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Verkehrsunfall – Teilschadensersatzanspruch des Geschädigten bei Vorschaden

Das Gericht wies die Klage auf Schadensersatz nach einer Kollision zwischen einem geparkten Pkw und einem vorbeifahrenden Anhänger ab. Laut Sachverständigengutachten konnten nicht alle geltend gemachten Schäden dem Unfall zugeordnet werden und die Klägerin legte trotz offensichtlicher Vorschäden diese nicht substantiiert dar. Mangels Nachweis der unfallbedingten Schadensentstehung stehen der Klägerin weder Reparaturkosten, Wertminderung, Unkostenpauschale noch Sachverständigenkosten zu.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-8 O 297/21

✔ Kurz und knapp


  • Die Klägerin forderte Schadensersatz für Schäden an ihrem Fahrzeug, die durch einen Unfall auf einem Parkplatz verursacht wurden.
  • Der Unfallhergang war zwischen den Parteien strittig, insbesondere hinsichtlich der Ursache und des Ausmaßes der Schäden.
  • Ein Sachverständigengutachten ergab, dass die von der Klägerin geltend gemachten Schäden nicht vollständig auf den Unfall zurückzuführen sind.
  • Die Klägerin konnte das Vorliegen und die Beseitigung von Vorschäden an ihrem Fahrzeug nicht nachweisen.
  • Das Gericht wies die Klage ab, da die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht nachkam und die Schäden teilweise auf Vorschäden zurückzuführen waren.
  • Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
  • Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
  • Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten, da sie Vorschäden verschwiegen hatte.
  • Die Unfallpauschale in Höhe von 25 Euro wurde der Klägerin ebenfalls nicht zugesprochen.

Schadensersatzanspruch nach Verkehrsunfall: Vorschäden können teuer werden!

Verkehrsunfälle gehören leider zum Alltag auf unseren Straßen. Oft sind die rechtlichen Folgen für die Beteiligten komplex und schwer zu überblicken. Insbesondere wenn Vorschäden am Fahrzeug des Geschädigten eine Rolle spielen, ergeben sich häufig Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Sachverhalts und der Schadensregulierung. In solchen Fällen ist es wichtig, die rechtlichen Grundlagen zu kennen und genau zu prüfen, welche Ansprüche der Geschädigte geltend machen kann. Nur so lässt sich eine faire Lösung finden, die den Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt. Im Folgenden wollen wir uns näher mit einem konkreten Gerichtsurteil zu diesem Thema befassen, das wertvolle Erkenntnisse für die Praxis liefert.

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✔ Der Fall vor dem Landgericht Bochum


Kollision zwischen geparktem Fahrzeug und vorbeifahrendem Anhänger

Auf dem Parkplatz der Firma A. in B. kam es am 21.06.2019 zu einem Verkehrsunfall zwischen dem geparkten Fahrzeug der Klägerin und dem von dem Beklagten zu 1) geführten Fahrzeug mit Anhänger. Laut Klägerin kollidierte der Beklagte beim Vorbeifahren mit seinem Anhänger mit dem ordnungsgemäß geparkten klägerischen Fahrzeug. Dabei sei ein Sachschaden in Höhe von 3.682,95 Euro entstanden. Zudem verlangte die Klägerin Ersatz für einen merkantilen Minderwert von 1.000 Euro, Unkostenersatz von 25 Euro sowie Sachverständigenkosten von 735,90 Euro netto.

Streit um Schadensverursachung und Vorschäden

Die Beklagten bestreiten, dass der Schaden vollumfänglich durch die Berührung mit dem Anhänger verursacht wurde. Sie machen geltend, dass die geltend gemachten Schäden nicht plausibel aus dem Unfall resultieren können und event. altschädenfremde Schäden zur Abrechnung gebracht werden. Zudem beanstanden sie den Reparaturweg und die Schadenskalkulation. Insbesondere seien Kürzungen bei den Reifenkosten und Kleinteilen vorzunehmen.

