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Berufsunfähigkeitsversicherung – keine Chance für Hypochonder

 Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Az.: 3 U 171/06

Urteil vom 18.01.2008

Vorinstanz: Landgericht Wiesbaden, Az.: 3 O 98/02


Leitsätze:

Zur Darlegungs- und Beweislast des Versicherungsnehmers, der Berufsunfähigkeit geltend macht.

Zur Aussagekraft eines sog. „Symptomvalidierungstests“


Gründe:

I.

Der am 20.9.1950 geborene Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei ihr abgeschlossenen Berufsunfähigkeitsversicherung in Anspruch. Er war zur Zeit des Abschlusses des Vertrages im Verkaufsaußendienst in verschiedenen Branchen, u. a. im Lebensmittel-, Porzellan- und Textilbereich sowie als Bauberater und als Geschäftsführer tätig gewesen. Seit 1999 war der Kläger selbständig im Sicherheitsgewerbe tätig. Er wurde seit Anfang des Jahres 2000 ununterbrochen krankgeschrieben. Im Februar 2001 hat der Kläger gegenüber der Beklagten Leistungen geltendgemacht und ist seitdem nicht mehr berufstätig gewesen.

Die Streitverkündete, die der Kläger auf Leistungen aus der bei dieser bestehenden Krankentagegeldversicherung in Anspruch genommen hatte, stellte ihre Leistungen mit der Begründung ein, der Kläger sei berufsunfähig. Zur Begründung hat sie sich auf das Gutachten des Dr. GA1, Facharzt für Orthopädie, vom 13.3.2002 bezogen. Ein von der Beklagten eingeholtes neurologisches Gutachten von Prof. Dr. GA2, O3, vom 5.9.2001 hat eine Berufsunfähigkeit nicht bestätigt.

Der Kläger erhält von der BfA seit 29.3. 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung (Bescheid Bl. 387 f d.A.).

Der Kläger hat unter Angabe von Einzelheiten behauptet seit der Geltendmachung der Versicherungsleistungen, seinen zuletzt ausgeübten Beruf im Sicherheitsbereich zu mehr als 50% nicht mehr ausüben zu können, ebenso wenig seine früheren Tätigkeiten, weil er nicht mehr über die notwendigen Kenntnisse verfüge. Er hat wegen der langen Zeitdauer seit der Beendigung dieser Berufstätigkeiten Versicherungsleistungen bis zum 28.2. 2021 sowie die Feststellung seiner Freistellung von der Beitragszahlungspflicht begehrt.

Die Beklagte hat bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers bestritten und darauf verwiesen, der Kläger könne angesichts seiner langjährigen Erfahrungen auf kaufmännischem Gebiet und im Vertriebsaußendienst im Bereich dieser Berufssparten tätig werden.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von schriftlichen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. GA3 (Blatt 415 ff d.A.) sowie Dr. GA4 (Blatt 489 ff d.A.) mit Ergänzung (Blatt 625 ff d.A.) sowie Anhörung von Dr. GA4 in der mündlichen Verhandlung vom 5.5.2006 (Blatt 723 d.A.).

