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Notwegerecht – Ausgestaltung

LG Coburg

Az.: 13 O 531/00

Verkündet am 06.12. 2000


In dem Rechtsstreitwegen Notwegerecht hat der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des Landgerichts Coburg, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2000 für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger zu 1) den Zugang und die Zufahrt mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen von der Neuensorger Straße in W über das Grundstück des Beklagten, Flurnr. 9 der Gemarkung W, zu dem Grundstück des Klägers zu 1) mit der Flurnr. 418/3 der Gemarkung W, der Klägerin zu 2) zu dem Grundstück der Klägerin zu 2) mit der Flurnr. 418/1 der Gemarkung W und dem Kläger zu 3) zum Grundstück des Klägers zu 3). mit der Flurnr. 418/2 der Gemarkung W Zug um Zug gegen Zahlung jeweils einer Notwegerente in Höhe von 10,– DM jährlich zu gewähren über folgende Trasse:

Von der Neuensorger Straße aus kommend in einer Breite von 1,85 m in westlicher Richtung gemessen entlang der Grenze des Beklagten-Grundstücks zum Grundstück Flurnr. 10 der Gemarkung W bis zum in nördlicher Richtung nächsten Meßpunkt auf der Hoffläche.

Ab da auf der Fläche des Beklagten-Grundstücks, die zwischen der Grenze zur Flurnr. 10 der Gemarkung W und der gedachten Linie liegt, die man erhält, wenn man das nordwestliche Ende der zuvor bezeichneten Trasse mit dem in nördlicher Richtung nächstgelegenen Grenzstein (der zwischen den Flurnrn. 9, 10 und 418/3 der Gemarkung W liegt) verbindet.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Gerichtskosten tragen:

a) die Kläger zu 1) bis 5) 2/3 gesamtverbindlich,

b) die Kläger zu 4) und zu 5) weitere 2/15 samtverbindlich und,

c) der Beklagte 1/5.

4. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1) bis 3) hat der Beklagte 1/3 zu tragen.

Im übrigen haben die Kläger ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten haben die Kläger zu 1) bis 5) samtverbindlich -2/3 zu tragen, die Kläger zu 4) und 5) samtverbindlich weitere 2/15., Im übrigen hat der Beklagte seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 700.- DM abwenden, die Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.- DM, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Einräumung und den Umfang von Notwegerechten sowie die damit im Zusammenhang stehenden Beseitigung einer Steinmauer.

„Sämtliche Parteien sind Eigentümer, von in der Gemarkung W gelegenen Grundstücken, wobei dem Beklagten das Hausgrundstück in der Neuensorger Str. 10 (Flurnr. 9) gehört. Hinter diesem – in nördlicher Richtung gesehen – liegen die klägerischen Grundstücke:

– Flurnr. 418/3 des Klägers zu 1),

– Flurnr. 418/1 der Klägerin zu 2),

– Flurnr. 418/2 des Klägers zu 3),

– Flurnr. 413/2 des Klägers zu 4) und

– Flurnr. 413/1 der Klägerin zu 5).

Bei den Grundstücken der Kläger handelt es sich um landwirtschaftliche Flächen, wobei derzeit nur die der Klägerin zu 5) bewirtschaftet wird. Seit Mitte der 3Oer/Anfang der 40er Jahre wurde das Grundstück des Klägers zu 3) über das Beklagtengrundstück angefahren.

An das Grundstück des Klägers zu 4) mit der Flurnr. 413/2 grenzt in westlicher Richtung des ebenfalls in seinem Eigentum stehende Haus- und Gärtnereigrundstück mit der Flurnr. 412/2 an. Die Klägerin zu 5) erreicht ihr Grundstück Flurnr. 413/1 derzeit über Wirtschaftswege und angepachtete Flächen. Die Kläger zu 1) bis 4) haben die streitgegenständlichen landwirt-^ schaffliehen Flächen verpachtet, wobei sie Pachterlöse zwischen 50,- und 100,- DM jährlich pro Grundstück erzielen. Die am Rechtsstreit nicht beteiligte Eigentümerin der in östlicher Richtung an das Beklagtengrundstück angrenzenden Flurnr. 10 (Hausanwesen, das ebenfalls an die Neuensorger Straße angrenzt und über eine gemeinsame Hoffläche mit dem Beklagtengrundstück verfügt) erhebt gegen die Überfahrt ihres Grundstückes durch die Kläger bzw. deren Pächter zum Zwecke der Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Grundstücke keine Einwände.

