Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Az: 20 Sa 106/06
Urteil vom 20.07.2007
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 21.09.2006 – 9 Ca 242/06 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Übertragung einer Direktversicherung und im Zusammenhang damit um die Frage, ob die Anwartschaft der Klägerin unverfallbar ist.
Die am 19.09.1948 geborene Klägerin war aufgrund Arbeitsvertrags vom 04.10.1998 (Bl. 6 f. der erstinstanzlichen Akte) bei der Beklagten, die in der Rechtsform einer GbR ein Architekturbüro betreibt, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch ordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.10.2005 (Bl. 55 der erstinstanzlichen Akte), der Klägerin zugegangen am selben Tage, mit Ablauf des 31.12.2005.
Am 09.08.1999 schloss die Beklagte für die Klägerin eine Rentenversicherung als Direktversicherung mit Laufzeitbeginn 01.08.1999 bei der S.. AG, S., ab (Versicherungsschein-Nr.: … vom 09.08.1999 nebst Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen Bl. 11 f. der erstinstanzlichen Akte). In den auf der Rückseite der „Urkunde über eine betriebliche Altersversorgung“ vom 25.08.1999 (Bl. 9 der erstinstanzlichen Akte) abgedruckten „Richtlinien“ (Bl. 10 der erstinstanzlichen Akte) heißt es, soweit hier interessierend:
“ 2. Bezugsrecht
Aus dieser Versicherung sind Sie sowohl für den Todes- als auch für den Erlebensfall unter den folgenden Vorbehalten unwiderruflich bezugsberechtigt.
Uns bleibt das Recht vorbehalten, alle Versicherungsleistungen für uns in Anspruch zu nehmen.
– wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versicherungsfalls endet und Sie zu diesem Zeitpunkt noch keine unverfallbare Anwartschaft nach § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung haben.
…
5. Vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Endet Ihr Arbeitsverhältnis, ohne dass die Ansprüche aus der Versicherung uns zustehen, so erklären wir sowohl Ihnen als auch der S.- AG, dass Ihre Versorgungsansprüche auf die Leistungen begrenzt sind, die aufgrund unserer Beitragszahlung aus dem Versicherungsvertrag fällig werden (§ 2 (2) Satz 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung).
Wir werden dann innerhalb von 3 Monaten eine eventuelle Beleihung rückgängig machen, etwaige Beitragsrückstände ausgleichen und die Versicherung auf Sei übertragen.“
Die Klägerin hat vorgetragen , die Direktversicherung sei zum Ausgleich für zahlreiche Überstünden gewährt worden. Daher handele es sich um eine Entgeltumwandlung, die unabhängig von der Dauer der Rentenzusage gemäß § 1 b Abs. 5 BetrAVG unverfallbar geworden sei und somit ihr zustehe.
Sie hat beantragt ,
die Beklagte zu verteilen, ihre Rechte aus der bei der S. AG, L. 65, ….. S, unter der Vertragsnummer … abgeschlossene Kapital-Lebensversicherung im Wert der bis zum 31.12.2005 angesparten Versicherungssumme an die Klägerin abzutreten, den auf sie lautenden Versicherungsschein mit der Nummer … an die Klägerin herauszugeben und der Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft auf die Klägerin gegenüber der S. AG zuzustimmen.
Die Beklagte hat beantragt ,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat eine Entgeltumwandlung bestritten . Es liege sowohl der Sache als auch der Form nach eine beitragsorientierte Leistungszusage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG vor. Diese sei nicht unverfallbar geworden. Die 5-Jahresfrist der Übergangsregelung des § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG habe gemäß § 187 Abs. 1 BGB mit dem 02.01.2001 zu laufen begonnen und hätte gemäß § 188 Abs. 2 1. Alt. BGB erst mit dem 01.01.2006 geendet. Aufgrund des einen Tag früher beendeten Arbeitsverhältnisses sei die Beklagte deshalb berechtigt, die Versorgungsleistungen für sich in Anspruch zu nehmen.
Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Terminsniederschriften Bezug genommen.