Das Landgericht hat mit Urteil vom 26.5.2006 der Klage im wesentlichen stattgegeben, die Leistungen jedoch begrenzt bis zum Vertragsende, dem 31.7. 2010. Das Landgericht hat zur Begründung ausgeführt, entgegen den Feststellungen des Sachverständigen auch bei seiner mündlichen Anhörung dürfe die fehlende Sicherheit dafür, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine Annahme der Berufsunfähigkeit des Klägers nicht mit erforderlicher Sicherheit vorlegen, nicht „zu Lasten des Klägers ausgelegt“ werden. Zwar liege eine eindeutige Stellungnahme des Sachverständigen gerade nicht vor, es genüge jedoch, dass voraussichtlich ein Zustand der Berufsunfähigkeit von unbestimmter Dauer gegeben sei, die Berufsunfähigkeit nach entsprechender Behandlung und späterer Besserung des Zustandes aber auch wieder wegfallen könne. Das Landgericht hat sich auf der Grundlage der Zeitplan zur Antragstellung vorgelegten medizinischen Gutachten überzeugt gesehen, dass Berufsunfähigkeit des Klägers bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung bestanden habe. Allerdings seien die geltendgemachten Leistungen auf die vereinbarte Laufzeit von 20 Jahren zu begrenzen, die ab Vertragsschluss zu berechnen sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung.
Die Beklagte rügt zunächst die Verkennung der Beweislast durch das Landgericht. Sämtliche Voraussetzungen des Versicherungsfalls seien vom Versicherungsnehmer zu beweisen. Der Kläger habe jedoch noch nicht einmal den Beweis geführt, dass er überhaupt unter Beschwerden im Sinne von Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall leide, die geeignet wären, seine Berufsfähigkeit zu beeinträchtigen. Nach dem Ergebnis des orthopädischen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. GA3 könne die vom Kläger geklagte Schmerzsymptomatik mit organischen Befunden nicht erklärt werden. Eine allenfalls psychosomatische/neurotische Störung als Ursache der Schmerzen habe der vom Landgericht beauftragte Neurologe und Psychiater Dr. GA4 nicht feststellen können. Entgegen der Meinung des Landgerichts gingen die Zweifel des Sachverständigen am Vorliegen einer neurotischen Störung angesichts der Beweislast zulasten des Klägers. Aus den Gutachten von Prof. GA3 und Dr. GA4 ergäben sich auch erhebliche Aggravationstendenzen (Beispiele: Seite 4 und 5 der Berufungsbegründung). Das Landgericht habe sich zudem auf eine – sicherlich auch nicht vorhandene – eigene Sachkunde bezogen. Eine psychische Störung des Klägers könne nur dann für das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit von Bedeutung sein, wenn sie derart ausgeprägt sei, dass sie nicht mit zumutbarer Willensanspannung bezogen auf die berufliche Tätigkeit überwunden werden könne. Dieser Beweis sei nicht geführt. Daran habe der Sachverständige Dr. GA4 auch im Rahmen seiner Anhörung festgehalten.

Im übrigen fänden sich im Urteil des Landgerichts keinerlei Ausführungen dazu, in welchem Umfang eine etwa relevante psychische Störung eine Beeinträchtigung der Berufstätigkeit des Klägers ergebe, insbesondere ob bedingungsgemäße 50% erreicht würden. Überdies sei das Tätigkeitsbild des Klägers bestritten und unbewiesen. Gegebenenfalls seien auch Feststellungen hinsichtlich der geltend gemachten Verweisungstätigkeiten zu treffen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird im übrigen bezuggenommen.

Der Einzelrichter des Senats hat Beweis erhoben durch Einholung ergänzender Stellungnahmen des bereits in erster Instanz beauftragten Sachverständigen Dr. GA4. Auf die Stellungnahmen vom 31.8.2007 (Bl. 875 ff. d. A.) und vom 21.11.2007 (Blatt 960 ff d. A.) wird Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat Erfolg.

Der Kläger hat nicht den Nachweis geführt, dass bei ihm bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliegt. Das Landgericht hat insoweit die Darlegungs- und Beweislast verkannt und im übrigen zu der Frage, ob der Kläger in Höhe von mindestens 50% berufsunfähig ist, keine konkreten Feststellungen getroffen.

1.

Der Kläger hat als Versicherungsnehmer grundsätzlich sämtliche Voraussetzungen des Versicherungsfalls zu beweisen (BGH VersR 1995,1174 zu II.2a.; NJW-RR 2007,93 = VersR 2007, 383 zu II.1.). Zweifel bei der Feststellung der medizinischen Voraussetzungen für die Annahme einer Berufstätigkeit sind deshalb entgegen der Meinung des Landgerichts “ zu Lasten des Klägers auszulegen“.

2.

Das Landgericht hat die seiner Entscheidung zugrunde liegende Feststellung über einen Kräfteverfall des Klägers nicht in zulässiger Weise festgestellt (§ 286 ZPO). Auch eine solche Feststellung bedarf der medizinischen Sachkunde, was sich bereits aus § 2 (1) BUZ ergibt, wonach ein ärztlicher Nachweis erforderlich ist. Das Landgericht hat sich jedoch insoweit gerade nicht auf die Ergebnisse des eingeholten Sachverständigengutachtens und dessen mündliche Erläuterungen gestützt und seine eigene Sachkunde in keiner Weise dargelegt (vgl. Baumbach / Hartmann, ZPO, § 286 Rn 53 ff; Zöller, ZPO, § 402 Rn 7, 7a; Musielak, ZPO, § 286 Rn 11, 67, § 402 Rn 12). Der Feststellung des Landgerichts zum Kräfteverfall des Klägers fehlt mithin ein bedingungsgemäßer ärztlicher Nachweis als Grundlage. Zu einer ergänzenden Begutachtung eines Kräfteverfalls des Klägers fehlen ausreichende Anknüpfungstatsachen.

