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Reisekosten des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts

Bundesgerichtshof

Az: X ZB 21/07

Beschluss vom 11.12.2007


Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 11. Dezember 2007 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 7. Mai 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 253,08 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Die in Frankfurt ansässige Klägerin hat die Beklagte durch einen in der Nähe von Frankfurt geschäftsansässigen Rechtsanwalt vor dem Amtsgericht Rotenburg an der Fulda auf Zahlung von Werklohn in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme teilweise nach dem Klageantrag erkannt und der Beklagten 7/10 der Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Bei der Kostenfestsetzung sind Reisekosten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von 403,80 EUR berücksichtigt worden, die durch die Wahrnehmung von drei Verhandlungsterminen entstanden sind. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.

Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte die sofortige Beschwerde weiter.

II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Beschwerdegericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Terminsreisekosten für erstattungsfähig erachtet. Die Zuziehung eines am Geschäftssitz der Klägerin ansässigen Rechtsanwalts sei als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig anzuerkennen. Für den nur 15 km vom Geschäftssitz der Klägerin ansässigen Prozessbevollmächtigten, dessen Kanzleiort zudem dem Gerichtsort näher liege als Frankfurt am Main, könne nichts anderes gelten. Trotz des relativ geringen Streitwerts von 763,50 EUR könne nicht gesagt werden, dass eine vernünftige Partei von einer persönlichen Wahrnehmung der Verhandlungstermine durch den Prozessbevollmächtigten Abstand genommen hätte. Mit einem dritten Termin habe die Klägerin nicht rechnen müssen.

2. Dies steht mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschl. v. 16.9.2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898; Beschl. v. 18.12.2003 – I ZB 21/03, MDR 2004, 839 – Auswärtiger Rechtsanwalt III; Sen.Beschl. v. 13.7.2004 – X ZB 40/03, NJW 2004, 3187; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 – VI ZB 37/04, BB 2004, 2548; Beschl. v. 2.12.2004 – I ZB 4/04, BB 2005, 294 – Unterbevollmächtigter III; Sen.Beschl. v. 13.9.2005 – X ZB 30/04, MDR 2006, 296 – Auswärtiger Rechtsanwalt V) in Einklang und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

Der Senat hat in der letztgenannten Entscheidung die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten auch bereits in einem Fall bejaht, in dem wegen des gleichfalls geringen Streitwerts die Reisekosten (dort 214,19 EUR) beträchtlich über den Kosten eines Terminsvertreters (dort 30,63 EUR) lagen. Insofern hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde unzutreffenderweise mit der Begründung zugelassen, für Fälle geringer Streitwerte sei noch nicht höchstrichterlich entschieden, ob das Interesse einer Partei an der Terminswahrnehmung grundsätzlich gegenüber dem Interesse an Kostenersparnis vorzugswürdig sei. Die Erwägungen der Rechtsbeschwerde geben keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung des Senats abzuweichen.

3. Reisekosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts entstanden sind, sind zu erstatten, wenn sie im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig waren. Dabei kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH NJW 2003, 898; Beschl. v. 11.11.2003 – VI ZB 41/03, MDR 2004, 539; Beschl. v. 9.9.2004 – I ZB 5/04, GRUR 2005, 84 – Unterbevollmächtigter II). Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2002 – I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 – Auswärtiger Rechtsanwalt I).

Hiernach hat das Beschwerdegericht die Beauftragung eines Terminsvertreters auch im Streitfall zu Recht nicht als gleichartige, jedoch kostengünstigere Maßnahme angesehen. Die Erweiterung der Postulationsfähigkeit vor den Landgerichten auf alle bei einem Amts- oder Landgericht zugelassenen Anwälte ist wesentlich auch damit begründet worden, dass das Interesse der Mandanten dahingehe, von einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Zivilgerichten vertreten werden zu können (BGH NJW 2003, 898, 901). Wird die Beauftragung eines nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts als aus der Sicht einer verständigen Partei notwendig anerkannt, ist der Partei regelmäßig das Recht zuzubilligen, sich durch diesen mit der Sache vertrauten Rechtsanwalt auch in der mündlichen Verhandlung vertreten zu lassen. Lediglich unterstützend hat der Senat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die hierdurch entstehenden Kosten im Allgemeinen geringer sein werden als die zusätzliche Beauftragung eines Terminsvertreters (Sen. MDR 2006, 296).

Der Umstand, dass die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten im Einzelfall die Kosten eines Unterbevollmächtigten beträchtlich übersteigen können, gibt daher grundsätzlich noch keinen Anlass, in diesen Fällen die Erstattungsfähigkeit zu verneinen. Auch im Streitfall ist dies nicht veranlasst. Da der Rechtsstreit in der Regel in einem umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung (Haupttermin) zu erledigen ist (§ 272 Abs. 1 ZPO), brauchte die Klägerin jedenfalls mit mehr als zwei Verhandlungsterminen nicht zu rechnen. Zudem war ihr gerade bei der Durchführung einer Beweisaufnahme ein schützenswertes Interesse daran zuzubilligen, durch ihren mit der Sache vertrauten Prozessbevollmächtigten vertreten zu sein. Die Erwägung der Rechtsbeschwerde, der Unterbevollmächtigte sei nur das „ausführende Organ“ des Prozessbevollmächtigten, der Prozessstrategie und -taktik mit der Partei besprechen könne und mit der Fertigung der Schriftsätze den Vortrag in der mündlichen Verhandlung bestimme, wird den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten in der Beweisaufnahme, deren Verlauf und die daraus gegebenenfalls zu ziehenden Schlussfolgerungen noch weniger „planbar“ sind als die mündliche Verhandlung, nicht gerecht.

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