Kein Vertrag ohne Geschäftfähigkeit – Das gilt es zu beachten
In Deutschland unterliegt ein Vertrag grundsätzlich der Vertragsfreiheit. Dies bedeutet, dass zwei Vertragspartner dem reinen Grundsatz nach über den Inhalt des Vertrages frei entscheiden können. Damit jedoch ein rechtlich wirksamer Vertrag zustande kommen kann, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Ein wesentlicher Aspekt für einen rechtlich gültigen Vertrag ist die Geschäftsfähigkeit bei Vertragsschluss.
Übersicht:
- Kein Vertrag ohne Geschäftfähigkeit – Das gilt es zu beachten
- Die Willenserklärung in vertraglichen Beziehungen
- Die Problematiken in der gängigen Praxis
- Erfährt ein Vertrag lediglich dann seine rechtliche Gültigkeit, wenn die Schriftform gewählt wird?
- In diesen Fällen ist die Schriftform bei dem Vertrag vorgeschrieben
- Der Gesetzgeber möchte schützen
- Welche Personen dürfen in Deutschland überhaupt einen Vertrag abschließen?
- Diese Personen gelten als geschäftsunfähig
Die Willenserklärung in vertraglichen Beziehungen
Der Vertrag wird rechtlich betrachtet als Willenserklärungen angesehen, welche dem Inhalt nach übereinstimmen. Für einen Vertrag sind dementsprechend mindestens zwei verschiedene Vertragsparteien zwingend erforderlich. In der gängigen Praxis werden diese Willenserklärungen auch als Angebot sowie Annahme definiert.
Die Problematiken in der gängigen Praxis
Problematisch im Zusammenhang mit einem Vertrag besteht darin, dass der reine Vertragsabschluss an sich nicht immer automatisch als solcher auch tatsächlich erkennbar ist. Gerade im Zusammenhang mit den Alltagsgeschäften ist dies nicht selten der Fall. So gilt beispielsweise bereits der simple Erwerb eines Brötchens beim Bäcker als Kaufgeschäft, welches vertragsrelevante Eigenheiten aufweist. Dies gilt im Übrigen für jede Leistungsinanspruchnahme. Der Käufer gibt eine sogenannte konkludente Willenserklärung als Reaktion auf ein Angebot des Verkäufers ab. Hieraus resultiert dann ein Vertragsabschluss.
Erfährt ein Vertrag lediglich dann seine rechtliche Gültigkeit, wenn die Schriftform gewählt wird?
Der Gesetzgeber schreibt in Deutschland für einen Vertrag nicht zwingend die Schriftform vor. Aus diesem Grund kann ein Vertrag auch dann seine rechtliche Gültigkeit erfahren, wenn die Schriftform nicht gewählt wird. Ein Vertrag kann vielmehr auch mündlich zwischen zwei Vertragsparteien zustande kommen. Die Grundlage für die Gültigkeit des Vertrages ist jedoch, dass beide Vertragsparteien sich über den Inhalt des Vertrages einigen respektive ein Käufer ein Angebot eines Käufers durch die Willenserklärung zum Kauf annimmt.
In zahlreichen Fällen ist die Schriftform des Vertrages dennoch sehr ratsam. Durch die Schriftform werden beide Vertragsparteien ein Stück weit geschützt und können im Fall von Streitigkeiten eine bessere Beweisführung realisieren. Es gibt auch Ausnahmefälle, bei denen der Gesetzgeber im Zusammenhang mit einem Vertrag ausdrücklich die Schriftform vorschreibt bzw. eine notarielle Beurkundung zwingend erforderlich wird.
In diesen Fällen ist die Schriftform bei dem Vertrag vorgeschrieben
- ein Grundstückskauf- bzw. -verkaufsgeschäft
- die Kündigung aufgrund von arbeitsrechtlichen Bestimmungen
- das Schenkungsgeschäft
- die Bürgschaftserklärung.
