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Schadensersatzansprüche des Grundstückseigentümers wegen Heizölaustritts aus Tankwagen

OLG München, Az.: 15 U 2296/14, Urteil vom 21.01.2015

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 06.05.2014, Az. 5 O 7209/06, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München II ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch die Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls die Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision der Beklagten zu 2) gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

I. Die Kläger machen wegen des Austritts von Heizöl aus einem Tankwagen Schadenersatzansprüche gegen ihre Heizöllieferantin (Beklagte zu 1) und deren Kraftfahrzeug- und Betriebshaftpflichtversicherer (Beklagte zu 2) geltend.

Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Vorbringens der Parteien in erster Instanz nimmt der Senat Bezug auf das Endurteil des Landgerichts München II vom 06.05.2014, mit dem dieses der Klage nach einer umfangreichen Beweiserhebung zur Schadenshöhe überwiegend stattgegeben hat. Nach der Auffassung des Landgerichts ergibt sich die Haftung der Beklagten zu 1) aus § 7 Abs. 1 StVG, diejenige der Beklagten zu 2) aus § 3 Nr. 1 PflVG a. F.

Die Beklagten verfolgen ihr Ziel einer vollständigen Klageabweisung aus Rechtsgründen im Berufungsverfahren weiter, wobei sie die Feststellungen des Landgerichts zur Schadenshöhe nicht mehr in Zweifel ziehen.

Schadensersatzansprüche des Grundstückseigentümers wegen Heizölaustritts aus Tankwagen
Symbolfoto: Von Tobias Arhelger /Shutterstock.com

Die Beklagten bringen vor, der Schaden habe sich nicht beim „Betrieb“ des Tankwagens im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG ereignet, da die Motorkraft ausschließlich als Arbeitsmaschine zum Abpumpen des Heizöls eingesetzt worden sei, weil – was unstreitig ist – das Heizöl aus einem fahrzeuginternen Verbindungsschlauch gespritzt und die Kläger nicht über den Abgabeschlauch gestolpert seien.

Es handele sich bei diesem Schlauch um keine Betriebseinrichtung wie die Brems- oder Kraftstoffleitung oder der Tank des Fahrzeugs.

Die Kläger als Grundstücksanlieger würden durch den Normzweck von § 7 StVG nicht geschützt.

Wegen der ordnungsgemäßen Wartung des Fahrzeugs komme ein Anspruch nach den §§ 823 ff BGB nicht in Betracht.

Die Kläger seien keine Verkehrsunfallopfer und stünden damit nicht im Schutzbereich des § 115 VVG. Ein Direktanspruch gegen die Beklagte zu 2) scheide daher aus. Der Haftungssenat des BGH habe bei seinem Beschluss vom 08.04.2008 – VI ZR 229/07 übersehen, dass die AKB (Allgemeine Kraftfahrtbedingungen) seit 1994 nicht mehr durch das Bundesaufsichtsamt genehmigt werden müssten.

Dem Vertragspartner einer Heizöllieferung sei zuzumuten, den versicherungsvertraglichen Deckungsanspruch zu pfänden und sich überweisen zu lassen.

Ein Direktanspruch könne nicht allein deshalb gewährt werden, weil der Kraftfahrzeug- und der Betriebshaftpflichtversicherer zufällig identisch seien.

Eine Haftung nach § 2 HaftPflG sei nicht gegeben.

Dem überraschend porös gewordenen kurzen fahrzeuginternen Schlauch von ca. 1m fehle es an der für eine Rohrleitungsanlage erforderlichen Länge. Die Intention des Gesetzgebers habe darin gelegen, zum Beispiel den Haftungsschutz für Lecks an einer über Kilometer unterirdisch geführten Ölpipeline zu verbessern. Selbst für den 40m langen Abgabeschlauch eines Tankwagens habe sich der BGH noch nicht festgelegt.

Ausnahmevorschriften wie § 2 HaftPflG könnten, da im deutschen Rechtssystem das Verschuldensprinzip gelte, nicht erweiternd ausgelegt werden.

Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des am 06.05.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts München II (Az.: 5 O 7209/06) die Klage insgesamt abzuweisen.

Weiter beantragen die Beklagten die Zulassung der Revision.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger bringen vor, § 7 Abs. 1 StVG sei anwendbar, weil der Tanklastzug – was unstreitig ist – auf der öffentlichen Straße geparkt gewesen, Heizöl auf sie ausgetreten sei und – was ebenfalls unstreitig ist – einen deutlich sichtbaren Ölfleck auf der Straße hinterlassen habe.

