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Anfechtung (§ 142 I BGB) – Voraussetzungen und Anfechtungsgründe

In Deutschland kommt ein Rechtsgeschäft zwischen zwei Personen dadurch zustande, dass beide Personen eine Willenserklärung abgeben. Sind diese Willenserklärungen übereinstimmend, so besteht ein beiderseitiges Einvernehmen und es entsteht hieraus ein Vertrag. Das gesamte Prinzip basiert auf den Grundprinzipien der Rechtsordnung, zu der auch die Willenserklärung gezählt wird. Zwar ist die Willenserklärung dem reinen Grundsatz nach stets wirksam, unter bestimmten Umständen jedoch kann sie angefochten werden. Hierfür müssen allerdings gewisse Kriterien erfüllt sein.

Das Wichtigste in Kürze


Die Anfechtung einer Willenserklärung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich und führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts. Entscheidend sind die gesetzlichen Anfechtungsgründe, die Fristen und die Form der Anfechtung.

  • In Deutschland kommt ein Rechtsgeschäft durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Diese können aber unter Umständen angefochten werden.
  • Die Willenserklärung ist trotz Verkehrsschutz und Irrtum des Erklärenden wirksam.
  • Anfechtungsgründe sind z.B. Inhaltsirrtum, Erklärungsirrtum, Übermittlungsirrtum, Eigenschaftsirrtum und arglistige Täuschung.
  • Für die Anfechtung gelten gesetzliche Fristen. Eine nicht rechtzeitige Anfechtung führt zur Wirksamkeit der Willenserklärung.
  • Die Anfechtung muss in Form einer Anfechtungserklärung gegenüber dem Empfänger erklärt werden.
  • Die Anfechtung einer Willenserklärung ist bedeutsam, da sie den Erklärenden vor ungewollten Folgen schützt.
  • Wichtig sind die Unterschiede der Anfechtungsgründe, die Einhaltung der Fristen und die korrekte Form der Anfechtung.

Grundprinzipien der Rechtsordnung und Willenserklärung

Anfechtung wegen Irrtum
(Symbolfoto: fizkes /Shutterstock.com)

Ein wesentlicher Bestandteil der rechtlichen Grundprinzipien in Deutschland ist der Umstand, dass im Zuge eines Rechtsgeschäfts das Prinzip von Treu und Glauben im Sinne des § 242 Bürgerliches Gesetzbuchs (BGB) zur Anwendung kommt. Dieses Prinzip sieht vor, dass die von dem Erklärenden abgegebene Willenserklärung so in der Form gültig ist, wie der Erklärungsempfänger sie auf der Basis der allgemeinen Verkehrssitte verstehen respektive auffassen durfte. In Verbindung mit dem Verkehrsschutz, der ebenfalls ein fester Bestandteil der rechtlichen Grundordnung in Deutschland ist, entfaltet die Willenserklärung auch dann ihre rechtliche Wirksamkeit, wenn der Erklärende zu dem Zeitpunkt der Willenserklärung einem Irrtum aufgesessen war.

Bedeutung des Verkehrsschutzes und Willensmangels

Unter dem Begriff Verkehrsschutz wird das Prinzip verstanden, dass der Erklärungsempfänger davon ausgehen darf, dass der Erklärungsabgebende die Willenserklärung im vollen Wissen über die entsprechenden Auswirkungen abgibt und sich selbst an diese gebunden sieht. Mit der Abgabe von entsprechenden Willenserklärungen kommen dann auch Rechtsgeschäfte zustande. Der Willensmangel spielt allerdings ebenfalls eine wesentliche Rolle, da unter diesem Oberbegriff die Anfechtungsgründe für ein Rechtsgeschäft zusammengefasst werden.

Überblick über die Anfechtung gemäß § 142 BGB

Dem reinen Grundsatz nach kann ein Rechtsgeschäft gem. § 142 BGB angefochten werden, sofern dies rechtlich als anfechtbar gilt. Dies ist dann der Fall, wenn einer der gesetzlich in den §§ 119 – 123 BGB festgelegten Anfechtungsgründe vorliegt. Es ist hierbei absolut unerheblich, welcher Anfechtungsgrund letztlich die Anfechtung des Rechtsgeschäfts nach sich zieht. Der Gesetzgeber sagt, dass durch die Maßnahme der Anfechtung das Rechtsgeschäft auf dem rechtlichen Prinzip „ex tunc“ bereits zu seinem Beginn als nichtig anzusehen ist. Der Gesetzgeber kennt dem reinen Grundsatz nach sechs unterschiedliche Anfechtungsgründe, die in den §§ 119 Abs. 1 – 123 Abs. 2 BGB festgelegt sind. In der Rechtsprechung wird zudem auch zwischen dem Irrtum im Zuge der Abgabe einer Willenserklärung und dem Irrtum bei der Bildung einer Willenserklärung unterschieden. Entscheidend hierbei ist, der Umstand, dass seitens des Erklärenden „unbewusst“ gehandelt wurde.