Durch das der Beklagten am 11.10.2006 zugestellte Urteil vom 21.09.2006 (Bl. 85 ff. der erstinstanzlichen Akte), auf das zur näheren Sachdarstellung ebenfalls Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der Klage entsprochen. Die Klägerin könne die Übertragung der Direktversicherung gemäß § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG i.V.m. den Positionen 2 und 5 der Richtlinie verlangen. Die Direktversicherung sei mit dem Ausscheiden der Klägerin mit dem 31.12.2005 unverfallbar geworden, da die Zusage zu diesem Zeitpunkt „ab dem 01. Januar 2001 5 Jahre bestanden“ habe (so der Text der Vorschrift). Der Fristbeginn richte sich nach § 187 Abs. 2 BGB. Denn bei § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG handle es sich um eine gesetzliche Stichtagsregelung, ein Stichtag sei jedoch kein „Ereignis oder in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt“ im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB. Vielmehr beginne ein Stichtag mit Tagesbeginn, also um 00.00 Uhr, weshalb der Beginn des Tages auch der für den Anfang der Frist maßgebende Zeitpunkt sei. Dementsprechend habe hier die Frist am 01.01.2001 um 00.00 Uhr zu laufen begonnen, weshalb der 01.01.2001 gemäß § 187 Abs. 2 BGB für die Fristberechnung mitzähle. Folglich richte sich das Fristende nach § 188 Abs. 2 2. Alt. BGB. Die Frist ende mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergehe, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspreche. Sei der Anfangstag hier der 01. Januar 2001 gewesen, so ende die Frist nach 5 Jahren mit Ablauf des 31.12.2005, 24.00 Uhr. Dieses Datum entspreche auch dem Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses, weshalb die 5-Jahresfrist des § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG exakt erfüllt und die Anwartschaft der Klägerin unverfallbar geworden sei.
Eine etwaige, von der Klägerin jedoch völlig unsubstantiiert vorgetragene Zusage in Form einer Entgeltumwandlung führte zum gleichen Ergebnis. Denn als sogenannte Altzusage bemäße sie sich wegen § 30 f Satz 2 BetrAVG ebenfalls nach § 30 f Satz 1 BetrAVG.
Hiergegen richtet sich die am 17.10.2006 eingegangene und am 23.10.2006 begründete Berufung der Beklagten. Die Beklagte bekräftigt ihre Rechtsauffassung, wonach die Anwartschaft der Klägerin erst mit Ablauf des 01.01.2006 unverfallbar geworden wäre, und macht hierzu weitere Rechtsausführungen.
Die Beklagte beantragt ,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 21.09.2006 – 9 Ca 242/06 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt ,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und tritt den Rechtsausführungen der Beklagten entgegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins zur mündlichen Berufungsverhandlung Bezug genommen. Beide Parteien haben im Termin zur Berufungsverhandlung eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren beantragt.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519 Abs. 1 und 2, 520 Abs. 3 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß Positionen 2 und 5 der Richtlinie die Abtretung der in Position 1 des Tenors des arbeitsgerichtlichen Urteils näher bezeichneten Lebensversicherung, die Herausgabe des Versicherungsscheins und die Zustimmung zur Übertragung der Versicherungsnehmereigenschaft auf sich verlangen, weil ihre Anwartschaft zum Zeitpunkt des Ausscheidens bei der Beklagten gemäß § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG i.V.m. den §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 2. Alt. BGB unverfallbar geworden ist. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Das Berufungsgericht schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts im angegriffenen Urteil vollinhaltlich an und sieht insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von der Wiedergabe der Entscheidungsgründe ab. Die Berufung bringt hiergegen im Kern weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht Neues vor´. Sie versucht nur erfolglos, ihre eigene Rechtsauffassung anstelle derjenigen des Arbeitsgerichts zu setzen. Dies erfordert keine erneute systematische Darstellung der Obersätze und der Subsumtion, sondern veranlasst lediglich folgende abschließende Bemerkungen:
I.
Entgegen der Auffassung der Beklagten bemisst sich die Frist des § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG, wonach die Anwartschaft unverfallbar wird, „wenn die Zusage ab dem 01. Januar 2001 5 Jahre bestanden hat“ (wörtlicher Gesetzestext) nicht nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 1. Alt. BGB, sondern nach §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 2. Alt. BGB.
