C 11160/1550%
Durchfeuchtung des Teppichbodens, Tropfwasser durch die Decken AG Leverkusen, Urt. v. 18.04.1979 – Az. 23 C 471/7650%
Verstopfte, unbenutzbare Toilette AG Hannover, Urt. v. 10.10.2008 – Az. 559 C 3475/0850%
Schwarzverfärbung der Wände („Fogging“) – Mietmangel aufgrund von Widerwillen bei Wohnungsbenutzung AG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2009 – Az. 30 C 10487/0840%
Starke Verschmutzung durch Taubenkot LG Freiburg, Urt. v. 19.06.1997 – Az. 3 S 386/9635%
Durch mangelhaften Parkettkleber verursachte Schadstoffbelastung BGH, Beschluss v. 15.01.2013 – Az. VIII ZR 411/1230%
Tropfendes Wasser aus der Zimmerdecke AG Kiel, Urt. v. 26.06.1980 – Az. 13 C 9/8030%
Erheblicher Schimmelpilzbefall in mehreren Zimmern LG Hamburg, Urt. v. 17.09.2009 – Az. 307 S 39/0925%
Nichtabschließbare Wohnungstür AG Potsdam, Urt. v. 09.03.1995 – Az. 26 C 406/9425%
Aufgebrochenes Laminat aufgrund von Feuchtigkeit AG Schöneberg, Urt. v. 10.04.2008 – Az. 109 C 256/0720%
Ausfall Fahrstuhl während 16 Tagen im 10. OG AG Berlin-Mitte, Urt. v. 19.04.2007 – Az. 10 C 24/0720%
Erheblicher Lärm und Verschmutzung durch Touristen BGH, Urt. v. 29.02.2012 – Az. VIII ZR 155/1120%
Feuchtigkeit und Schimmelpilzbildung in der Wohnung AG Osnabrück, Urt. v. 10.10.2013 – Az. 48 C 31/12 (5)20%
Andauernder Baulärm in ohnehin lauter Umgebung AG Frankfurt am Main, Urt. v. 02.11.2011 – Az. 33 C 2424/1110%
Bordell im Wohnhaus LG Berlin, Urt. v. 13.01.2004 – Az. 64 S 334/0310%
Lärmbelästigung durch Lüftungsanlage einer Shisha-Lounge LG Berlin, Urt. v. 15.04.2016 – Az. 63 S 223/1510%
Ausfall Wechselsprechanlage AG Rostock, Urt. v. 30.09.1998 – Az. 41 C 183/985%
Ausfall der Gegensprechanlage mit elektronischem Türöffner LG Berlin, Urt. v. 18.11.2004 – Az. 67 S 173/075%

4. Zusammenfassend: ich möchte die Miete mindern: wie gehe ich vor und was ist dabei zu beachten?

Zunächst einmal ist zu prüfen, ob überhaupt ein Sach- oder Rechtsmangel vorliegt (s.o. – 1. Was genau bedeutet der Begriff „Mietminderung“). Nicht zur Minderung berechtigen selbstverschuldete Mängel (z.B. Schimmelbildung durch unzureichendes Lüftungsverhalten). Ferner können auch Bagatellschäden mietvertraglich durch eine sog. „Kleinreparaturklausel“ die Minderung faktisch ausschließen, da solche Regelungen vorsehen, dass der Mieter bis zu 110 € pro Einzelreparatur bzw. Reparaturkosten jährlich bis zu einer Höhe von maximal 8 % der Jahresmiete ohne Heiz- und sonstige Nebenkosten tragen muss. Sofern das nicht der Fall sein sollte und ein Mangel vorliegt, hat der Mieter die Pflicht, den Vermieter unverzüglich durch eine sog. Mängelanzeige über den Mangel zu informieren. Diese sollte immer mit einer unter Fristsetzung gestellten Aufforderung zur Beseitigung des Mangels verbunden sein. Darüber hinaus ist stets an eine rechtzeitige Beweissicherung (z.B. Lärmprotokolle, Fotos, Gutachten, Zeugen, etc.) zu denken. Um der möglichen Gefahr einer fristlosen Kündigung (s.o. – 3. Wie lässt sich die angemessene Höhe der Mietminderung ermitteln?) zu entgehen, empfiehlt es sich, die Miete ggf. unter Vorbehalt zu zahlen. Unter Vorbehalt versteht die Rechtsprechung die Erklärung gegenüber dem Vermieter, dass der Mieter einen konkreten Mangel benennt und zu erkennen gibt, dass er auf seine Gewährleistungsrechte nicht verzichten wird (vgl. OLG Hamburg – Urt. v. 12.04.2005, Az. 4 U 162/04).

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