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Inhaltsirrtum, § 119 Abs. 1 Var. 1 BGB

Ein Inhaltsirrtum ist dann gegeben, wenn vonseiten des Erklärenden eine Willenserklärung abgegeben wird, die aus objektiver Sicht eine andere inhaltliche Bedeutung aufweist, als es der Erklärende innerlich meinte. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der Irrtum darüber, welche Bedeutung die Erklärung letztlich hat oder welche rechtliche Tragweite diese mit sich bringt.

Erklärungsirrtum, § 119 Abs. 1 Var. 2 BGB

Der Erklärungsirrtum bezieht sich darauf, dass der Erklärende die von ihm genutzten Wörter oder auch Zeichen nicht kennt und diese in der Folge entgegen seines eigentlichen Willens nutzt. Die klassischen Versprecher oder auch Verschreiber respektive Vergreifer sowie Verklicker sind hiermit gemeint.

Übermittlungsirrtum, § 120 BGB

Der Gesetzgeber sagt ausdrücklich, dass der Erklärende das Risiko zu tragen hat, wie die Erklärung übermittelt wird. Es gibt jedoch gem. § 120 BGB Fallsituationen, in denen das Festhalten an einer falsch übermittelten Willenserklärung für den Erklärenden als unzumutbar gilt. Ist dies der Fall, so kann die falsch übermittelte Willenserklärung durch den Erklärenden aufgrund des Übermittlungsirrtums angefochten werden. Da es in dem § 120 BGB einen direkten Verweis auf den § 119 BGB gibt, erfordert der Übermittlungsirrtum die Grundvoraussetzung, dass der Erklärende bei einer verständigen Würdigung diese Willenserklärung nicht in dieser Form abgegeben hätte. Der Übermittlungsirrtum ist lediglich dann anwendbar, wenn der Erklärende einen sogenannten Erklärungsboten mit der Übermittlung der Willenserklärung beauftragt hat. Eine Anfechtung ist jedoch nicht möglich, wenn der mit der Übermittlung beauftragte Bote die Erklärung bewusst und somit vorsätzlich falsch übermittelt hat. Der Übermittlungsirrtum ist ebenfalls nicht anwendbar, wenn die Erklärung von einem Vertreter nicht im Sinne des Vertretenden abgegeben wurde. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass ein Vertreter stets eine gänzlich eigene Willenserklärung abgibt.

Eigenschaftsirrtum, § 119 Abs. 2 BGB

Der Irrtum einer Willenserklärung kann sich auch auf gewisse Eigenschaften einer Sache beziehen, wobei der Gesetzgeber die Definition der Sache erheblich weiter auslegt. Es ist damit nicht zwingend ein Gegenstand gemeint, es können auch Eigenschaften von Personen oder Dienstleistungen respektive Rechte damit gemeint sein. Der Eigenschaftsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 2 BGB kann sich auch auf diejenigen Eigenschaften beziehen, die im allgemeinen Rechtsverkehr oder auf der Grundlage der Verkehrssitten als wesentlich gelten. Die Anfechtung aufgrund eines Eigenschaftsirrtums kann zur Anwendung gebracht werden, wenn diese Eigenschaft als grundlegend wesentlich für den Vertrag gilt.

Arglistige Täuschung, § 123 Abs. 1 Var. 1 BGB

Der Gesetzgeber schützt die Freiheit der Willensbildung dahin gehend, dass ein Motivirrtum aufgrund einer arglistigen Täuschung einen Anfechtungsgrund der Willenserklärung darstellt. Dies setzt allerdings voraus, dass es Täuschungshandlung gibt. Diese Handlung kann sowohl in aktiver als auch in passiver Form vorliegen. Als aktive Täuschungshandlung gilt beispielsweise eine wahrheitswidrige Behauptung, während hingegen eine passive Täuschungshandlung durch ein Unterlassen respektive ein arglistiges Verschweigen realisiert wird. Ein arglistiges Verschweigen liegt vor, wenn die entsprechende Person eine gesetzlich verankerte Pflicht zur Offenbarung der Fakten respektive Aufklärung gehabt hätte. Der Gesetzgeber setzt für das Vorliegen der Arglist den Vorsatz des Täuschenden voraus.