Sachverständiger kann nicht alle Schäden dem Unfall zuordnen

Zur Aufklärung der technischen Zusammenhänge wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die Schäden an Stoßstangenabdeckung und Radlaufbogen dem Unfall zuzuordnen sind. Bezüglich der behaupteten Schäden an Tür und Rad konnte er jedoch keinen Unfallzusammenhang feststellen. Er beanstandete zudem die Erneuerung wiederverwendbarer Teile und den Reparaturweg.

Gericht weist Klage wegen nicht nachgewiesener Schadensentstehung ab

Das Gericht wies die Klage vollumfänglich ab. Es konnte nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die geltend gemachten Schäden in ihrer Gesamtheit bei dem Unfall entstanden sind. Dies ergab sich aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen.

Ein Teilschadensersatzanspruch für die kompatiblen Schäden wurde ebenfalls verneint. Denn die Klägerin bestritt jegliche Vorschäden, obwohl solche offensichtlich vorhanden und schadensüberlagernd waren. In einem solchen Fall muss der Geschädigte Vorschäden im Einzelnen darlegen und deren vollständige Reparatur nachweisen. Daran fehlte es hier.

Mangels ersetzbarer Schäden stehen der Klägerin daher weder Reparaturkosten, noch Wertminderung, Unkostenpauschale oder Sachverständigenkosten zu. Die Klage war daher mit der Kostenfolge abzuweisen.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Urteil verdeutlicht, dass bei unklarer Schadenszuordnung und offensichtlichen, aber nicht substanziiert dargelegten Vorschäden keine Ersatzpflicht des Schädigers besteht. Geschädigte müssen ihre Darlegungs- und Beweislast für den Umfang und die Ursächlichkeit des Schadens erfüllen, um Ersatz verlangen zu können. Bei Altschäden ist eine detaillierte Schadensschilderung und der Nachweis vollständiger Vorreparatur unerlässlich. Andernfalls geht die Schadenszuordnungslücke zulasten des Anspruchstellers. Das Urteil mahnt Geschädigte somit zu Sorgfalt und Transparenz bei der Schadensabrechnung.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Schadensersatz bei Verkehrsunfall mit Vorschäden


Wie wirken sich Vorschäden am Fahrzeug auf den Schadensersatzanspruch nach einem Unfall aus?

Vorschäden am Fahrzeug können sich erheblich auf den Schadensersatzanspruch nach einem Unfall auswirken. Grundsätzlich gilt der Geschädigte ist so zu stellen, als wäre der Unfall nicht passiert. Allerdings sind nur unfallbedingte Schäden ersatzfähig. Bestanden bereits vor dem Unfall Beschädigungen am Fahrzeug, müssen diese sorgfältig von den neu entstandenen Schäden abgegrenzt werden.

Dabei ist zu unterscheiden zwischen reparierten Vorschäden und unreparierten Altschäden. Ein reparierter Vorschaden steht dem Ersatzanspruch nicht entgegen, wenn er sich eindeutig technisch und rechnerisch vom Unfallschaden trennen lässt. Schwieriger ist die Situation, wenn sich Alt- und Neuschaden überlagern.

In diesem Fall trifft den Geschädigten eine erhöhte Darlegungs- und Beweislast. Er muss im Einzelnen darlegen

  • welcher konkrete Vorschaden vorlag
  • dass dieser fachgerecht und vollständig repariert wurde
  • welcher darüber hinausgehende Schaden unfallbedingt entstanden ist

Gelingt dieser Nachweis nicht, kann der Schadensersatzanspruch ganz entfallen. Selbst wenn der Geschädigte den Vorschaden nicht kannte, weil er das Fahrzeug gebraucht erworben hat, muss er Nachforschungen anstellen und Belege beibringen. Nur wenn sich der unfallbedingte Neuschaden klar abgrenzen lässt, bleibt der Ersatzanspruch insoweit bestehen.

Als Beispiel dient ein Fall, in dem das OLG Bremen einem Geschädigten Schadensersatz zusprach, obwohl Vorschäden am Fahrzeug bestanden. Der Kläger konnte glaubhaft machen, dass in seiner Besitzzeit bis auf einen Heckschaden keine weiteren Beschädigungen aufgetreten waren. Durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten ließ sich der unfallbedingte Schaden ermitteln und ein Abschlag für nicht reparierte Vorschäden vornehmen.