Das Heizöl sei mittels der Motorkraft des LKW aus dem Leck herausgepumpt worden.

Der Schaden sei auf den Entladevorgang zurückzuführen und werde damit von § 7 Abs. 1 StVG erfasst.

Der Tanklastzug der Beklagten zu 1) sei eine Anlage im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG.

Für jede Anspruchsgrundlage bestehe ein Direktanspruch, denn die Betätigung der Be- und Entladevorrichtung eines Sonderfahrzeugs gehöre zum Gebrauch des Fahrzeugs im Sinne von § 10 AKB.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren nimmt der Senat Bezug auf die Schriftsätze der Beklagten vom 10.07.2014 (Bl. 673/675 d. A.), vom 22.10.2014 (B. 685/686 d. A.), zweimal vom 01.12.2014 (Bl. 697/698 d. A. und Bl. 699/702 d. A.) und vom 11.12.2014 (Bl. 705/707 d. A.) sowie der Kläger vom 25.08.2014 (Bl. 679/682 d. A.), vom 18.11.2014 (Bl. 693/696 d. A.) und vom 01.12.2014 (Bl. 703/704 d. A.).

II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

1) Die Beklagte zu 1) haftet gegenüber den Klägern sowohl nach § 7 Abs. 1 StVG als auch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG. Ob den Klägern darüber hinaus gegen die Beklagte zu 1) vertragliche Ansprüche nach § 280 BGB und deliktische Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB zustehen, kann deshalb offenbleiben.

a) Das Landgericht hat die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 7 Abs. 1 StVG zu Recht bejaht.

aa) Für die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 1 StVG kommt es im vorliegenden Fall allein darauf an, ob der Ölaustritt, der zu den Schäden am klägerischen Anwesen geführt hat, dem „Betrieb“ des Tankwagens zuzurechnen ist. Dies ist nach der Auffassung des Senats zu bejahen.

Das von den Parteien unterschiedlich ausgelegte, aber als einschlägig angesehene Urteil des BGH vom 23.05.1978 – VI ZR 150/76 = NJW 1978, 1582 macht grundsätzliche Aussagen zur Abgrenzung der Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG bei „Ölunfällen“, betrifft jedoch einen im Detail abweichenden Sachverhalt. Der Heizölaustritt ereignete sich dort beim Auffüllen des Tanks im Heizungskeller aus einem Entlüftungsrohr. Der Tankwagen stand dabei allerdings, soweit sich das aus der Darstellung im Urteil schließen lässt, auf öffentlichem Verkehrsgrund.

In der Entscheidung heißt es:

„Wenn, wie auch im Streitfall, die Maschinenkraft des Motors und die von diesem angetriebene besondere Betriebseinrichtung eines solchen Tankwagens zum Entladen benutzt werden, dann kommt es entscheidend darauf an, ob sich der schädliche Erfolg wegen der besonderen Bauart und der mit ihr verbundenen Betriebseinrichtung des Fahrzeugs verwirklicht hat, oder ob dabei die Funktion als Arbeitsmaschine im Vordergrund gestanden hat“ (BGH a. a. O. Rz. 7 bei Juris).

„Richtig ist zwar, dass zum „Betrieb“ eines Kfz nicht nur seine Fortbewegung, sondern auch das Be- und Entladen gehört, und dies auch dann, wenn letzteres mit den Einrichtungen erfolgt, mit denen Sonderfahrzeuge (hier: Kesselwagen) ausgerüstet sind (vgl. RGZ 132, 262, 265, 160, 129, 132). Unfälle, die mit dem Entlade-Vorgang zusammenhängen (das Öl läuft auf die Straße, weil der Abfüllschlauch undicht ist; jemand stolpert über den Schlauch u. dgl.), stehen daher mit dem Betrieb im äußeren und inneren Zusammenhang. Im Streitfall ist das aber anders: Der Schaden ist nicht beim Entladen, sondern sozusagen beim Beladen des Öltanks im Hause des Klägers entstanden, indem ihm die Pumpe des Tankwagens zu viel Öl zugeführt hatte … Das aus dem Tankwagen herausgepumpte Öl gefährdet unter solchen Umständen niemanden, der vor den Gefahren eines sich im Verkehr befindlichen Fahrzeugs, und sei es beim Entladen, geschützt werden müsste. Vielmehr hat sich der Schaden außerhalb des Verkehrsraumes ereignet, wobei sich nur die Funktion der Betriebseinrichtung des Tankwagens als Arbeitsmaschine ausgewirkt hat“ (BGH a. a. O. Rz. 9 bei Juris).

