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Spielhalle – Abstandsgebot – Vereinbarkeit mit Unionsrecht

Oberverwaltungsgericht Saarland – Az.:  1 B 345/19 – Beschluss vom 04.05.2020

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 26. November 2019 – 1 L 1130/19 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragstellerin zur Last.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Spielhalle – Abstandsgebot - Vereinbarkeit mit Unionsrecht
Symbolfoto: Von Solarisys /Shutterstock.com

Die Antragstellerin betreibt – neben anderen Spielhallen im Saarland – aufgrund einer nach § 33i GewO erteilten Erlaubnis vom 28.9.2006 die verfahrensgegenständliche Spielhalle („Spielhalle I“) am Standort H-Straße in A-Stadt. Der Fortbetrieb der im baulichen Verbund mit der Spielhalle I eingerichteten Spielhalle II wurde auf der Grundlage eines gerichtlichen Vergleichs bis zum 31.3.2020 geduldet.

In einem Abstand von weniger als 500 m Luftlinie zu dem vorgenannten Spielhallenstandort wird eine weitere Spielhalle betrieben, deren Inhaberin Frau H. ist. Dieser Betreiberin erteilte der Antragsgegner im Rahmen des Auswahlverfahrens zur Auflösung der Abstandskollision nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 SSpielhG mit Bescheid vom 18.7.2019 die Erlaubnis zum Weiterbetrieb ihrer Spielhalle über den 30.6.2017 hinaus. Der Bescheid ist Gegenstand der beim Verwaltungsgericht erhobenen Drittanfechtungsklage der Antragstellerin – 1 K 1077/19 –.

Mit an die Antragstellerin gerichtetem Bescheid vom 18.7.2019, der Gegenstand des Hauptsacheverfahrens 1 K 1076/19 ist, lehnte der Antragsgegner bezüglich der verfahrensgegenständlichen Spielhalle I sowohl die Erteilung einer Erlaubnis nach § 2 Abs. 1 SSpielhG im Auswahlverfahren als auch eine Befreiung nach § 12 Abs. 2 SSpielhG vom Abstandsgebot ab. Die Antragstellerin wurde ferner aufgefordert, die Spielhalle binnen eines Monats nach Zustellung des Bescheides zu schließen.

Den von der Antragstellerin gestellten Antrag, den Antragsgegner durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, den Weiterbetrieb der verfahrensgegenständlichen Spielhalle bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig zu dulden, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26.11.2019 – 1 L 1130/19 – zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

II.

Die am 3.12.2019 beim Verwaltungsgericht eingegangene, am 23.12.2019 begründete Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor bezeichneten, den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 27.11.2019 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts ist zulässig, aber unbegründet.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht das Eilrechtschutzbegehren mit der Begründung abgelehnt, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf weitere Duldung ihres Spielhallenbetriebs habe, weil sie weder das Bestehen eines Anspruchs auf Erteilung der für den Weiterbetrieb erforderlichen Erlaubnis bzw. auf erneute Vornahme der Auswahlentscheidung, noch einen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung vom Abstandsgebot unter Härtefallgesichtspunkten glaubhaft gemacht habe und auch die gewährte Abwicklungsfrist von einem Monat ab Zustellung des Bescheides aller Voraussicht nach nicht zu beanstanden sei.

Das Vorbringen der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 23.12.2019, das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Umfang der vom Senat vorzunehmenden Prüfung begrenzt, gibt auch unter Berücksichtigung ihrer weiteren Schriftsätze vom 6.2.2020 und vom 14.2.2020, soweit diese die fristgerecht eingereichte Beschwerdebegründung lediglich ergänzen, keine Veranlassung, die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern.

1. Nicht durchzudringen vermag die Antragstellerin zunächst mit ihrem Vorbringen, das Abstandsgebot des § 3 Abs. 2 Nr. 2 SSpielhG sei unionsrechtswidrig und aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs unanwendbar. Der Senat hat wiederholt entschieden, dass die Regelungen des Saarländischen Spielhallengesetzes einschließlich des Abstandsgebots unter der von der Antragstellerin verfochtenen Prämisse eines grenzüberschreitenden Sachverhalts1 keinen unionsrechtlichen Bedenken unterliegen, insbesondere nicht mit der unionsrechtlichen Dienstleistungsfreiheit kollidieren.2 Die seitens der Antragstellerin gegen diese Senatsrechtsprechung erhobenen Einwände verfangen nicht. Diese Einwände sind, soweit sie das Unionsrecht betreffen, inhaltlich identisch mit dem Beschwerdevorbringen in dem zitierten Beschwerdeverfahren 1 B 318/19. Der Senat hat sich in jenem Verfahren mit der Argumentation der dortigen Antragstellerin eingehend auseinandergesetzt. Mit Rücksicht darauf, dass die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin auch Prozessvertreter der Antragstellerin im Verfahren 1 B 318/19 waren, kann auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 4.2.2020 Bezug genommen werden. Neue Gesichtspunkte sind von der Antragstellerin nicht aufgezeigt worden.

2. Auch die Einwände der Antragstellerin gegen die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung rechtfertigen keine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses.

2.1 Ein formeller Mangel in Gestalt einer Verletzung des Transparenzgebotes liegt nicht vor. Auch insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe im Beschluss des Senats vom 4.2.20203, die sich mit den auch von der Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens vorgebrachten Argumenten eingehend auseinandersetzen, Bezug genommen werden.