Um Probleme bei der Schadensregulierung zu vermeiden, sollten Geschädigte Vorschäden unbedingt offenlegen und deren fachgerechte Reparatur nachweisen. Auch ein Sachverständigengutachten kann helfen, den Unfallschaden genau zu beziffern und von Vorschäden abzugrenzen. Gegebenenfalls muss das Gericht im Wege der Schätzung nach § 287 ZPO einen angemessenen Abschlag vornehmen.


Welche Rolle spielt das Gutachten eines Kfz-Sachverständigen bei der Schadensabwicklung?

Ein Kfz-Sachverständigengutachten spielt bei der Schadensabwicklung nach einem Verkehrsunfall eine entscheidende Rolle. Es dient als wichtige Grundlage für die Beurteilung des Schadensumfangs und der Unfallursächlichkeit. Für juristische Laien ist es oft schwierig einzuschätzen, inwieweit ein solches Gutachten den Schadensersatzanspruch beeinflusst. Gerade bei Unklarheiten oder Zweifeln kann es daher sinnvoll sein, selbst einen unabhängigen Experten zu beauftragen.

Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten. Grundsätzlich hat der Geschädigte bei einem unverschuldeten Unfall Anspruch auf Ersatz der Kosten für ein Sachverständigengutachten. Die gegnerische Haftpflichtversicherung muss diese Kosten in voller Höhe erstatten. Eine Kürzung kommt nur in Betracht, wenn dem Geschädigten vor Auftragserteilung bekannt war, dass die Honorarsätze des beauftragten Sachverständigen deutlich über den branchenüblichen Preisen liegen.

Selbst bei einem Bagatellschaden können die Gutachterkosten erstattungsfähig sein, wenn für einen Laien nicht ausgeschlossen werden kann, dass er der sachverständigen Beratung bedarf. Vertretbare Zweifel, ob verborgene Schäden entstanden sind, gehen zulasten des Schädigers. Bei einer Mithaftung des Geschädigten werden die Sachverständigenkosten jedoch nur anteilig entsprechend der Haftungsquote erstattet.

Ein Beispiel verdeutlicht die Bedeutung des Gutachtens für Geschädigte nach einem unverschuldeten Unfall mit größerem Schaden am Fahrzeug. Der vom Geschädigten beauftragte Kfz-Sachverständige ermittelt hier nicht nur die Reparaturkosten, sondern auch einen eventuellen merkantilen Minderwert und die unfallbedingte Ausfallzeit. Diese Schadenspositionen würden bei einem bloßen Kostenvoranschlag einer Werkstatt oft unberücksichtigt bleiben, was zu finanziellen Einbußen führen kann. Das unabhängige Gutachten bietet dem Geschädigten die größtmögliche Sicherheit, um seinen Schadensersatzanspruch umfassend durchzusetzen.


Muss der Geschädigte Vorschäden offenlegen und wenn ja, in welchem Umfang?

Nach einem Verkehrsunfall ist der Geschädigte grundsätzlich verpflichtet, dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung etwaige Vorschäden am Unfallfahrzeug offenzulegen. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben sowie der Schadensminderungspflicht des Geschädigten.

Der Umfang der Anzeigepflicht hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgeblich ist, ob die Vorschäden für die Schadensabwicklung relevant sein können. Insbesondere Vorschäden im Bereich der unfallbedingten Beschädigungen müssen detailliert dargelegt werden, damit eine Abgrenzung möglich ist. Dazu gehören Angaben zu Art, Ausmaß und ggf. erfolgter Reparatur der Vorschäden.

Hatte der Geschädigte selbst keine Kenntnis von Vorschäden, etwa weil sie ihm beim Gebrauchtwagenkauf verschwiegen wurden, treffen ihn geringere Anforderungen. Er genügt seiner Darlegungslast dann schon, wenn er substantiiert vorträgt, das Fahrzeug selbst in unbeschädigtem Zustand erworben zu haben. Für Vorschäden vor seiner Besitzzeit muss er keine Einzelheiten zu Reparaturen darlegen.