Der Beklagte errichtete erst in jüngster Zeit eine Bruchsteinmauer im Bereich der nordöstlichen Grenze seines Grundstücks Flurnr. 9.

Die Kläger behaupten, sie hätten keinen jedenfalls gesicherten eigenen Zugang zur öffentlichen Straße für ihre landwirtschaftlichen Grundstücke. Der Kläger zu 4) trägt dazu weiter vor, es sei ihm nicht zuzumuten, eine Zufahrt über sein Hausund Gärtnereigrundstück zu erstellen. Dafür müßten nämlich Pflanzen entfernt werden, außerdem würde er Bewirtschaftungsfläche verlieren. Bei der Steinmauer handele es sich um ein C schikanös geschaffenes Hindernis, das ohne jeglichen Sinn sei. Landwirtschaftliche Fahrzeuge müßten unverhältnismäßig weit in das Grundstück 418/3 des Klägers zu 1) hineinfahren, um zu den klägerischen Grundstücken zu gelangen. Der vorliegende Abstand zwischen der neuen Steinmauer und der Garagenecke der Nachbarin betrage nur 4,5 m. Dies sei nicht ausreichend. Die geforderte Überfahrt über das Beklagtengrundstück stelle eine minimale Beeinträchtigung dar, da sie nur etwa fünfmal pro Jahr erfolgen müsse. Daher sei auch eine Notwegerente von 10,- DM ausreichend.

Die Kläger beantragen daher:

1. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern jeweils für sich allein den Zugang und die Zufahrt mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen von der Neuensorger Straße in 96279 W über einen 4 m breiten Grundstückstreifen zum Grundstück – der Kläger, Flurnr. 418/3, 413/2, 418/2, 413/1 und 418/1, der Gemarkung W, Zug um Zug gegen Zahlung einer Notwegerente jedes einzelnen Klägers in Höhe von 10,- DM jährlich zu gewähren.

2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, die auf seinem Grundstück, Flurnrn. 9, an der nördlichen Grundstücksgrenze zu Flurnr. 418/3 Gemarkung W, auf einer Länge von ca. 3,50 m befindliche Steinmauer zu beseitigen.

Der Beklagte beantragt, Klageabweisung. Er hält entgegen, vor dem Ortseingang W gehe ein landwirtschaftlicher Nutzweg ab, über den die klägerischen Grundstücke zu erreichen seien. Die Klägerin zu 5) bewirtschafte während des gesamten Jahres 2000 die streitgegenständliche Flurnr. 413/1, ohne über sein – des Beklagten – Grundstück zu fahren. Demzufolge könne sie auch über ihren Acker den anderen Klägern eine Zufahrt ermöglichen. Hilfsweise werde eingewandt, dass der Begriff „landwirtschaftliche Fahrzeuge“ zu pauschal und die angebotene Notwegerente von 10,- DM pro Jahr und Kläger zu gering sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme eines Augenscheines in der Sitzung vom 14.11.2000. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 30/34 d.A.) verwiesen.

Im übrigen wird auf den Akteninhalt und insbesondere die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist lediglich hinsichtlich der Kläger zu 1) bis 3) teilweise begründet, im übrigen jedoch unbegründet.

I.

Sämtliche Klagen sind zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht gem. §§ 12, 13 ZPO örtlich’und gem. § 39 ZPO aufgrund rügeloser Einlassung sachlich zuständig für sämtliche Klagen. Die subjektiven und objektiven Klagehäufungen sind gem. §§ 59 ff, 260 ZPO zulässig.

II.

Die Klagen sind jedoch nur zu einem geringen Teil begründet, da lediglich den Klägern zu 1) bis 3) ein – vom Umfang her deutlich geringeres als das beantragte – Notwegerecht gem. § 917 BGB zusteht.

1. Notwegerechte:

Bei der Überprüfung des Bestehens von Notwegerechten im Sinne des § 917 BGB ist zu beachten, dass das Vorliegen der entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen für jeden Kläger ‚bzw. jedes Grundstück getrennt zu überprüfen ist. Die Kläger bilden insofern auch nicht eine irgendwie geartete Rechtsgemeinschaft, die sie untereinander zu besonderen materiell-rechtlichen Gestattungen verpflichten würde.