Soweit Anhaltspunkte vorliegen, die der Sachverständige Dr. GA4 in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 31.8.2007 anhand der aktenkundigen Befunde zusammengestellt hat (Bl. 877 ff d.A.), bestehen bereits aufgrund des vom Kläger nicht angegriffenen orthopädischen Gutachtens von Prof. Dr. GA3 erhebliche Bedenken zur Wertigkeit angegebener Beeinträchtigungen des Klägers, die durch die ebenfalls überzeugenden Ausführungen im neurologisch / psychiatrischen Gutachten von Dr. GA4 bekräftigt werden. Auf die Ausführungen zur Aggravation des Klägers unten zu 3.c.cc) wird bezuggenommen und auf die überzeugenden Gutachten Dr. GA4 (Bl. 489 ff, 875 ff und 960 ffd.A.) verwiesen. Aufgrund dessen können keine gesicherten Anhaltspunkte für einen möglichen Kräfteverfall gefunden werden, die Grundlage einer Begutachtung sein könnten.

3.

Der Kläger hat vorliegend nicht den Nachweis geführt, dass er gemäß § 2 Nr. 1 i. V. m. § 1 Nr. 1 der für das Vertragsverhältnis der Parteien geltenden Versicherungsbedingungen (Blatt 35 ff d.A.) infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich zu mindestens 50% außer Stande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.

a) Wie das Landgericht bereits zutreffend erkannt hat, war den Ergebnissen der eingeholten Gutachten des orthopädischen Sachverständigen Prof. Dr. GA3 ( Bl. 415 ff d. A.) und des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. GA4 (Bl. 489 ff d. A.) die Feststellung der Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit des Klägers in Höhe von mindestens 50% nicht zu entnehmen. Der orthopädische Sachverständige hat auf der Grundlage eigener Untersuchung keine relevanten Erkrankungen der Stütz- und Bewegungsorgane feststellen können. Er hat den vom Kläger geklagten Beeinträchtigungen und Beschwerden, nämlich den Schmerzen im Bereich der Beine, Schmerzen im Bereich der linken Hand, Bewegungsstörung beider Hände, Instabilitätsgefühle mit dem linken oberen Sprunggelenk sowie diffuses Körperkribbeln keine medizinisch begründbaren Krankheitssymptome zuordnen können. Der Gutachter hat deshalb die weitere Begutachtung durch einen Nervenarzt empfohlen. Der als Gutachter herangezogene Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. GA4 ist sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch bei dessen mündlichen Erläuterung zu dem Ergebnis gekommen, dass zwar die Möglichkeit einer psychosomatischen oder neurotischen Gesundheitsstörung nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne, jedoch eine zweifelsfreie Feststellung einer mindestens 50%igen gesundheitlichen Beeinträchtigung des Klägers, seiner bisherigen Berufstätigkeit nachzugehen, nicht getroffen werden könne.

b) Dieses Beweisergebnis ist angesichts der Beweislastverteilung zulasten des Klägers zu berücksichtigen. Entgegen der Meinung des Klägers ist vorliegend nach dem Ergebnis der Gutachten nicht ein “ für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit“ erreicht worden. Beide Gutachter konnten wegen erheblicher Zweifel gerade keine ausreichend gesicherten Feststellungen über die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit treffen. Die nicht auszuschließende Möglichkeit von Erkrankungen – Verdachtsdiagnose -, die eine Berufsunfähigkeit zu begründen geeignet sind, genügt als ausreichende Wahrscheinlichkeit nicht (OLG Koblenz r + s 2003, 337). Wenigstens 80-90 %ige Sicherheit im naturwissenschaftlichen Sinn ist erforderlich (OLG Hamm r + s 1997, 126 = VersR 1997, 817).

c) Es besteht kein Anlass zu einer ergänzenden Begutachtung.

