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Entschädigung bei Errichtung einer 380 kV-Hochspanungsleitung – Dienstbarkeitbestellung

Entschädigungsklage wegen Hochspannungsleitung: Oberlandesgericht weist Berufung zurück

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat in einem Urteil vom 28. September 2020 die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Rechtsstreit drehte sich um die Entschädigungsforderung des Klägers aufgrund der (Neu-)Errichtung einer 380 kV-Hochspannungsleitung, die teilweise über sein Grundstück verläuft und für die er einer Dienstbarkeit zugestimmt hatte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 18 U 13/20 >>>

Grundstücke in der Gemarkung Q betroffen

Der Kläger ist Eigentümer zweier Grundstücke in der Gemarkung Q. Die Grundstücke sind zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst und über eine einheitliche Zuwegung erreichbar. Die 380 kV-Freileitung verläuft neben dem Flurstück 33/11, das eine Fläche von 4.588 qm hat und vom Kläger bewohnt wird. Die Beklagte forderte vom Kläger die Zustimmung zur Errichtung einer Grunddienstbarkeit für das Flurstück 33/11 und verhandelte über den Entschädigungsanspruch des Klägers. Es kam jedoch zu keiner gütlichen Einigung.

Sachverständigengutachten zur Wertermittlung

Das Landgericht holte ein Sachverständigengutachten ein, um den Wert des Grundstücks und die Beeinträchtigung durch die Leitung zu ermitteln. Der Sachverständige kam zu einem Verkehrswert der Grundstücke von insgesamt 1,1 Millionen Euro und einer Wertminderung in Höhe von 1.104,00 € für den durch die Leitung in Anspruch genommenen Schutzstreifen.

Entscheidung des Landgerichts und des Oberlandesgerichts

Das Landgericht änderte den Entschädigungsfeststellungsbeschluss entsprechend ab und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 1.104,00 € als Entschädigung an den Kläger. In Bezug auf die Klage und Widerklage wies das Landgericht die übrigen Ansprüche ab.

Das Oberlandesgericht bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Berufung und Anschlussberufung zurück. Zusätzlich wurde der Kläger zur Zahlung der Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtet. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Für weitere Einzelheiten und den genauen Verlauf des Rechtsstreits können die vollständigen Informationen im Urteilstext nachgelesen werden.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 18 U 13/20 – Urteil vom 28.09.2020

Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine Entschädigung aus Anlass einer (Neu-) Errichtung einer 380 kV-Hochspanungsleitung, deren Schutzstreifen teilweise über das Grundstück des Klägers führt und hinsichtlich derer er einer Dienstbarkeit zugestimmt hat.

Entschädigung bei Errichtung einer 380 kV-Hochspanungsleitung - Dienstbarkeitbestellung
Berufung abgewiesen: Entschädigung für Neuerrichtung einer 380 kV-Hochspannungsleitung bleibt unverändert. Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Urteil ist vorläufig vollstreckbar. (Symbolfoto: Wang An Qi /Shutterstock.com)

Der Kläger ist Eigentümer zweier in der Gemarkung Q., Flurstück 30 gelegenen Grundstücke der Flurstücke 33/11 und 33/12, für die jeweils eigenständigen Grundbuchblätter bestehen. Die Grundstücke sind zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst und nur über eine einheitliche Zuwegung erreichbar. Das Flurstück 33/11 (Grundbuch Blatt 10046 der Gemeinde Q.), welches von der Dienstbarkeit betroffen ist, hat eine Fläche von 4.588 qm, das Flurstück 33/12 (Grundbuch Blatt 1757 der Gemeinde Q.) hat eine Fläche von 3.204 qm. Die Grundstücke befinden sich in einem Gewerbegebiet, welches über die Bundesstraße 4 erschlossen ist. Beide sind mit diversen Hallengebäuden, einem Bürogebäude und zwei Wohngebäuden bebaut, von den eines durch den Kläger und seiner Familie und ein anderes von einem gewerblichen Mieter genutzt wird. Beide dürfen gemäß § 8 BauNVO nur als Werkswohnungen genutzt werden. Die übrigen Gebäude auf dem Flurstück 33/12 sind an Gewerbetreibende vermietet. Die beiden Flurstücken dienenden Versorgungseinrichtungen befinden sich ausschließlich auf diesem Flurstück.

