Landgericht Saarbrücken
Az: 16 O 106/07
Urteil vom 17.07.2007
Tatbestand
Der Beklagte ist ein Zusammenschluss von Selbständigen, Angehörigen freier Berufe, kleinerer und mittlerer Unternehmen und sonstigen Vereinigungen oder Einzelpersonen, die die Interessen von Selbständigen vertreten. Der Beklagte ist im Vereinsregister des Amtsgerichts unter der Nr. eingetragen. Zweck des Vereins ist die Wahrnehmung und Förderung der politischen und wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder.
Der Kläger ist Mitglied bei dem Beklagten.
Der Kläger erhob am 14.09.04 vor dem Amtsgericht Saarbrücken Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des § 8 Nr. 8 Satz 2 der Satzung des Beklagten.
Nach dieser Bestimmung galten die Mitglieder des Gewerbeverbandes S. automatisch als Mitglieder des Beklagten mit den entsprechenden Rechten.
Am 30.11.04 fanden auf einer einberufenen Hauptversammlung Wahlen zum Präsidium und erweiterten Präsidium des Beklagten unter Anwendung der vereinsinternen Satzungsbestimmungen unter anderem auch der Bestimmung des § 8 Nr. 8 Satz 2 der Satzung statt, Dabei wurde der Kläger nach seiner bereits im Jahr 2001 erfolgten Wahl erneut in das erweiterte Präsidium gewählt. Bei diesen Beschlüssen vorn 30.11.2004 stimmten auch die Mitglieder des Gewerbeverbandes S. mit.
Mit Urteil vom 18.10.05 gab das Landgericht Saarbrücken der Klage des Klägern statt und stellte die Unwirksamkeit des § 8 Nr.8 Satz 2 der Satzung fest. Auf die Berufung des Beklagten gegen die Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken erließ das Oberlandesgericht des Saarlandes am 15.11.06 ein das erstinstanzliche Urteil bestätigendes Urteil. Danach verstößt § 8 Nr. 8 Satz 2 der Satzung, der Nichtmitgliedern die gleichen Rechte einräumt wie Mitgliedern und der erlaubt, dass Nichtmitglieder an den vereinsinternen Beschlussfassungen mitwirken, gegen die Grundsätze der Vereinsautonomie. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az. 16 O 231/05), sowie das Urteil des Oberlandesgerichts des Saarlandes (Az. 1 U 636/05-218).
In der Ausgabe 4/2006 der Zeitschrift „Gewerbe Report“, welche gemäß § 4 Nr.1 Satz 2 der Satzung des Beklagten als Verbandsorgan bezeichnet wird, kündigte der Beklagte im Dezember 2006 eine außerordentliche Generalversammlung für den 09.02.07 in Mannheim an.
Die gleichzeitig bekannt gemachte Tagesordnung sah unter Tagesordnungspunkt 11 die „Neuwahl der Präsidiumsmitglieder“ vor.
Der Kläger kandidierte bei diesen Wahlen für die Position des Präsidenten. Um seine verbandspolitischen Vorstellungen und Ziele den Mitgliedern des Beklagten zu vermitteln, begehrte der Kläger mehrfach, zuletzt am 27.11.06 und 11.12.06 die Herausgabe des Verzeichnisses der Mitglieder des Beklagten und ein Verzeichnis jener Personen, die nach dem 30.11.04 einen Antrag an das Präsidium des Beklagten zwecks Erwerbs der Mitgliedschaft bei dem Beklagten gestellt haben.
Der Beklagte lehnte die Herausgabe oder Übermittlung des Mitgliederverzeichnisses an den Kläger ab, bot ihm jedoch an, das Verzeichnis in den Geschäftsräumen des Beklagten einzusehen. Dies wiederum hielt der Kläger, der seinen Wohnsitz in Kiel hat, wohingegen sich die Geschäftsstelle des Beklagten in Neunkirchen/Saar befindet, für unzumutbar und unzureichend.
Auf der Generalversammlung am 09.02.07 erhielt der Kläger bei der Wahl zum Präsidenten lediglich 22, der Gegenkandidat A. 172 Stimmen. Die Bestimmung des § 8 Nr. 8 Satz 2 der Satzung wurde bei dieser Wahl entsprechend den zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts Saarbrücken nicht angewendet, d.h., Personen, die ausschließlich Mitglieder des Gewerbeverbandes S., nicht aber förmliches Mitglied bei dem Beklagten waren, wirkten bei diesen Beschlüssen nicht mit. Allerdings stimmten bei der Wahl vom 09.02.07 auch Personen ab, die zwischen dem 30.11.04 und dem 09.02.07 Mitglied bei dem Beklagten geworden sind.
Der Kläger ist der Auffassung, er habe als Mitglied des Organs „Präsidium“ des Beklagten und somit als gewählter Funktionsträger einen Anspruch auf Herausgabe eines MitgIiederverzeichnisses des Beklagten. Diese Information müsse ihm ohne jeden Vorbehalt zur Verfügung stehen.
Der Anspruch auf Herausgabe der VereinsmitgIiederliste folge aus allgemeinen vereinsrechtlichen Prinzipien sowie aus § 11 Nr.5 der Satzung des Beklagten, wonach den Mitgliedern des erweiterten Präsidiums ein uneingeschränktes Auskunftsrecht in allen Verbandsangelegenheiten zustehe.
