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Beförderungsstelle: Zuweisung per einstweiliger Anordnung

Verwaltungsgericht Minden

Az: 4 L 1328/03

Beschluss vom 04.02.2004


Das VG Minden hat beschlossen:

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

3. Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe:

Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,

dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die dem J. O. -X. mit Wirkung zum 01.12.2003 zugewiesene weitere Beförderungsstelle der Besoldungsgruppe A 10 BBesO (II. Säule -„ZS“-) mit der Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden ist,

hat keinen Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch) und dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund).

Ein Anordnungsgrund besteht im Hinblick auf die bereits getroffene Auswahl unter den Bewerbern und die damit bevorstehende Ernennung der Beigeladenen, nach der der Antragsteller seine behaupteten Rechte nicht mehr geltend machen könnte.

Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, denn nach der hier allein möglichen summarischen Prüfung ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach dem geltenden Dienstrecht hat ein Beamter keinen Rechtsanspruch auf die Übertragung eines bestimmten Amtes. Der Dienstherr hat allerdings nach §§ 8 Abs. 4, 7 Abs. 1 LBG Beförderungen auf Grund einer Auslese der Bewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Dieses Gebot (Leistungsgrundsatz) dient nicht nur dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung der Beamtenstellen, sondern auch den berechtigten Interessen der Beamten, im Rahmen der dienstlichen, beamten- und haushaltsrechtlichen Möglichkeiten angemessen beruflich aufzusteigen. Der Beamte hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung eine am Leistungsgrundsatz ausgerichtete ermessensfehlerfreie Entscheidung trifft. Dieser Anspruch kann gegebenenfalls durch eine einstweilige Anordnung gesichert werden.

Ist die Auswahl unter den Bewerbern – wie hier – nach Leistungsgrundsätzen erfolgt, so setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des oben beschriebenen Rechts die Feststellung voraus, dass eine ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu Gunsten des Antragstellers ausfällt.

Dies hat der Antragsteller vorliegend jedoch nicht glaubhaft gemacht.

Maßgebend für die zu treffende Auswahlentscheidung sind in erster Linie die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber, die den gegenwärtigen Leistungsstand wiedergeben und vornehmlich dem Zweck dienen, Grundlage für am Leistungsgrundsatz orientierte Entscheidungen über die Verwendung der Beamten, insbesondere auf Beförderungsdienstposten, zu sein.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 – 2 C 13.79 -, ZBR 1980, 197.

Entscheidend für die Auswahl sind dabei vor allem die Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen, die anhand ihrer weiteren textlichen Bestandteile allerdings auch sogenannte Binnendifferenzierungen zulassen. Es kommt hinzu, dass der Dienstvorgesetzte bei seiner Auswahlentscheidung befugt (aber nicht verpflichtet) ist, Einzelaussagen aus den Beurteilungen (außerhalb der Gesamturteile) – seien sie positiver oder negativer Art – heranzuziehen und sie für die Beantwortung der Frage, wem nach dem Grundsatz der Bestenauslese der Vorzug zu geben sei, zu verwerten.

Vgl. OVG NW, Urteil vom 8.2.1994 – 6 A 2377/92 – und Beschluss vom 7.2.1994 – 6 B 202/94 -.

Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich dann darauf, ob der Dienstvorgesetzte in diesem Zusammenhang den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.

Neben den aktuellen können aber auch ältere dienstliche Beurteilungen als zusätzliche Erkenntnismittel – nachrangig – berücksichtigt werden. Denn sie beinhalten Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beurteilten Aufschluss geben und deswegen gegenüber Hilfskriterien mit Blick auf Art. 33 Abs. 2 GG vorrangig heranzuziehen sind. Vor allem bei einem Vergleich von Bewerbern können frühere dienstliche Beurteilungen bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen über die künftige Bewährung in einem Beförderungsamt ermöglichen, und zwar namentlich dann, wenn sie positive oder negative Aussagen über Charaktereigenschaften, Kenntnisse, Fähigkeiten, Verwendungen und Leistungen sowie deren voraussichtliche weitere Entwicklung enthalten. Das gilt auch für den Fall, dass ältere Beurteilungen sich auf ein niedrigeres statusrechtliches Amt beziehen.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19.12.2002 – 2 C 31/01 – ZBR 2003, 359, und vom 27.2.2003 – 2 C 16/02 – DÖD 2003, 202.