2.2 Die Einwände der Antragstellerin gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung des Antragsgegners vermögen der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen.

a) Dass der Antragsgegner im Rahmen des von ihm mit dem im Verwaltungsrechtsstreit 1 K 1076/19 angefochtenen Bescheid vom 18.7.2019 getroffenen Auswahlverfahrens die mietvertraglichen Verpflichtungen der Antragstellerin nicht als vertrauensgeschützt angesehen hat, führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung.

Der Antragsgegner hat bei dem von ihm vorzunehmenden Vergleich der wirtschaftlichen Betroffenheit konkurrierender Spielhallen unter anderem in Anwendung des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SSpielhG zu ermitteln, ob der einzelne Spielhallenbetreiber vor dem 28.10.2011 im Vertrauen auf die ursprünglich erteilte Erlaubnis disponiert hat sowie ob er sich eingegangener Verpflichtungen nicht rechtzeitig entledigen konnte4. In Bezug auf Dispositionen, die den Mietvertrag einer in Abstandskollision befindlichen Spielhalle zum Gegenstand haben, muss in diesem Zusammenhang gesehen werden, dass Aufwendungen, die infolge einer erst nach dem 28.10.2011 bewirkten Verlängerung des Mietvertrags zu tätigen sind, im Rahmen der Auswahlentscheidung nicht von zentraler Relevanz sein können. Gesteht man den Betreibern zu, dass jeder die Hoffnung hegen konnte, schon im Rahmen der Auswahlentscheidung zum Zuge zu kommen und daher einer Befreiung vom Abstandsgebot nicht zu bedürfen5, so bedingt dies, dass ihnen im Auswahlverfahren nicht entgegengehalten werden kann, sie hätten den Mietvertrag bereits im Vorfeld der Auswahlentscheidung auslaufen lassen müssen. Demgemäß signalisiert die laufende Verpflichtung zur Mietzinszahlung keine besondere Betroffenheit eines Spielhallenbetreibers, sondern ist, soweit das Unternehmen wie üblich in angemieteten Räumen betrieben wird, notwendige Voraussetzung des Fortbetriebs bis zur Auswahlentscheidung. Mietzinsverpflichtungen, die zwischen dem 30.6.2017 und der Rechtskraft der Auswahlentscheidung zu bedienen sind, sind daher für das zu vergleichende Maß der wirtschaftlichen Betroffenheit ohne nennenswerte Aussagekraft. Da der Zeitpunkt der Rechtskraft bei Ergehen der Auswahlentscheidung nicht verlässlich abzusehen ist, sind im Kontext einer Auswahlentscheidung selbst deutlich über den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung hinausreichend eingegangene Mietverpflichtungen kein geeignetes Kriterium für das zu vergleichende Maß der wirtschaftlichen Betroffenheit. Dem geschuldet argumentiert der Antragsgegner regelmäßig, so auch fallbezogen, diesbezüglich seien bei jedem Konkurrenten Defizite festzustellen, so dass keiner sich auf seine Belastung durch fortdauernde Mietverbindlichkeiten berufen könne.6 Dies trifft aus den dargelegten Gründen im Ergebnis zu; eine Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung lässt sich aus alldem nicht herleiten.7

b) Ohne Erfolg greift die Antragstellerin die Annahme des Antragsgegners an, die Konkurrentin würde durch eine Schließung ihrer Spielhalle wirtschaftlich deutlich stärker in ihrer Existenz gefährdet als die Antragstellerin.

Zunächst hat der Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid – und ihm folgend das Verwaltungsgericht – in Bezug auf die Antragstellerin bemängelt, dass sie ihrer Obliegenheit, den Beitrag, den die verfahrensgegenständliche Spielhalle zur Sicherung des Gesamtunternehmens erbringt, in ihrem Antrag und der jeweils vorgelegten Wirtschaftsprüferbescheinigung darzulegen, nicht hinlänglich nachgekommen sei. Zwar sei in der von der Antragstellerin vorgelegten Wirtschaftsprüferbescheinigung eine Übersicht über die Umsatzerlöse der von der Antragstellerin im Saarland betriebenen Spielhallen aus dem Jahr 2015 enthalten – so auch hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Spielhallenstandorts. Allerdings sei diesbezüglich nicht zwischen der verfahrensgegenständlichen, von der Antragstellerin präferierten Spielhalle I und der ebenfalls an dem Standort im baulichen Verbund betriebenen weiteren Spielhalle unterschieden worden. Ferner ließen die Angaben über den Umsatz keinen Rückschluss auf den tatsächlichen Gewinn zu. Insoweit sei nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner zu dem Ergebnis gelangt sei, dass auf der Grundlage der ihm vorliegenden Informationen nicht ermittelbar sei, welchen Anteil die verfahrensgegenständliche Spielhalle am Gesamtgewinn des Unternehmens trägt. Hiervon ausgehend habe die Antragstellerin keine herausgehobene Bedeutung dieser Spielhalle für ihre wirtschaftliche Existenz nachgewiesen. Die Antragstellerin habe folglich nicht dargetan, dass sie durch den Wegfall der Erlaubnis für die verfahrensgegenständliche Spielhalle in gleichem Maße betroffen ist wie die ausgewählte Bewerberin. Vielmehr sei die Annahme des Antragsgegners, dass die ausgewählte Spielhallenbetreiberin, die nur eine einzige Spielhalle betreibe, von einer Versagung der Erlaubnis härter betroffen wäre als das Unternehmen der Antragstellerin, die an verschiedenen Standorten Spielhallen betreibe, von denen sie nach eigenen Angaben vier Spielhallen definitiv weiter betreiben könne und deren Weiterbetrieb im Übrigen teilweise noch in Streit stehe, mangels konkreter standortbezogener Angaben der Antragstellerin jedenfalls nachvollziehbar und plausibel. Dem könne die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Antragsgegner habe das Privatvermögen der ausgewählten Bewerberinnen prüfen müssen. Es sei nicht ermessensfehlerhaft, dass der Antragsgegner auf die Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens abstelle und im Falle der ausgewählten Spielhallenbetreiberin, bei der es sich um eine Privatperson handele, auf die Gefahr des vollständigen Wegfalls der Tätigkeit im Spielhallensektor abstelle, also eine spielhallenspezifische Betrachtung vornehme und etwaiges Privatvermögen außer Acht lasse. Nicht durchdringen könne die Antragstellerin des Weiteren mit ihrem Vortrag, die ausgewählte Bewerberin habe auf einen anderen Standort ohne Konkurrenzsituation verwiesen werden können. Abgesehen davon, dass ein solch hypothetisches Alternativszenario nicht Gegenstand der vergleichenden Betrachtung im Rahmen der Auswahlentscheidung sei, habe die Antragstellerin nicht dargelegt, warum ihr Argument nicht ebenso für sie selbst gelten sollte.