Verschweigt der Geschädigte ihm bekannte Vorschäden arglistig, drohen ihm erhebliche Nachteile. Die Versicherung kann die Regulierung dann ganz oder teilweise ablehnen. Im Extremfall kommt sogar eine Strafbarkeit wegen versuchten Betrugs in Betracht.

Um solche Risiken zu vermeiden und den Schadensersatzanspruch nicht zu gefährden, sollte der Geschädigte Vorschäden stets umfassend und proaktiv offenlegen. Als Faustregel gilt Vorschäden im Zweifel lieber anzugeben, auch wenn ihre Relevanz nicht sicher erscheint. So lässt sich der Anspruch am besten durchsetzen.


Kann der Geschädigte Ersatz für merkantile Wertminderung und Nutzungsausfall verlangen, wenn das Fahrzeug Vorschäden hatte?

Grundsätzlich kann der Geschädigte auch bei einem Fahrzeug mit Vorschäden Ersatz für die merkantile Wertminderung und den Nutzungsausfall verlangen. Allerdings muss er dafür den Nachweis erbringen, dass die geltend gemachten Schäden tatsächlich unfallbedingt sind und nicht bereits als Vorschäden vorlagen.

Bei der merkantilen Wertminderung kommt es darauf an, ob der Vorschaden fachgerecht und vollständig repariert wurde. War dies der Fall, steht dem Geschädigten die Wertminderung in voller Höhe zu. Handelt es sich jedoch um einen deckungsgleichen Schaden, fällt die Wertminderung für den Zweitschaden geringer aus oder entfällt ganz, da aus Sicht eines Käufers entscheidend ist, dass es sich um ein Unfallfahrzeug handelt.

Für den Nutzungsausfall gelten ähnliche Grundsätze. Der Geschädigte muss darlegen und beweisen, dass die geltend gemachte Ausfallzeit tatsächlich durch die unfallbedingten Reparaturmaßnahmen verursacht wurde. Sind Standzeiten auf die Beseitigung von Vorschäden zurückzuführen, besteht insoweit kein Ersatzanspruch.

Um seine Ansprüche zu sichern, sollte der Geschädigte Vorschäden gegenüber dem Gutachter offenlegen. Dieser kann dann eine konkrete Schadensabgrenzung vornehmen. Verschweigt der Geschädigte hingegen bekannte Vorschäden, riskiert er, dass die gegnerische Versicherung die Regulierung insgesamt ablehnt.

Als Beispiel dient folgender Fall. A erleidet mit seinem vorgeschädigten Pkw einen Heckaufprall. Der Gutachter stellt unfallbedingte Reparaturkosten von 3.000 € fest, wobei 500 € auf die Beseitigung des Vorschadens entfallen. A hat Anspruch auf Ersatz von 2.500 € sowie eine reduzierte merkantile Wertminderung. Für die Reparaturdauer von 5 Tagen steht ihm Nutzungsausfall nur für 4 Tage zu, da ein Tag auf den Vorschaden entfällt.

Letztlich kommt es immer auf den Einzelfall an. Mit einem detaillierten Vortrag zur fachgerechten Vorschadensbeseitigung und einem aussagekräftigen Gutachten zur Schadensabgrenzung hat der Geschädigte aber gute Chancen, seine berechtigten Ansprüche auch bei einem vorgeschädigten Fahrzeug durchzusetzen.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG): Regelt die Haftung des Fahrzeughalters bei Unfällen. Hier ist die Haftung des Beklagten zu 1) relevant, da sein Fahrzeug mit dem der Klägerin kollidierte.
  • § 18 Abs. 1 StVG: Ergänzt die Haftung des Fahrzeugführers. Der Beklagte zu 1) könnte auch als Fahrer des Anhängers verantwortlich gemacht werden.
  • § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Betrifft die Haftung für unerlaubte Handlungen. Die Klägerin beruft sich auf diesen Paragraphen, um Schadensersatz zu fordern.
  • § 115 Abs. 1 Nr. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Regelt die Haftung des Versicherers bei Verkehrsunfällen. Die Beklagte zu 2) ist die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 1).
  • § 287 Zivilprozessordnung (ZPO): Bezieht sich auf die Beweislast und die richterliche Überzeugungsbildung. Das Gericht entschied, dass die Klägerin den Beweis für die vollständige Schadensverursachung durch den Unfall nicht erbringen konnte.
  • § 91 ZPO: Bestimmt, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt. Da die Klage abgewiesen wurde, muss die Klägerin die Kosten tragen.
  • § 319 Abs. 1 ZPO: Erlaubt die Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten im Urteil. Dies war im vorliegenden Fall notwendig, um die Parteibezeichnung zu korrigieren.
  • OLG München NZV 2006, S. 261: Präzisiert die Bedingungen für Teilschadensersatzansprüche. Diese Rechtsprechung wird zitiert, um zu erklären, warum der Klägerin kein Teilschadensersatz zusteht.