Weiterhin ist – quasi vorausschickend – darauf hinzuweisen, dass die Kläger explizit nur Notwegerechte geltend machen, nicht etwa beispielsweise altrechtliche Dienstbarkeiten. Die Frage, seit wann das Beklagtengrundstück zur Überfahrt genutzt wurde, konnte daher bereits aus diesem Grunde weit–gehend dahinstehen.

a) Es fehlt zwar sämtlichen klägerischen -Grundstücken an einer Verbindung zu einem öffentlichen ‚Weg im Sinn des § 917 Abs. l Satz l BGB. Denn keines der Grundstücke grenzt an einen öffentlichen Weg an. Die Voraussetzungen des § 918 Abs. l u. 2 3GB sind nicht gegeben.

b) Die ordnungsgemäße Benutzung der also verbindungslosen Grundstücke erfordert auch bei allen eine derartige Verbindung. Denn es handelt sich sämtlich um landwirtschaftliche Nutzflächen, zu deren Bewirtschaftung landwirtschaftliches Gerät, insbesondere in Form von Zugmaschinen mit Anhängern oder sonstigen Geräten wie Kreiselegge etc., erforderlich ist.

c) Die Notwendigkeit der Benutzung des Beklagten-Grundstückes als Verbindungsgrundstück ist hingegen nur bei den Klägern zu 1) bis 3) gegeben:

– Grundstück der Klägerin zu 5):

Dieses Grundstück hat derzeit eine Zufahrt über ein von der Klägerin zu 5) angepachtetes Grundstück zu landwirtschaftlichen Nutzwegen. Dass das entsprechende Pachtverhältnis in absehbarer Zeit ohne Zutun der Klägerin zu 5) aufgelöst würde, ist nach Angaben der Klägerin zu 5) nicht absehbar.

Wer aber aufgrund eines, wenn auch nur schuldrechtlichen, Vertrages eine sichere Verbindung zu einem öffentlichen Weg hat bzw. sich eine solche durch zumutbare Anstrengungen verschaffen kann, hat keinen Anspruch aus § 917 BGB (vgl. dazu Meissner/Ring/Götz, Nachbarrecht in Bayern, 7. Aufl., RdNr. 6 zu § 25). Aus der Besonderheit des Notwegerechtes als der letzten Möglichkeit (unter Inanspruchnahme fremden Eigentums), um zu einem Grundstück zu gelangen, folgt zwingend, dass erst alle anderen Alternativen ausgeschöpft werden. Daher gilt, dass sogar dem kein Notwegerecht zusteht, der eine nur tatsächlich ausreichende Verbindung zu seinem Grundstück besitzt, ohne dass dafür rechtliche Grundlagen vorhanden sind. (Hier nicht vorliegende) Ausnahme: Die Ungewißheit über das künftige Weiterbestehen der Verbindung beeinträchtigt die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks (vgl. Meissner/Ring/Götz, a.a.O.).

– Kläger zu 4):

Auch für den Kläger zu 4) ist eine Notwendigkeit der Benutzung des Beklagten-Grundstückes nicht gegeben. Seine landwirtschaftliche Fläche grenzt nämlich unmittelbar an sein eigenes Grundstück mit der Flurnr. 412/2 an. Dieses wiederum hat als Haus- und Gärtnereigrundstück eine ausgezeichnete Anbindung an die öffentliche Neuensorger Straße.

Wenn aber das Grundstück, für das ein Notwegerecht geltend gemacht wird, durch ein der gleichen Person gehörendes Grundstück vom öffentlichen Weg getrennt ist, kann regelmäßig kein Grundstück eines Dritten in Anspruch genommen werden (vgl. Meissner/Ring/Götz, a.a.O., RdNr. 5 zu § 25). Auch dies ist notwendige Folge der Natur des Notwegerechtes als ultima ratio. Der Grundstückseigentümer muss von einer anderweitigen Verbindungsmöglichkeit Gebrauch machen, auch wenn diese weniger bequem oder kostspieliger ist.

Anders ist dies nur dann zu beurteilen, wenn das eine Verbindung ermöglichende Grundstück grundsätzlich ungeeignet erscheint, eine ordnungsgemäße Verbindung herbeizuführen. Dies ist jedoch vorliegend nicht gegeben:

Bei dem ausführlichen Augenschein hat sich das Gericht davon überzeugt, dass das Haus- und Gärtnereigrundstück des Klägers zu 4) mittels einer geteerten Auffahrt mit der Neuensorger Straße verbunden ist. Von dieser geteerten Auffahrt kann man ohne weiteres über einen Grünstreifen bis in die Nähe der nördlichen Grenze des Grundstücks 412/2 gelangen. Dort befindet sich eine ca. 5 m hohe Thuja-Hecke. Es ist nicht ersichtlich, warum der Kläger zu 4) hier nicht einen Teil der Thuja-Hecke fällen können sollte. Soweit er beim Augenscheinstermin geltend gemacht hat, dass die Hecke zur Gewinnung von Grabschmuck benötigt wird, ist dies zum einen eine rein wirtschaftliche Überlegung, die nicht zu Lasten des Beklagten gehen kann. Zum anderen befinden sich ausweislich des Augenscheins derart umfangreiche Thuja-Heckenbestände auf dem Grundstück, dass nach Einschätzung des Gerichts der Kläger zu 4) ohne weiteres auf eine beträchtliche Anzahl von Heckenpflanzen verzichten könnte, ohne die entsprechende Versorgung der Gräber zu gefährden.

An der nördlichen Grenze entlang kann dann ohne besonderen Aufwand eine Überfahrt auf das streitgegenständliche Grundstück Flurnr. 413/2 geschaffen werden. Hierzu muss der Kläger zu 4) lediglich einige Büsche sowie eine Holzhütte entfernen und dann nochmals einige Thuja-Heckensträucher. Nicht erforderlich ist hingegen, dass eine der Blautannen gefällt wird. Selbst bei den bestehenden Grundstücksverhältnissen ist hier ohne weiteres eine Fahrt in einer Breite von 3,5 bis 4 m anlegbar.

Soweit der Kläger zu 4) geltend macht, er benötige die für eine entsprechende Überfahrt anfallenden Flächen zum Betrieb seiner Gärtnerei, ist dies wiederum zum einen eine wirtschaftliche Erwägung. Zum anderen konnte sich das Gericht vor Ort davon überzeugen, dass dem Kläger zu 4) ausreichende Ausweichflächen zur Verfügung stehen. So nutzt er bereits einen Teil der streitgegenständlichen Flurnr. 413/2 zum Anbau von Blautannen. Weshalb er den von ihm genutzten Teil dieses Grundstückes nicht im erforderlichen Umfang ausweiten und damit die verpachtete Fläche etwas zurückschrauben können soll, ist nicht ersichtlich. Wiederum gilt: Bevor fremdes Eigentum in Anspruch „genommen wird, hat man sich erst aller zumutbaren Maßnahmen am eigenen Eigentum zu unterziehen. Eine Unzumutbarkeit – auch in wirtschaftlicher Hinsicht – für den Kläger zu 4) liegt keinesfalls vor.

– der Kläger zu 1) bis 3) :

Hinsichtlich der Kläger zu 1) bis 3) besteht hingegen eine Notwendigkeit jedenfalls zur -teilweisen Benutzung des Beklagten-Grundstückes.

Dies scheitert nicht etwa – wie von Beklagtenseite im Termin geltend gemacht – daran, dass die Kläger zu 4) und zu 5) ihrerseits ausreichende Anbindungen haben bzw. schaffen können. Insbesondere ist keinerlei Rechtspflicht der Kläger zu 4) und zu 5), den anderen 3 Klägern Zufahrten über ihre Grundstücke zu ermöglichen, allein aus der „Mitklägerstellung“ abzuleiten. Die Kläger bilden insofern lediglich eine prozessuale Interessengemeinschaft ohne weitergehende materiell-rechtliche Verpflichtungen in irgendeiner Form.

Die Kläger zu 1) bis 3) brauchen sich auch nicht auf andere Möglichkeiten verweisen zu lassen. Zwar könnten sie beispielsweise Notwegerechte gegen den Kläger zu 4) oder den Kläger zu 5) geltend machen. Diese wären auch in der Natur theoretisch umsetzbar.

Bei einer Mehrheit von Möglichkeiten hat Gericht gemäß § 917 Abs. IS. 2 BGB den geeigneten Weg festzustellen. Dabei ist eine Abwägung zwischen dem Interesse an der geringsten Belastung und der größten Effektivität erforderlich (vgl. dazu Palandt-Bassengel, BGB, 59. Aufl., RdNr. 6 zu § 917 BGB). Der Wegbedürftige hat keinen Anspruch auf einen bestimmten Weg.