Bereits vor der Errichtung der nunmehr streitgegenständlichen Stromtrasse verlief im Bereich Hamburg/Nord-Dollern eine 220 kV-Freileitung, für die jedoch eine Grunddienstbarkeit in den Grundbüchern des Klägers nicht eingetragen war. Aufgrund eines Planfeststellungsbeschlusses des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein – Amt für Planfeststellung Energie – vom 19. März 2013 und daran anschließenden Planfeststellungsänderungsbeschluss vom 29. August 2014 (Anlageband B) wurde ein Ersatzneubau einer 380 kV-Freileitung mit gleichzeitigem Rückbau der an gleicher Stelle bestehende 220 kV-Freileitung genehmigt. Diese verläuft neben dem Flurstück 33/11, welches dadurch in den Schutzbereich der Freileitung fällt. Die faktisch in Anspruch genommene Fläche umfasst katastermäßig 69 qm, wobei sich hinsichtlich des Grenzsteins eine – allerdings nur sehr geringfügige – Abweichung nach oben ergeben könnte.

Aus Anlass dieser Neuerrichtung begehrte die Beklagte von dem Kläger die Zustimmung zu der Errichtung einer Grunddienstbarkeit betreffend das Flurstück 33/11; zugleich traten die Parteien in Verhandlungen hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs des Klägers. Diesbezüglich kam es – nach vorangegangenen Auseinandersetzungen hierüber – am 10. März 2015 zu einer Einigung der Parteien (Einigungsniederschrift Anlage K 10 im Anlageband), mit welcher der Kläger die „ausdrückliche und unwiderrufliche Bewilligung“ erteilte „dass der betreffende Grundstücksteil (Hervorhebung durch den Senat) durch die Antragstellerin in Besitz genommen werden darf“. Die Lage der Teilfläche (Hervorhebung durch den Senat) im Grundbuch von Q., Blatt 10046, Flurstück 33/11, Flur 30, Gemarkung Q., wurde in einem angefügten Grunderwerbsplan grau unterlegt. Mögliche Entschädigungsansprüche in einem späteren Enteignungsverfahren sollten von der erteilten Gestattung unberührt bleiben. Die Entschädigung sollte bei gütlicher Einigung durch Vertrag, sonst im Enteignungs- oder Entschädigungsverfahren und erforderlichenfalls auf dem Rechtswege festgestellt werden. Zu einer gütlichen Einigung der Parteien – die Beklagte hatte dem Kläger ursprünglich eine Entschädigung in Höhe von 83.000,00 € angeboten – kam es nicht. Der Kläger hatte aufgrund eines von ihm eingeholten Verkehrswertgutachtens des Dipl.-Ing. Architekten Jochen B. vom 14.05.2013 (Anlage K 2 im Anlagenband) einen Verkehrswert des bebauten Grundstücks bezogen auf den Stichtag 01. Mai 2013 von 1.045.000,00 € ermitteln lassen.

Im Grundbuch von Q. Blatt 10046, Abteilung II, wurde sodann eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (Starkstromfreileitungsrecht) für die Beklagte gemäß der Bewilligung des Notars H. in Q., Urkundenrolle 133/2015, am 16. Juni 2015 eingetragen (Anlage K 12 im Anlagenband).

Im nachfolgenden behördlichen Entschädigungsverfahren erstattete sodann der Dipl.-Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, für Mieten und Pachten Heinz L. im Auftrag des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten, Enteignungsbehörde, ein Verkehrswertgutachten vom 19. Januar 2016 (Anlage K 14 im Anlagenband). Der Sachverständige kam zu einem Verkehrswert von 1.031.000,00 € und ermittelte einen Vermögensnachteil für den Kläger in Höhe von 16.000,00 €, wobei er als Bewertungsstichtag den 22. September 2015 zugrundelegte. Auf dieser Grundlage erließ das Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein – Enteignungsbehörde – am 26. Juli 2016 einen Entschädigungsfeststellungsbeschluss, mit welchem die Beklagte infolge der Inanspruchnahme von Grundeigentum zum Zwecke der Errichtung und des Betreibens einer 380 kV-Freileitung verpflichtet wurde, für die Teilenteignung eine Entschädigung in Höhe von 16.000,00 € an den Kläger zu zahlen (Anlage K 17 im Anlagenband).

Da der Kläger hiermit nicht einverstanden war, hat er Klage erhoben.