Zudem müsse er als Kandidat für verbandsinterne Wahlen zwecks Wahlwerburig Kenntnis über den aktuellen Mitgliederbestand haben. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass – was zwischen den Parteien unstreitig ist – auch andere Mitglieder des Präsidiums die Daten des Mitgliederverzeichnisses genutzt haben, um für sich Wahlwerbung zu betreiben. So habe der Gegenkandidat A. – was ebenfalls unstreitig ist – Mitglieder gezielt angeschrieben und dafür geworben, dass diese an der Wahl teilnehmen und ihn wählen. Darüber hinaus habe er seine Kenntnis von dem Mitgliederverzeichnis genutzt, um – was ebenfalls unstreitig ist -eine Gemeinschaftsfahrt von Mitgliedern zur Generalversammlung nach Mannheim vom 09.02.07 zu organisieren.
Der Kläger ist der Auffassung, eine derartige Ungleichbehandlung verstoße gegen die auf allgemeingültigen demokratischen Prinzipien beruhende Wahl- und Chancengleichheit.
Der Verweis des Beklagten auf Einsichtnahme in die Verzeichnisse auf der Geschäftsstelle des Beklagten in Neunkirchen falle im Hinblick auf die bei den Verfahrensbeteiligten vorhandenen modernen Telekommunikationseinrichtungen und die Entfernung zwischen dem Wohnsitz des Klägers und der Geschäftsstelle unter das Schikaneverbot nach § 226 BGB.
Datenschutzgründe, mit denen der Beklagte die Verweigerung der Herausgabe der Mitgliederliste begründe, könnten die Verweigerung ebenfalls nicht stützen. Es handele sich bei der Weitergabe von Mitgliederdaten an Funktionsträger schon nicht um eine Datenübermittlung im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes
Bezüglich der Generalversammlung vom 30.11.04 vertritt der Kläger die Ansicht, dass alle dort gefassten Beschlüsse unwirksam seien. Diese Ansicht stützt er darauf, dass die dort getroffenen Beschlüsse noch auf der Grundlage der später vom Landgericht und vom Oberlandesgericht für nichtig erklärten Satzungsbestimmung getroffen worden seien. An den gefassten Beschlossen und insbesondere an den durchgeführten Wahlen hätten somit auch die Personen mitgewirkt, die ausschließlich Mitglied im Gewerbeverband Saar gewesen seien, nicht aber Mitglied bei dem Beklagten.
Im Hinblick auf die Mitgliederversammlung vom 09.02.07 ist der Kläger der Auffassung, die dort gefassten Beschlüsse seien ebenfalls rechtswidrig zustande gekommen und daher nichtig. Diese Ansicht stützt er auf verschiedene Gründe.
Der Kläger behauptet, im Vorfeld der Mitgliederversammlung vom 09.02.07 sei das gesamte Präsidium von seinen Ämtern zurückgetreten. Er ist daher der Ansicht, dass seit diesem Rücktritt kein Vorstand des Beklagten mehr existiere.
Der Kläger vertritt insoweit die Auffassung, es habe bereits an einem ordnungsgemäßen Beschluss zu Einberufung der außerordentlichen Versammlung am 09.02.07 gefehlt. So habe das Gremium, das sich seit der Wahl 2004 als geschäftsführendes Präsidium bezeichne, weder wirksam den Beschluss fassen können, eine außerordentliche Generalversammlung einzuberufen, da es auf Grund der unwirksamen Wahl 2004 nicht wirksam gewählt worden sei, noch sei die entsprechende Beschlussfassung im Präsidium selbst satzungsgemäß und gesetzeskonform erfolgt, da der entsprechende Tagesordnungspunkt nicht hinreichend bestimmt bezeichnet, die notwendige 2/3 Stimmenmehrheit nicht erreicht und die Ladungsfrist nicht eingehalten worden sei.
Hinzu komme, dass nach § 7 Abs.1 der Vereinssatzung nach erfolgter Beschlussfassung zur Einberufung einer außerordentliche Generalversammlung nur der Präsident eine solche einberufen könne. Zu diesem Zeitpunkt sei aber das Präsidentenamt nicht besetzt gewesen. Der formal als solcher auftretende Herr A. sei nicht wirksam gewählt worden und der zuvor amtierende Präsident X. sei bereits – was zwischen den Parteien unstreitig ist – zurückgetreten gewesen. Die Vereinsmitglieder A., C. und D., die zur Versammlung eingeladen hätten, seien wegen der unwirksamen Wahl 2004 weder Mitglieder des Präsidiums geworden noch seien sie unabhängig von der Gültigkeit der Wahl 2004 in ihrer Funktion als Vizepräsident und Schatzmeister zu der Einladung berechtigt gewesen.
Auch die Einladung zur Sitzung am 09.02.07 sei fehlerhaft erfolgt und führe zur Unwirksamkeit der gefassten Beschlusse. So sei – was unstreitig ist – Anträgen auf Aufnahme weiterer Tagesordnungspunkte, wie etwa der Feststellung der ordnungsgemäßen Einladung, nicht entsprochen und den Mitgliedern entgegen § 7 Nr. 4 der Vereinssatzung auch nicht bekannt gemacht worden. Es habe – was ebenfalls unstreitig ist – keinen Tagesordnungspunkt zur Streichung der vom OLG für nichtig erklärten Satzungsbestimmung gegeben, was zur Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse führe, weil dadurch schon die abstrakte Möglichkeit der Teilnahme von GVS- Mitgliedern an der Abstimmung bestanden habe.