Diese Argumentation ist im Ergebnis überzeugend. Dass das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, die Antragstellerin habe zum 30.6.2017 über 77 Konzessionen verfügt, beruht zum einen auf den eigenen – nach Darstellung der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung versehentlich fehlerhaften – Angaben der Antragstellerin in ihrer Antragsschrift vom 23.8.2019 und vermag die vorstehend wiedergegebene Argumentation des Verwaltungsgerichts, dass auf der Grundlage der dem Antragsgegner vorliegenden Informationen zu den nach Angaben der Antragstellerin tatsächlich „lediglich“ 27 Spielhallen nicht ermittelbar gewesen sei, welchen Anteil die verfahrensgegenständliche Spielhalle am Gesamtgewinn des Unternehmens trägt, nicht zu entkräften. Dass die Antragstellerin nach ihren Angaben in der Beschwerdebegründung nicht – wie vom Verwaltungsgericht angenommen – vier, sondern lediglich drei ihrer Spielhallen gesichert weiter betreiben kann, steht der Argumentation des Verwaltungsgerichts, der Antragsgegner habe ermessensfehlerfrei davon ausgehen dürfen, dass die lediglich über eine einzige Spielhalle verfügende Konkurrentin der Antragstellerin im Falle des Verlusts ihres Standorts wirtschaftlich stärker betroffen wäre als die Antragstellerin, ebenfalls nicht entgegen.

Dasselbe gilt für die von der Antragstellerin in ihrer Beschwerdebegründung vorgebrachte Rüge, der Antragsgegner habe den Amtsermittlungsgrundsatz verletzt [aa)] sowie für den Umstand, dass die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren mit ihrem Beschwerdebegründungsschriftsatz von einer Steuerberatungsgesellschaft erstellte Planrechnungen 2019 bis 2022 in sieben Varianten vorgelegt hat, aus denen sich ergeben soll, dass im Fall der Schließung der streitbefangenen Spielhalle der wirtschaftliche Fortbestand ihres Unternehmens massiv gefährdet wäre [bb)]. Auch die weiteren Einwände der Antragstellerin verfangen nicht [cc) – ff)].

aa) Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den der Behörde durch § 24 SVwVfG vorgegebenen Amtsermittlungsgrundsatz übersehen, blendet aus, dass bereits in den den Beteiligten bekannten Anwendungshinweisen vom 7.6.2016 im Einzelnen klargestellt war und ist, was die Spielhallenbetreiber, die ihre Spielhalle über den 30.6.2017 hinaus weiterbetreiben wollen, im Antragsverfahren zu beachten und darzulegen haben. So heißt es etwa unter Ziffer 2.3, dass den Spielhallenbetreibern Mitwirkungs- und Auskunftspflichten obliegen und sie für die maßgeblichen Tatsachen die Darlegungs- und Beweislast trifft. Dass diese Klarstellung sich – ebenso wie weitere Hinweise – auf die Beibringung der für die Beurteilung eines Härtefalls maßgeblichen Tatsachen bezieht, ist in Ansehung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Relevanz dieser Tatsachen auch im Rahmen der Auswahlentscheidung unschädlich. Weiter enthält Ziffer 3.3.4 den Hinweis auf die Notwendigkeit einer wertenden Betrachtung aller ggf. relevanten Aspekte und die Obliegenheit der Spielhallenbetreiber, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse offenzulegen, u.a. Auskunft darüber zu erteilen, welche Erträge das Unternehmen einbringt bzw. welcher Beitrag zur Existenzsicherung des Unternehmens geleistet wird. Die Anforderungen an die Wirtschaftsprüferbescheinigung sind unter Ziffer 4 dargelegt und dort sind auch die für die Fortbestehensprognose notwendig zu beantwortenden Leitfragen formuliert. Unterlässt ein Betreiber in Kenntnis der Relevanz all dieser von ihm beizubringenden Informationen es, substantiiert zum Beitrag einer bestimmten Spielhalle zu der Existenzsicherung des Unternehmens vorzutragen, so löst dies auch in Anbetracht der Grundrechte und des die Anwendungshinweise abschließenden allgemeinen Hinweises, dass weitere Unterlagen angefordert werden könnten, keine allgemeine Verpflichtung des Antragsgegners aus, einen Betreiber zur Vervollständigung bzw. Substantiierung nicht aussagekräftiger Angaben und zur Glaubhaftmachung seiner Behauptungen anzuhalten.8

bb) Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer spielhallenrechtlichen Auswahlentscheidung ist – wie der Senat in seinem kürzlich im Verfahren 1 B 248/19 ergangenen Beschluss auf der Grundlage einer umfassenden Rechtsprüfung ausführlich dargelegt hat – die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung.9 Auf die dortigen Ausführungen wird vollumfänglich Bezug genommen.