Der Gesetzgeber möchte schützen
Der Grund, warum bei derartigen Vertragsgeschäften die Schriftform zwingend vorgeschrieben ist, liegt in dem Schutzgedanken des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber möchte die beiden Vertragspartner davor schützen, eventuell übereilte Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Vertrag zu treffen. Gerade im Zusammenhang mit hohen Geldsummen, wie es bei einem Grundstückskauf der Fall ist, oder bei Rechtsgeschäften mit sehr großer Tragweite – bei einer Bürgschaft – wird durch die zwingend gesetzlich vorgeschriebene Schriftform den beiden Vertragspartnern die Gelegenheit der genauen Prüfung aller Rahmenumstände gegeben. Problematisch hierbei ist allerdings der Umstand, dass gewisse vertragliche Klauseln durchaus ein entsprechendes juristisches Wissen voraussetzen. Dieses juristische Wissen ist jedoch bei Weitem nicht bei jedem Bürger gegeben, sodass die genaue Prüfung der Rahmenbedingungen des Vertrages für Laien oftmals schwer ist.
Welche Personen dürfen in Deutschland überhaupt einen Vertrag abschließen?
Der Gesetzgeber setzt für die rechtliche Wirksamkeit eines Vertrages voraus, dass beide Vertragsparteien auch dazu in der Lage sind, die rechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Gefordert wird explizit eine sogenannte Geschäftsfähigkeit. Durch die Voraussetzung der Geschäftsfähigkeit geht der Gesetzgeber davon aus, dass beide Vertragsparteien die Fähigkeit zur Einsicht und zur Fällung eines entsprechenden Urteils im Zusammenhang mit dem Vertrag sowie dessen rechtlichen Auswirkungen besitzen. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich in dem § 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wieder. Gem. dieses Paragrafen ist automatisch jede Person geschäftsfähig, welche das 18. Lebensjahr erreicht bzw. vollendet hat.
Aus den unterschiedlichsten Gründen heraus kann die Geschäftsfähigkeit bei einer Person jedoch auch fehlen. Die gängigsten Gründe hierfür sind das noch nicht vollendete 18. Lebensjahr oder auch geistige Störungen. Der Gesetzgeber schützt diese Personenkreise explizit vor Vertragsabschlüssen, da von einer mangelnden Einsicht im Zusammenhang mit der rechtlichen Tragweite des Vertrages ausgegangen wird.
Diese Personen gelten als geschäftsunfähig
- gem. § 104 Nr. 1 BGB: Kinder, welche das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet haben
- gem. § 104 Nr. 2 BGB: Personen, bei denen eine geistige krankhafte Störung attestiert wurde
- Personen mit einer geistigen Behinderung (fortgeschrittene Demenz, affektive Störungen)
Ein abgeschlossener Vertrag gilt als unwirksam, wenn eine Vertragspartei als geschäftsunfähig gilt!
Sonderform: beschränkte Geschäftsfähigkeit!
Es gibt Fallsituationen, in denen die sogenannte beschränkte Geschäftsfähigkeit vorliegt. In der gängigen Praxis betrifft dies sowohl Kinder als auch Teenager, welche sich altersmäßig im Bereich von 7 – 17 Jahren bewegen. Verträge, die mit beschränkt geschäftsfähigen Personen abgeschlossen werden, sind nicht zwingend automatisch rechtlich unwirksam. Vielmehr können diese Personen in einem eingeschränkten Umfang Rechtsgeschäfte und damit auch Verträge abschließen. In der gängigen Praxis betrifft dies die Einkäufe des sogenannten täglichen Lebens, für die ausdrücklich keine vorherige Erlaubnis erforderlich sind.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang der § 110 BGB, welcher allgemein hin auch als „Taschengeldparagraf“ bekannt ist. Dieser Paragraf legt ausdrücklich fest, dass die Einkäufe von Personen im Altersrahmen von 7 bis 17 Jahren auf diejenige Summe eingeschränkt wird, welche diese Personen als Taschengeld respektive Geldgeschenke erhalten.
Der Taschengeldparagraf schließt ausdrücklich Ratenkäufe oder auch Überweisung aus, sodass diese Rechtsgeschäfte als rechtlich ungültig anzusehen sind.
Welche Folge ergibt sich für einen Vertrag, welcher mit geschäftsunfähigen Personen abgeschlossen wurde?