Darüber hinaus vertritt der Kläger die Ansicht, der Tagesordnungspunkt „Neuwahl der PräsidiumsmitgIieder“ sei irreführend gewesen, da es sich nicht um Neuwahlen im eigentlichen Sinne gehandelt habe. Ebenso führe zur Unwirksamkeit der Einladung und damit der gesamten auf der Versammlung gefassten Beschlüsse, dass Änderungen der Tagesordnung nur am Vereinssitz in Neunkirchen hätten eingesehen werden können und den Mitgliedern ansonsten nicht bekannt gegeben worden seien, was der Sache nach unstreitig ist.
Weiterhin ist der Kläger der Auffassung, dass Personen, die nach dem 30.11.04 als Mitglieder des Beklagten aufgenommen worden seien, nicht wirksam Mitglieder des Beklagten geworden seien und daher nicht an der Abstimmung vom 09.02.2007 hätten teilnehmen dürfen. Die Aufnahme dieser Mitglieder durch die damals als Präsidium fungierenden Personen sei wegen der Unwirksamkeit der Präsidiumswahl vom 30.11.04 ebenfalls unwirksam gewesen. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass vor der Aufnahmeentscheidung in keiner Weise geprüft worden sei, ob die Antragsteller dem Verein hätten beitreten dürfen. Es habe noch nicht einmal eine Namensliste der Antragsteller vorgelegen. Zudem vertritt er die Ansicht, das geschäftsführende Präsidium sei zur Mitgliederaufnahme nicht befugt gewesen. Es hätte vielmehr einer Beschlussfassung durch das gesamte Präsidium bedurft. Eine später erfolgte, erneute Beschlussfassung über die Aufnahme der Mitglieder im gesamten Präsidium sei mangels ordnungsgemäßer Ankündigung in der entsprechenden Tagesordnung ebenfalls unwirksam gewesen.
Nachdem der Kläger zunächst zusätzlich beantragt hat, festzustellen, dass der Beklagte weder vor der Wahl vom 09.02,07 noch nach dieser Wahl über den in § 26 BGB vorgesehenen gesetzlichen Vertreter verfügt, hat er die entsprechenden Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.07 zurückgenommen. Ebenso hat er den Antrag zu 1) insoweit zurückgenommen als er ursprünglich auch die Daten zur telefonischen und elektronischen Erreichbarkeit der Mitglieder herausbegehrte.
Der Kläger beantragt nunmehr,
1. den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger das vollständige Verzeichnis der Mitglieder des Beklagten mit Namen, Anschrift sowie Eintrittsdatum binnen einer vorn Gericht zu bestimmenden Frist herauszugeben,
2. dem Kläger die vollständige Liste jener Personen herauszugeben, die seit dem 30.11.04 bei dem Beklagten einen Antrag auf Erwerb der Mitgliedschaft bei dem Beklagten gestellt haben,
3. festzustellen, dass die bei der außerordentlichen Generalversammlung des Beklagten ein 30.11.04 in Bonn gefassten Beschlüsse nichtig sind,
4. festzustellen, dass die bei der außerordentlichen Generalversammlung des Beklagten am 09.02.07 in Mannheim gefassten Beschlüsse nichtig sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte rügt die Prozessfähigkeit des Klägers. Er behauptet, es handele sich bei dem Kläger um einen krankhaften Querulanten.
Hinsichtlich des Herausgabeanspruchs behauptet der Beklagte, es gebe schon gar keine Mitgliederliste. Zudem hätten einzelne Mitglieder der Herausgabe ihrer Daten an den Kläger widersprochen. Der Beklagte ist der Auffassung, für das Herausgabebegehren gebe es aber auch keine Anspruchsgrundlage. Es sei insbesondere nicht die Aufgabe des Beklagten, die einzelnen Mitglieder miteinander bekannt zu machen.
Zumindest aber sei das Begehren auf Grund der mittlerweile erfolgten Wahl vom 09.02.07 obsolet geworden.
Im Hinblick auf den Feststellungsantrag bezüglich des Beschlusses vom 30.11.04 ist der Beklagte der Ansicht, dass der Kläger die Geltendmachung der Unwirksamkeit verwirkt habe.
Bezüglich des Feststellungsantrags hinsichtlich der Beschlüsse vorn 09.02.07 vertritt der Beklagte die Ansicht, die Personen, die an der Mitgliederversammlung am 09.02,07 teilgenommen hätten und nach dem 30.11.04 dem Beklagten beigetreten seien, seien vollwirksame Verbandsmitglieder geworden. Ihre Aufnahme sei rechtswirksam erfolgt, da selbst bei einer Unwirksamkeit der Wahl des Vorstandes im Jahr 2004 der sogenannte Altvorstand, der im Vereinsregister eingetragen sei, den Verein gemäß §§ 9 Nr. 5 und 10 Nr. 1 der Satzung weiterhin organschaftlich vertreten gekonnt habe. Die Mitglieder dieses Vorstandes seien auch weiterhin tätig gewesen, mit Ausnahme des Präsidenten X. und der Vizepräsidentin Ferdinand. Dass der Präsident X. zurückgetreten sei, schade aber bereits deshalb nicht, da im Fall der Verhinderung des Präsidenten der Verein von zwei weiteren Mitgliedern des geschäftsführenden Präsidiums wirksam vertreten werden könne.
Des Weiteren sei die Aufnahme von Neumitgliedern gemäß der Satzung nicht an eine Annahme oder Zustimmung des Präsidiums gebunden.