Im Rahmen dieser Abwägung der Interessen der beteiligten Nachbarn ist vorliegend zu ‚ berücksichtigen, dass die Verbindung über das Grundstück des Beklagten die kürzeste ist – wenn dies auch für sich allein genommen nie den Ausschlag geben kann. Zum zweiten muß das Beklagten-Grundstück nur zu einem relativ geringen Teil in Anspruch genommen werden – es ist nämlich die Mitbenutzung der neben liegenden Flurnr. 10 möglich und derzeit auch gestattet. Es ist zum dritten hierbei auf die historische Entwicklung abzustellen: Auch von Beklagtenseite nicht bestritten wurde das Beklagten-Grundstück seit jedenfalls Anfang der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts zur Überfahrt genutzt. Es findet sich auch in der Natur die Fortsetzung der Überfahrt als Wirtschaftsweg zwischen den Grundstücken 418/3 und 413/3 in nördlicher Richtung. Irgendwelche baulichen Maßnahmen erscheinen bei der streitgegenständlichen Notwege-Variante nicht erforderlich.

Im Gegensatz dazu hat sich für alle sonst in Frage kommenden Erschließungsmöglichkeiten ein baulicher Aufwand als erforderlich gezeigt – unabhängig davon, dass ebenfalls Notwegerechte in Anspruch genommen werden müssten. Daher ist der Notweg über das Beklagten-Grundstück insofern zur Überzeugung des Gerichts derjenige, der sich aus der Abwägung zwingend ergibt.

Nur der Klarstellung halber ist nochmals darauf hinzuweisen, dass die soeben getroffenen Feststellungen und dargelegten Erwägungen nicht für den Kläger zu 4) zu L treffen: Dieser hat sich auf die Zufahrt über sein eigenes Grundstück verweisen zu lassen.

Die Kläger zu 1) bis 3) müssen sich zuletzt auch nicht etwa auf eine Überfahrt über das Grundstück Flurnr. 10 der am Streit nicht beteiligten restlichen Nachbarin des Beklagten verweisen lassen – was von Beklagtenseite auch gar nicht vorgetragen wurde: Die Überfahrt ist nur dann möglich, wenn gleichzeitig über das Beklagten-Grundstück und das der Nachbarin gefahren wird. Jedes für sich allein genommen bietet in der Natur nicht die ausreichende Durchfahrt- und Rangierbreite für landwirtschaftliche Fahrzeuge.

d) Vom Platzumfang her ist zu berücksichtigen, dass es sich um landwirtschaftliche Fahrzeuge handelt, die gegenüber beispielsweise Personenkraftwagen üblicherweise größere Abmessungen haben. Es erscheint hierbei grundsätzlich ausreichend eine Trasse in einer Breite von 3,45 m Breite. Dies ist die Abmessung der in der Natur vorhandenen engsten Stelle zwischen Garage und Gartenzaun. Dabei geht das Gericht davon aus, dass übliche landwirtschaftliche Gerätschaften eine Breite von bis zu 3 m aufweisen. Es verbleiben dann an den Seiten jeweils noch gut 20 cm zum Rangieren und um Kollisionen mit dem Eigentum des Beklagten oder dem der Nachbarin zu vermeiden.

Auf der anderen Seite können die Kläger gerade nicht verlangen, dass mit jedem denkbaren landwirtschaftlichen Gerät über das Beklagten-Grundstück gefahren werden darf. Zwar gibt es beispielsweise Mähdrescher mit einer erheblich größeren Breite als 3 m. Deren Nutzung würde jedoch bereits aufgrund der zuvor beschriebenen Engstelle ausscheiden. Außerdem hat sich natürlich das Notwegerecht im Rahmen dessen zu -halten, was für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des begünstigten Grundstückes (hier der Grundstücke der Kläger zu 1) bis 3)) erforderlich ist. Es handelt sich hierbei nicht um derart große Flächen, dass die Nutzung extrem großen Geräts gefordert wäre. Die Kläger bzw. deren Pächter können auch nicht darauf pochen, mit Zügen beliebiger Länge auf die Grundstücke zu gelangen. Sie haben sich eben darauf verweisen zu lassen, dass sie Gerät verwenden, das im Rahmen der in der Natur vorhandenen Gegebenheiten auch eingesetzt werden kann.

Nachdem von den 3,45 m der Engstelle – wie der Augenschein ergeben hat – 1,85 m auf das Beklagten-Grundstück entfallen, ist sachgerecht, dass sich die Notwegetrasse bis zu diesem Punkt in einer Breite von 1,85 m über das Beklagten-Grundstück erstreckt.