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Kommt es mithin für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung auf den Zeitpunkt der behördlichen Auswahlentscheidung an, so vermögen die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen, unabhängig davon, ob sie auf zutreffenden oder fraglichen Prämissen fußen, deren Rechtmäßigkeit nicht in Frage zu stellen. Eine erstmalige Plausibilisierung des Vortrags zum Grad der wirtschaftlichen Betroffenheit ist nach Ergehen der Auswahlentscheidung ohne Relevanz für deren Rechtmäßigkeit.10

cc) Die Auswahlentscheidung krankt schließlich nicht daran, dass der Antragsgegner und ihm folgend das Verwaltungsgericht bei der vergleichenden Betrachtung der jeweiligen wirtschaftlichen Betroffenheit auf Seiten der ausgewählten Bewerberin auf eine „spielhallenspezifische Betrachtung“ abgestellt, also allein die wirtschaftlichen Folgen des Standortverlusts für deren Spielhallenbetrieb in den Blick genommen haben, ohne das (private) Gesamtvermögen/-einkommen (Immobilieneigentum und Einkünfte aus der Vermietung einer Spielhalle) zu berücksichtigen. Mit Recht geht das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit dem Antragsgegner davon aus, dass für die Auswahl miteinander konkurrierender Bestandsspielhallen in Abstandskollision entscheidend auf die Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens abzustellen ist. Das Unternehmen besteht aber auf Seiten der fallbezogen ausgewählten Bewerberin, einer natürlichen Person, im Betrieb ihrer (einzigen) in Abstandskollision mit der verfahrensgegenständlichen Spielhalle der Antragstellerin befindlichen Spielhalle. Dem kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, die spielhallenspezifische Betrachtung des Antragsgegners verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, denn auch bei juristischen Personen seien nach der Rechtsprechung deren gesamtes Vermögen sowie sonstige Einnahmequellen insgesamt in den Blick zu nehmen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet vielmehr eine andere Betrachtung: Der Senat hat mehrfach betont, dass der Auswahlparameter der wirtschaftlichen Betroffenheit unternehmensbezogen ist11, wobei der Unternehmensbegriff mit Rücksicht darauf, dass Spielhallenbetriebe besondere Gewerbebetriebe sind, nicht gesellschafts-, sondern gewerberechtlich zu verstehen ist. Im Falle einer juristischen Person bedeutet dies zum einen, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse dahinter stehender natürlicher Personen oder beteiligter (Tochter-)Gesellschaften außer Betracht zu bleiben haben, also im Rahmen der Auswahlentscheidung weder zu Gunsten des Spielhallenbetreibers (etwa bei Geschäftsführern oder Gesellschaftern mit besonderem Bedarf12), noch zu dessen Nachteil (beispielsweise bei besonders vermögenden Gesellschaftern) zu berücksichtigen sind. Vor diesem Hintergrund wäre es mit dem Gleichheitsgrundsatz aber gerade nicht vereinbar, von der Unternehmensbezogenheit des Auswahlparameters im Falle der Führung des Unternehmens durch eine natürliche Person abzuweichen und deren privates, d.h. das ihr ungeachtet ihrer gewerblichen Betätigung als Spielhallenbetreiberin zur Verfügung stehende Vermögen in die vergleichende wirtschaftliche Betrachtung einzubeziehen. Gleiches muss im Übrigen für den Spielhallenbetreiber gelten, der sein Unternehmen in Form einer juristischen Person führt. Der Senat hielte es auch insoweit für unzulässig, im Fall der Notwendigkeit der Auflösung einer Abstandskollision außerhalb des Gewerbes „Spielhallenbetrieb“ verfügbares Vermögen und Einkommen in die vergleichende Betrachtung der wirtschaftlichen Betroffenheit von Spielhallenbetreibern einzubeziehen.13 Entscheidend für die zu treffende Auswahl ist das Ausmaß der Bedrohung der Existenz des Gewerbebetriebs. Darauf, mit welchem Vermögen die einzelne natürliche Person oder eine juristische Person im Falle einer Insolvenz oder sonst haftet, kommt es demgegenüber nicht an.