Der Beklagte behauptet, alle nach dem Jahr 2004 beigetretenen Neumitglieder hätten eine Bestätigung ihres Beitritts sowie einen Mitgliedsausweis mit Mitgliedsnummer erhalten. Auch hätten die Neumitglieder in der Folge ihren Vereinsbeitrag entrichtet. Insoweit vertritt er die Ansicht, dass jedenfalls eine wirksame Aufnahme durch schlüssiges Verhalten erfolgt sei.
Im Hinblick auf das Herausgabebegehren ist der Kläger der Auffassung, das geltend gemachte Herausgabeverlangen sei trotz der am 09.02.07 erfolgten Wahl nicht obsolet geworden, da diese Wahl ungültig und ebenfalls angefochten sei.
Das Gericht hat die Akten 12 O 458/05 des Landgerichts Kiel sowie die Akten 16 O 231/05 des Landgerichts Saarbrücken beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsatze der Parteien nebst Anlagen, die beigezogenen Akten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.06.07 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
Die Klage ist zulässig.
Der Kläger konnte vorliegend gegen den Beklagten unmittelbar Klage erheben. Zwar ist die Anrufung der staatlichen Gerichte erst nach Ausschöpfung der vereinsinternen Rechtsbehelfe zulässig (Palandt/Heinrichs 66. Aufl., § 25 BGB, Rn.19). Der Beklagte sieht aber keine vereinsinterne Rechtsbehelfe in ihrer Satzung vor.
Auch die vom Kläger mit den Anträgen zu 3) und 4) verfolgten Feststellungsanträge sind zulässig.
Der Kläger kann als Mitglied des Vereins selbst im Wege der Feststellungsklage die Nichtigkeit der Beschlüsse insbesondere der Vorstandswahl geltend machen. Insbesondere verfügt er über das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse (vgl. Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 7. Aufl., Rn.582).
Der Kläger ist nach Überzeugung des Gerichts schließlich auch prozessfähig gemäß § 51 ZPO.
Zum einen vermochte sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 12.06.07 selbst ein Bild vorn Kläger zu machen. Anhaltspunkte für eine eingeschränkte oder gar fehlende Prozessfähigkeit konnten hierbei keineswegs festgestellt werden.
Auch die vom Kläger angestrebten Prozesse lassen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf eine Prozessunfähigkeit „auf Grund bestehenden krankhaften Querulantenwahns“ schließen. Insbesondere die Tatsache, dass der Kläger mit seinen Klagen sowohl vor dem Landgericht Saarbrücken als auch vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken Erfolg hatte, belegt, dass seine Prozessführung keineswegs mutwillig war, sondern er begründeten Anlass für seine Klagen hatte.
II.
Die Klage ist im Hinblick auf die Anträge zu 1), 2) und 4) vollumfänglich begründet, im Hinblick auf den Antrag zu 3) unbegründet.
1. Der Antrag zu 1) ist begründet.
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Herausgabe eines vollständigen Verzeichnisses der Mitglieder des Beklagten mit Name, Anschrift sowie Eintrittsdatum zu.
a) Der Beklagte verfügt über das begehrte Mitgliederverzeichnis. Mit seinem Vorbringen, wonach ein solches Mitgliederverzeichnis schon nicht existiere, setzt sich der Beklagte in diametralen Widerspruch zu seinem übrigen Vorbringen, so dass offensichtlich ein Verstoß gegen die prozessuale Wahrheitspflicht vorliegt, welcher dieses Vorbringen des Beklagten unbeachtlich macht. Denn unstreitig hat der Beklagte anderen Mitgliedern das Mitgliederverzeichnis überlassen. Darüber hinaus trägt der Beklagte selbst vor, dass er dem Kläger die Einsichtnahme in das Mitgliederverzeichnis in seinen Geschäftsräumen gestattet habe. Daraus ergibt sich ohne weiteres die Existenz eines solchen Mitgliederverzeichnisses. Im Übrigen ist der Beklagte ein Verein mit mehr als 8000 Mitgliedern, die regelmäßig Mitgliedbeitrage an den Beklagten entrichten müssen und die den Gewerbe Report als Vereinsorgan regelmäßig zugestellt bekommen. Es ist eindeutig, dass sich dies ohne ein Mitgliederverzeichnis mit den vollständigen Anschriften der Mitglieder nicht bewerkstelligen lässt.
b) Ein Anspruch auf Herausgabe lässt sich bereits aus den allgemeinen vereinsrechtlichen Grundsätzen ableiten. Das privatrechtliche Vereinsrecht gibt den Mitgliedern von Vereinen einen durchsetzbaren Anspruch auf Einsicht in die Mitgliederliste und Herausgabe einer Abschrift mit deren Anschriften (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, Urteil vorn 05.10.98, Az.: 21 ZE 98.2707‚ 21 CE 98.2707; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 16 Aufl., Rn. 336, rn.w.N.).
Dieser lnformationsanspruch der Mitglieder beruht darauf, dass sich der Einzelne freiwillig dem Verein angeschlossen hat und damit mit den anderen Mitgliedern in eine gewollte Rechtsgemeinschaft eingetreten ist. Dies fordert von ihm auch, dass er den anderen Mitgliedern bei berechtigtem Interesse derselben den Kontakt mit ihm durch Angabe seiner Personalien ermöglicht (vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München, Urteil vorn 05.10.98, Az.: 21 ZE 98.2707, 21 CE 98.2707, insbesondere Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein1 18 Aufl., Rn. 338).