1. Nach § 186 BGB gelten für die in Gesetzen und Rechtsgeschäften enthaltenen Frist- und Terminsbestimmungen die Auslegungsvorschriften der §§ 187 bis 193 BGB. Nach § 187 Abs. 1 BGB wird für den Fall, dass für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf des Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, auf welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Demgegenüber wird nach § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB in den Fällen, in denen der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt ist, dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet.
§ 187 BGB unterscheidet demnach für den Fristbeginn zwei – nicht im Verhältnis von Regel und Ausnahme stehende – Fallgruppen. Wie sich die Frist berechnet, ist entscheidend der die Frist im Einzelfall bestimmenden Vorschrift zu entnehmen. Sie ist darauf zu prüfen, ob sie den Fristbeginn an ein bestimmtes Ereignis oder an einen in den Lauf des Tages fallenden Zeitpunkt knüpft oder ob sie den Fristverlauf in anderer Weise regelt (GmS OGB 6. Juli 1972 – GmS OGB 2/ 71 – BGHZ 59, 396).
2. Wendet man die gesetzlichen Fristberechnungsregeln an, so bestimmt sich der Fristbeginn für die Dauer des Bestandes der Versorgungszusage gemäß § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG nicht nach § 187 Abs. 1 BGB, sondern nach § 187 Abs. 2 BGB.
a) Dies ergibt sich bei Zugrundelegung der vom Bundesarbeitsgericht angestellten Erwägungen zur Ermittlung des Fristbeginns für die Probezeit.
aa) Zunächst hat das Bundesarbeitsgericht für den Fall, dass der Arbeitsvertrag zeitlich vor der tatsächlichen Arbeitsaufnahme abgeschlossen worden ist, entschieden, dass die Frist nach § 187 Abs. 2 i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB zu berechnen ist, d.h. der erste vorgesehene Arbeitstag findet bei der Berechnung der Frist Berücksichtigung (BAG 2. November 1978 – 2 AZR 74/ 77 – AP Nr. 3 zu § 620 BGB, a.a.O). Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu darauf verwiesen, dass bereits mit Arbeitsaufnahme das Arbeitsverhältnis aktualisiert werde und es der allgemeinen Verkehrsanschauung entspreche, den ersten Arbeitstag bei der Berechnung der Frist voll mitzuberücksichtigen.
In dieser Entscheidung hatte es das Bundesarbeitsgericht aber noch ausdrücklich offen gelassen, ob diese Fristberechnung auch dann gelten soll, wenn der Abschluss des Arbeitsvertrages erst im Laufe des ersten vorgesehenen Arbeitstages erfolgt.
bb) Gegenwärtig entspricht es der ganz herrschenden Auffassung in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur, im Kündigungsrecht bei Fristberechnungen den ersten Arbeitstag des Arbeitsverhältnisses, d.h. den Tag der ersten geschuldeten Arbeitsleistung, nach § 187 Abs. 2 BGB mit einzurechnen (vgl. die Nachweise bei BAG 27.06.2002 – 2 AZR 382/01 – AP Nr. 22 zu § 620 BGB Probearbeitsverhältnis). Nur in den seltenen Fällen, in denen ein Arbeitnehmer erst während eines Tages ein Arbeitsverhältnis eingeht und am gleichen Tage – regelmäßig sofort – seine Arbeit aufnimmt, hat die Fristberechnung grundsätzlich nach § 187 Abs. 1 BGB zu erfolgen, weil der Beginn des Arbeitsverhältnisses in den Lauf des Tages fällt. Zur Begründung dieses Ergebnisses wird etwa auf die Verkehrsanschauung verwiesen, nach der ein Arbeitsverhältnis nicht mit der Arbeitsaufnahme zu einer bestimmten Uhrzeit beginne, sondern mit Beginn des Tages, der als Beginn des Arbeitsverhältnisses vertraglich vereinbart worden sei (LAG Frankfurt am Main 18. August 1964 – 5 Sa 177/ 63 – a.a.O). Wesentliche, mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängende Rechte und Pflichten bestünden bereits am ersten Arbeitstag, unabhängig davon, in welchem Umfang eine Arbeitsleistung an diesem Tag geschuldet und erbracht werde (Wolf Anm. zu AP BGB § 620 Nr. 3). Insofern sei es nicht zu rechtfertigen, einerseits für diesen Tag das Bestehen gegenseitiger Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu bejahen, andererseits den Tag bei der Berechnung von Fristen nicht zu berücksichtigen.