Der Kläger hat bereits erstinstanzlich eine Entschädigung in Höhe von 260.000,00 € verlangt, weil sein Grundvermögen als Einheit zu betrachten und die Wertminderung seines Grundeigentums auf die gesamte Fläche zu ermitteln sei. Diese liege zwischen 30 bis 60 % des Gesamtwertes. Der durch die Enteignungsbehörde bestellte Sachverständige habe verkannt, dass beide Grundstücke als Einheit zu bewerten seien und seine Bewertung fehlerhaft nur auf den durch die Beklagte in Anspruch genommenen Schutzstreifen bezogen.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 260.000,00 € zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 3.509,19 € zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend hat die Beklagte beantragt, unter Abänderung des Entschädigungsfeststellungsbeschlusses des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein, Enteignungsbehörde, vom 26. Juli 2016 zum Aktenzeichen 144.4-7.1-56-10/14 die Entschädigung auf 966,00 € festzusetzen.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass sich der Entschädigungsanspruch des Klägers lediglich auf die in Anspruch genommene Teilfläche des klägerischen Grundstücks mit einer Fläche von 69 qm beziehe, da die Eintragungsbewilligung sich auch nur hierauf bezogen habe. Die Dienstbarkeit habe sich nur auf den realen Streifen bezogen, weshalb die Dienstbarkeitsbewilligung sich auch nur auf die Teilfläche zwischen den im Rahmen der Planfeststellung berücksichtigten Fläche zwischen den Masten 21.1 und 22 beziehe.

Das Landgericht hat ein weiteres Sachverständigengutachten zur Ermittlung des Wertes des Grundstücks des Klägers und dessen Beeinträchtigung durch die Leitung eingeholt (Beweisbeschluss vom 08. November 2017, Bl. 64 f. Bd. I d. A. und Ergänzungsbeschluss vom 21. Februar 2018, Bl. 85 f. Bd. I d. A.). Der bestellte Sachverständige Dipl.-Wirtschaftsingenieur Gerhard Ha. erstattete sodann am dem 04. Mai 2018 ein Verkehrswertgutachten (Bl. 101 f. Bd. I d. A.), in welchem er einen Verkehrswert beider Grundstücke in Höhe von insgesamt 1,1 Millionen Euro ermittelte. Das ursprüngliche Angebot der Beklagten vom 23. Juli 2014 in Höhe von 966,00 € habe die Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks wertmäßig nach den damaligen Verhältnissen und der eingetretenen Beeinträchtigung angemessen abgebildet. Bezogen auf die durch das Landgericht angeforderten aktuellen Werte zum Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen hat der Sachverständige eine Wertminderung in Höhe von 1.104,00 € ermittelt, wobei er als Stichtag den 23. Februar 2018, den Tag seiner Ortsbesichtigung, zugrunde gelegt hat.

Das Landgericht hat auf die Klage und Widerklage den Entschädigungsfeststellungsbeschluss des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein dahingehend abgeändert, dass die Entschädigung auf 1.104,00 € festgesetzt und die Beklagte insoweit verurteilt wird, an den Kläger 1.104,00 € zu zahlen.

Im Übrigen hat das Landgericht Klage und Widerklage abgewiesen.

Das Landgericht hat seine Zuständigkeit aufgrund des Streitwertes und auf Grundlage von § 30 des Preußischen Enteignungsgesetzes angenommen. Hinsichtlich der durch den Kläger bezweifelten Zulässigkeit der Widerklage hat das Landgericht die Auffassung vertreten, dass, wenn ein Beteiligter innerhalb der Klagefrist nach § 30 PrEG Klage erhoben habe, auch der andere Beteiligte noch nach Ablauf dieser Frist Widerklage erheben könne. Nur so könne dieser verhindern, dass die Feststellungen der Entschädigungsbehörde für ihn – in diesem Fall als Untergrenze – bindend seien. Anderenfalls könne die klagende Partei risikolos klagen, weil sie nicht schlechter gestellt werden könne, als durch den Entschädigungsfeststellungsbeschluss. Dieses sei vergleichbar mit einer Anschlussberufung nach § 524 Abs. 2 ZPO.