Ergibt sich nach Auswertung aktueller und gegebenenfalls älterer dienstlicher Beurteilungen eine vergleichbare Qualifikation von Bewerbern, so ist der Dienstherr in den Grenzen des Willkürverbots und des Leistungsprinzips darin frei, welchen zusätzlichen Gesichtspunkten er bei der Auswahl größere Bedeutung beimisst. Dabei ist er nicht an eine starre Reihenfolge der rechtlich bedenkenfrei in Betracht kommenden Hilfskriterien wie z.B. Leistungsentwicklung, Beförderungsdienstalter, Dienstalter und Lebensalter gebunden. Es ist grundsätzlich ihm überlassen, welche sachlichen Hilfskriterien er bei seiner Ermessensentscheidung heranzieht und wie er die Hilfskriterien zueinander gewichtet, sofern nur das Prinzip der Bestenauslese beachtet wird.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.8.1988 – 2 C 51.86 -, NJW 1989, 538; OVG NW, Beschlüsse vom 11.11.1998 – 12 B 2101/98 – und vom 10.11.1999 – 6 B 595/99 -.

Danach ist die Entscheidung des Antragsgegners, die Beigeladene und nicht den Antragsteller, die in ihren aktuellen dienstlichen Beurteilungen vom Jahre 2002 beide das Beurteilungsergebnis „Die Leistung und Befähigung übertreffen die Anforderungen“ und in den vorherigen dienstlichen Beurteilungen das Beurteilungsergebnis „Die Leistung und Befähigung entsprechen den Anforderungen“ erhalten haben, zu befördern, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner hat zu Recht den Antragsteller und die Beigeladene als gleich qualifiziert angesehen, der Beigeladenen aber auf Grund des § 25 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 LBG den Vorzug gegeben und dabei das Vorliegen der Voraussetzungen der sog. Öffnungsklausel verneint.

Zur rechtlichen Einordnung und Handhabung des Gesichtspunktes der Frauenförderung hat das erkennende Gericht im Einklang mit dem OVG NRW wiederholt entschieden, dass sich bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in der Person eines männlichen Mitbewerbers liegende Gründe gegenüber dem Gesichtspunkt der Frauenförderung nur dann durchsetzen, wenn deutliche Unterschiede zu Gunsten des männlichen Bewerbers bestehen. Das ist nicht erst dann der Fall, wenn sich die Zurücksetzung des Mannes als krasse, besonders schwere Benachteiligung darstellt. Maßgeblich ist eine Einzelfallbetrachtung, die von den auch sonst in der Entscheidungspraxis der Ernennungsbehörde herangezogenen Hilfskriterien auszugehen hat.

Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner das lediglich um 2 Jahre höhere Beförderungsdienstalter (Zugehörigkeit zum Laufbahnabschnitt II) des Antragstellers als nicht so gravierend angesehen, um den Gesichtspunkt der Frauenförderung zu Lasten der Beigeladenen zurücktreten zu lassen. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Kammer und des OVG NRW

– vgl. Beschluss vom 30.11.2000 – 4 L 1317/00 -, n.v. und Beschluss des OVG NRW vom 29.03.2001 – 6 B 1954/00 -, n.v.-,

wonach selbst ein um 4 Jahre und 7 Monate höheres Beförderungsdienstalter nicht ausreicht(e), um sich gegenüber dem Hilfskriterium der Frauenförderung durchzusetzen. Auch das um 12 ½ Jahre höhere Dienstalter und das um 5 Jahre höhere Lebensalter des Antragstellers sind letztendlich nicht so gewichtig, als dass dem Antragsteller der Vorzug hätte gegeben werden müssen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner diese – weniger am Leistungsgrundsatz orientierten – Hilfskriterien grundsätzlich gegenüber dem Hilfskriterium der Frauenförderung als nachrangig einstuft, da der geringe Frauenanteil in der Besoldungsgruppe A 10 BBesO (II. Säule) mit 4,4% dem Gesichtspunkt der Frauenförderung besondere Dringlichkeit verleiht.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 07.01.2002 – 6 B 1536/01 -, n.v.

Im Hinblick hierauf war der Antragsgegner berechtigt und verpflichtet, die Beigeladene im Verhältnis zum Antragsteller bei der Auswahlentscheidung vorzuziehen.

Da es vorliegend auch nicht um die Besetzung höherbewerteter Dienstposten geht, war auch keine besondere Stellenausschreibung mit der Erstellung eines besonderen Anforderungsprofils erforderlich, so dass die diesbezüglichen Ausführungen des Antragstellers ins Leere gehen.

Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO abzuweisen. Die Kammer hat die Kosten der Beigeladenen für nicht erstattungsfähig angesehen. Das entspricht der Billigkeit, weil die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt und sich somit nicht dem Risiko der Auferlegung von Kosten gemäß § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

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