cc) Hieran anknüpfend hält es das Bundesarbeitsgericht (27.06.2002 – 2 AZR 382/01 – a.a.O.) auch für die Berechnung der Probezeitdauer für geboten, die Fristen jedenfalls dann nach § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2 BGB zu berechnen, wenn die Parteien vorab die Aufnahme der Arbeit zum üblichen betrieblichen Arbeitsbeginn an einem bestimmten Arbeitstag vereinbaren und erst an diesem Tage den schriftlichen Arbeitsvertrag unterzeichnen. Zur Begründung hat es, soweit hier interessierend, wörtlich ausgeführt:
„Für die Berechnung des Ablaufs einer vertraglich vereinbarten Probezeit – gleiches ist anzunehmen für die gesetzliche Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG – kann es nach deren Sinn und Zweck nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Parteien, die für einen bestimmten Tag und eine bestimmte Uhrzeit die Arbeitsaufnahme abgesprochen haben, den Arbeitsvertrag auch noch vor oder mit Beginn der Arbeitsleistung endgültig abschließen. Die vereinbarte Probezeit soll ua. dem Arbeitgeber Gelegenheit geben, den Arbeitnehmer innerhalb einer bestimmten Zeitspanne zu erproben (BAG 15. März 1978 – 5 AZR 831/ 76 – AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 45 = EzA BGB § 620 Nr. 34; 16. Februar 1995 – 8 AZR 714/ 93 – BAGE 79, 193). Hierfür kann es letztlich keinen Unterschied machen, ob die – schriftliche – Vereinbarung vor oder nach der Arbeitsaufnahme erfolgt. Entscheidend ist vielmehr, für welchen Tag die Parteien die Aufnahme der gegenseitigen Verpflichtungen vereinbart haben (vgl. zur Wartezeit HK-KSchG/ Dorndorf § 1 Rn. 94; HaKo-Gallner § 1 Rn. 67; APS/ Dörner § 1 KSchG Rn. 30; ErfK/ Ascheid 2. Aufl. § 1 KSchG Rn. 89). So beginnt ein Arbeitsverhältnis nicht an dem Tag der schriftlichen Vereinbarung, wenn die Parteien eine Arbeitsaufnahme erst für einen späteren Termin vereinbart haben. Umgekehrt kann ein Arbeitsverhältnis nicht erst mit dem Tag des schriftlichen Vertragsschlusses beginnen, wenn sich die Parteien über die Arbeitsaufnahme verständigt haben. Dabei entspricht es der allgemeinen Verkehrsanschauung, daß ein Arbeitsverhältnis bereits mit dem Tag beginnt, an dem die ersten Arbeitsleistungen erbracht werden (Senat 2. November 1978 – 2 AZR 74/ 77 – aaO). Ist zwischen den Parteien deshalb vorab eine Arbeitsaufnahme zu einem bestimmten Termin vereinbart worden und erfolgt erst an diesem Tag – vor oder nach dem tatsächlichen Arbeitsbeginn – der endgültige Vertragsschluß, etwa weil beide Parteien die vertraglichen Einzelheiten zunächst noch schriftlich fixieren oder sie sich über bestimmte Details des Arbeitsverhältnisses noch letzte Klarheit verschaffen wollten, so kann dies nicht zu einer Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB führen. Würde man in diesen Fällen erst in dem Vertragsschluß ein „Ereignis“ iSd. § 187 Abs. 1 BGB sehen, würde dies zu einer dem Sinn und Zweck der genannten Frist widersprechenden Ausdehnung der vertraglich vereinbarten Probezeit führen.