Als Anspruchsgrundlage hat das Landgericht § 45 Abs. 2 Satz 2 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) angenommen, wonach ein angemessener Wertausgleich für die Inanspruchnahme einer enteigneten Teilfläche zu bewirken sei. Im Rahmen des Wertausgleichs seien unterschiedliche Aspekte, so die Art der Leitung, die Nutzung des belasteten Grundstücks, die Grundstücksgröße und die Lage bzw. der Anteil des Schutzstreifens und der Umfang der Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Konkret hat das Landgericht – ausgehend von der Gesamtfläche beider Flurstücke – folgende Aspekte berücksichtigt:

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– Das Grundstück befinde sich in einem Gewerbe- und nicht in einem Wohngebiet, weshalb ohnehin mit erhöhten Emissionen zu rechnen sei.

– Die Wertminderung beziehe sich auch nur auf die für den Schutzstreifen in Anspruch genommene Fläche von 69 qm, weil die Beklagte nach der Grunddienstbarkeit nur berechtigt sei, das Flurstück zwischen den Masten Nr. 21.1 und 22.1 zu überspannen, welche bereits bei der Bewilligung der Grunddienstbarkeit vorhanden gewesen seien. Eine Überspannung des Grundstücks mit der Leitung habe daher nicht erfolgen können. Dies folge auch aus § 5 Abs. 2 Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV), in welchem geregelt sei, dass bei Dienstbarkeitsentschädigungen bei Hochspannungsleitungen und Gleichstrom-Hochspannungsfreileitungen nur bis 25 % des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche berücksichtigt werden könne. Die gesetzgeberische Wertung ergebe daher, dass es nur um die betroffene Fläche und nicht um das gesamte Grundstück gehe. Eine andere Betrachtungsweise würde auch zu verfälschten Ergebnissen führen, da hierdurch Eigentümer großer Flächen im Gegensatz zu Eigentümern kleinerer Flächen begünstigt würden.

– Der Schutzstreifen selbst, welcher durch die Beklagte in Anspruch genommen werde, sei Brachland, so dass die Beeinträchtigung des betroffenen Flurstücks gering sei.

– Schließlich hat das Landgericht in seine Erwägungen auch einbezogen, dass sich an der Stelle der jetzigen Stromtrasse bereits zuvor eine 220 kV-Freileitung befunden habe.

Der Kläger begehrt nach wie vor eine Entschädigung in Höhe von 260.000,00 €, weshalb er das erstinstanzliche Urteil vollumfänglich angreift.

Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Bewertung der Wertminderung seines Grundstückes sich auf die gesamte Grundstücksfläche beider Flurstücke beziehen müsse, wobei er den durch den Sachverständigen Ha.  ermittelten Verkehrswert des Grundstücks von 1,1 Millionen Euro zugrundelegt. Der Kläger meint, dass nicht nur die Wertminderung durch die Inanspruchnahme des Schutzstreifens, sondern auch andere Vermögensnachteile zu entschädigen seien und zwar auch für Flächen, die von der Enteignung nicht betroffen seien. Das Sachverständigengutachten sei fehlerhaft gewesen und das Landgericht sei von völlig falschen Bewertungsgrundlagen ausgegangen. So habe es Emissionen angenommen, zu denen es keine Feststellungen getroffen habe, insbesondere befinde sich sein Grundstück nicht in der Einflugschneise des Hamburger Flughafens. Gleiches gelte für den Grenzverlauf, den das Landgericht nicht festgestellt habe. Die Wertminderung ergebe sich schon aus der Erteilung der Grunddienstbarkeit, welche sich auf das gesamte Grundstück beziehe, der Erstellung der Leitung mit sämtlichen Emissionen und Beeinträchtigungen und dem damit zusammenhängenden Einbruch des Wiederverkaufswertes. Der Kläger befürchtet zudem, die Beklagte könne jederzeit Erweiterungen an dem Leitungsverlauf vornehmen, weil die derzeitigen Strommasten nicht ausgelastet seien, weshalb mit einer weiteren Beeinträchtigung des Grundstücks und seines Hauses aufgrund zunehmender Emissionen und Ausschwingungen der Stromseile zu rechnen sei.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des am 10.03.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Itzehoe die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 260.000,00 € zu zahlen;

2. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe an Kläger 3.509,19 € zu zahlen;

3. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Itzehoe die Widerklage abzuweisen;

4. die Revision wird zugelassen.

5. die Zurückweisung der Widerklage.