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⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Bochum

LG Bochum – Az.: I-8 O 297/21 – Urteil vom 02.05.2023

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis vom 21.06.2019 auf dem Parkplatz der Firma A. in B..

Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt Eigentümerin des Fahrzeugs L. mit dem amtlichen Kennzeichen F.. Der Beklagte zu 1) war zum Unfallzeitpunkt Halter und Führer des bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten PKW mit dem amtlichen Kennzeichen S..

Der Unfallhergang ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin macht geltend, zum Unfallzeitpunkt sei das klägerische Fahrzeug auf dem Parkplatz der Firma A. ordnungsgemäß durch den Geschäftsführer der Klägerin geparkt worden. Er selbst sei zum Unfallzeitpunkt nicht vor Ort gewesen. Beim Vorbeifahren sei der Beklagte zu 1) mit dem von ihm mitgeführten Anhänger mit dem geparkten Klägerfahrzeug kollidiert. Das Schadensereignis sei vom Beklagten zu 1) allein verursacht und verschuldet worden. Das weit überwiegende Verschulden sowie die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs konsumiere jeden Tatbeitrag der Klägerin sowie die Betriebsgefahr des von ihr ordnungsgemäß geparkten Fahrzeugs.

Infolge des Zusammenstoßes habe das klägerische Fahrzeug einen Sachschaden in Höhe von 3.682,95 Euro erlitten. Zudem betrage der merkantile Minderwert 1.000,- Euro. Ebenso stünde ihr auch ein Unkostenbetrag in Höhe von 25,- Euro zu. Schließlich habe der privat beauftrage Sachverständige ihr für die Gutachtenerstattung einen Betrag in Höhe von 735,90 Euro netto in Rechnung gestellt.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 4.707,94 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.02.2020 zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie von einer Forderung der P. GmbH anlässlich eines Verkehrsunfalles vom 21.06.2019 in O. in Höhe von 735,90 Euro freizustellen und die Freistellung zu bewirken,

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, sie von einer Forderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 480,20 Euro freizustellen und die Freistellung zu bewirken.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten machen geltend, das Beklagtenfahrzeug habe den behaupteten Schaden nicht (vollumfänglich) verursacht. Das von der Klägerseite geschilderte Ereignis sei nicht plausibel. Es sei lediglich zutreffend, dass es zu einer Berührung zwischen dem klägerischen Pkw sowie dem Anhänger des Fahrzeuggespanns der Beklagtenseite gekommen sei. Aus technischer Sicht können die geltend gemachten Schäden nicht auf dem streitgegenständlichen Schadensereignis beruhen. Es werde vielmehr ein erkennbar ereignisfremder Altschaden zur Abrechnung gebracht. Insofern entfalle eine Einstandspflicht der Beklagtenseite, da die Klägerin ihrer Darlegungslast bezüglich des Vorschadens nicht nachgekommen sei. Zudem greife vorliegend der Grundsatz der Verwirkung, da die Klägerseite einen, zumindest teilweise, nicht unfallbedingten Schaden verfolge. Es sei zudem sehr befremdlich, dass das Sachverständigengutachten von einem Sachverständigenbüro aus Y. vorgenommen worden sei. Daher sei eine Begutachtung des klägerischen Fahrzeuges durch das Sachverständigenbüro „C. GmbH“ mit Nichtwissen zu bestreiten. Darüber hinaus seien auch Kürzungen bei den Instandsetzungskosten vorzunehmen. Insofern sei bei den Reifen ein Abzug „Alt für Neu“ vorzunehmen und insofern lediglich ein Betrag in Höhe von 169,92 Euro in Ansatz zu bringen. Zudem sei für die Position Kleinersatzteile ein Abzug in Höhe von 5,09 Euro vorzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der Kammer überreichten Unterlagen ergänzend Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen D.. Zudem hat es den Geschäftsführer der Klägerin, Herrn Z., sowie den Beklagte zu 1) persönlich angehört. Bezüglich der Ergebnisse wird auf das Gutachten vom 28.09.2022 (Bl. 184 ff. d. eAkte) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.02.2022 (Bl. 142 ff. eAkte) Bezug genommen.

