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Selbständiges Beweisverfahren – Privatgutachterkosten sind erstattungsfähig

Antragsteller muss Kosten für privatgutachterliche Stellungnahmen erstatten

Das Landgericht hat entschieden, dass der Antragsteller die Kosten für privatgutachterliche Stellungnahmen der Antragsgegnerin erstatten muss. Die Kosten sind Teil der Verfahrenskosten im selbständigen Beweisverfahren und wurden vom Gericht eingeholt. Der Antragsteller hatte zuvor einen Antrag nach § 494a Abs. 2 ZPO gestellt, der zur Kostentragung verpflichtet. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO muss die unterliegende Partei die dem Gegner entstandenen Kosten erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Ein prozessbegleitendes Privatgutachten ist in der Regel notwendig, wenn eine Partei aus eigener Sachkunde nicht in der Lage ist, sich sachgerecht mit einem gerichtlichen Gutachten auseinanderzusetzen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten für die Stellungnahmen ihres Privatgutachters geltend gemacht, die zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht wurden. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass für die Erstattungsfähigkeit allein maßgebend ist, ob die Partei die Einholung des Gutachtens ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Im vorliegenden Fall war dies aufgrund der medizinischen Komplexität der Beweisfragen der Fall.

Der Antragsteller hat keine Einwände gegen die Höhe der Kosten erhoben, die sich auf 773,20 Euro netto belaufen. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.


OLG Brandenburg – Az.: 6 W 14/23 – Beschluss vom 03.02.2023

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam – Rechtspfleger – vom 13.12.2022, Az. 6 OH 8/17, wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3, § 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

1. Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass der im selbständigen Beweisverfahren aufgrund des Beschlusses des Landgerichts vom 23.05.2022 gemäß § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO zur Kostentragung verpflichtete Antragsteller als Teil der Verfahrenskosten auch die Kosten für die verfahrensbegleitend von der Antragsgegnerin beauftragten privatgutachterlichen Stellungnahmen zu den vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten zu erstatten hat.

a) Ergeht eine Kostenentscheidung auf Antrag nach § 494a Abs. 2 ZPO sind maßgeblich für den Umfang des Kostenerstattungsanspruchs die Grundsätze des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, insbesondere für die Frage der Notwendigkeit der Kosten (BGH, Beschluss vom 07.02.2013 – VII ZB 60/11; MünchKommZPO/Schreiber, 6. Auflage, § 494a Rn. 12). Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Maßstab dafür ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Vornahme als sachdienlich ansehen durfte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26.01.2006 – III ZB 63/05; vom 04.04.2006 – VI ZB 66/04; vom 20.10.2005 – VII ZB 53/05, und vom 23.03.2004 – VIII ZB 145/03 mwN).

aa) Ist eine Partei aus eigener Sachkunde nicht in der Lage, sich sachgerecht mit einem gerichtlich eingeholten oder von der Gegenseite vorgelegten Gutachten auseinanderzusetzen, insbesondere weil ihr aufgrund einer komplizierten und fremden Materie das erforderliche Spezialwissen fehlt, sind die Kosten für ein prozessbegleitendes Privatgutachten in aller Regel zur Ermöglichung eines substantiierten Sachvortrages notwendig (vgl. KG, OLGR 2008, 487; OLG Koblenz, JurBüro 2007, 652; MünchKommZPO/Schulz, 6. Auflage, § 91 Rn. 42 und Rn. 145). Diese für vor dem Rechtsstreit oder während des Rechtsstreits beauftragte Privatgutachten aufgestellten Maßstäbe gelten entsprechend für Privatgutachten, die im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens eingeholt werden (BGH, Beschluss vom 07.02.2013.). Denn die Partei, die selbst über keine hinreichenden Kenntnisse verfügt, hat ein anerkennenswertes Interesse daran, einen eigenen Sachverständigen in die Beweisaufnahme einzubinden, um wesentliche Beweisfragen zu formulieren, Hinweise zu erteilen, den gerichtlichen Sachverständigen zu kontrollieren und dessen Ergebnisse zu prüfen. Das gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die gerichtliche Veranlassung einer neuen bzw. weiteren Begutachtung nur stattfindet, wenn die Voraussetzungen der §§ 412, 485 Abs. 3 ZPO erfüllt sind (aaO.).

bb) Die Antragsgegnerin ist – auch als eine Unfallversicherungen anbietende Versicherungsgesellschaft – im Hinblick auf die konkret vom Antragsteller zur Beweiserhebung gestellten Fragen, die zur gerichtlichen Einholung von mehreren orthopädischen und neurologisch-psychiatrischen Gutachten sowie Ergänzungsgutachten führten, nicht als umfassend sachkundig anzusehen. Die Antragsgegnerin hat die von ihr zur Kostenerstattung gestellten Stellungnahmen ihres Privatgutachters zudem zum Gegenstand ihres Vortrags gemacht. Ungeachtet dessen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine erkennbare Verwertung des betreffenden Privatgutachtens im Verfahren für die Erstattung entstandener Parteikosten nicht einmal erforderlich. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit allein maßgebend ist, ob die Partei die Einholung des Gutachtens ex ante als sachdienlich ansehen durfte (BGH, Beschluss vom 26.02.2013 – VI ZB 59/12, und Beschluss vom 20.12.2011 – VI ZB 17/11 mwN). Dass vorliegend im Zeitpunkt der Beauftragung der Privatgutachten aus Sicht der Antragsgegnerin ein jeweils hinreichender Grund für eine Stellungnahme des Privatgutachters vorlagen, ergibt sich bereits aus dem Verfahrensverlauf, insbesondere der medizinischen Komplexität der zur sachverständigen Begutachtung gestellten Beweisfragen und ist im angefochtenen Beschluss zutreffend bejaht worden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es insoweit nicht allein darauf an, ob die Ausführungen in den gerichtlichen eingeholten Sachverständigengutachten für einen Laien nachvollziehbar dargestellt worden sind, sondern gemäß den oben dargelegten Grundsätzen ferner darauf, dass die Ergebnisse der gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten hier ohne fachkundige Hilfe nicht umfassend zu prüfen waren.

b) Einwände gegen die Höhe der durch die Privatgutachten entstandenen Kosten, die sich zusammen auf 773,20 Euro netto belaufen, hat der Antragsteller nicht erhoben und sind auch nicht ersichtlich.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Wertfestsetzung ist für die Kosten gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG nicht erforderlich. Ein Kostenwert ist grundsätzlich nur festzusetzen, wenn sich die Gerichtsgebühren nach einem Gegenstandswert berechnen (vgl. § 63 Abs. 1 GKG). Im Verfahren der sofortigen Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist dies wegen der zu erhebenden Festgebühr nicht der Fall (vgl. Nr. 1812 KV GKG).

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil hierfür die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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