Ein derart berechtigtes Interesse ist dabei anzunehmen, wenn ein Mitglied das Mitgliederverzeichnis begehrt, um andere Mitglieder zu Vereinszwecken zu erreichen. Die Einsicht muss bereits deshalb gewährt werden, da sich die wenigsten Mitglieder – gerade in einem mitgliederstarken und bundesweit agierenden Verein – persönlich kennen und es ihnen sonst unmöglich wäre, von Minderheitenrechten Gebrauch zu machen. Dabei ist es ein typisches Minderheitenrecht, dass sich Mitglieder, die sich derzeit in der Minderheit befinden, organisieren können, um etwa bei Wahlen oder sonstigen Mehrheitsentscheidungen zukünftig eine Mehrheit hinter sich zu scharen. Ebenfalls hat jedes Vereinsmitglied, das sich aktiv in der Vereinsarbeit engagiert, ein berechtigtes Interesse daran zu wissen, für wen es sich engagiert und wen es, falls es eine gewählte Funktion im Verein übernommen hat oder übernehmen will, repräsentiert. Nur wer weiß, wen er repräsentiert, kann auch dessen Interessen wahrnehmen oder sich um dessen Unterstützung in Vereinsangelegenheiten bemühen.
So liegt der Fall auch hier. Der Kläger beteiligt sich seit geraumer Zeit unstreitig aktiv am \/ereinsleben, indem er sich in der Vergangenheit unter anderem in das Präsidium wählen ließ und im Jahr 2007 für das Amt des Präsidenten kandidierte.
c) Ein Anspruch auf Aushändigung eines Mitgliederverzeichnisses wird vorliegend aber auch durch die stete Übung des Vereins begründet (vgl. Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 7. Aufl., Rn. 306). Unstreitig steht das Mitgliederverzeichnis nämlich auch anderen Vereinsmitgliedern zu Verfügung und wurde in der Vergangenheit auch bewusst anderen Mitgliedern zugänglich gemacht.
d) Zwar kann die Einsicht bzw. die Herausgabe einer Abschrift dann verweigert werden, wenn sie offensichtlich einem gesetz- oder satzungswidrigen Zweck dienen soll.
Für einen Missbrauch der Mitgliederliste durch den Kläger bestehen aber nach Überzeugung des Gerichts trotz der vorgetragenen Einwände des Beklagten keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Namen und Anschriften auf einem „Adresshandelsmarkt“ veräußern wird; insoweit ist der Vortrag des Beklagten bereits unsubstantiiert.
e) Datenschutzrechtliche Bedenken stehen der Herausgabe des Mitgliederverzeichnisses nicht entgegen. Zwar handelt es sich auch bei der vereinsinternen Weitergabe von Mitgliederdaten um eine Datennutzung im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes, nicht aber um eine strengeren Zulässigkeitsanforderungen unterliegende Datenübermittlung. Eine solche vereinsinterne Weitergabe von Daten zur Wahrnehmung besonderer Vereinsaufgaben ist auch nach dem Bundesdatenschutzgesetz zulässig. Die Datenweitergabe im Vorfeld vereinsinterner Wahlen stellt dabei aus demokratischen Gründen einen rechtlich besonders geschützten Zweck dar, dem Vorrang gegenüber der informationellen Selbstbestimmung einzuräumen ist (Weichert, DuD 1994, 200 ff; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts 10. Aufl., Rn. 2581).
f) Letztlich greift auch der Einwand der finanziellen Belastung des Vereins durch die Herausgabe nicht durch, da die Kosten einer Zurverfügungstellung der Mitgliederliste entsprechend § 811 Abs.2 BGB derjenige zu tragen hat, der die Herausgabe begehrt, demnach der Kläger (vgl. Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 18. Aufl., Rn.336).
2. Auch der Klagantrag zu 2) ist begründet.
Belege über den Eintritt und Austritt von Mitgliedern sind bei berechtigtem Interesse dem einzelnen Vereinsmitglied zu gewähren (vgl. Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 7.Aufl., Rn. 306), dies folgt bereits aus § 810 BGB (vgl. Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 16. Aufl., Rn.336).
Ein solches Interesse liegt hier vor. Dies ergibt sich aus denselben Gründen, die zum Erfolg des Antrags zu 1) führen.
3. Der Klageantrag zu 3) Ist indes unbegründet.
Die am 30.11.04 gefassten Beschlüsse sind zwar nichtig (a), der Kläger kann mit seiner Klage dennoch keinen Erfolg haben, da seinem Feststellungsantrag der Einwand der Verwirkung gemäß § 242 BGB entgegensteht (b).
a) Eine absolute Nichtigkeit eines Vereinsbeschlusses ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Beschluss gegen zwingende gesetzliche oder satzungsmäßige Bestimmungen oder gegen unabdingbare allgemeine Grundsätze des Vereinsrechts verstößt. Ein absolut nichtiger Versammlungsbeschluss wird dabei u.a. für den Fall angenommen, dass an einer Versammlung Nichtmitglieder mit abgestimmt haben (Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Aufl., Rn. 1841).
An der Versammlung am 30.11.02 in Bonn haben Mitglieder des Gewerbeverbandes S. mitgestimmt. Diese waren – wie das Landgericht Saarbrücken durch Urteil vorn 18.10.05 (Az.: 16 O 231/05) festgestellt und das OLG des Saarlandes mit Urteil vorn 15.11.2006 (Az.: 1 U 636/05-218-) bestätigt hat – zur Wahl nicht berechtigt, da § 8 Nr. 8 Satz 2 der Satzung des Beklagten, wonach die Mitglieder des Gewerbeverbandes S. als Mitglieder des Verbandes gelten, unwirksam war.
