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Betriebsuntersagung – Einzelhandelsgeschäft in einem Einkaufszentrum

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof – Az.: 20 CE 20.951 – Beschluss vom 04.05.2020

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts … vom 27. April 2020 wird geändert. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Das Verwaltungsgericht … hat mit Beschluss vom 27. April 2020, wie vom Antragsteller beantragt, vorläufig bis zur Entscheidung der Hauptsache gegenüber der Antragsgegnerin festgestellt, dass der Antragsteller sein Einzelhandelsgeschäft für Herrenmode in einem Einkaufszentrum mit einer Fläche von 566 m² in R. ab dem 27. April 2020 wieder öffnen darf.

Hiergegen richten sich die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses.

II.

Betriebsuntersagung - Einzelhandelsgeschäft in einem Einkaufszentrum
Symbolfoto: Von Sharkshock /Shutterstock.com

Der Antrag ist bereits unzulässig, weil zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht. Die im Streit stehenden Verpflichtungen aus der aktuell geltenden bayerischen Rechtsverordnung nach § 32 Satz 1 IfSG bestehen nicht zwischen den Beteiligten dieses Rechtsstreits. Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt auf Grund einer öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis von (natürlichen oder juristischen) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (vgl. BVerwG, U.v. 31.8.2011 – 8 C 8.10 – BVerwGE 140,267; U.v. 20.11.2003 – 3 C 44.02 – NVwZ-RR 2004, 253).

Die für die Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage für die Beurteilung dieser Frage ist diejenige im Zeitpunkt der Entscheidung des Beschwerdegerichts. Danach ist der zum 4. Mai 2020 in Kraft getretene § 4 Abs. 4 der Dritten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (3. BayIfSMV) vom 1. Mai 2020 maßgebend, welcher folgendermaßen lautet:

§ 4 Betriebsuntersagungen

(4) 1Für Ladengeschäfte, Einkaufszentren und Kaufhäuser des Einzelhandels gilt:

1.

Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass grundsätzlich ein Mindestabstand von 1,5 m zwischen den Kunden eingehalten werden kann und die Zahl der gleichzeitig im Ladengeschäft anwesenden Kunden nicht höher ist als ein Kunde je 20 m2 Verkaufsfläche,

2.

Es dürfen höchstens 800 m2 Verkaufsfläche geöffnet werden; dies gilt nicht für Lebensmittelhandel, Getränkemärkte, Banken und Geldautomaten, Apotheken, Drogerien, Sanitätshäuser, Optiker, Hörgeräteakustiker, Verkauf von Presseartikeln, Filialen des Brief- und Versandhandels, Post, Bau- und Gartenmärkte, Gärtnereien, Baumschulen, Tierbedarf, Tankstellen, Kfz-Handel, Kfz-Werkstätten, Fahrradwerkstätten und Reinigungen,

5.

der Betreiber hat ein Schutz- und Hygienekonzept (z. B. Einlass, Mund-Nasen-Bedeckung) und, falls Kundenparkplätze zur Verfügung gestellt werden, ein Parkplatzkonzept auszuarbeiten und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen.

2Die zuständigen Kreisverwaltungsbehörden können im Einzelfall ergänzende Anordnungen erlassen, soweit es aus infektionsschutzrechtlicher Sicht erforderlich ist.

Adressat der sich aus § 4 ergebenden Betriebsbeschränkungen für Ladengeschäfte, Einkaufszentren und Kaufhäuser ist der jeweilige Betreiber der genannten Einrichtungen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der zunächst die Betreiber von Ladengeschäften, Einkaufszentren und Kaufhäusern in § 4 Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 und 5 ausdrücklich verpflichtet. Aber auch im Fall des § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Hs. 1 3. BayIfSMV sind die Betreiber der Verkaufseinrichtungen, hier also des Einkaufszentrums, Adressat der Maßnahme. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Regelung, weil dort kein ausdrücklicher Adressat der Verkaufsflächenbeschränkung genannt wird. Für Ladengeschäfte und Kaufhäuser erschließt es sich aus der Natur der Sache heraus, dass hier nur der jeweilige Betreiber gemeint sein kann. Bei Einkaufszentren ist dagegen deren Eigenart zu beachten. Sie sind eine Zusammenfassung verschiedener Branchen und Größenordnungen des Einzelhandels, des Handwerks und von Dienstleistungsbetrieben, die in der Regel einen einheitlich geplanten und finanzierten, gebauten und verwalteten Gebäudekomplex mit mehreren Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe – zumeist verbunden mit verschiedenen Dienstleistungsbetrieben – bilden (BVerwG U.v. 27.4.1990 – 4 C 16.87 – NVwZ 1990, 1074 = BeckRS 9998, 47372; B.v. 18.12.2007 – 4 B 3.12 – ZfBR 2013, 272 = BeckRS 2013, 48610). Die Bezeichnung als Einkaufszentrum ist dabei nicht entscheidend, sodass Outletcenter, Einkaufspassagen und Ähnliches auch hierunter fallen können. Entscheidend ist vielmehr die einheitliche Konzeption und Verwaltung dieser Konzentration von Einzelhandelsgeschäften, Handwerksbetrieben und Dienstleistern. Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass die Verordnung bei Ladengeschäften, die sich in einem Einkaufszentrum befinden, einheitlich auf den Betreiber des Einkaufszentrums abstellt und nicht auf die Betreiber der einzelnen Einzelhandelsgeschäfte des Einkaufszentrums. Sie werden durch § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Hs. 1 3. BayIfSMV nicht verpflichtet, sondern ausschließlich der Betreiber des Einkaufszentrums. Dieses Ergebnis bestätigt § 9 Nr. 5 lit a) bb) 3. BayIfSMV, der als ordnungswidrig ahndet, wenn der Betreiber eines Einkaufzentrums die vorgeschriebene Begrenzung der Verkaufsfläche missachtet.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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