dd) Die weitere Rüge der Antragstellerin, der Antragsgegner habe den Aspekt der wirtschaftlichen Betroffenheit überbetont und das Auswahlkriterium der Qualität der Betriebsführung unzulässig auf einen Vergleich der Gesetzestreue der konkurrierenden Spielhallenbetreiber verkürzt, verfängt ebenfalls nicht. Die Antragstellerin meint, auch in den Fällen, in denen bei keinem der konkurrierenden Betreiber Beanstandungen festzustellen sind, könne ein Bewerber, der die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere soweit sie unmittelbar auf die Suchtbekämpfung bezogen sind, im Vergleich zu den anderen Bewerbern besser erfüllt, vorzuziehen sein. Hiervon ausgehend habe die Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten getroffen werden müssen. Anders als die konkurrierende Spielhalle verfüge sie, die Antragstellerin, über eine TÜV-Zertifizierung und eine dem neuesten Standard entsprechende Ausstattung. Dies gelte insbesondere für die Kassensysteme. Nach der rechtsverbindlichen Unfallverhütungsvorschrift „Spielhallen, Spielcasinos und Automatensäle von Spielbanken“ vom 1.4.1997 müssten zum Schutze der Versicherten alle Bargeldbestände so gesichert sein, dass der Anreiz zu Überfällen nachhaltig verringert wird. Angenommenes Bargeld sei unverzüglich vor dem Zugriff Unbefugter zu sichern und der Bargeldbestand von Wechselkursen so gering wie möglich zu halten. Der Bargeldbestand dürfe je gesicherter Wechselkasse höchstens 500 €, davon in Banknoten höchstens 300 € betragen. Die Betreiberin der konkurrierenden Spielhalle habe diesen Unfallverhütungsvorschriften nicht genügt. Dies belege eine Pressemitteilung, wonach die Spielhalle am 29.9.2019 brutal überfallen und Beute in vierstelliger Höhe gemacht worden sei.

Diese Argumentation der Antragstellerin überzeugt nicht. Der Senat hat in seinen Beschlüssen vom 13.12.201814 basierend auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dargelegt, welche Parameter im Auswahlverfahren um die Erteilung einer Spielhallenerlaubnis auf Antrag miteinander konkurrierender Betreiber von Bestandsspielhallen, die zueinander den Mindestabstand von 500 m Luftlinie nicht einhalten, maßgeblich sind. Die Qualität der Betriebsführung ist als wesentlicher Auswahlparameter mit Blick auf die Verwirklichung der Ziele des § 1 Abs. 1 SSpielhG von Belang, wobei Verfehlungen im Auswahlverfahren lediglich insoweit beachtlich sind, als sie in § 11 SSpielhG als Ordnungswidrigkeiten gelistet und demgemäß bußgeldbewehrt sind.15 Die der Konkurrentin der Antragstellerin von dieser angelasteten – nicht einmal feststehenden – Verstöße gegen Unfallverhütungsvorschriften sind danach ersichtlich kein Gesichtspunkt, welcher der Spielhallenbetreiberin im Auswahlverfahren hätte entgegengehalten werden können. Demgemäß ist auch der Umstand einer dem mit Blick auf die Unfallverhütungsvorschriften neuesten Standard entsprechenden Ausstattung der Kassensysteme kein im Ausfallverfahren maßgebliches Kriterium.

Dem weiteren Argument der Antragstellerin, sie verfüge anders als die konkurrierende Spielhalle über eine TÜV-Zertifizierung hält der Antragsgegner mit Recht entgegen, dass eine solche Zertifizierung nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine bevorzugte Auswahl rechtfertigt.16

Die Antragstellerin hat demnach schon nicht dargelegt, dass sie den in § 1 Abs. 1 SSpielhG aufgeführten gesetzlichen Zielvorgaben besser genügt als ihre Konkurrentin.

Im Übrigen ist bereits im Ansatz fraglich, ob eine – fallbezogen von der Antragstellerin nicht nachgewiesene – überobligatorische Erfüllung der spielhallenrechtlichen Zielvorgaben im Auswahlverfahren zulasten des Konkurrenten, der die spielhallenrechtlichen Anforderungen erfüllt, berücksichtigungsfähig wäre. Grundsätzlich wird dem Bewerber im Auswahlverfahren nicht mehr abzuverlangen sein, als spielhallenrechtlich von ihm gefordert wird. Allein in den Fällen, in denen die konkurrierenden Spielhallenbetreiber nach Auswertung aller Auswahlparameter, die nach der bereits zitierten Senatsrechtsprechung maßgeblich sind, gleichauf liegen, wäre daran zu denken, eine überobligatorische Erfüllung mit der gewerblichen Betätigung in Zusammenhang stehender Obliegenheiten als letztlich ausschlaggebend zu berücksichtigen. Ein derartiger Fall ist vorliegend indes nicht gegeben.

ee) Ohne Erfolg bleiben auch die Ausführungen der Antragstellerin zu den steuerrechtlichen Verhältnissen ihrer Konkurrentin. Soweit die Antragstellerin, ohne dies glaubhaft machen, geschweige denn belegen zu können, unter Berufung auf „Hörensagen“ behauptet, ihre Konkurrentin sei „jüngst mehrfach nicht in der Lage“ gewesen, „die von ihr geschuldete Vergnügungssteuer rechtzeitig und vollständig zu begleichen“, und gegenüber der Stadt A-Stadt bestünden „inzwischen offenbar erhebliche Steuerrückstände“, ist dies – selbst wenn es zuträfe – für die Rechtmäßigkeit der vom Antragsgegner getroffenen Auswahlentscheidung ohne Belang. Wie oben unter bb) bereits dargelegt ist für die gerichtliche Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer spielhallenrechtlichen Auswahlentscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung maßgebend. Inzwischen aufgelaufene Steuerrückstände der konkurrierenden Spielhallenbetreiberin könnten für die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens Bedeutung gewinnen, die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung vom 18.7.2019 bliebe hiervon indes unberührt.