…
Da sich die Parteien hier im Vorfeld des schriftlichen Arbeitsvertrages dahingehend verständigt hatten, daß die Klägerin am Morgen des 3. Februar 2000 um 8. 00 Uhr, dh. zum Beginn der betriebsüblichen Arbeitszeit, ihre Arbeit aufnehmen sollte, ist die Frist nach § 187 Abs. 2 BGB zu berechnen. Ob darüber hinaus die Frist ausnahmsweise auch nach § 187 Abs. 2 BGB oder vielmehr nach Abs. 1 zu bestimmen ist, wenn sich der Arbeitnehmer erst im Laufe eines Tages vorstellt, daraufhin eingestellt wird und noch mit seiner Arbeitsleistung beginnt (siehe insbesondere GK-BUrlG/ Bleistein § 4 Rn. 13; Leinemann/ Linck Urlaubsrecht § 4 BUrlG Rn. 6; aA LAG Frankfurt am Main 18. August 1964 – 5 Sa 177/ 63 – aaO), kann im Entscheidungsfall dahingestellt bleiben.“.
b) Daraus ist verallgemeinerungsfähig, jedenfalls aber für § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG, im Wege eines Erst-Recht-Schlusses abzuleiten, dass der Fristbeginn gemäß § 187 Abs. 2 BGB zu berechnen ist.
aa) Denn insoweit stellt sich nicht das Problem, dass die Zusage am oder gar erst im Laufe des 01.01.2001 erteilt worden wäre, sondern diese schon länger zurückliegt. Grund für die Übergangsregelung des § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG war vielmehr, dass durch das Altersvermögensgesetz vom 26.06.2001 (BGBl. I, S. 1310) rückwirkend für den Arbeitnehmer günstigere Unverfallbarkeitsvoraussetzungen in § 1 b BetrAVG eingeführt worden sind, indem die Zusagedauer auf 5 Jahre (vorher 10 Jahre oder 3 Jahre bei mindestens 12jähriger Betriebszugehörigkeit) und das Mindestalter auf 30 Lebensjahre (vorher 35) abgesenkt wurden. Da der Gesetzgeber jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht in laufende Fristen eingreifen wollte, war für den Zeitraum vom In-Kraft-treten der Neuregelung bis zum 31.12.2005 ein Günstigkeitsvergleich erforderlich: die Anwartschaft wurde unverfallbar, sobald entweder eine der beiden alten Unverfallbarkeitstatbestände erfüllt oder die Voraussetzungen des § 1 b BetrAVG n. F. mit der Maßgabe erfüllt wurden, dass an die Stelle des Zeitpunkts der Zusage derjenige des In-Kraft-tretens der Neuregelung trat (Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, 4. Aufl., § 30 f Rdnr. 5; Höfer, BetrAVG Bd. I: Arbeitsrecht, 9. Aufl., § 30 f BetrAVG Rdnrn. 5748 f.). Das Gesetz trat jedoch nicht erst im Laufe des 01.01.2001, sondern schon zu Beginn dieses Tages in Kraft, weshalb der 01.01.2001 gemäß § 187 Abs. 2 BGB bei der Fristberechnung hinzuzuaddieren ist.
bb) Zu dieser Erkenntnis gelangen auch Blomeyer/Rolfs/Otto (a.a.O., § 30 f BetrAVG Rdnr. 6), wenn sie den Aussagegehalt des § 30 f Satz 1 BetrAVG wie folgt analysieren:
„Unverfallbarkeit trat also ein, wenn entweder
– der ArbN im Zeitpunkt seines Ausscheidens das 35. Lebensjahr vollendet hatte und die Zusage zehn Jahre bestand (§ 30 f Satz 1 Nr. 1) oder
– der ArbN im Zeitpunkt des Ausscheidens das 35. Lebensjahr vollendet hatte, eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 12 Jahren aufwies und die Zusage drei Jahre bestand (§ 30 f Satz 1 Nr. 2) oder
– der ArbN im Zeitpunkt des Ausscheidens das 30. Lebensjahr vollendet hatte und die Zusage ab dem 1.1.2001 fünf Jahre bestanden hat (§ 30 f Satz 1 Halbs. 2).“
und unter Rdnr. 7 ausführen:
„Da mit Ablauf des 31.12.2005 auch für vor dem 1.1.2001 erteilte „Altzusagen“ in jedem Fall der letztgenannte Unverfallbarkeitstatbestand erfüllt ist, sind alle Anwartschaften aus diesen Zusagen spätestens seit dem 1.1.2006 unverfallbar, wenn der ArbN bei seinem Ausscheiden das 30. Lebensjahr vollendet hat“ (Hervorhebung durch die erkennende Kammer).