Beim streitgegenständlichen Unfall ist nach dem unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ein Verbindungsschlauch am Tankwagen selbst undicht geworden. Das Foto Anlage K 4e zeigt den im öffentlichen Verkehrsraum haltenden Tankwagen. Das Heizöl hat, was die Beklagten nicht bestreiten, die Straße verschmutzt. Der BGH hat in seinem Urteil vom 14.06.1993 – III ZR 135/92 = NJW 1993, 2740 Rz. 10 bei Juris als ein Abgrenzungskriterium gegenüber § 7 Abs.1 StVG angeführt, dass sich der Tankwagen auf dem Hofgelände des Geschädigten außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums befunden und der Ölunfall dort ereignet habe. Zugleich nimmt der BGH aber auf seine Rechtsprechung zur Arbeitsmaschine Bezug.

Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass der Tankwagen auf einer öffentlichen Straße stand, der Verbindungsschlauch dort leckte, dass Heizöl dort austrat und auch einen, wenn auch völlig untergeordneten, durch die Feuerwehr rasch beseitigten Schaden verursachte. Der wohl größere Teil des Heizöls spritzte auf das Grundstück der Kläger. Dies unterscheidet den zu beurteilenden Sachverhalt von zahlreichen teilweise von den Beklagten zitierten oberlandesgerichtlichen Entscheidungen, bei denen der Ölaustritt aus unterschiedlichen Gründen im Bereich der Öltanks im Anwesen des Kunden erfolgte (OLG Celle Urteil vom 07.05.1990 – 19 U 14/89 = ZfSch 1991, 184; OLG Köln Urteil vom 02.03.1989 – 5 U 133/88 = NZV 1989, 276; Urteil vom 10.02.1993 – 11 U 172/92 = VersR 1994, 108; Urteil vom 23.03.1994 – 26 U 35/93 = NJW-RR 1994, 1510; OLG Zweibrücken Urteil vom 01.06.2004 – 7 U 211/03).

Wenn ein Verkehrsteilnehmer auf dem Ölfleck auf der Straße ausgerutscht wäre, hätte es sich nach der BGH-Entscheidung vom 23.05.1978 um einen mit dem Betrieb des Tankwagens in äußerem und innerem Zusammenhang stehenden Unfall beim Entladen gehandelt.

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Der von den Klägern geltend gemachte Schaden ist zwar außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums eingetreten. Letzteres kann für eine Haftung nach dem StVG jedoch nicht maßgeblich sein, da sie nach einhelliger Ansicht auch dann eingreift, wenn zum Beispiel ein Fahrzeug von der Straße abkommt und dabei ein Haus beschädigt. Darauf, an welchem Ort der Schwerpunkt eines Schadens eintritt, kann es nach der Auffassung des Senats für die Frage, ob § 7 Abs. 1 StVG eingreift, nicht ankommen.

Für eine weite Auslegung von § 7 Abs. 1 StVG spricht zudem die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 72/166/EWG des Rates vom 24.04.1972, nach der der darin enthaltene Begriff der „Benutzung eines Fahrzeugs“ jede Benutzung eines Fahrzeuges umfasst, die dessen gewöhnlicher Funktion entspricht (EuGH Urteil vom 04.09.2014 -C-162/13 = NJW 2014, 3631). Auch wenn der konkret entschiedene Fall (Rückwärtsfahren eines Traktors auf dem Hofgelände) nicht vergleichbar ist und der EuGH die Entscheidung letztlich dem nationalen slowenischen Gericht überlassen hat, lässt sich dem Urteil der Wille entnehmen, den Begriff der „Benutzung“ nicht auf Vorgänge im Straßenverkehr zu beschränken, sondern umfassend auf den Gebrauch des Fahrzeugs zu beziehen. Die „gewöhnliche Funktion“ eines Tankwagens umfasst den Transport und das Entladen von Heizöl.

bb) Die nachvollziehbaren, auf einer umfangreichen und sorgfältigen Beweiserhebung beruhenden Feststellungen des Landgerichts zu Kausalität und Schadenshöhe werden mit der Berufung nicht angegriffen.

b) Zudem haben die Kläger gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Schadenersatz nach § 2 Abs. 1 HaftPflG.

aa) Beim Tankwagen der Beklagten zu 1) handelt es sich um eine Anlage zur Abgabe von Flüssigkeiten im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG.