Sowohl das LG als auch das OLG haben die Unwirksamkeit der Satzungsbestimmung des § 6 Nr. 6 Satz 2 damit begründet, dass es durch diese Bestimmung Nichtmitgliedern möglich gemacht worden sei, bei vereinsinternen Abstimmungen mitzustimmen. Darin sehen beide Gerichte einen gravierenden Verstoß gegen den Grundsatz der Vereinsautonomie, da es alleine den Mitgliedern eines Vereins vorbehalten bleiben müsse, dessen Geschicke zu lenken. Dem schließt sich das Gericht vorbehaltlos an.
Aus diesem Verstoß gegen die Vereinsautonomie folgt nach Ansicht des Gerichts im vorliegenden Fall zwingend, dass die getroffenen Beschlüsse, an denen sich die Nichtmitglieder beteiligt haben, ebenfalls unwirksam sind.
Der Annahme der Nichtigkeit steht auch nicht die fehlende Kausalität der abgegebenen Stimmen der Nichtberechtigten auf den gefassten Wahlbeschluss entgegen. Ein gegen zwingende Vorschriften verstoßender Beschluss ist nur dann wirksam, wenn einwandfrei feststeht, dass der Beschluss genauso ohne den Verstoß ausgefallen wäre. Hierfür genügt nicht die bloße Wahrscheinlichkeit des gleichen Ergebnisses. Der Verein muss vielmehr den sicheren Nachweis führen, dass der beanstandete Beschluss nicht auf dem Mangel beruht (vgl. Urteil des BGH vorn 09.11.72, Az. II ZR 63/71, NJW 1973, 235; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 7. Aufl. Rn. 586). Hierfür ist seitens des Beklagten jedoch nichts vorgetragen.
b) Das Recht, die Nichtigkeit des Beschlusses geltend zu machen, ist aber nach Ablauf von mehr als 2 Jahren als verwirkt anzusehen (Palandt/Heinrichs, Aufl. 68, § 32, Rn. 11).
Zwar geht das Gericht in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof davon aus, dass die in § 243 ff. AktG enthaltene Regelung auf den Verein keine entsprechende Anwendung findet. Demnach sind fehlerhafte Vereinsbeschlüsse entweder gültig oder ungültig. Um ihre Ungültigkeit geltend zu machen, bedarf es keiner fristgebundenen Anfechtungsklage. Ihre Ungültigkeit kann vielmehr durch eine grundsätzlich nicht fristgebundene Feststellungsklage geltend gemacht werden (OLG Hamm, Urteil vom 10.06.96, Az.: 8 U 150/95, NJW-RR 1997, 989 m.w..N.).
Auf die Nichtigkeit eines Beschlusses kann sich demnach der Verein, aber auch jedes Vereinsmitglied grundsätzlich jederzeit berufen (vgl. Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 7.Aufl., Rn. 582).
Indes ergibt sich aus diesen Grundsätzen nicht, dass eine Klage zeitlich unbegrenzt ErfoIg haben kann. Sowohl der Verein selbst als auch nicht zuletzt die Mitglieder des Vereins haben ein legitimes Interesse an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Dieses Interesse ist auch für jedes Vereinsmitglied erkennbar. Aus diesem Grund gebietet es die aus dem Vereinsverhältnis resultierende Treuepflicht, dass die rechtliche Wirksamkeit von Vereinsmaßnahmen innerhalb angemessener, jedenfalls aber beschränkter Zeit einer Klärung zugeführt wird (vgl. Urteil des BGH vom 09.11.72, Az. II ZR 63/71, NJW 1973, 235). Die Treuepflicht des Mitglieds gebietet es deshalb, eine beabsichtigte Klage gegen Vereinsmaßnahmen mit zumutbarer Beschleunigung zu erheben. Unterlässt das Vereinsmitglied dies, kann der Verein annehmen, dass das Mitglied die Vereinsmaßnahme akzeptieren und nicht mehr klageweise dagegen vorgehen will. Einer gleichwohl später erhobenen Klage steht dann der Einwand der Verwirkung des Klagerechts entgegen.
An diesen Grundsätzen gemessen ist die Klageerhebung des Klägers hinsichtlich der am 30.11.04 in Bonn gefassten Beschlüsse verspätet und das Klagerecht verwirkt.
Zwischen der Beschlussfassung vom 30.11.04 in Bonn und dem Eingang der Klage bei Gericht am 18.12.06 sind bereits mehr als zwei Jahre vergangen. Eine Frist von zwei Jahren steht aber vor dem Hintergrund der dargelegten Grundsätze mit einem hinreichenden Bemühen um eine zumutbare Beschleunigung nicht im Einklang.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger bereits am 14.09.04 vor dem Amtsgericht Saarbrücken Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des § 8 Nr. 8 Satz 2 der Satzung des Beklagten erhoben hat, worauf letztlich die Nichtigkeit des Beschlusses auch beruht.
Insoweit wäre es dem Kläger unbenommen gewesen und hätte auch nahe gelegen, gleichzeitig mit der Unwirksamkeit der Satzungsbestimmung auch die Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse geltend zu machen. Indem der Kläger dies aber gerade nicht getan hat, hat er gerade gegenüber dem Beklagten und den übrigen Mitgliedern des Beklagten den Eindruck und das Vertrauen erweckt, dass er die Beschlüsse nicht angreifen werde.