Anhaltspunkte dafür, dass die Konkurrentin der Antragstellerin ihren steuerlichen Pflichten bereits im Auswahlverfahren nicht nachgekommen wäre, sind weder vorgetragen, noch sonst erkennbar. Insbesondere lagen dem Antragsgegner eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts Ho. sowie eine Bestätigung der Wohnsitzgemeinde der Spielhallenbetreiberin, wonach diese dort keine Zahlungsrückstände habe, vor. Der Antragsgegner hatte keinerlei Veranlassung, an der steuerlichen Zuverlässigkeit der Spielhallenbetreiberin zu zweifeln, und war daher auch nicht gezwungen, deren Teilnahme am Auswahlverfahren von der Vorlage einer weiteren Bescheinigung der Stadtkasse A-Stadt abhängig zu machen.

Die Antragstellerin hat ihrerseits keine Umstände dargelegt, die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung zu derartigen Zweifeln Anlass gegeben hätten. Die nunmehr „ins Blaue hinein“ aufgestellte, auf „Hörensagen“ gegründete Behauptung der Antragstellerin, ihre Konkurrentin sei in jüngster Zeit nicht in der Lage, ihren steuerlichen Verpflichtungen nachzukommen, bezieht sich – wie dargelegt – nicht auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung und ist daher weder in zeitlicher Hinsicht noch inhaltlich geeignet, deren Rechtmäßigkeit infrage zu stellen.

ff) Der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung steht schließlich auch nicht der Umstand entgegen, dass der Antragsgegner auf Seiten der Antragstellerin dem gegenüber ihrer Konkurrentin früheren Zeitpunkt der ursprünglichen Erlaubniserteilung kein gegenüber den anderen Auswahlkriterien durchschlagendes Gewicht beigemessen hat. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht diesbezüglich ausgeführt: „Der Antragsgegner hat den Zeitpunkt der Erlaubniserteilung im Rahmen der Auswahlentscheidung gewichtet und ist nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Unterschied von lediglich eineinhalb Jahren – die Antragstellerin erhielt die Erlaubnis am 28.9.2006, Frau H. am 30.4.2008 – jedenfalls gegenüber der festgestellten stärkeren wirtschaftlichen Betroffenheit der ausgewählten Bewerberin nicht ins Gewicht fällt. Diese Einstufung ist von dem Ermessen des Antragsgegners gedeckt.“

Diese Einschätzung begegnet unter Berücksichtigung der Ausführungen unter cc) weder rechtlichen noch tatsächlichen Bedenken.17

3. Schließlich scheidet ein Anspruch auf vorläufige Duldung des Weiterbetriebs der verfahrensgegenständlichen Spielhalle unter dem Gesichtspunkt einer Härtefallbefreiung aus. Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Befreiung von der Beachtung des Abstandsgebots hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Spielhalle nicht dargetan.

3.1 Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, weder aus dem Mietvertrag noch aus den in der Wirtschaftsprüferbescheinigung weiter angegebenen fortlaufenden Verbindlichkeiten lasse sich ein schutzwürdiges Vertrauen zugunsten der Antragstellerin ableiten.

3.2. Die Antragstellerin hält dem in ihrem Beschwerdebegründungsschriftsatz entgegen, die Verlängerung des Mietvertrags sei durchaus eine schutzwürdige Disposition, da damals offen gewesen sei, ob sie im Rahmen der Auswahlentscheidung zum Zuge kommen werde. Mit den vorgelegten Planrechnungen sei nunmehr eine unbillige Härte wegen wirtschaftlicher Existenzgefährdung für das Gesamtunternehmen belegt. Denn es würden die wirtschaftlichen Folgen des Verlustes von Spielhallenstandorten in einer Weiterentwicklung bis zum Jahr 2022 aufgezeigt. Die vorgelegten Planunterlagen seien im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen, ohne dass dem – wie ausgeführt wird – die Fristenregelung des § 12 Abs. 1 Satz 2 SSpielhG entgegenstünde.

Der Beschwerdebegründung ist eine unterzeichnete Bescheinigung der tätig gewordenen Steuerberatungsgesellschaft beigefügt, wonach Grundlage für die Erstellung der Planrechnungen die von dieser geführten Bücher in der Zeit vom 1.1.2019 bis 31.8.2019 und die seitens der Antragstellerin vorgelegten, auftragsgemäß nicht geprüften Belege sowie die erteilten Auskünfte der Geschäftsführung gewesen seien. Sämtliche relevanten Einkünfte und Betriebsausgaben seien in den Planrechnungen berücksichtigt.

Schließlich meint die Antragstellerin, das Vorliegen einer unbilligen Härte könne realistisch nur beurteilt werden, wenn sämtliche Erlaubnisanträge eines Spielhallenbetreibers verbeschieden seien. Vorherige Planmodelle seien unsichere Prognosen. Das Verwaltungsgericht überspanne die Anforderungen an die Vorlage eines Anpassungskonzepts nach § 12 Abs. 3 SSpielhG. Dass der angefochtene Bescheid vorgebe, die verfahrensgegenständliche ihrerseits präferierte Spielhalle sei noch vor der dortigen Verbundspielhalle, die kraft Vereinbarung bis zum Jahresende geduldet werde, zu schließen, kollidiere mit dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben herzuleitenden Verbot widersprüchlichen Verhaltens.

