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Bausparverträge – Verzinsung von Bausparguthaben

AG Karlsruhe, Az.: 12 C 222/12, Urteil vom 08.02.2013

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch künftig bis zu einer etwaigen Kündigung des Bausparvertragskonto des Klägers mit der Nr. … der jährlichen Verzinsung das darauf vorhandene jeweilige Bausparguthaben zu Grunde zu legen auch insoweit, als es die vereinbarte Bausparsumme von 15.338,76 € übersteigt.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 675 € bis 21.1.2013 (übereinstimmende Teilerledigungserklärung) und auf 525 ab 22.1.2013 festgesetzt. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Verzinsungsansprüche des Klägers aufgrund eines zwischen den Parteien am 16.9.1999 geschlossenen Bausparvertrages.

Als Bausparsumme wurden 30.000 DM (15.338,76 €) vereinbart. Zuteilungsreife zur Erlangung eines zinsgünstigen Bauspardarlehen wurde bei Erreichen eines Sparguthabens von 15.000 DM (7.669,38 €) vereinbart.

Bausparverträge - Verzinsung von Bausparguthaben
Symbolfoto: FreedomTumZ/Bigstock

Unter § 6 der dem Vertrag zugrundeliegenden Allgemeinen Bedingungen Bausparverträge (ABB) Tarif T III heißt es wie folgt:

„(1) Das Bausparguthaben wird mit 4 vom Hundert jährlich verzinst….“

„(3) Die Zinsen werden dem Bausparguthaben jeweils am Ende des Kalenderjahres gutgeschrieben. Endet die Verzinsung infolge einer Auszahlung gemäß Abs. 2 Satz 2 jedoch im Laufe eines Kalenderjahres, so erfolgt die Zinsgutschrift zu diesem Zeitpunkt.“

In den Folgejahren besparte der Kläger den Vertrag planmäßig, so dass im Jahre 2005 Zuteilungsreife eintrat. Der Kläger rief das Bauspardarlehen nicht ab, sondern führte den Bausparvertrag unverändert fort und besparte den Vertrag weiter bis zum Erreichen der vereinbarten Bausparsumme.

Durch die von der Beklagten regelmäßig geleistete jährliche Zinszahlung auf das gesamte jeweilige Kontoguthaben ergab sich zum 31.12.2011 ein Kontostand von 19.084,42 €.

Mit Schreiben vom 8.10.2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die vereinbarte Bausparsumme die Obergrenze der Besparung und der Verzinsung sei, weswegen kein Anspruch auf eine Verzinsung für das die Bausparsumme übersteigende Guthaben bestünde und das Bausparguthaben daher ab dem 1.1.2013 nur noch bis zur Höhe der Bausparsumme verzinst werde.

Der Kläger ist der Ansicht, dass sich sein Anspruch auf Verzinsung des gesamten auf dem Bausparkonto befindlichen Guthabens aus § 6 ABB ergebe. Eine Begrenzung des „Bausparguthaben“ auf die Bausparsumme als Obergrenze finde sich weder in der genannten Vorschrift noch in einer sonstigen Vertragsklausel. Das Bausparguthaben sei als das Guthaben zu verstehen, was sich insgesamt auf dem Bausparkonto befinde.

Nach teilweiser übereinstimmender Erledigung beantragt der Kläger zuletzt: wie zuerkannt.

Die Beklagte beantragt Klagabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass nach Sinn und Zweck des Bausparvertrages das Bausparguthaben auf die vereinbarte Bausparsumme begrenzt sei. Zweck des Bausparvertrages sei die Erlangung eines günstigen Bauspardarlehens. Dieser Zweck falle mit Erreichen der Vollbesparung der Bausparsumme weg. Weitere Einzahlungen bzw. Ansparungen über die vereinbarte Bausparsumme hinaus könnten nicht mehr getätigt werden.

Das Gericht hat mit den Parteien am 23.1.2013 mündlich verhandelt und den Parteien seine Rechtsauffassung mitgeteilt. Die Beklagte beantragte daraufhin ein nachgelassenes Schriftsatzrecht (As. 99).

Entscheidungsgründe

Die Feststellungsklage ist zulässig gemäß §§ 256, 259 ZPO. Die Parteien streiten um ein Recht bzw. eine Pflicht aus einem zwischen ihnen noch bestehenden Bausparvertrag. Da die Beklagte mit Schreiben vom 8.10.2012 für die Zukunft eine vermeintliche Leistungsverweigerung ankündigten, ist das Feststellungsinteresse gegeben.

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch in Zukunft bis zur Kündigung des Vertrages einen Anspruch auf Verzinsung des gesamten Kontoguthabens gemäß § 6 Ziff. 1 ABB .