Es kommt nicht auf die von den Beklagten problematisierte Frage an, ob der defekte Verbindungsschlauch zwischen Messeinheit und Schlauchtrommel am Fahrzeug eine Rohrleitungsanlage im Sinne der Vorschrift darstellt. Das erscheint zweifelhaft, da der streitgegenständliche Schlauch nicht zum Transport des Heizöls an einen anderen Ort dient und nur eine geringe Länge aufweist. Das Gesetz differenziert ausdrücklich zwischen der Anlage zur Abgabe von Flüssigkeiten und der Rohrleitungsanlage; bei ersterer muss es sich nicht um eine Rohrleitungsanlage handeln (Filthaut, HaftPflG 8. Aufl., § 2 Rn. 12).

Die Argumentation der Beklagten, der defekte Schlauch sei nicht Teil der Abgabeanlage, da es sich nicht um den Befüllschlauch gehandelt habe, vermag nicht zu überzeugen. Schon aus dem Begriff „Anlage“ ergibt sich, dass nicht auf Einzelteile abzustellen ist, sondern auf die Abgabeeinrichtung insgesamt.

Tankwagen zur Abgabe von Heizöl werden demgemäß ohne weitere Differenzierung nach Einzelkomponenten als Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG angesehen (als obiter dictum im Urteil des BGH vom 14.06.1993 – III ZR 135/92 = NJW 1993, 2740 Rz. 31 bei Juris; OLG Köln Urteil vom 23.03.1994 – 26 U 35/93 = NJW-RR 1994, 1510 Rz. 11 bei Juris; OLG Frankfurt Urteil vom 30.05.2006- 18 U 64/05 Rz. 22 bei Juris bezogen auf flüssige Chemikalien; Filthaut, HaftPflG 8. Aufl., § 2 Rn. 12; Geigel/Kaufmann, Der Haftpflichtprozess 26. Aufl., 26. Kapitel Rn. 66; der Aufsatz von Schwab DAR 2009, 186, 188, auf den sich die Beklagten in erster Instanz berufen haben, nimmt nur zur Rohrleitungsanlage Stellung).

Bezogen auf die vergleichbare, wenn auch im konkreten Fall wegen der fehlenden Aktivlegitimation der Kläger nicht anwendbare Anspruchsgrundlage des § 22 Abs. 2 WHG spricht der BGH a. a. O. Rz. 23 ausdrücklich vom „Tankwagen der Beklagten mit dem zugehörigen Tankschlauch“ als einer „Anlage“.

Ortsfest muss eine Anlage nach dieser Rechtsprechung und dem Gesetzeswortlaut nicht sein.

bb) Der Schaden ist unmittelbar durch die Einwirkung des Heizöls von außen auf die klägerische Immobilie entstanden. Es liegen weder die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HaftPflG vor, noch greifen die Ausnahmen des § 2 Abs. 3 HaftPflG ein.

Dass sich die Anspruchsgrundlagen des § 7 Abs. 1 StVG und des § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG gegenseitig ausschließen würden, ist nicht ersichtlich.

c) Möglicherweise stehen den Klägern gegenüber der Beklagten zu 1) zudem vertragliche und deliktische Schadenersatzansprüche zu. Diese sind jedoch nicht entscheidungsreif, da den in erster Instanz angebotenen Beweisen zur Frage einer mangelhaften Wartung des Tankwagens und damit einer Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) nicht nachgegangen worden ist. Eines Klärungsversuchs bedarf es nicht, da eine Bejahung weiterer Anspruchsgrundlagen neben § 7 Abs. 1 StVG und § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG keine Bedeutung für die Höhe des Schadenersatzanspruchs hat.

2) Die Kläger haben aufgrund der Haftung der Beklagten zu 1) nach den §§ 7 Abs. 1 StVG, 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG auch einen Direktanspruch gegen die Beklagte zu 2) nach § 3 Nr. 1 PflVG a. F.

In Bezug auf die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Direktanspruch unproblematisch.

Der fehlende Einsatz des Tankwagens beim „Betrieb“ im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG würde einen Direktanspruch jedoch nicht ausschließen. Dieser ergibt sich nämlich im konkreten Fall auch aus § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG, denn er bezieht sich auf den „Gebrauch“ eines Kraftfahrzeuges, der weiter reicht als der „Betrieb.“

Die Zulässigkeit einer Direktklage der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) setzt voraus, dass sie einen Schadensersatzanspruch geltend macht, der im Rahmen der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung von der Drittbeklagten gedeckt werden muss. Denn die Direktklage wird nur gewährt gemäß § 3 Nr. 1 PflVG a. F. „im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis“. Die Vorschrift des § 1 PflVG verpflichtet den Halter eines Kraftfahrzeuges, eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der „durch den Gebrauch des Fahrzeuges“ verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten. An das Pflichtversicherungsgesetz knüpft § 10 AKB an, wo es heißt, dass die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung diejenigen Schäden deckt, die „durch den Gebrauch des Fahrzeuges“ verursacht worden sind (BGH Urteil vom 26.06.1979 – VI ZR 122/78 = NJW 1979, 2408 Rz. 31 bei Juris.). Warum es auf die Genehmigungsbedürftigkeit der AKB ankommen sollte, erschließt sich dem Senat nicht.