aa) Die vom Kläger geforderte Einholung eines Zusammenhangsgutachtens mit dem Ziel, festzustellen, ob im Rahmen einer Gesamtschau der Beeinträchtigungen und Beschwerden des Klägers bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit festgestellt werden kann, ist vorliegend nicht geboten. Eine solche Begutachtung macht nur Sinn, wenn nicht bereits verschiedene Teilbeurteilungen mit positiven Ergebnissen im Sinne einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit vorliegen und erst deren Gesamtschau eine abschließende Beurteilung ermöglicht. Das ist gerade vorliegend nicht der Fall. Denn weder die orthopädische noch die neurologisch/psychiatrische Begutachtung hat ausreichende Anhaltspunkte für medizinisch gesicherte bzw. zuordenbare Krankheitsbeschwerden des Klägers als Voraussetzungen einer (Teil)Berufsunfähigkeit ergeben.

bb) Die von der Streitverkündeten aufgeworfene Frage nach einer Suchterkrankung des Klägers bietet vorliegend ebenfalls keinen Anlass zu einer ergänzenden Begutachtung. Der Gutachter Dr. GA4 hat sich mit dem dort in Bezug genommenen Entlassungsbericht der Klinik O1 und O2 (Blatt 546 ff d. A. und 549 ff d. A.) auseinandergesetzt (Bl. 627 d. A.) und aufgrund der von ihm durchgeführten Anamnese und Untersuchung (vgl. Bl. 505-511 d. A.) keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Erkrankung gefunden, den Missbrauch von Psychopharmaka vielmehr der Vorgeschichte (ohne aktuelle Relevanz) zugeordnet (Bl. 883 d. A.).

cc) Entgegen der weiteren Anregung der Streitverkündeten ist es vorliegend nicht angezeigt, die Frage der Simulation/Aggravation durch den Kläger durch einen sog. Symptomvalidierungstest zu klären. Nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters Dr. GA4, welche durch die Beifügung eines umfangreichen Aufsatzes zum Stand dieser Testverfahren gestützt werden, kann ein solches Testverfahren vorliegend keine weitere Aufklärung bringen. Testverfahren werden in der Regel zum Nachweis von Simulation/Aggravation angewendet, die vorliegend nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, die auch durch die Feststellungen des orthopädischen Sachverständigen Prof. Dr. GA3 gestützt werden, aufgrund deutlicher Anhaltspunkte bereits zu bejahen ist. Diese Feststellung ist überzeugend und nachvollziehbar. Sie beruht darauf, dass der Gutachter Dr. GA4 anlässlich seiner Untersuchung festgestellt hat, dass der Kläger seine Beschwerden dramatisierend und demonstrativ zum Ausdruck gebracht hat und die von ihm geklagten und vorgeführten Grenzen der Beweglichkeit und Belastbarkeit in unterschiedlichen Situationen inkonsistent gewesen sind, dass nämlich die Grenzen der funktionellen Leistungsfähigkeit zum Beispiel bei der körperlichen Untersuchung oder dem Betreten bzw. Verlassen der Praxis nicht übereingestimmt haben. Diese Feststellungen werden gestützt durch das Ergebnis des orthopädischen Gutachtens von Prof. Dr. GA3, der so gut wie keine Übereinstimmung zwischen den geklagten Beschwerden und Beeinträchtigungen und den organischen Befunden herstellen konnte. Prof. GA3 hat in diesem Zusammenhang insbesondere darauf hingewiesen, dass nicht erklärt werden konnte, weshalb der Kläger mit einer versteifender Handgelenksorthese versorgt worden sei, die nur geringfügige Benutzungszeichen aufgewiesen habe sowie mit einer steifen Sprunggelenksorthese links, die keinerlei Benutzungszeichen aufgewiesen habe.

Aufgrund dessen ist zurückliegenden, jetzt nicht mehr vorgebrachten körperliche Beschwerden oder Beeinträchtigungen, wie verwaschene Sprache oder ungepflegtes Äußeres nicht mehr nachzugehen.