4. Der Antrag zu 4) ist begründet.
a) Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich die Nichtigkeit der am 09.02.2007 in Mannheim gefassten Beschlüsse allerdings nicht daraus, dass an den dort vorgenommenen Abstimmungen Personen teilgenommen haben, die zwischen dem 30.11.04 und dem 09.02.07 Mitglied bei dem Beklagten geworden sind. Der Kläger begründet seine Auffassung damit, dass die Wahl vom 30.11.04 unwirksam gewesen ist und der Beklagte deshalb keine weiteren Mitglieder wirksam aufnehmen konnte, da er nicht ordnungsgemäß vertreten war. Diese Meinung ist aus drei Gründen im Ergebnis unrichtig:
aa) Zum einen ist es dem Kläger auf Grund der Verwirkung nicht nur verwehrt, sich auf die Nichtigkeit des Beschlusses vom 30.11.04 zu berufen. Die Verwirkung hat auch zur Folge, dass er sich auf die Unwirksamkeit der auf diesem nichtigen Beschluss beruhenden Folgeentscheidungen – demnach etwa auch die Aufnahme neuer Mitglieder – nicht mehr berufen kann, obwohl diese auf Grund des in § 139 8GB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens ebenfalls nichtig sind (Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Aufl., Rn. 1878). Dies folgt aus der Tatsache, dass nach dem Rechtsgedanken der Verwirkung die befristete Geltendmachung dem Bedürfnis an Rechtssicherheit und Rechtsklarheft dient. Beschränkte man die Rechtswirkung der Verwirkung lediglich auf den ursprünglichen Beschluss, nicht aber auf die auf ihm beruhenden Folgebeschlüsse, so führte dies letztlich dazu, dass die Grundsätze der Verwirkung ausgehebelt würden und infolgedessen leer laufen würden. Es könnte sich auf Dauer nie eine stabile Rechtslage einstellen und Rechtsfrieden und Rechtssicherheit wären auch nach Jahren nicht gewahrt.
bb) Unabhängig von der Frage der Verwirkung durften die nach dem 30.11.04 eingetretenen Personen aber auch an den Abstimmungen am 09.02.07 teilnehmen.
Einerseits ist es anerkannt, dass eine anfechtbare oder gar unwirksame Aufnahme als Vereinsmitglied – soweit eine solche vorliegt – nicht rückwirkend entfällt, wenn ihre Wirksamkeit angegriffen wird. Vielmehr erlischt in diesen Fällen die Mitgliedschaft erst ab ihrem erfolgreichen Angriff mit Wirkung für die Zukunft, so dass vorliegend selbst dann, wenn die Aufnahme der Neumitglieder unwirksam gewesen wäre, ihre Stimmabgabe ihre Gültigkeit behielte (vgl. Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 16 Aufl., Rn. 75; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Aufl., Rn. 966).
cc) Letztlich kann aber auch dies dahingestellt bleiben, da die Aufnahme der Neumitglieder nach dem 30.11.04 wirksam erfolgt ist. Selbst wenn ein dafür nicht zuständiges Organ den Beschluss über die Aufnahme eines Neumitgliedes fasst, so vertritt dieses Organ den Verein nach allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen nach außen hin wirksam (vgl. Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Aufl., Rn. 970, 2075 f). Es schadet demnach vorliegend weder, dass der jeweilige Aufnahmebeschluss im geschäftsführenden Präsidium gefasst wurde noch dass dieses Präsidium nicht ordnungsgemäß gewählt war.
b) Allerdings verstoßen die am 09.02.07 in Mannheim gefassten Wahlbeschlusse gegen elementare Wahlrechtsprinzipien und sind deshalb nichtig.
Da ein Verein bereits von Gesetzes wegen ein demokratisch organisierter Verband ist, ist er und damit auch seine interne Willensbildung den Grundsätzen der Demokratie unterworfen. Einer der Grundpfeiler des Demokratieprinzips sind die allgemeinen Wahlrechtsgrundsätze.
Die allgemeinen Grundsatze des Wahlrechts sind bereits im Vorfeld einer Wahl zu beachten. Zu diesen Grundsätzen gehört unter anderem auch der Grundsatz der Gleichheit der Wahl, der seinerseits den Begriff der Chancengleichheit mit umfasst. Diese Chancengleichheit wirkt dabei sowohl auf das passive als auch auf das aktive Wahlrecht.
Eine Ausprägung dieser Chancengleichheit ist es, dass allen, denen das passive Wahlrecht zukommt, in gleichem Maße Zugang zu den potenziellen Wählern ermöglicht wird.
Jeder Kandidat, der sich zur Wahl stellt, hat ein wahlbezogenes lnformationsbedürfnis (vgl. VG des Saarlandes vom 12.12.06, AZ: 11 K 271/05). Nur bei gleichmäßiger Befriedigung dieses Bedürfnisses hat er die Möglichkeit, aus der gesamten Masse der Wahlberechtigten seine potenziellen Anhänger für seine Wahl zu mobilisieren.
Die formalen Wahlrechtsgrundsätze – u.a. die Gewährung von Chancengleichheit -stellen keinen Selbstzweck dar, sondern dienen vielmehr dazu, dass die Wähler das Wahlergebnis als Folge einer Entscheidung der Mehrheit akzeptieren (VG des Saarlandes a.a.O.). Wird einem Kandidaten der Zugang zu den Wahlberechtigten erschwert oder vereitelt, so ist nicht auszuschließen, dass seine Anhänger der Wahl gänzlich fernbleiben. Dies kann letztlich dazu führen, dass am Ende zwar eine Mehrheitsentscheidung zur Wahl eines Kandidaten führt, es sich dabei aber nicht um eine Entscheidung der Mehrheit der Wahlberechtigten handelt.
