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Anspruch eines Grundstücksnachbarn auf Entfernung einer Videokamera

LG Wiesbaden – Az.: 9 S 38/10 – Urteil vom 17.02.2011

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Rüdesheim vom 13.07.2010 zu 3 C 24/10 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Kläger verlangen von den Beklagten die Entfernung einer auf dem Anwesen der Beklagten angebrachten Videokamera.

In tatsächlicher Hinsicht wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen. Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 13.07.2010 zu 3 C 24/10 der Klage dergestalt stattgegeben, daß es die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt hat, die an der Außenwand ihres Hauses neben dem Regenfallrohr angebrachte und auf die Einfahrt der Garage gerichtete Überwachungskamera zu entfernen. Des weiteren hat es die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 157,79 EUR zu zahlen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgen die Beklagten ihr erstinstanzliches Klageabweisungsbegehren weiter, wohingegen die Kläger das angefochtene Urteil verteidigen.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen, wegen der in der zweiten Instanz gestellten Anträge wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 06.01.2011 Bezug genommen.

Auf die zulässige, insbesondere frist- und formgerecht eingelegte sowie begründete Berufung hin war das Urteil des Amtsgerichts Rüdesheim vom 13.07.2010 zu 3 C 24/10 abzuändern und die Klage abzuweisen, weil das Erstgericht der Klage zu Unrecht stattgegeben hat.

Anspruch eines Grundstücksnachbarn auf Entfernung einer Videokamera
(Symbolfoto: Von Ioan Panaite/Shutterstock.com)

Das angefochtene Urteil konnte schon deshalb keinen Bestand haben, weil es auf einer evidenten Verletzung von § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO beruht. Danach ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Vorliegend hat das Amtsgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, die an der Außenwand ihres Hauses neben dem Regenfallrohr angebrachte und auf die Einfahrt der Garage gerichtete Überwachungskamera zu entfernen. Damit hat es den Klägern mehr zugesprochen, als von diesen tatsächlich beantragt worden war. Denn die Kläger haben erstinstanzlich ausdrücklich beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die an der Außenwand ihres Hauses neben dem Regenfallrohr angebrachte und auf die Einfahrt der Garage der Kläger gerichtete Überwachungskamera zu entfernen. Damit hat das Erstgericht, welches in dem Ortstermin durch Einnahme des Augenscheins sich selbst davon überzeugen konnte, daß die fragliche Videokamera nichts anderes als Teile des Anwesens der Beklagten abbildet, also insbesondere nicht auf die Einfahrt der Garage der Kläger gerichtet ist, den Klägern etwas zugesprochen, was diese so nicht beantragt haben. Die Vorgehensweise des Amtsgerichts rechtfertigt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer verständigen Auslegung des Klageantrags im Hinblick auf das von der Klagepartei tatsächlich gewollte. Denn in Fällen der hier interessierenden Art ist ausweislich der insoweit existierenden Judikatur – beispielhaft verwiesen sei auf das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 17.04.2007 zu 20 S 123/06 nebst zahlreichen Verweisen auf andere einschlägige Gerichtsentscheidungen – tunlichst danach zu differenzieren, ob die Videokamera, deren Beseitigung gefordert wird, auf das Grundstück desjenigen ausgerichtet ist, der deren Entfernung fordert, oder aber öffentlich zugänglichen Raum abbildet oder gar nur das Grundstück desjenigen, der die fragliche Videokamera angebracht hatte. Der von den Klägern gestellte Klageantrag trägt nur der erstgenannten Konstellation Rechnung. Da die Augenscheinseinnahme aber erbracht hatte, daß die streitgegenständliche Videoüberwachungskamera nur Teile des Anwesens der Beklagten abbildet, nicht aber die Einfahrt der Garage der Kläger, wäre die Klage mit dem erstinstanzlich gestellten Klageantrag allein deshalb als unbegründet abzuweisen gewesen, ohne daß es daneben auf die vom Amtsgericht angestellten Überlegung zu einem Beseitigungsanspruch aus dem Gesichtspunkt des sogenannten bloßen Überwachungsdrucks angekommen wäre. War die Klage aber mit dem in der Hauptsache gestellten Klageantrag abzuweisen, so konnte ihr hinsichtlich der vorgerichtlich angefallenen und nicht anrechenbaren Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 157,79 EUR ebenfalls kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die unterlegenen Kläger haben die Kosten beider Instanzen zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den Vorschriften der §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).

Der Streitwert wird in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts vom 13.07.2010 für die erste und originär für die zweite Instanz gemäß § 3 ZPO auf jeweils 3.000,00 EUR festgesetzt (vgl. AG Nürtingen, Urteil vom 05.01.2009 zu 10 C 1850/08). Der amtsgerichtlichen Ansicht, wonach das klägerische Interesse zutreffend mit 1.000,00 EUR zu beziffern sei, kann nicht nähergetreten werden. Damit bliebe unberücksichtigt, daß den Hintergrund des Klagebegehrens letztlich die klägerischerseits behauptete Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Kläger bildet und somit eines Gutes mit Verfassungsrang. Dieses lediglich mit 1.000,00 EUR zu bewerten, wird dem den Klagegegenstand bildenden Integritätsinteresse der Kläger nicht gerecht. Das erkennende Gericht bewertet dieses nicht zuletzt mit Rücksicht auf den Verfassungsrang des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach billigem Ermessen mit 3.000,00 EUR.

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