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Wohnungseigentumsveräußerung – Verwalterklage

BGH

Az: V ZR 166/10

Urteil vom 13.05.2011


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2011 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 9. Juni 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand

Der Klägerin gehört eine Eigentumswohnung in einer Wohnanlage, nach deren Gemeinschaftsordnung die Veräußerung von Wohnungseigentum, abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen, der Zustimmung durch den Verwalter bedarf, welche die Wohnungseigentümer durch einen Beschluss mit einfacher Mehrheit ersetzen können. Mit Vertrag vom 19. Januar 2009 verkaufte die Klägerin ihre Eigentumswohnung an ihren Prozessbevollmächtigten II. Instanz. Die seinerzeitige Verwalterin teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30. Januar 2009 mit, es gebe Unstimmigkeiten wegen der Erteilung der Zustimmung. Deshalb solle die Angelegenheit in der nächsten Versammlung den Wohnungseigentümern zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Auf der Versammlung am 19. Februar 2009 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Zustimmung zu verweigern. Da die bisherige Verwalterin dem Beschluss nicht entsprechen wollte, ersetzten sie diese durch den Beklagten, der die Zustimmung nicht erteilte. Die Klägerin nimmt ihn auf Erteilung der Zustimmung in Anspruch. Dieser hält die übrigen Wohnungseigentümer für passivlegitimiert und macht geltend, es lägen wichtige Gründe für die Verweigerung der Zustimmung vor.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision will die Klägerin weiterhin die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Zustimmung zu dem Verkauf ihrer Wohnung erreichen. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage mangels Passivlegitimation des Beklagten für unbegründet. Auf Zustimmung sei im vorliegenden Fall nicht der Beklagte als Verwalter der Anlage zu verklagen, sondern die übrigen Wohnungseigentümer. Zwar sei die Erteilung der Zustimmung zum Verkauf einer Eigentumswohnung nach der Teilungserklärung grundsätzlich Sache des Verwalters. Hier hätten die Wohnungseigentümer aber von ihrem Recht Gebrauch gemacht, die Angelegenheit an sich zu ziehen. Dann aber müsse der an dem Verkauf seiner Wohnung interessierte Wohnungseigentümer die übrigen Wohnungseigentümer und nicht die Verwaltung in Anspruch nehmen.

II.

Diese Erwägung trifft zu.

1.

Dem Eigentümer einer Eigentumswohnung steht nach § 12 Abs. 2 WEG ein Anspruch auf Erteilung der in der Teilungserklärung vorgesehenen Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum zu, wenn ein wichtiger Grund, der die Verweigerung der Zustimmung rechtfertigt, nicht vorliegt (OLG Hamm, NJW-RR 1993, 279, 280; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 12 Rn. 41).

2.

Schuldner dieses Anspruchs ist derjenige, von dessen Zustimmung die Veräußerung der Eigentumswohnung nach der Teilungserklärung abhängt. Das ist der Verwalter, wenn die Teilungserklärung die Veräußerung von seiner Zustimmung abhängig macht. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Verwalter – wie hier – die Zustimmung auf Grund eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümer verweigert oder nicht erteilt. Dann richtet sich der Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat.

a)

Die Frage, ob in dieser Konstellation der Verwalter oder die übrigen W ohnungseigentümer auf Erteilung der Zustimmung in Anspruch zu nehmen sind, ist bislang in einem entscheidenden Punkt nicht geklärt. Einigkeit besteht einerseits darüber, dass der Verwalter seine Passivlegitimation nicht allein deshalb verliert, weil er bei der Verweigerung der Zustimmung einer Weisung der Wohnungseigentümer folgt (Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 12 Rn. 47; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 12 Rn. 62). Im Wesentlichen unumstritten ist andererseits, dass die Wohnungseigentümer selbst passivlegitimiert sind, wenn sie die, wie formuliert wird, „Erklärungskompetenz“ an sich gezogen haben (BayObLG, BayObLGZ 1980, 29, 35; OLG Köln, ZMR 2010, 54, 55; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1994, 1103 [in casu aber wegen Nichtbefassung verneint]; Klein in Bärmann, aaO, § 12 Rn. 42 aE; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 12 Rn. 62, Riecke/Schmid/Schneider, WEG, 3. Aufl., § 12 Rn. 152 aE; Gottschalg in FS Deckert [2002] S. 161, 168). Wann der eine und wann der andere Fall anzunehmen ist, wird einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls überlassen. Kriterien, anhand derer die Würdigung vorzunehmen ist, fehlen.

b)

Diese Unterscheidung überzeugt den Senat nicht. Der Verwalter ist für eine Klage auf Erteilung der Zustimmung zum Verkauf von Wohnungseigentum nur passivlegitimiert, solange die Wohnungseigentümer die Zustimmung nicht verweigert oder Vorgaben für ihre Erteilung getroffen haben. Ist das geschehen, sind die Wohnungseigentümer selbst passivlegitimiert.

aa)