3.3. Zu alldem ist zunächst festzustellen, dass eine vertiefte Prüfung des Aussagegehalts der zum Beleg einer unbilligen Härte vorgelegten Planrechnungen nicht angezeigt ist.

Insbesondere gibt das aufgezeigte Beschwerdevorbringen mit Blick auf die insoweit vorgreifliche Regelung in § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO keine Veranlassung zu einer abschließenden Klärung der kürzlich auch im Verfahren 1 B 248/1918 offen gelassenen Frage, ob für die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der eine Härtefallbefreiung ablehnenden Entscheidung des Antragsgegners die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Behördenentscheidung oder im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist.

Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren lediglich ein kurzes Schreiben ihrer Steuerberatungsgesellschaft nachgereicht, in dem diese sich für die Erstellung der Planrechnungen verantwortlich zeichnet, und sich im Weiteren auf Ausführungen dazu beschränkt, dass § 12 Abs. 1 Satz 2 SSpielhG einer Vorlage solcher Unterlagen nach Ablauf der dort geregelten Antragsfrist (spätestens 31.12.2016) nicht entgegenstehe. Eine inhaltsbezogene Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Fehlen vertrauensgeschützter Dispositionen sowie einer unbilligen Härte fehlt im Rahmen des Beschwerdevorbringens gänzlich. Die stattdessen thematisierte Frist des § 12 Abs. 1 Satz 2 SSpielhG ist indes für die Entscheidung über ihre Beschwerde nicht maßgeblich.

Es geht im Beschwerdeverfahren nicht um die Frage, ob zu einem fristgerecht gestellten Härtefallantrag im nachfolgenden behördlichen Verfahren zwecks Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts auf Anforderung der Behörde oder aus freien Stücken, etwa bei Eintritt relevanter Veränderungen, ergänzende Unterlagen zum Nachweis des Ausmaßes der wirtschaftlichen Betroffenheit nachgereicht werden können. Die erst im Beschwerdeverfahren vorgelegten Planrechnungen sind nämlich im Beschwerdeverfahren überhaupt nur beachtlich, wenn die Überprüfung des Senats am Sach- und Streitstand zur Zeit seiner Entscheidung auszurichten ist.

Wenngleich, wie bereits im Beschluss des Senats im Verfahren 1 B 248/19 dargelegt, einige Argumente dafür streiten mögen, dass hinsichtlich der Ablehnung eines Befreiungsantrags – anders als hinsichtlich der Auswahlentscheidung – die Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist, würde dies fallbezogen nichts daran ändern, dass die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren entgegen ihrer Verpflichtung aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht mittels einer nachvollziehbaren Erläuterung des vorgelegten Zahlenwerks dargelegt hat, inwiefern die nunmehr vorgelegten Planunterlagen zu einer anderen Einschätzung als der des Antragsgegners und des Verwaltungsgerichts führen sollten.

Aus Sicht des Senats sind die vorgelegten Planrechnungen aus sich heraus nicht ansatzweise plausibel.

Besonders augenfällig – und an dieser Stelle lediglich beispielhaft benannt – ist, dass in den Planrechnungen hinsichtlich von zwei der drei gesicherten Spielhallen trotz der Beendigung von Mehrfachkonzessionen und einer hierdurch bedingten Verminderung der Anzahl der Geldspielgeräte pro Standort ab 2020 deutlich steigende Mietkosten für Geldspielgeräte in Ansatz gebracht werden. So soll mit einer Reduzierung von 24 auf 12 Geräte eine Erhöhung der Mietkosten von 24.400 € auf 39.600 € pro Jahr bzw. mit einer Reduzierung von durchschnittlich monatlich 18,42 Geräten auf 12 Geräte eine Erhöhung der Mietkosten von 18.975 € auf 39.600 € einhergehen. Hinsichtlich der dritten gesicherten Spielhalle verbleibt es zwar bei 12 Geräten, allerdings sollen deren Mietkosten von 13.200 € auf ebenfalls 39.600 € jährlich ansteigen. Ob dies einer Neuanschaffung qualitativ hochwertigerer bzw. aus Spielersicht besonders interessanter Geräte geschuldet ist, vermag der Senat nicht zu beurteilen, jedenfalls aber wäre eine solche Neuinvestitionen in Kenntnis der bevorstehenden Schließung der bisher betriebenen Mehrfachspielhallen schwerlich geeignet, die Voraussetzungen eines Härtefalls für das Unternehmen darzutun.

Ebenso wenig ist hinsichtlich der drei gesicherten Spielhallen der prognostizierte Einbruch des Ergebnisses vor Steuern plausibel. Wurde etwa an dem Standort, an dem nach wie vor 12 Geräte verfügbar sind, 2019 noch ein Ergebnis vor Steuern von 149.040,66 € erwirtschaftet, so wird für 2020 bis 2022 jeweils nur ein Ergebnis von 78.409,83 € erwartet. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Personalkosten ungeachtet der erheblichen Reduzierung der Anzahl der Spielhallen auf der Basis eines Mindestgeschäftsführergehalts von 7.500 € monatlich ermittelt worden sind, wobei allerdings verblüfft, dass dies zum Beispiel im Jahr 2022 ganz unabhängig davon, ob letztendlich nur drei Spielhallen (Variante 1) oder sieben Spielhallen (Variante 7) weiter betrieben werden, jeweils Personalkosten pro Spielhalle und Jahr von 108.000 € bedingen soll. Ungeachtet dessen sind die Härtefallvorschriften nicht konzipiert, um losgelöst davon, ob das Unternehmen 27 Spielhallen, sieben Spielhallen oder drei Spielhallen betreibt, für mehrere Geschäftsführer Geschäftsführergehälter in Höhe von jeweils mindestens 7.500 € monatlich sicherzustellen. Dem Senat erschließt sich auch sonst nicht, inwiefern Planrechnungen solchen Inhalts geeignet sein sollten, zu belegen, dass gerade die Schließung der verfahrensgegenständlichen Spielhalle der Antragstellerin aller Voraussicht nach bewirken wird, dass das Unternehmen in seiner Existenz gefährdet wird.