Mit entsprechendem Einverständnis der Parteien hat die Kammer mit Beschluss vom 28.03.2023 eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet. Die Parteien hatten Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis zum 11.04.2023.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Insbesondere folgt dieser gegen den Beklagten zu 1) nicht aus § 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG oder § 823 Abs. 1 BGB und gegen die Beklagten zu 2) nicht aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG.

1.

Zwar steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Beklagte zu 1) beim Einparkvorgang mit dem klägerischen Fahrzeug kollidierte. Insofern ist der für die genannten Anspruchsgrundlagen erforderliche äußere Tatbestand, der von der Klägerin behaupteten Rechtsgutverletzung grundsätzlich anzunehmen. Mithin ist die haftungsbegründete Kausalität vorliegend zu bejahen.

3.

Allerdings kann die Kammer auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im Sinne von § 287 ZPO feststellen, dass die von der Klägerin behaupteten Schäden in ihrer Gesamtheit bei diesem Unfall entstanden sind.

Hiergegen spricht das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. D. vom 28.09.2022.

Der Sachverständige führt aus, dass zum technischen Nachweis der Verursachung der Schäden am klägerischen Fahrzeug durch den Beklagten-Anhänger keine ausreichenden Anknüpfungsparameter vorliegen. Jedoch spreche gleichermaßen die Auswertung der Schadensmorphologie dafür, dass die Schäden an der Stoßfängerabdeckung des Klägerfahrzeugs und dem Radlaufbogen dem streitgegenständlichen Unfallereignis entstammen. Zudem zeigen sich am rechten Hinterrad keine Schäden am Leichtmetallrad. Die Reifenseitenwand zeige Druckspuren, diese lassen sich jedoch nicht individuell und allein auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückführen. Ohne weiteres sei nicht nachvollziehbar, dass der Schaden an der Fronttür aus dem hier streitgegenständlichen Unfallereignis stamme. Vor dem Hintergrund des zu beanstandenden Reparaturweges, welcher die Erneuerung von wiederverwendbaren Teilen vorsehe, rechtfertigten sich insbesondere die Erneuerung des rechten Hinterrades und die Reparatur der Tür nicht.

Die Ausführungen des Sachverständigen Dipl-Ing. D. sind in jeder Hinsicht überzeugend und nachvollziehbar. Der Sachverständige ist bei der Begutachtung zutreffend von den durch die Lichtbilder dokumentieren Schäden an den unfallbeteiligten Fahrzeugen ausgegangen und hat diese auf ihre Kompatibilität zueinander sowie zu dem von den Parteien behaupteten Unfallhergang überprüft. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen nach eigener Sachprüfung vollumfänglich an.

Der Klägerin steht weiterhin auch nicht ein Anspruch der seitens des Sachverständigen berechneten Teilreparaturkosten in Höhe von 1.983,37 Euro zu.