Auszugehen ist davon, dass eine Regelung der Teilungserklärung, welche die Veräußerung von Wohnungseigentum von der Zustimmung des Verwalters abhängig macht, dem Verwalter in aller Regel keine originäre eigene Kompetenz verschafft, die nur er allein wahrnehmen könnte. Der Verwalter wird bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung vielmehr als Treuhänder und mittelbarer Stellvertreter der Wohnungseigentümer tätig (BGH, Urteil vom 26. September 1990 – IV ZR 226/89, BGHZ 112, 240, 242; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1987, 269; OLG Köln, OLGZ 1984, 162, 163; Timme/ Hogenschurz, WEG, § 12 Rn. 23). Diese sind zwar auch auf Vorlage durch den Verwalter oder den betroffenen Wohnungseigentümer nicht verpflichtet, sich mit der Zustimmung zur Veräußerung zu befassen (OLG Zweibrücken, NJW-RR 1994, 1103). Sie können sich aber, anders als die Klägerin meint, jederzeit – auch ohne Vorlage des Verwalters oder des betroffenen Wohnungseigentümers – mit der Zustimmung zur Veräußerung befassen und die Entscheidung darüber an sich ziehen und selbst treffen (BayObLG, BayObLGZ 1980, 29, 35; OLG Hamm, NZM 2001, 953, 954; OLG Köln, OLGZ 1984, 162, 163; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1987, 269; Klein in Bärmann, aaO, § 12 Rn. 25; Bub, NZM 2001, 502, 503). Etwas anderes gilt nur, wenn die Teilungserklärung ausnahmsweise dem Verwalter die Erteilung der Zustimmung eindeutig als eigenes – nur von ihm wahrnehmbares Recht – zuweist (Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 12 Rn. 8; Bub, NZM 2001, 502, 503). Dieser Fall liegt hier nicht vor. Nach der Teilungserklärung haben die Wohnungseigentümer die Möglichkeit, die Zustimmung zu erteilen, auch wenn sie der Verwalter verweigern möchte. Diese Möglichkeit schließt die Annahme einer eigenständigen, nicht rückholbaren Zustimmungskompetenz des Verwalters aus.

bb)

Eine inhaltliche Befassung der Wohnungseigentümer mit der Frage der Erteilung der Zustimmung schließt zwar eine eigenständige Mitwirkung des Verwalters nicht in jedem Fall aus. Sie wäre etwa dann möglich, wenn die Wohnungseigentümer nur einige Vorgaben beschließen, dem Verwalter aber im Übrigen freie Hand lassen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Dezember 1995 – V ZB 4/94, BGHZ 131, 346, 352 für Zustimmung zu baulichen Veränderungen). Etwas anderes gilt aber, wenn die Wohnungseigentümer als Ergebnis ihrer Befassung mit der Angelegenheit eine Entscheidung treffen und beschließen, die Zustimmung zu verweigern. Mit dieser Entscheidung durch die Wohnungseigentümer selbst verliert der Verwalter sein Recht, als deren Treuhänder und Stellvertreter über die Zustimmung zu entscheiden. Er ist dann nur noch Vollzugsorgan und hat die Entscheidung der Wohnungseigentümer ohne eigenen Entscheidungs- oder Gestaltungsspielraum umzusetzen. Dabei macht es keinen Unterschied, in welcher Form die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung treffen: ob sie den Verwalter anweisen, die Zustimmung zu verweigern, ob sie selbst die Verweigerung beschließen oder ob sie auch beschließen, die Entscheidung selbst dem betroffenen Wohnungseigentümer bekanntzugeben. Entscheidend ist, ob die Wohnungseigentümer das Ergebnis – die Verweigerung der Zustimmung – vorgegeben haben. Ist das der Fall, sind in Wirklichkeit wieder sie selbst Träger der Zustimmungskompetenz, nicht mehr der Verwalter. Als Folge der Rückholung ihrer auf den Verwalter nur delegierten Entscheidungskompetenz sind jetzt die Wohnungseigentümer selbst Schuldner des Zustimmungsanspruchs des betroffenen Wohnungseigentümers, wenn ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung nicht bestehen sollte. Der Verwalter könnte die Zustimmung nach einer solchen Entscheidung der Wohnungseigentümer selbst dann nicht mehr erteilen, wenn er die Entscheidung der Wohnungseigentümer für falsch hält oder wenn diese falsch ist, weil entgegen der Annahme der Wohnungseigentümer ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung nicht vorliegt. Das schließt seine Passivlegitimation aus.

cc)

Hier hat die seinerzeitige Verwalterin der Klägerin auf ihre Bitte um Zustimmung mitgeteilt, sie werde wegen interner Unstimmigkeiten die Angelegenheit auf der nächsten Versammlung den Wohnungseigentümern vorlegen. Anders als in dem von der Klägerin herangezogenen Fall des OLG Zweibrücken (NJW-RR 1994, 1103) haben es die Wohnungseigentümer auch nicht abgelehnt, sich mit der Frage zu befassen. Sie haben die Frage vielmehr behandelt und beschlossen, die Zustimmung zu verweigern. Damit haben sie die Angelegenheit an sich gezogen und der Verwalterin die Entscheidungskompetenz entzogen. Dies wird hier dadurch besonders deutlich, dass die Wohnungseigentümer die frühere Verwalterin, die dennoch die Zustimmung erteilen wollte, abberufen und durch den Beklagten ersetzt haben. Hierüber hatte die ersetzte Verwalterin die Klägerin vorher informiert. Daran ändert es entgegen der Ansicht der Klägerin nichts, dass die Wohnungseigentümer auf ihrer Versammlung vom 26. Juni 2009 beschlossen haben, den Beklagten von den Prozesskosten freizustellen. Die Wohnungseigentümer sind dabei nämlich davon ausgegangen, dass sich der Beklagte nicht über ihren Beschluss hinwegsetzen dürfe.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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