LG Stralsund – Az.: 7 O 146/15 – Urteil vom 07.12.2016
1. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von 8.459,60 EUR zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten pro Jahr über dem Basiszinssatz ab dem 30.05.2015 gegenüber der Autovermietung … freizustellen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 334,15 EUR zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten pro Jahr über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2015 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Verfahren trägt die Beklagte zu 90 %, der Kläger zu 10 %.
5. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, es sei denn, dass der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird auf 9.550,06 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger beansprucht die Freistellung von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall.
Nach einem Verkehrsunfall vom 10.11.2014 wies ein Sachverständigengutachten vom 12.11.2014 Bruttoreparaturkosten i. H. v. 4.122,00 EUR für die Reparatur des klägerischen Fahrzeugs aus. Voraussetzung für die Reparatur des Fahrzeugs war eine Reparaturkostenübernahme durch die Beklagte.
Am 18.11.2014 übersandte die Beklagte ein Restwertangebot und wies darauf hin, dass damit keine Zusage zur Haftung und Deckung verbunden sei.
Laut Sachverständigengutachten sollten die Kosten für die Reparatur des Fahrzeugs unter dem Wiederbeschaffungswert liegen.
Mit Schriftsatz des Klägervertreters vom 14.01.2015 wurde die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger nicht in der Lage ist, den Schaden vorzufinanzieren und auch keinen Kredit aufnehmen oder seine KASKO-Versicherung in Anspruch nehmen will. Die Beklagte wurde darüber hinaus aufgefordert, eine Reparaturkostenübernahme zu erklären.
Mit Schreiben vom 10.02.2015 hat die Beklagte die Eintrittspflicht anerkannt und eine Reparaturkostenübernahmebestätigung erteilt.
Auf Grund vom Kläger nicht zu vertretender Umstände wurde die Kfz.-Reparatur erst am 10.03.2015 beendet.
Am 12.03.2015 gab der Kläger den Mietwagen zurück. Die Beklagte zahlte auf die Rechnung von insgesamt 10.904,59 EUR 1.354,53 EUR.
Der Kläger ist der Meinung, dass er nicht zur Vorfinanzierung des entstandenen Schadens verpflichtet war.
Er behauptet, keine Vollkaskoversicherung abgeschlossen zu haben.
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von 9.550,06 EUR zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 30.05.2015 an, gegenüber der Autovermietung …, freizustellen.
2. Die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 371,28 EUR zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten pro Jahr über dem Basiszinssatz seit dem 30.05.2015 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger habe eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Diese hätte er in Anspruch nehmen können. Sie ist der Meinung, dass die Nichtinanspruchnahme der Vollkaskoversicherung dem Kläger als Mitverschulden zuzurechnen sei.
Auch hätte der Kläger die Reparaturkosten mittels eines Kredites bestreiten können.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist zum größten Teil begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadenersatzanspruch aus dem Unfallereignis zu. Die Beklagte hat diesen Anspruch zu 100 % anerkannt.
Der Umfang des Schadenersatzanspruchs richtet sich nach § 249 BGB. Danach ist der Kläger so zu stellen, als wäre das schädigende Ereignis nicht eingetreten.
Der Kläger muss sich keinen Mitverschuldensanteil gem. § 254 BGB anrechnen lassen. Zum einen ist er nicht verpflichtet gewesen, eine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, falls ein solches Vertragsverhältnis überhaupt bestanden hat. Zum anderen ist er auch nicht verpflichtet gewesen, einen Kredit für die Reparatur des Fahrzeuges aufzunehmen. Vielmehr war es der Beklagten ohne Weiteres zuzumuten, den Schadensumfang dadurch zu mindern, dass sie zeitnah nach dem Unfallgeschehen eine Reparaturkostenübernahme erklärt hätte. Insbesondere musste sie als große Kfz.-Versicherung auch wissen und damit rechnen, dass ein geschädigter Fahrzeughalter in aller Regel ein Mietfahrzeug in Anspruch nimmt. Es hätte ihr selbst oblegen, bei verzögerter Prüfung der Eintrittspflicht beim Kläger nachzufragen und ggf. selbst ein Interimsfahrzeug dem Kläger zur Verfügung zu stellen bzw. ein günstigeres Mietfahrzeug dem Kläger anzubieten.
Der Kläger muss sich jedoch, insbesondere auch wegen der langen Mietdauer eine Eigenersparnis anrechnen lassen. Soweit ersichtlich erkennt die Rechtsprechung in solchen Fällen auf eine Eigenersparnis zwischen 5 und 15 %. Das Gericht schätzt hier mangels weiterer Anknüpfungstatsachen an Eigenersparnis von 10 % als angemessen.
Ausgehend von dem Nettorechnungsbetrag der Autovermietung i. H. v. 9.163,52 EUR abzüglich des 10 %igen Eigenanteils i. H. v. 916,35 EUR folgt die Bruttosumme (1.566,96 MwSt) i. H. v. 9.814,13 EUR. Davon abzusetzen sind bereits von der Beklagten gezahlten 1.354,53 EUR. Somit bleibt der Anspruch in tenorierter Höhe.