Zwar ist es grundsätzlich in der Rechtsprechung anerkannt, dass für den Fall, dass ein zumindest abgrenzbarer Teil der seitens der Klägerin geltend gemachten Schäden auf das Unfallereignis zurückzuführen sind, diese ersetzt verlangt werden können (vgl. OLG München NZV 2006, S. 261). Allerdings ist ein solcher Teilschadensersatzanspruch der Klägerin verwehrt, wenn bewiesen ist, dass ein Teil der geltend gemachten Schäden am Unfallfahrzeug nicht auf die Kollision zurückzuführen sind und der Geschädigte zu den nicht kompatiblen Schäden keine Angaben macht, sondern vielmehr das Vorliegen irgendwelcher Vorschäden bestreitet (vgl. KG BeckRS 2007, 12643; KG BeckRS, 02982; vgl. auch Janke, in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl., § 249 Rn. 89 mwN.). Diese Unsicherheit führt zur vollständigen Klageabweisung (vgl. OLG Düsseldorf BeckRS 2017, 104786). Vorliegend ist genau diese Konstellation anzunehmen. Die Klägerin bestreitet das Vorliegen etwaiger Altschäden. Insofern gab der Geschäftsführer der Klägerin an, dass sein Fahrzeug vor dem hier streitgegenständlichen Unfallereignis keine anderweitigen Unfälle erlitten hätte. Auch im Unfallbereich hätte das Fahrzeug keine Altschäden aufgewiesen. Das Fahrzeug sei zum Unfallzeitpunkt ca. ein ¾ Jahr alt gewesen. Er habe das Fahrzeug mit einem Kilometerstand von 800 Kilometern gekauft. Da das unfallgeschädigtes Fahrzeug von Vorschäden betroffen ist, die den geltend gemachten Schaden überlagern, hätte die Klägerin zur Begründung ihrer Ersatzbegehrens nicht nur den Umfang der Vorschäden im Einzelnen darlegen, sondern auch spezifiziert vortragen müssen, welche Reparaturmaßnahmen in der Vergangenheit zur vollständigen und ordnungsgemäßen Beseitigung der Vorbeeinträchtigungen durchgeführt worden sind und, ob eventuelle Reparaturmaßnahmen jeweils in Übereinstimmung mit den gutachterlichen Instandsetzungsvorgaben standen (vgl. OLG Düsseldorf aaO.).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin das Fahrzeug als gebrauchten Vorführwagen gekauft hat. Insofern hätte es sodann einen Vortrag dahingehend berufen, ob die Klägerin das Fahrzeug mit einem Nachweis über eine Reparatur der Vorschäden gekauft hat (KG 25.2.2010 – 22 U 163/09). An einem entsprechenden Vortrag fehlt es in Gänze.

4.

Da die Klägerin bereits gegenüber dem außergerichtlichen Sachverständigen E. die Vorschäden verschwiegen hat, kann sie die diesbezüglichen Sachverständigenkosten nicht ersetzt verlangen (vgl. KG NZV 2004, 470).

5.

Mangels ersetzbarer Schäden steht der Klägerin ebenfalls die Unfallpauschale in Höhe von 25,- Euro nicht zu.

II.

Nach allem war die Klage mit der sich aus § 91 ZPO ergebenen Kostenfolge abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 5.443,84 EUR festgesetzt.

Berichtigungsbeschluss vom 14. August 2023

… wird der Tenor des Urteils der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 02.05.2023 gemäß § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass er wie folgt lautet:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leisten.

Gründe:

Der Kostentenor des am 02.05.2023 verkündeten Urteils der Kammer war wegen offensichtlicher Unrichtigkeit zu berichtigten.

Eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 319 Abs. 1 ZPO liegt vor, wenn sie sich aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder aus den Vorgängen bei seiner Verkündung ergibt und ohne weiteres erkennbar ist (BGHZ 20, 188, 192; BGH MDR 1993, 382; BGH-Report 2003, 1168; Senat Beschl. v. 27. 12. 2006, Az. I-24 W 96/06, OLGR Düsseldorf 2007, 49; OLG Düsseldorf BeckRS 2009, 23780).

Von einer solchen offensichtlichen Unrichtigkeit der Parteibezeichnung im zweiten Absatz des Tenors („die Beklagte“ statt „der Klägerin“) bezüglich der Bezeichnung der kostenpflichtigen Partei ist vorliegend auszugehen. Bereits aus der Tenorierung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit lässt sich erkennen, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

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