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Ausbildungsunterhalt lediglich für anerkannten Lehrberuf?

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

Beschluss vom 14.10.1999

Az. 5 WF 107/99

Vorinstanz: Amtsgericht Büdingen – Az.: 52 F 229/98


In der Familiensache hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Büdingen vom 17.05.1999 (Nichtabhilfebeschluß vom 27.05.1999) am 14.10.1999 b e s c h l o s s e n :

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates an das Familiengericht zurückverwiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

G r ü n d e :

Die Antragstellerin hat um Prozeßkostenhilfe nachgesucht für eine Klage, mit der sie die Kosten einer Ausbildung zur Kosmetikerin in einer privaten Berufsfachschule, die sie mit insgesamt 7.460,00 DM angibt, gegenüber dem Antragsgegner, ihrem Vater, anstrebt.

Nach Abschluß ihrer Schulausbildung begann die Antragstellerin eine Ausbildung zur Altenpflegerin im Rahmen einer Vollzeitschulausbildung im Bildungszentrum Altenpflege des Frankfurter Verbandes für Alten- und Behindertenhilfe e. V. ab 01.09.1997, deren Kosten das Arbeitsamt übernommen hatte und die auf die Dauer von zwei Jahren geplant war. Zum 31.10.1997 beendete die Antragstellerin diese Ausbildung, da sie sich den Anforderungen der Ausbildung und des Berufes im Bereich der körperlichen Pflege alter Menschen nicht gewachsen fühlte.

Nach ihrem Vortrag wurde ihr sodann seitens des Arbeitsamtes eine Ausbildung zur Kosmetikerin vorgeschlagen, die jedoch allein im Rahmen des kostenpflichtigen Besuchs einer privaten Berufsfachschule für die Dauer eines Jahres mit monatlichen Schulkosten in Höhe von 570,00 DM zuzüglich einer Einschreibgebühr von 200,00 DM und einer Prüfungsgebühr von 420,00 DM möglich sei.

Mit einem Prozeßkostenhilfeantrag vom 06.10.1998 hat die Antragstellerin sodann Prozeßkostenhilfe begehrt für eine Klage, mit der sie die Verurteilung des Beklagten zu diesen Kosten von insgesamt 7.460,00 DM angestrebt hat. Durch Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Büdingen vom 26.11.1998 ist der Antragstellerin sodann die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe für diese Klage mit der Begründung versagt worden, sie habe sich nicht zielstrebig und ernsthaft nach dem Schulabschluß um eine Ausbildung bemüht bzw. eine Ausbildung betrieben. Im übrigen könne sie die Kosten zur Ausbildung als Kosmetikerin nicht verlangen, da es sich insoweit nicht um einen anerkannten Lehrberuf handele.

Nach dem Vortrag der Antragstellerin hat diese, da die Finanzierung nicht sichergestellt gewesen sei, die mit Beginn zum 07.10.1998 vorgesehene Ausbildung in der privaten Berufsfachschule nicht aufnehmen können, sondern habe dort erst zum 06.04.1999 die Ausbildung begonnen, die sie nunmehr aus eigenen Mitteln und mit Unterstützung ihrer Mutter und Großmutter finanziert.

Unter dem 14.04.1999 hat die Antragstellerin sodann einen neuen Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die im Entwurf vorgelegte Klage über Ausbildungskosten zur Kosmetikerin in Höhe von 7.460,00 DM beantragt. Mit Beschluß vom 17.05.1999 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Büdingen der Antragstellerin erneut die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe unter Bezugnahme auf die Begründung des Beschlusses vom 26.11.1998 versagt.

Die gegen diesen Beschluß gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, der das Familiengericht durch Beschluß vom 27.05.1999 nicht abgeholfen hat, ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und in der Sache begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses mit der Maßgabe, daß die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates an das Amtsgericht – Familiengericht – Büdingen zurückverwiesen wird.

Der beabsichtigten Klage der Antragstellerin kann nicht ohne weiteres die nach § 114 ZPO erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht abgesprochen werden. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Kosten der Schulausbildung zur Kosmetikerin sind nämlich als Kosten im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB grundsätzlich als Kosten einer angemessen Vorbildung zu einem Beruf anzusehen, die der unterhaltspflichtige Antragsgegner im Rahmen seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Antragstellerin zu tragen hat. Hierzu zählen nämlich die Kosten zur Ausbildung zu einem Beruf, der als solcher innerhalb der Gesellschaft aufgrund bestimmter Merkmale und eines verfestigten Tätigkeitsfeldes anerkannt ist. Daß dies beim Beruf einer Kosmetikerin der Fall ist, ergibt sich bereits aus den von der Antragstellerin in Ablichtung vorgelegten berufskundlichen Kurzbeschreibungen der Arbeitsverwaltung. Es ist keineswegs so, daß sich die nach § 1610 Abs. 2 BGB geschuldeten Ausbildungskosten ausschließlich auf die Kosten eines anerkannten Lehrberufs beschränken. Zwar ist vorliegend die Ausbildung der Antragstellerin im Rahmen einer privaten Berufsfachschule kostenpflichtig, daß die Zahlung des Schulgeldes jedoch dem Antragsgegner als unterhaltspflichtigem Vater nicht zumutbar ist, ist zumindest nicht von vornherein ersichtlich, da sich zum einen die Ausbildung auf die Dauer eines Jahres beschränkt und die Antragstellerin zum anderen erklärt hat, daß sie durch eigene Nebentätigkeiten und Unterstützung ihrer Mutter und Großmutter ihren Lebensunterhalt während dieser Zeit selbst finanzieren wolle. Dabei muß auch Berücksichtigung finden, daß der Antragsgegner auch während der zunächst angestrebten Ausbildung der Antragstellerin zur Altenpflegerin für die Dauer von zwei Jahren für deren Lebensunterhalt hätte aufkommen müssen.

Nach dem bisherigen Parteivortrag kann auch nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Antragstellerin ihre Berufsausbildung nicht zielstrebig verfolgt hat, wenn sie zunächst die Ausbildung zur Altenpflegerin abgebrochen hat, nachdem sie für sich erkannt hat, daß sie für diesen Beruf nicht geeignet ist. Eine derartige Entscheidung kann einem jungen Menschen in der ersten Phase seiner Berufsorientierung nicht vorgeworfen werden.

Inwieweit die Antragstellerin die jetzt in Angriff genommene Ausbildung zur Kosmetikerin zielstrebig verfolgt und ob sie für diesen Beruf geeignet ist, sollte dem Klageverfahren vorbehalten bleiben. Jedenfalls gibt es im Rahmen der Prüfung der Prozeßkostenhilfe keine hinreichenden Anhaltspunkte der Antragstellerin insoweit die hinreichende Erfolgsaussicht ihrer Klage abzusprechen.

Allerdings ist der Antragsgegner nicht verpflichtet, die Ausbildungskosten insgesamt mit einem Gesamtbetrag in Höhe von 7.460,00 DM vorzuschießen, vielmehr hat er nach Fälligkeit die einzelnen Ausbildungskosten, d. h. zunächst die Einschreibegebühr und dann monatlich das Schulgeld in Höhe von 570,00 DM und zum Abschluß die Prüfungsgebühr zu zahlen. Insoweit wäre der Klageantrag umzustellen. Danach ist der, die Prozeßkostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht versagende Beschluß des Familiengerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates an das Familiengericht zurückzuverweisen.

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