Vorliegend wurde dem Kläger die Aushändigung des begehrten Mitgliederverzeichnis verwehrt, so dass es ihm nicht möglich war, im Vorfeld der Wahl mit den Wahlberechtigten in Kontakt zu treten.
Das ebenfalls zum Präsidentenamt kandidierende und letztlich gewählte Vereinsmitglied A. hingegen verfügte im Vorfeld der Wahlen unstreitig über ein Mitgliederverzeichnis. Dieses hat das Vereinsmitglied auch intensiv genutzt, indem es Briefe an die Mitglieder versandte, in denen es zur Teilnahme an der außerordentlichen Generalversammlung am 09.02. 07 in Mannheim aufrief und direkt um Unterstützung für seine Kandidatur warb. Wörtlich heißt es In diesen Briefen u.a. „Sehr geehrtes Mitglied, aufgrund eines Rechtsstreits dürfen Mitglieder, die nur Mitglied im S. sind, nicht mehr an der Wahl des B.-Präsidiums teilnehmen. Sie sind jedoch in beiden Verbänden Mitglied, so dass ich Sie bitten möchte, an der Generalversammlung teilzunehmen. Ich werde auch nochmals für das Amt des Präsidenten kandidieren und bitte Sie hiermit um Ihre Unterstützung.“
Der Verweis des Beklagten auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Mitgliederliste am Vereinssitz vermag diesen Verstoß gegen die Chancengleichheit nicht zu ändern.
Die bloße Möglichkeit der Einsichtnahme ist angesichts einer Mitgliederzahl von etwa 8.000 Mitgliedern und dem 800 km entfernten Wohnsitz des Klägers unzumutbar und steht einer Überlassung der Liste in keiner Weise gleich.
Die einen Wahlrechtsverstoß begründende bloße Möglichkeit einer Beeinflussung des Wahlergebnisses (VG a.a.O.) ist vorliegend auch gegeben. Es ist nämlich nicht auszuschließen und entbehrt insoweit auch nicht jeglicher Lebenserfahrung, dass die persönlich gehaltenen Anschreiben des Kandidaten A., die die Motivation der Vereinsmitglieder hervorrufen sollten, an der Generalversammlung teilzunehmen und dessen Wahl zu unterstützen, sich auch bei der Wahl zu seinen Gunsten ausgewirkt haben. Gerade dies war schließlich auch der Zweck dieser Anschreiben.
c) Die auf der außerordentlichen Generalversammlung am 09.02.07 getroffenen Beschlüsse sind darüber hinaus deshalb unwirksam, weil sie auf einem Einberufungsmangel beruhen, der zur Nichtigkeit der Beschlüsse führt.
Gemäß § 6 Nr. 3 Satz 2 der Vereinssatzung hängt die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung von einem Beschluss des Präsidiums ab, welcher mit einer 2/3 Mehrheit gefasst werden muss. Präsidium ist dabei mangels anderweitiger Regelung das Präsidium im Sinne des § 9 der Vereinssatzung welches gemäß § 9 Nr. 1 aus dem geschäftsführenden und dem erweiterten Präsidium besteht.
Demnach wäre vorliegend ein 2/3 Mehrheitsbeschluss des Gesamtpräsidiums notwendig gewesen. Ein solcher Beschluss wurde im Gesamtpräsidium aber nicht gefasst, wie der Kläger vorgetragen und der Beklagte nicht bestritten hat.
Vielmehr ging der Einberufungsbeschluss lediglich auf einen Beschluss des geschäftsführenden Präsidiums vom 09.11.06 zurück (vgl. Protokoll der Sitzung des geschäftsführenden Präsidiums des BVD vom 09.11.06, BI. 22 d.A).
Für den Fall, dass eine Satzung wie vorliegend für die außerordentliche Generalversammlung als zwingende Einberufungsvoraussetzung die Beschlussfassung des Gesamtvorstandes anordnet, und der Vorsitzende die Versammlung ohne einen derartigen Beschluss einberuft, leidet die Einberufung an einem wesentlichen Mangel, der zur Nichtigkeit der auf der einberufenen Versammlung gefassten Beschlüsse führt (vgl. Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Aufl., Rn. 1840).
Im Übrigen legt die vorliegende Verseinssatzung in § 6 Nr. 1 die Tagesordnung für eine ordentliche Mitgliederversammlung fest. Danach ist Gegenstand einer ordentlichen Mitgliederversammlung unter anderem auch gemäß Buchstabe (e) „die Wahl das Präsidenten, der weiteren Mitglieder des Präsidiums und der Kassenprüfer“.
Legt aber die Satzung die Tagesordnung für die ordentliche Mitgliederversammlung fest, so kann eine außerordentliche Mitgliederversammlung über diese Tagesordnungspunkte keinen Beschluss fassen. Eine derartige Vorgehensweise greift in die satzungsmäßige Zuständigkeit der ordentlichen Mitgliederversammlung ein (vgl. Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 10. Aufl., Rn. 1169). Auch insoweit leiden die auf der Versammlung vom 09.02.07 gefassten Beschlüsse unter einer nicht heilbaren Unwirksamkeit.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 1 ZPO.
IV.Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht für die Vollstreckung des Klägers auf § 709 Satz 1 ZPO, für die Vollstreckung des Beklagten auf § 708 Nr. 11 ZPO, 711 Satz 1, 711 Satz 2, 709 Satz 2 ZPO.
V.
Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 3 ZPO in Verbindung mit § 48 GKG.