ArbG Hamburg
Az.: 29 Ca 324/08
Urteil vom 15.01.2009
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 13.159,40 festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses sowie über die unveränderte Weiterbeschäftigung der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 15.08.2005 bei der Beklagten beschäftigt, zunächst befristet bis zum 31.01.2006 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 09.08.2005 (Anlage K 1, Bl. 4 d. A.). Mit Änderungsvereinbarung vom 30.08.2005 (Anlage K 2, Bl. 6 d. A.) vereinbarten die Parteien die Mitarbeit der Klägerin im Arbeitsstab des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße“ bis zum Ablauf des Monats, in dem der Arbeitsstab des parlamentarischen Untersuchungsausschusses aufgelöst wird. Mit Änderungsvertrag vom 10.07.2007 (Anlage K 3, Bl. 8 d. A.) vereinbarten die Parteien die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses bis zum 29.02.2008 mit der Begründung, die Stelle stehe befristet zur Verfügung. Mit Änderungsvertrag vom 11.02.2008 (Anlage K 4, Bl. 10 d. A.) vereinbarten die Parteien mit Wirkung ab dem 29.02.2008 die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage von § 30 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) bis zum 28.02.2009. Zum Grund für die befristete Weiterbeschäftigung heißt es in § 1 des Änderungsvertrages: „Stelle steht befristet zur Verfügung.“
Während der letztgenannten Vertretungsdauer vertritt die Klägerin die in Elternzeit befindliche Mitarbeiterin Frau Dr. P. Die Beklagte hatte der Klägerin vor Abschluss des letzten Änderungsvertrages mitgeteilt, dass sie als Vertretung für Frau Dr. P. eingestellt werde.
Der Bruttomonatsverdienst der Klägerin beträgt 3.289,85 €.
Die Klägerin meint, die Befristungsvereinbarung im Änderungsvertrag vom 11.02.2008 sei unwirksam, weil der Befristungsgrund nicht schriftlich vereinbart worden sei und weil der im Änderungsvertrag angegebene Befristungsgrund („Stelle steht befristet zur Verfügung“) nicht klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB sei. Die bisherige Rechtsprechung, der zufolge der Befristungsgrund nicht schriftlich vereinbart werden müsse, sei aufzugeben. Es führe zu Wertungswidersprüchen, wenn nur für Zweckbefristungen und auflösend bedingte Arbeitsverträge die schriftliche Vereinbarung des Zweckes bzw. der auflösenden Bedingung gefordert werde. Zu beachten sei auch die neue Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Änderungskündigung, der zufolge auch das Änderungsangebot der Schriftform bedürfe. Die dazu angestellten Erwägungen seien auf die Sachgrundbefristung zu übertragen.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung vom 11.02.2008 nicht beendet ist und über den 28.02.2009 hinaus unbefristet fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Sachbearbeiterin weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien und ihrer Beweisangebote wird gemäß §§ 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu Protokoll gegebenen Erklärungen verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet auf der Grundlage des letzten Änderungsvertrages vom 11.02.2008 mit dem 28.02.2009. Diese Befristungsabrede ist wirksam.
1. Die Befristungsabrede vom 11.02.2008 ist nicht gemäß §§ 14 Abs. 4 TzBfG, 125 BGB nichtig. Gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages der Schriftform. Diese Schriftform haben die Parteien eingehalten. Der Änderungsvertrag vom 11.02.1008 enthält die schriftliche Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 28.02.2009 befristet ist. Der Befristungsgrund ist nicht Bestandteil der Befristung, sondern deren Motiv. Bereits nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf es daher nicht der schriftlichen Vereinbarung des Befristungsgrundes. Die gemäß § 4 TzBfG bezweckte Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion erstreckt sich allein auf die vereinbarte Befristung, nicht aber auf den Befristungsgrund und den übrigen Inhalt des Arbeitsvertrages. Der sachliche Grund für die Befristung ist nur objektive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses (BAG vom 23.06.2004 – 7 AZR 636/03 Rn. 18, zitiert nach Juris).
Etwas anderes folgt auch nicht aus abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen. Zwar sahen die inzwischen abgelösten Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR 2y BAT) vor, dass die Befristungsgrundform zu vereinbaren ist. Unter der Geltung des nunmehr einschlägigen § 30 TVL gelten diese Formerfordernisse jedoch nicht mehr (KR/Lipke, 8. Aufl. 2007, § 14 TzBfG Rn. 368).
Es besteht kein Anlass, von den vorstehend dargelegten Rechtsgrundsätzen abzuweichen. Die Klägerin kann sich insbesondere nicht auf Wertungswidersprüche zwischen der vorstehend dargelegten Rechtslage und der Rechtsprechung zu Zweckbefristungen und auflösend bedingten Arbeitsverträgen berufen. Bei derartigen Befristungsvereinbarungen gehört die Angabe des Zwecks bzw. der auflösenden Bedingung bereits zur Befristung selbst, weil ohne diese Angaben überhaupt nicht erkennbar wäre, wie lange der Arbeitsvertrag dauern soll (BAG vom 21.12.2005 – 7 AZR 541/04, zitiert nach Juris, für Zweckbefristungen).
Auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Änderungskündigung zwingt nicht zu einer Änderung der Rechtsprechung zu Sachgrundbefristungen. Das Schriftformerfordernis gilt im Rahmen einer Änderungskündigung für die Kündigungserklärung und für das Änderungsangebot, aber nicht für den Kündigungs- bzw. Änderungsgrund. Das Bundesarbeitsgericht führt hierzu aus: „Das angestrebte Rechtsgeschäft muss vom Empfängerhorizont aus beurteilt in sich verständlich und geschlossen sein …. Dem gekündigten Arbeitnehmer muss ersichtlich sein, welche (wesentlichen) Arbeitsbedingungen künftig gelten sollen und welchen Inhalt das Arbeitsverhältnis zukünftig haben soll“ (BAG vom 16.09.2004 – 2 AZR 628/03, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 78 unter B. I. 1. der Gründe). Genau wie der Kündigungs- bzw. Änderungsgrund gehört der Sachgrund für eine Befristung nicht zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen, die künftig gelten sollen, und auch nicht zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Lediglich der Beendigungstermin selbst ist ein wesentlicher Gesichtspunkt in diesem Sinne. Dem Arbeitnehmer muss klar sein, wann das Arbeitsverhältnis beendet sein soll. Dieser Klarstellungsfunktion wird mit der Angabe der Befristungsdauer Genüge getan. Der Befristungsgrund selbst muss zwar objektiv vorliegen und rechtlich anerkannt sein, aber nicht schriftlich vereinbart werden, genau wie bei der Änderungskündigung der Grund für die Änderungskündigung nicht Bestandteil der schriftlichen Änderungskündigungserklärung sein muss, sondern nur objektiv vorliegen muss.
2. Die Befristungsabrede im Änderungsvertrag vom 11.02.2008 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages außerhalb der hier nicht einschlägigen Regelungen in § 14 Abs. 2, 2 a und 3 TzBfG nur dann zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein solcher sachlicher Grund liegt vor. Er folgt aus § 21 BEEG. Nach dieser Norm liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses vor, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer einer Elternzeit eingestellt wird. Genau dies ist vorliegend der Fall. Die Klägerin ist zur Vertretung der in Elternzeit befindlichen Mitarbeiterin Frau Dr. P. befristet bis zum 28.02.2009 eingestellt worden.
3. Die Befristungsabrede im Änderungsvertrag vom 11.02.2008 ist auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Nach dieser Norm sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die Befristungsabrede im Änderungsvertrag vom 11.02.2008 eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 307 Abs. 1, 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist, sind die Voraussetzungen einer unangemessenen Benachteiligung mangels hinreichender Transparenz nicht erfüllt. Die Befristungsabrede ist klar und verständlich. Sie bringt eindeutig zum Ausdruck, dass der Arbeitsvertrag bis zum 28.02.2009 befristet ist.
Der Sachgrund für die Befristung gehört – wie bereits oben dargelegt – nicht zur Befristung selbst. Er ist lediglich ihr Motiv und muss objektiv vorliegen, damit die Befristung unwirksam ist. Da er nicht vereinbart werden muss, gehört er nicht zu den vertraglich zu vereinbarenden Bedingungen einer Befristungsabrede. Nur diese können einer Transparenzkontrolle unterliegen.
Die Formulierung im Änderungsvertrag vom 11.02.2008, wonach die befristete Beschäftigung der Klägerin erfolge, weil die Stelle befristet zur Verfügung stehe, gehört nicht zum Inhalt der Befristungsvereinbarung selbst. Sie hatte lediglich deklaratorischen Charakter.
Die Klägerin wusste bei Abschluss der Befristungsvereinbarung auch, dass ihre befristete Beschäftigung zur Vertretung der in Elternzeit befindlichen Mitarbeiterin Frau … erfolgte und dass genau dies mit der Formulierung „Die Stelle steht befristet zur Verfügung“ gemeint war.
II.
Die Entscheidung über die Tragung der Kosten des Rechtstreits folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Den Wert des Streitgegenstandes hat die Kammer gemäß §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 4 S. 1 GKG, 3 ZPO in Höhe von insgesamt vier Bruttomonatsverdiensten der Klägerin festgesetzt. Drei Bruttomonatsverdienste waren für den Klagantrag zur Befristung zu berücksichtigen und ein Bruttomonatsverdienst für den Weiterbeschäftigungsantrag der Klägerin.
Eine gesonderte Entscheidung über die Zulassung der Berufung war nicht erforderlich, weil sich ihre Zulässigkeit bereits aus der gesetzlichen Regelung in § 64 Abs. 2 … b und c ArbGG ergibt.