Es ist weiterhin nicht erforderlich, dass die streitgegenständliche Mauer entfernt wird – auch dies ist eindeutiges Ergebnis des Augenscheinstermins. Die Kläger hatten bereits einen durchaus stattlichen Traktor mit einer Breite von 2,40 m und angehängter Kreiselegge mit einer Breite von 3 m zu Demonstrationszwecken eingesetzt. Es ergab sich, dass selbst bei derartigem Gerät eine Durchfahrt – wenn auch langsam und vorsichtig – ohne weiteres möglich war, ohne dass die Steinmauer ein relevantes ‚Hindernis darstellen würde. Gerichtsbekanntermaßen der erkennende Richter ist sowohl im ländlichen Bereich aufgewachsen als auch noch dort wohnhaft – gibt es eine Vielzahl von Traktoren, die weitaus schmaler als 2,40 m sind. Gleiches gilt für landwirtschaftliches Gerät. Den Klägern zu 1) bis 3) und damit ihren Pächtern ist es zumutbar, für die Bewirtschaftung der streitgegenständlichen Flächen erforderlichenfalls kleineres. Gerät einzusetzen, wenn sie mit Großmaschinen den Notweg nicht befahren können.

Dem steht auch nicht entgegen, dass bei Belassung der Steinmauer die Kläger zu 2) und zu 3) bzw. deren Pächter erst über das südwestliche Eck des Grundstücks des Klägers zu 1) (Flurnr. 418/3) fahren müssen, um auf den Wirtschaftsweg zu gelangen. Es handelt sich nämlich nur um einen größenmäßig völlig untergeordneten betroffenen Anteil des Grundstücks des Klägers zu 1). Insofern besteht wiederum ein Notwegerecht der Kläger zu 2) und Kläger zu 3) gegenüber dem Kläger zu 1).

e) Das erforderliche Verlangen hinsichtlich des Notwegerechtes seitens der Kläger zu 1) bis 3) ist gegeben und .jedenfalls in der streitgegenständlichen Klage zu sehen.

2. Notwegerente:

Gem. § 917 Abs. 2 Satz l BGB haben die Kläger zu 1) bis 3) eine Notwegerente zu entrichten. Maßgeblich für diese ist dabei der Nachteil für das Verbindungsgrundstück, nicht etwa der Vorteil für das begünstigte Grundstück (und damit etwa die zu erzielende Pacht). Es ist allerdings zu beachten, dass sich der Notweg praktisch ausschließlich über eine gepflasterte Hoffläche erstreckt, nur teilweise auf dem Beklagten-Grundstück verläuft – zum etwa gleichen Teil auf dem Grundstück der Nachbarin – und darüber hinaus gerichtsbekanntermaßen nur wenige Fahrten pro Jahr und Grundstück erforderlich sind, um die Flächen zu bewirtschaften. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist vorliegend eine Rente von 10,- DM pro Jahr und teil obsiegendem Kläger sowohl erforderlich als auch ausreichend.

3. Entfernung der Mauer:

Wie bereits oben ausgeführt, ist der Klageantrag zu 2) nicht begründet. Insbesondere ist für das Gericht nicht ersichtlich, inwiefern es sich bei der Anbringung der Bruchsteinmauer um eine Schikane im Sinn der §§ 242, 226 BGB handeln soll. Der Augenschein hat ergeben, dass zwischen Bruchsteinmauer und Garageneck eine Durchfahrbreite von 4,77 m besteht. Angesichts der örtlichen Gegebenheiten wäre vielmehr zu diskutieren, ob nicht das Beseitigungsverlangen seinerseits schikanöse Züge trägt.

Nochmals ist auf folgendes hinzuweisen: Die Kläger zu 1) bis 3) bzw. deren Pächter können gerade nicht verlangen, mit jedem x-beliebigen im Handel serienmäßig oder auf besonderen Wunsch als Sonderanfertigung erhältlichen landwirtschaftlichen Gerät zu ihren landwirtschaftlichen Nutzflächen zu gelangen. Deshalb gehen auch die Ausführungen des Klägervertreters zu theoretisch denkbaren Zuglängen und daraus resultierenden Rangierproblemen fehl. Es gibt jedenfalls in ausreichender Anzahl Zugmaschinen und Anhänger/Gerat in Abmessungen, mit denen ein. Befahren völlig problemlos möglich ist. Möge derartiges Gerät Verwendung finden.

Die Kostenentscheidung ergeht nach der sog. Baumbach’schen Formel in entsprechender Anwendung der §§ 91, 92, 100 ZPO. Dabei ist davon auszugehen, dass die Kläger zu 1) bis 3) jeweils in Höhe von 1/3 obsiegt und mit ihrer Klage durchgedrungen, im übrigen jedoch unterlegen sind. Daraus ergeben sich die ausgeurteilten Quoten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

 

 

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