„Gebraucht“ wird ein Fahrzeug auch dann, wenn es nur als Arbeitsmaschine eingesetzt wird (BGH a. a. O. Rz. 34 bei Juris).

Das Entladen eines Tanklastzuges mittels einer auf ihm befindlichen Pumpe ist dem Gebrauch des Kraftfahrzeugs zuzurechnen, solange der Druck der Pumpe noch auf das abzufüllende Öl einwirkt und die Flüssigkeit durch den Schlauch heraustreibt. Dabei wird der Tankwagen mit seinen speziellen Vorrichtungen unmittelbar eingesetzt und es verwirklicht sich eine Gefahr, die von dem Fahrzeug selbst ausgeht (BGH a. a. O. Rz. 35 bei Juris.).

Der Direktanspruch auch bei einem „Gebrauch“ des Fahrzeuges im Sinne von § 10 Abs. 1 AKB geht über den „Betrieb“ hinaus (BGH Beschluss vom 08.04.2008 – VI ZR 229/07).

Erfasst werden neben § 7 Abs. 1 PflVG und § 823 BGB auch andere Haftungsnormen (BGH Urteil vom 26.06.1979 – VI ZR 122/78 = NJW 1979, 2408 Rz. 34 bei Juris.). Zu diesen zählt § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG. Die Beklagte zu 2) ist nicht deshalb dem Direktanspruch nach § 3 Nr. 1 PflVG a. F. ausgesetzt, weil sie zufällig auch Betriebshaftpflichtversicherer der Beklagten zu 1) ist, sondern weil der Direktanspruch über die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG hinausgeht und sich auch auf andere Anspruchsgrundlagen bezieht.

Die Überlegungen der Beklagten zu 2) zum Schutzzweck des § 115 VVG können dahinstehen, denn § 115 VVG hat erst zum 01.01.2008, also nach dem streitgegenständlichen Ölunfall, die Regelung des § 3 Nr. 1 PflVG a. F. ersetzt, auf den sich die zitierte Rechtsprechung des BGH bezieht.

3) Das Landgericht hat § 849 BGB auf den Anspruch nach § 7 Abs. 1 StVG angewandt, was der Rechtsprechung des BGH entspricht. Zur Anwendung auf § 2 HaftPflG ist keine Rechtsprechung ersichtlich, doch wird eine entsprechende Anwendung auf alle Normen der Gefährdungshaftung angenommen, soweit diese keine abschließende abweichende Regelung enthalten (vgl. Palandt/Sprau, BGB 74. Aufl., § 849 Rn. 1).

Die Rechtsausführungen der Beklagten im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 05.01.2015 (Bl. 711/712 d. A.) hat der Senat zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt. Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung bieten sie nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit dieser Entscheidung und des Urteils erster Instanz ergeben sich aus den §§ 708Nr. 10, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision der Beklagten zu 2) gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Klärungsbedürftig erscheint die Abgrenzung des Betriebs eines Tankwagens im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG bei einem Heizölaustritt auf öffentlichem Verkehrsgrund anlässlich eines Entladevorgangs, bei dem der Schaden ganz überwiegend auf Privatgrund eintritt, und die Frage, ob sich der Schutzzweck des Direktanspruchs gegen den Versicherer auf Opfer eines Verkehrsunfalls oder jedenfalls auf Ereignisse beim Betrieb des Fahrzeugs beschränkt oder auch auf den Anspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG erstrecken kann, wenn der Schaden beim Gebrauch eines Fahrzeugs entstanden ist. Die zweite Frage ist aber nur entscheidungserheblich, wenn eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG verneint wird.

Die Revision der Beklagten zu 1) wird nicht zugelassen, da sich deren Haftung jedenfalls aus § 2 Abs. 1 Satz 1 HaftPflG ergibt. Die Rechtsprechung und Literatur ordnet einen Tankwagen soweit ersichtlich einhellig als Anlage zur Abgabe von Flüssigkeiten ein.

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