Gemeint ist damit nicht der Ablauf des 01.01.2006, sondern dessen Beginn [00.00 Uhr], der mit dem Ablauf des 31.12.2005 [24.00 Uhr] zusammenfällt.
cc) In diesem Sinne sind auch die Ausführungen von Höfer (a.a.O., § 30 f BetrAVG Rdnrn. 5748) zu verstehen, wonach die rückwirkende Einführung der neuen Unverfallbarkeitsvorschriften zum 01.01.2001 auch für vor dem 01.01.2001 erteilte Versorgungszusagen gilt. Höfer formuliert dies bezüglich des Fristbeginns wie folgt:
„Dies geschieht durch eine Fiktion, indem unterstellt wird, dass sie zum 01. Januar 2001 „erneut“ erteilt würden. … Somit wird eine vor dem Jahres 2001 erteilte Versorgungszusage spätestens … am 01.01.2006 unverfallbar, weil dann die fiktive Zusagedauer von 5 Jahren ab dem 01.01.2001 erfüllt ist“,
also nicht etwa mit Ablauf, sondern mit Beginn des 01.01.2006.
dd) Dies ergibt sich insbesondere bei Heranziehung der einschlägigen Passagen der beiden Kommentare zur insoweit gleichgelagerten Fristberechnung im Rahmen des § 1 b BetrAVG.
(1) Höfer (a.a.O., Rdnr. 2706) bemerkt zunächst:
„Die Altersbestimmung ist nach den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Regeln vorzunehmen, wonach ein Lebensjahr mit dem Ablauf des Tages vollendet ist, der der Wiederkehr des Geburtstages vorangeht (§ 188 Abs. 2, 2. Halbsatz, i.V.m. § 187 Abs. 2 Satz 2 BGB, vgl. auch Rdnr. 2713).“
und fährt unter Rdnr. 2713 fort:
„Für die Ermittlung der Fristerfüllung bei der Betriebszugehörigkeit und dem Zusagebestand gelten die gleichen bürgerlich-rechtlichen Grundsätze, wie sie für die Altersbestimmung bereits genannt worden sind (vgl. Rdnr. 2706). Für einen Beginn des Arbeitsverhältnisses (oder einer Zusageerteilung) an einem bestimmten Kalendertag (z. B. am 13. Juli) eines bestimmten Jahres (z. B. 1988) enden diese Fristen mit dem Ablauf (24:00 Uhr) des vorangehenden Kalendertages (also im Beispiel am 12. Juli) des zwölften (bzw. dritten oder zehnten) darauf folgenden Jahres (also im Jahre 2000, bzw. 1991 oder 1998).“
(2) Im selben Sinne äußern sich Blomeyer/Rolfs/Otto, a.a.O., § 1 b BetrAVG Rdnr. 68) eindeutig:
„Der Ablauf der Frist richtet sich nach den §§ 186 ff. BGB,. Bildet die Versorgungszusage ein „Ereignis“, richtet sich der Fristablauf nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB; die Frist endet also mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung dem Tage entspricht, in dessen Verlauf die Zusage erteilt worden war (z. B. Zusage am 1.4.2004, Ablauf am 1.4.2009 um 24.00 Uhr; Eintritt der Unverfallbarkeit am 2.4.2009 um 0.00 Uhr). In der Regel wird die Zusage aber schon Gegenstand des vor oder zu Beginn des Arbeitsverhältnisses geschlossenen Arbeitsvertrages gewesen sein. Da ein Arbeitsverhältnis mit dem Tag beginnt, an dem es rechtlich anfängt (und zwar selbst dann, wenn der ArbN an diesem Tag z. B. wegen Krankheit oder eines Feiertages die Arbeit noch gar nicht aufnimmt), ist § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB einschlägig (BAG 27.6.2002 – 2 AZR 382/01, AP Nr. 22 zu § 620 BGB Probearbeitsverhältnis = NZA 2003, 377). Der Tag der Zusage wird dann eingerechnet. Die Fünf-Jahres-Frist endet also mit dem Ablauf desjenigen Tages, der dem Tag vorhergeht, der dem Anfangstag entspricht (§ 177 Abs. 2 Hals. 2 BGB). D. h. hier am 31.3.2009 um 24 Uhr, sodass die Zusage noch verfällt, wenn der ArbN mit Ablauf des 31.3.2009 ausscheidet.“
(3) Daraus folgt: Wäre bei einer erstmaligen Zusage einer Betriebsrente am, zum oder mit Wirkung ab 01.01.2001 dieser Tag bei der Fristberechnung gemäß § 1 b i.V.m. §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 2. Alt. BGB mitzurechnen gewesen, ist nicht ansatzweise erkennbar, weshalb dies bei einer schon vorher erteilten und nur mit Wirkung ab 01.01.2001 als erneut erteilt fingierten Zusage im Rahmen des § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG nicht der Fall sein sollte.
