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Annahmeverzug ungekündigtes Arbeitsverhältnis


Landesarbeitsgericht Köln

Az: 6 Sa 117/10

Urteil vom 04.03.2010


1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.09.2008 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Bonn – 3 Ca 925/08 – wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Arbeitsvergütung in Höhe von 800,00 € brutto aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs. Der von den Parteien unterschriebene Arbeitsvertrag (Kopie Bl. 4 d. A.) hat folgenden Wortlaut:

„Vereinbarung über die Anstellung als Aushilfskraft

Für die Zeit vom 01.02. bis 31.03.2008 ist Frau W K für mich als Aushilfe auf der Basis von 400,- € monatlich tätig. Dieser Betrag entspricht 30 Arbeitsstunden.

Jede weitere Stunde wird mit 13,- € vergütet.

Die Bezahlung erfolgt zum 1. des Folgemonats für den vergangenen Monat.“

Von einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Z antragsgemäß zur Zahlung von 800,00 € brutto nebst Zinsen verurteilt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe sich seit dem 01.02.2008 in Annahmeverzug befunden, weil sie der Klägerin keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zugewiesen habe. Bei dieser Sachlage sei gemäß § 296 BGB nicht einmal ein wörtliches Arbeitsangebot des Arbeitnehmers erforderlich gewesen.

Mit ihrer Berufung macht die Beklagte geltend, es sei von Anfang an nur um eine vorübergehende Betreuung der Frau F in K gegangen, die von der Klägerin abgelehnt worden sei. Ein anderweitiger Einsatz sei unmöglich gewesen, weil sich anderweitige Möglichkeiten nicht realisiert hätten. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe sie, die Beklagte, auch nicht ohne ein tatsächliches Arbeitsangebot der Klägerin in Annahmeverzug geraten können. Denn nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts könne von einer Entbehrlichkeit des Angebots nach § 296 BGB im ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis regelmäßig nicht ausgegangen werden. Das Risiko, bei Ablehnung der vereinbarten und nach wie vor verfügbaren Arbeitsleistung gar nicht beschäftigt werden zu können und folglich auch keine Vergütung zu erhalten, trage allein der Arbeitnehmer.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie trägt vor, sie habe der Beklagten gegenüber die von ihr geschuldete Arbeit wiederholt mündlich und schriftlich angeboten. Das Arbeitsgericht habe daher zu Recht und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das Vorliegen des Annahmeverzugs bejaht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes haben die Parteien auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung der Beklagten ist zwar zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis richtig erkannt, dass die Klägerin gemäß § 615 BGB i. V. m. der vertraglichen Vergütungsvereinbarung die Zahlung von insgesamt 800,00 € brutto nebst Zinsen verlangen kann. Daran vermögen die Angriffe der Berufung nichts zu ändern. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Die Beklagte schuldet der Klägerin die vereinbarte Vergütung für die Monate Februar und März 2008 aus dem Aspekt des Annahmeverzugs. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Voraussetzungen des Annahmeverzugs im Streitfall erfüllt. Sie selbst verweist auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das etwa im Urteil vom 27.08.2008 (5 AZR 16/08, NZA 2008, 1410) ausführt:

„Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Das Angebot des Arbeitnehmers muss die vertragsgemäße Arbeit betreffen. Das Angebot einer anderen nicht vertragsgemäßen Arbeit begründet keinen Annahmeverzug; denn die Leistung muss unabhängig davon, ob ein wörtliches Angebot (§ 295 BGB) genügt, ihrer Art nach so angeboten werden, wie sie zu bewirken ist (§ 294 BGB) … Von einer Entbehrlichkeit des Angebots nach § 296 BGB kann in einem ungekündigt bestehenden Arbeitsverhältnis regelmäßig nicht ausgegangen werden.“

Schon diesem Zitat lässt sich entnehmen, dass es auch atypische Fallgestaltungen gibt, in denen auch im ungekündigten Arbeitsverhältnis § 296 BGB zur Anwendung kommt. Ein weiteres Arbeitsangebot ist insbesondere entbehrlich bei flexibler Arbeitszeitgestaltung (vgl. BAG vom 08.10.2008 – 5 AZR 715/07 – NZA 2009, 920; ferner BAG vom 15.06.2004 – 9 AZR 483/03 – NZA 2005, 462), wie sie die Parteien hier vereinbart hatten. Die arbeitsvertragliche Vereinbarung (Kopie Bl. 4 d. A.) lässt völlig offen, wann, wo und in welcher Weise die Klägerin ihre Aushilfstätigkeit im Umfang von 30 Arbeitsstunden erbringen sollte. Dies blieb vielmehr dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht nach § 106 GewO vorbehalten. Wenn aber die Verantwortung für die Arbeitseinteilung allein bei der Beklagten lag, und zwar unter Berücksichtigung der Dienstpläne für die Hauptbeschäftigung der Klägerin, dann war es folgerichtig auch Sache der Beklagten und nicht der Klägerin, eine konkrete Arbeitsanweisung in dem vereinbarten Rahmen zu geben. Das ist nicht geschehen. Unstreitig hat es weder eine Aufforderung zur Arbeitsaufnahme in K noch in E oder am Betriebssitz in R gegeben.

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, eine Beschäftigung der Klägerin sei nur bei der betreuten Person in K vorgesehen und vereinbart worden, so dass nach Ablehnung des Einsatzes dort eine vertragsgemäße Arbeit gar nicht mehr möglich gewesen sei. Abgesehen davon, dass die schriftliche Vereinbarung eine solche Konkretisierung nicht enthält, ergeben sich auch aus der Aussage des Zeugen Z vor dem Arbeitsgericht keine zwingenden Anhaltspunkte dafür. Im Gegenteil hat er die schriftliche Rahmenvereinbarung bestätigt, wenn er u. a. schildert, dass der Einsatz „nicht nur“ auf R beschränkt werden konnte und die Klägerin nach den Worten seiner Ehefrau, der Beklagten, „zur Not auch Flyer austragen“ könne, falls man nichts anderes habe. Die Beklagte war offenbar bemüht, geeignete Einsatzmöglichkeiten für die Klägerin zu finden, nachdem sie auf einem Einsatz bei der zu betreuenden Person in K nicht bestanden hatte. Wenn schließlich bis auf das gelegentliche Austragen von Flyern eine Beschäftigung nicht gelang, so geht das nicht zu Lasten der Klägerin, sondern fällt in das sogenannte Verwendungsrisiko der Beklagten als Arbeitgeberin.

Der Annahmeverzug der Beklagten war auch nicht wegen fehlender Leistungswilligkeit der Klägerin nach § 297 BGB ausgeschlossen. Allein die Ablehnung des Einsatzes in K , für die es wohl von der Beklagten akzeptierte Gründe persönlicher Art gab, reicht für eine solche Annahme nicht aus, zumal die Beschäftigung nicht auf einen möglichen Einsatz in K beschränkt war. Unabhängig von den Zeitpunkten und der Anzahl der von der Klägerin behaupteten mündlichen Arbeitsangebote belegen jedenfalls die vorliegenden schriftlichen Arbeitsangebote vom 04. und 20.03.2008 (Bl. 5 ff. d. A.), dass die Klägerin auf die Zuweisung eines Arbeitsplatzes wartete und arbeitswillig war.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

IV. Die Revision war nicht gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hatte die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beruht.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.

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