3.4. Die weiteren oben skizzierten Einwände der Antragstellerin verfangen nicht.

Da das Maß der durch eine Schließung bewirkten wirtschaftlichen Betroffenheit bereits ein für die Auswahlentscheidung wichtiger Gesichtspunkt ist, verbleibt dem Antragsgegner bei der ohnehin nur sukzessiv möglichen Abarbeitung der einzelnen Cluster keine andere realisierbare Möglichkeit, als hinsichtlich des gerade zur Entscheidung anstehenden Clusters jeweils unter Berücksichtigung des gerade aktuellen Stands der auch in anderen Clustern zu verzeichnenden Entwicklungen und deren Auswirkungen auf das jeweilige Gesamtunternehmen in einem Zuge über die Auswahl und die Härtefallbefreiung zu entscheiden.

Der Rüge, dass das Verwaltungsgericht die Anforderungen an die Vorlage eines Anpassungskonzepts überspanne, ist bereits entgegenzuhalten, dass die Antragstellerin dem Antragsgegner nach Aktenlage kein Anpassungskonzept im Sinn des § 12 Abs. 3 SSpielhG unterbreitet hat.

Inwiefern der Umstand, dass der Antragsgegner bereit war, die jedenfalls zu schließende (Verbund-)Spielhalle 2 bis zum 31.10.2019 zu dulden, während die präferierte verfahrensgegenständliche Spielhalle 1 unter der Prämisse einer zuvor eintretenden Bestandskraft des angefochtenen Bescheids bereits vor der Verbundspielhalle zu schließen gewesen wäre, mit dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens kollidieren sollte, erschließt sich nicht. Die Bereitschaft, eine Verbundspielhalle im ausschließlichen Interesse des Betreibers vorübergehend zu dulden, ist in Bezug auf das Vorliegen eines Befreiungsgrundes hinsichtlich der für das Auswahlverfahren präferierten Spielhalle ohne Präjudiz.

Die Beschwerde war nach alldem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Fußnoten

1)

dessen Vorliegen vom nationalen Gericht festzustellen und Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Grundfreiheiten und für die Zuständigkeit des EuGH zur Beantwortung etwaiger Vorlagefragen ist (z.B. EuGH, Urteil vom 11.3.2010 – C-384/08 -, juris Ls. 1 und Rdnrn. 22 ff.); vgl. zur Problematik auch BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 – 8 C 6/15 -, juris Rdnr. 83

2)

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 13.12.2018 – 1 B 248/18 -, juris Rdnrn. 23 ff., sowie zuletzt Beschluss vom 4.2.2020 – 1 B 318/19 –, juris

3)

– 1 B 318/19 –, juris, Rdnrn. 32-38

4)

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 13.12.2018 – 1 B 248/18 -, a.a.O. Rdnr. 53

5)

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 13.12.2018, a.a.O., Rdnrn. 99 f.

6)

siehe Seite 6 des angefochtenen Bescheides vom 18.7.2019

7)

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 4.2.2020 – 1 B 318/19 –, juris, Rdnrn. 40 f.

8)

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 4.2.2020 – 1 B 318/19 –, juris, Rdnr. 45

9)

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 23.1.2020 1 B 248/19 -, amtl. Abdr. S. 12 ff., zur Veröffentlichung in juris bestimmt

10)

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 4.2.2020 – 1 B 318/19 –, juris, Rdnr. 46 f.

11)

OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 13.12.2018 – 1 B 248/18 –, juris, Rdnr. 85, vom 20.12.2018 – 1 B 231/18 –, juris, Rdnr. 61, vom 22.5.2019 – 1 B 142/19 –, juris, Rdnrn. 17 ff. und vom 26.2.2020 – 1 B 315/19 –, juris, Rdnr. 20

12)

Vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 19.8.2019 – 1 B 226/19 –, juris

13)

Die Ausführungen im Beschluss des Senats vom 13.12.2018 – 1 B 258/18 –, juris, Rdnr. 9, zusammengefasst in dem – in dieser Allgemeingültigkeit nicht vom Senat autorisierten juris-Orientierungssatz 1. – dürfen nicht im gegenteiligen Sinne missverstanden werden. Sie sind absolut einzelfallbezogen und setzen sich mit der Argumentation eines Spielhallenbetreibers zu einer ihm drohenden unbilligen Härte und der eine solche verneinenden Begründung in der erstinstanzlichen Entscheidung auseinander.

14)

u.a. 1 B 248/18, juris

15)

Beschluss des Senats vom 13.12.2018 – 1 B 248/18 –, juris

16)

BVerwG, Urteil vom 16.12.2016 – 8 C 6.15 –, juris

17)

vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 4.2.2020 – 1 B 318/19 –, juris, Rdnr. 56

18)

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 23.1.2020, a.a.O., S. 30 f.

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