Arglistige Täuschung durch einen Dritten, § 123 Abs. 2 BGB

Die arglistige Täuschung durch einen Dritten ist lediglich dann durch den Erklärenden anfechtbar, wenn der Erklärungsempfänger Kenntnis von der arglistigen Täuschung des Dritten hatte. Dies gilt auch dann, wenn der Empfänger der Erklärung die Kenntnis über die Täuschung hätte haben müssen. Zudem ist es zwingend erforderlich, dass die dritte Person an dem Rechtsgeschäft beteiligt ist.

Bedeutung der Fristen gemäß §§ 121, 124 BGB

An die Anfechtung der Willenserklärung hat der Gesetzgeber gem. §§ 121, 124 BGB eine bestimmte Frist gesetzt. Diese Frist ist nicht zwingend an eine Laufzeit geknüpft, sie ist vielmehr als „unverzüglich“ respektive „ohne schuldhaftes Verzögern des Erklärenden“ formuliert. Die Frist startet mit Kenntnis des Irrtums.

Für die Anfechtung aufgrund von Irrtümern oder falscher Übermittlung (§§ 119, 120 BGB) muss die Anfechtung unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, nach Kenntniserlangung des Anfechtungsgrundes erfolgen (§ 121 BGB). Unabhängig vom Anfechtungsgrund ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn seit Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre vergangen sind.

Bei Anfechtungsgründen aufgrund arglistiger Täuschung oder Drohung (§ 123 BGB) beträgt die Anfechtungsfrist ein Jahr. Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, und im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in dem die Zwangslage aufhört (§ 124 BGB). Auch hier gilt die maximale Obergrenze von zehn Jahren seit Abgabe der Willenserklärung.

Die Folgen einer nicht rechtzeitigen Anfechtung sind, dass die Anfechtung ausgeschlossen ist und das Rechtsgeschäft als wirksam gilt. Das bedeutet, dass der Vertrag oder die Willenserklärung weiterhin Bestand hat und die beteiligten Parteien an ihre Verpflichtungen gebunden sind.

Konsequenzen der Nichteinhaltung der Fristen

Unterlässt der Erklärende die Anfechtung der Willenserklärung respektive er versäumt die Frist, so erhält die Willenserklärung damit ihre rechtliche Gültigkeit.

Definition und Bedeutung des § 143 BGB

Der Erklärende muss gegenüber dem Empfänger der Willenserklärung die Anfechtung mittels einer Anfechtungserklärung deutlich machen. Die Erklärung muss an den Empfänger direkt gerichtet werden.

Form und Inhalt einer wirksamen Anfechtungserklärung

Der Gesetzgeber hat für die Anfechtungserklärung eine bestimmte Form festgelegt. Aus Beweisgründen ist jedoch die Schriftform auf jeden Fall empfehlenswert. Eine Begründung respektive der Grund der Anfechtung muss in der Erklärung nicht zwingend aufgeführt werden.

Bedeutung der Anfechtung im täglichen Rechtsverkehr

Die Anfechtung einer Willenserklärung hat im täglichen Rechtsverkehr eine wesentliche Bedeutung, da sie den Erklärenden vor einem unbeabsichtigten Rechtsgeschäft und dessen Folgen schützt.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

Eine Willenserklärung ist rasch abgegeben, sie hat allerdings große rechtliche Auswirkungen. Obgleich der Verkehrsschutz in Deutschland als Rechtsprinzip gilt, gibt es aber dennoch Möglichkeiten, die Willenserklärung anzufechten. Hierbei gibt es jedoch bestimmte Kriterien zu beachten.

? FAQ zum Urteil


  • Was ist der Unterschied zwischen Inhaltsirrtum und Erklärungsirrtum? Bei dem Erklärungsirrtum verwendet der Erklärende Erklärungszeichen, das er so nicht gewollt hat. Bei dem Erklärungsirrtum jedoch bezieht sich der Irrtum auf die Bedeutung des Erklärungszeichens.
  • Wann ist eine Täuschung als „arglistig“ zu betrachten? Eine Täuschung ist dann arglistig, wenn sie widerrechtlich erfolgte. Sie kann sowohl aktiv als auch passiv begangen werden.
  • Was sind die Konsequenzen einer erfolgreichen Anfechtung? Wird die Willenserklärung erfolgreich angefochten, so führt dies zu einer Nichtigkeit der Erklärung und entsprechend zu einer Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts.

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