Diejenigen Verträge, welche mit einer geschäftsunfähigen Person abgeschlossen wurden, gelten rechtlich betrachtet als nichtig. In dem allgemeinen Rechtsverkehr hat der Geschäftspartner hierfür das Risiko zu tragen und kann dementsprechend auch nicht das Argument des guten Glaubens im Zusammenhang mit der Geschäftsfähigkeit anbringen. Sollte es infolge des Vertrages zu einem finanziellen Schaden gekommen sein, so muss der entsprechende Vertragspartner eine Rückabwicklung des Vertrages vornehmen und den von der geschäftsunfähigen Person gezahlten Betrag rückerstatten.
Diese Rückzahlungsverpflichtung gilt rechtlich betrachtet als uneingeschränkt. Sollte also eine geschäftsunfähige Person den neuesten High-End-Fernseher kaufen, so ist das Kaufgeschäft aufgrund der fehlenden Geschäftsfähigkeit rechtlich nichtig und der Kauf wird rückabgewickelt. Die geschäftsunfähige Person ist dazu verpflichtet, den Fernseher zurückzugeben.
Geschäftsfähigkeit von Kindern
In der gängigen Praxis ist die Thematik der Geschäftsfähigkeit, insbesondere für die Erziehungsberechtigten von Kindern interessant. Es kommt nicht selten vor, dass Kinder in der Abwesenheit der Eltern ohne das Wissen der Erziehungsberechtigten einen Vertrag abschließen. Durch das Internet lässt sich ohne Weiteres eine kostenpflichtige Handyapp herunterladen oder Waren bestellen. Dieses Verhalten hat in der Regel zur Folge, dass rechtliche Streitigkeiten mit dem entsprechenden Anbieter als Vertragspartner drohen.
Gerade dann, wenn das bereits bezahlte Geld durch den Anbieter zurückgeführt werden soll, gibt es für gewöhnlich sehr schnell eine mangelnde Bereitschaft der Anbieter. Viele Anbieter argumentieren damit, dass die Eltern auf ihre Kinder hätten aufpassen sollen oder dass die Eltern eine gewisse Form der Mitschuld tragen, da das Kind ohne die Aufsicht der Eltern an die technischen Gerätschaften zum Abschluss eines Vertrages gelangt sind. Eine derartige Argumentation ist zwar rechtlich betrachtet absolut nicht haltbar, allerdings werden die meisten Anbieter diese oder ähnliche Argumente ins Feld führen. Die Zielsetzung ist dabei stets die gleiche – das gezahlte Geld soll vollständig oder zumindest teilweise bei dem Anbieter verbleiben.
Verträge mit geschäftsunfähigen Personen sind nichtig
Die Erziehungsberechtigten sollten sich jedoch im Zusammenhang mit dieser Thematik nicht durch einen hartnäckigen Anbieter verunsichern lassen. Der Gesetzgeber in Deutschland hat diesbezüglich sehr klare gesetzliche Regelungen festgeschrieben, sodass jeder Vertrag mit einer geschäftsunfähigen Person automatisch als rechtlich nichtig zu betrachten ist. Dies gilt gänzlich ohne Einschränkungen. Im Zusammenhang mit der beschränkten Geschäftsfähigkeit kommt es stets auf den Einzelfall an sich an, welcher dann geprüft werden muss. Hierfür sollten sich die Erziehungsberechtigten dann jedoch besser der Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts für Vertragsrecht bedienen.
Fazit
Es ist wichtig zu wissen, dass überall dort, wo Menschen Verträge schließen, die Geschäftsfähigkeit eine entscheidende Rolle spielt. Ein Vertrag ist ein rechtsverbindlicher Abschluss zwischen mindestens zwei Vertragspartnern. In der Regel muss er schriftlich festgehalten werden, in Ausnahmefällen reicht auch die mündliche Absprache. Ein Vertrag ist nichtig, wenn eine der Vertragspartner keine Geschäftsfähigkeit aufweist – aufgrund des Alters oder einer Störung der geistigen Gesundheit.Wenn Sie Fragen oder Probleme im Vertragsrecht oder zur Geschäftsfähigkeit haben, können Sie uns kontaktieren und eine Ersteinschätzung anfordern. Unsere Experten helfen Ihnen gerne weiter, damit Sie alle rechtlichen Fragen klären und sicher sein können, dass Ihr Vertrag wirksam und rechtsverbindlich ist und keine rechtliche Streitigkeiten drohen