c) Die gegenteilige Argumentation der Beklagten überzeugt nicht.
aa) Die Beklagte hat nicht plausibel erläutert, weshalb die Fristberechnung für den Beginn des Arbeitsverhältnisses einen unter § 187 Abs. 2 BGB zu subsumierenden Sonderfall darstellt und die sonstigen Fristen, insbesondere diejenigen gemäß § 1 b und § 30 f Satz 1 2. Halbsatz BetrAVG, sich nach § 187 Abs. 1 BGB berechnen sollen.
bb) Die von der Beklagten zum Beleg für die Richtigkeit ihrer Auffassung angeführten Zitate sind allesamt nicht geeignet, ihre Rechtsmeinung zu stützen. Die Formulierungen
– „spätestens im Jahr 2006 unverfallbar“ in Küttner/Kreitner, Personalbuch 2007, Betriebliche Altersversorgung 102, Rdnr. 37,
– „… bis zum 01.01.2006, bestanden haben“ in der Informationsschrift des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Stand: Januar 2002 (Bl. 22 der Berufungsakte),
– „alle Altzusagen spätestens mit dem 01.01.2006 unverfallbar geworden sind“ auf Seite 129 in Heft 3/06 der Informationen der Deutschen Rentenversicherung in Bayern (Bl. 75 der Berufungsakte),
– „Auswirkungen aus der Verbesserung der Unverfallbarkeitsfristen werden deshalb frühestens zum 01.01.2006 in der Praxis auftreten können“ auf Blatt 2 des Rundschreibens des Senats der Freien Hansestadt Hamburg vom 02.10.2001 (Bl. 80 der Berufungsakte) und
– „dass Altzusagen spätestens ab dem 01.01.2006 unverfallbar werden“ auf Seite 2 der Information der Janssen Merzhäuser Consulting vom 19.06.2007 (Bl. 85 der Berufungsakte)
sind unter Bezugnahme auf die obigen Ausführungen unter I 2 b bb) und cc) im Sinne von „mit Beginn des 01.01.2006 = mit Ablauf des 31.12.2005“ zu verstehen. Dies besagt im Übrigen ausdrücklich Position 5.2.2 des von der Beklagten selbst vorgelegten Merkblatts 300/M 12, Stand 3/07 des Pensionssicherungsvereins (Bl. 83 der Berufungsakte), indem dort präzise formuliert wird:
„Sofern Anwartschaften nach den bisherigen Regelungen … nicht bis zum 31.12.2005 unverfallbar werden, ist Unverfallbarkeit ausnahmsweise (§ 30f Satz 1, 2. Halbsatz BetrAVG)
– bereits mit Ablauf des 31.12.2005 gegeben, sofern der Versorgungsberechtigte dann auch das 30. Lebensjahr vollendet hat (Meldepflicht besteht ab 2006);
– andernfalls tritt Unverfallbarkeit erst mit der nach dem 31.12.2005 liegenden Vollendung des 30. Lebensjahres ein.“
cc) Die zuletzt angezogene Entscheidung des BGH (13.01.2005 – IX ZR 33/04 – ZIP 2005, 310) betrifft die Berechnung der Verjährungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO und ist für die vorliegende Problematik nicht einschlägig.
II.
Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
III.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.