Die Klausel ist nach dem Grundsatz objektiver Auslegung dahingehend zu verstehen, dass das Bausparguthaben das gesamte auf dem Bausparkonto befindliche Guthaben ohne Begrenzung auf die vereinbarte Bausparsumme darstellt.

Nach dem Grundsatz der objektiven Auslegung sind AGB ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (Palandt, BGB, 72. Auflage, § 305c Rn 16 m.w.N.).

Allein der Wortlaut „Bausparguthaben“ spricht für die obige Auslegung.

Auch unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Vertragspartner muss sich dem durchschnittlichen und verständigen Durchschnittskunden ohne entsprechende ausdrückliche Begrenzung in der Klausel nicht aufdrängen, dass das zu verzinsende Bausparguthaben, das nach § 6 Abs. 3 ABB auch die jährliche Zinszahlung mitumfasst, nicht höher sein kann als die vereinbarte Bausparsumme.

Zwar trifft es zu, dass mit Erreichen der Vollbesparung der Vertragszweck, die Erlangung eines günstigen Bauspardarlehens nicht mehr erreicht werden kann und auch eine weitere Besparung nicht mehr möglich ist, was sich dem durchschnittlichen Kunden bei Abschluss eines Bausparvertrages erschließt.

Dass damit jedoch auch für die in der Klausel allein angesprochene Verzinsung des Bausparguthabens eine Obergrenze gelten soll, kann daraus nicht ohne weiteres gefolgert werden. Denn insoweit besteht auch nach Erreichen der Vollbesparung ein Interesse der Bausparkasse fort, das gesamte Bausparguthaben des Kunden und nicht nur die Bausparsumme als liquide Mittel zur Darlehensvergabe an weitere Kunden „zu behalten“. Andernfalls wäre der Bausparvertrag mit Erreichen der Vollbesparung der vereinbarten Bausparsumme zwingend zu beenden und das angesparte Guthaben zurückzubezahlen. Da der Bausparvertrag dies nicht vorsieht, tritt der Bausparer insoweit als Darlehensgeber auch bezüglich des über die Bausparsumme hinausgehenden Betrages gegenüber der Bausparkasse auf. Dabei widerspräche es seinem Interesse, dass er dieses Darlehen der Bausparkasse zinslos gewähren müsste bzw. für diesen Teil seiner Anlage keinerlei Zinsen erhalten sollte, was dem üblichen Geschäftsgebaren klar zuwiderlaufen würde. Dies gilt umso mehr, als er bei Fortführung des Vertrages keinen separaten Anspruch auf Auszahlung der jährlichen Zinszahlung hätte, sondern diese gemäß § 6 Abs 3 ABB lediglich dem Bausparkonto gutgeschrieben wird.

Die von der Beklagten herangezogenen Argumente der Rechtsprechung zur Frage des Kündigungsausschlusses können nicht ohne weiteres auf die Frage der Verzinsung übertragen werden. Denn so wenig es Sinn und Zweck des Bausparvertrages sein kann, dem Bausparer nach Erreichen der Bausparsumme eine dauerhaft günstige und unkündbare Kapitalanlage zu verschaffen, ist es mit Sinn und Zweck des Bausparvertrages in Einklang zu bringen, dass der Bausparer der Bausparkasse bei Fortführung des Vertrages gezwungenermaßen zinslos bzw. entgeltfrei Kapital zur Verfügung stellen muss.

Insoweit ist den Interessen beider Parteien Genüge getan, wenn beiden nach Erreichen der Vollbesparung ein Kündigungsrecht eingeräumt wird, wie es die Rechtssprechung getan hat, so dass sich jeder Vertragsteil bei für ihn ungünstiger Zinsentwicklung des Marktes vom Vertrag lösen kann.

Selbst wenn man die Auslegung der Beklagten des Wortes „Bausparguthaben“ nach Sinn und Zweck des Vertrages begrenzt auf die Bausparsumme noch als rechtlich vertretbar erachten würde, so ist dies nach dem oben erörterten nicht die einzig rechtlich vertretbare Auslegungsmöglichkeit.

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Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen jedoch gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders, so dass auch nach dieser Vorschrift die dem Kläger günstige Auslegung der Klausel ohne Begrenzung auf die Bausparsumme zugrunde zu legen wäre.

Da in mündlicher Verhandlung keine neuen Aspekte erörtert wurden und das Gericht lediglich seine vorläufige Rechtauffassung kundtat, war der Beklagten kein Schriftsatzrecht nachzulassen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr.11, 711 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß §§ 3, 9 ZPO, 48 GKG festgesetzt.

Die Zulassung der Berufung erfolgte gemäß § 511 Abs. 4 ZPO.

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