Für eine übertriebene Darstellung der Beschwerden und Beeinträchtigungen des Klägers spricht im übrigen auch, dass er aus den behaupteten Unzulänglichkeiten offenbar keine persönlichen Konsequenzen gezogen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass er trotz von ihm nicht zu steuernden Beinversagen (er war mehrfach die Treppe hinuntergefallen) Bl. 508, 511 oder Black-out, (er war im Auto zusammengebrochen, S. 21 des Gutachtens Dr. GA4, Blatt 509 d. A.) auf seine Fahrerlaubnis verzichtet hat; er war allein mit dem Auto zur Untersuchung gekommen (siehe S. 31 des Gutachtens Dr. GA4, Blatt 519 d. A.).

d) Entgegen der Auffassung des Klägers und der Streitverkündeten kann aus der langen Dauer (etwa sieben Jahre) der vom Kläger geltend gemachten Beschwerden nicht der Schluss gezogen werden, dass beim Kläger bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit anzunehmen ist; es ergeben sich nicht einmal hinreichende Indizien. Denn nach den überzeugenden Ergebnissen der Begutachtungen durch Prof. Dr. GA3l und Dr. GA4 ergeben sich gerade keine gesicherten Feststellungen darüber, dass die vom Kläger seit Jahren geklagten Beschwerden, Schmerzen und Beeinträchtigungen als ärztlich nachzuweisende Krankheit oder als Kräfteverfall im Sinne von § 2 Nr. 1 der Versicherungsbedingungen festgestellt werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Begriff der Krankheit hier nicht mit dem in der Krankenversicherung übereinstimmt; insbesondere spielt der Gesichtspunkt der Behandlungsbedürftigkeit hier keine Rolle (Scholz/Martin VVG, § 2 BUZ Rn 3). Erst wenn insoweit ausreichende Feststellungen vorliegen, kann die Frage der Dauerhaftigkeit und die dazu vorzunehmende Prognose geprüft werden. Auch die Bestimmung nach § 2 Nr. 3 der Versicherungsbedingungen ersetzt nur den Nachweis der Dauerhaftigkeit, wenn Berufsunfähigkeit infolge Krankheit oder Kräfteverfalls sechs Monate lang bestanden haben. Die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit, nämlich u. a. Krankheit und Kräfteverfall bleiben jedoch ärztlich nachzuweisen (vgl. OLG Saarbrücken r + s 2006, 293).

e) Es sind auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine weitere Begutachtung oder ein Obergutachten weitere Aufklärung im vorliegenden Fall bieten könnte. Der Gutachter Dr. GA4 hat sich mit allen Einwänden der Beklagten auseinandergesetzt und diese überzeugend widerlegt. Es wird insoweit auf die ergänzenden Stellungnahmen (Bl. 625 ff. 733 ff. 875 ff und 960 ff. d. A.) bezuggenommen.

aa) Vorliegend beruht der Mangel in der Feststellbarkeit bedingungsgemäßer Krankheit oder Kräfteverfalls des Klägers insbesondere darauf, dass der Kläger durch Aggravation zuverlässige Feststellungen selbst beeinträchtigt hat (siehe oben 3. c) cc). Daraus ergeben sich im übrigen auch Anhaltspunkte für die Streitverkündete, dass eine Krankheit im Sinne der im Verhältnis zu ihr maßgeblichen Versicherungsbestimmungen zweifelhaft erscheinen könnte. Jedenfalls aber ist im Falle der Übertreibung einer Krankheit gegenüber den gerichtlich bestellten Sachverständigen die deshalb nicht mögliche Feststellung einer mindestens 50%igen Berufsunfähigkeit zulasten des Versicherungsnehmers zu werten (OLG Frankfurt ZfSch 2006, 524). Wegen der vorliegend gegebenen Aggravation durch den Kläger können auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen werden, inwieweit eine bei dem Kläger etwa vorliegende psychische Störung durch Willensanstrengung überwunden werden kann. Bejahendenfalls ist eine Berufsunfähigkeit nicht festzustellen (OLG Köln VersR 2002, 1365). Das unklare Beweisergebnis geht auch insoweit zulasten des Klägers. Entsprechendes gilt für den Fall, dass nach Feststellung einer psychischen Störung die Leistungsfähigkeit durch eine zumutbare, (z. B. medikamentöse) Therapie oder einfache versorgende und begleitende Maßnahmen hergestellt werden kann (OLG Saarbrücken r + s 2006, 293).

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind vorliegend nicht erfüllt. Fragen grundsätzlicher Bedeutung oder Divergenz sind vorliegend nicht betroffen.

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