Die Beklagte beantragt,

1. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

2. auf die Anschlussberufung der Berufungsbeklagten das angefochtene Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 10. März 2020 und den Entschädigungsfeststellungsbeschluss des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten des Landes Schleswig-Holstein vom 26. Juli 2016, Az.: 144.4-7.1-56-10/14, dahin abzuändern, dass die Entschädigung auf einen Betrag in Höhe von EUR 996,00 festgesetzt wird. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird insoweit verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger einen Betrag in Höhe von EUR 966,00 zu zahlen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verfolgt mit der Anschlussberufung eine Herabsetzung des Entschädigungsbetrages auf 966,00 €.

Sie ist der Meinung, bei der Ermittlung einer angemessenen Entschädigung könne das Gericht im Rahmen einer Wahlfreiheit auf die gesamte Grundstücksfläche oder nur den in Anspruch genommenen Teilbereich abstellen. Die Berechnung der Entschädigungshöhe anhand eines Prozentsatzes der betroffenen Fläche sei in der Rechtsprechung im Rahmen von § 287 ZPO anerkannt. Die Dienstbarkeit beziehe sich entgegen der klägerischen Behauptung auch nur auf den Schutzstreifen der 69 qm großen Teilfläche auf dem Flurstück 33/11, was sich bereits aus dem Planfeststellungsbeschluss ergebe, der insoweit enteignungsrechtliche Vorwirkung entfalte. Auch aufgrund der tatsächlichen Ausübung der Dienstbarkeit könne sie die Trassenführung nicht mehr ändern oder aber das klägerische Grundstück weiter überspannen. Die Beklagte beruft sich auf die sogenannte Parallelverschiebungsrechtsprechung, wonach bei der Ermittlung der Wertminderung Nachteile unbeachtlich bleiben müssten, die auch dann entstanden wären, wenn es gar nicht zu der Enteignung einer (Teil-)Fläche gekommen wäre.

Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, das Landgericht habe auch die zutreffenden Bewertungsgrundlagen zugrunde gelegt, so u. a. die Lage des Grundstücks an der Bundesstraße B 4 und der Einflugschneise des Hamburger Flughafens.

Mit der Anschlussberufung greift die Beklagte die durch das Landgericht vorgenommene Berechnung der Wertminderung an. Stichtag sei der 23. Juli 2014, nicht aber der 23. Februar 2018, da Grundlage für den Entschädigungsanspruch der Qualitätsstichtag, an welchem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheide, sei. Maßgeblich sei also der Tag, an welchem die Beklagte dem Kläger ihr Angebot unterbreitet habe. Dieses sei der 23. Juli 2014 gewesen.

Der Senat hat das klägerische Grundstück – Flurstücke 33/11 und 33/12 – einschließlich des Grenzverlaufs in der mündlichen Verhandlung am 01. September 2020 umfassend in Augenschein genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen beider Rechtszüge sowie gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

II.

Sowohl die jeweils statthafte sowie zulässige Berufung des Klägers als auch Anschlussberufung der Beklagten haben in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf eine Enteignungsentschädigung (hierzu unter 1.), welcher jedoch infolge der vorzunehmenden Wertermittlung den durch das Landgericht zugesprochenen Betrag von 1.104,00 € weder über- noch unterschreitet (hierzu unter 2.).

1. Anspruchsgrundlage

Entgegen der Auffassung des Landgerichts folgt der Anspruch des Klägers nicht aus § 45 EnWG, denn diese Vorschrift regelt allein die Enteignung unter Verweisung auf die landesrechtlichen Enteignungsverfahren, nicht aber die hieraus folgende materielle Entschädigung, um die es vorliegend ausschließlich geht.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich vielmehr aus Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG, wonach dem von einer Enteignung Betroffenen eine Entschädigung zusteht, die unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen und deren Art und Ausmaß durch ein Gesetz zu regeln ist. Grundsätzlich bemisst sich der Umfang der Enteignungsentschädigung nach dem Wert des entzogenen Objektes, dessen hypothetische Weiterentwicklung nicht zu berücksichtigen ist (Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 2. Auflage, § 45 Rn.47 m.w.N.).

Die Entschädigungspflicht der Beklagten richtet sich vorliegend landesrechtlich nach den §§ 7ff. EnteigG SH. Gemäß § 8 Abs. 1 EnteigG SH besteht die Höhe der Entschädigung in dem vollen Wert des abzutretenden Grundstücks. Wird nur ein Teil des Grundbesitzes in Anspruch genommen, so umfasst die Entschädigung zugleich den Mehrwert, welchen der abzutretende Teil durch seinen örtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Ganzen hat, sowie den Minderwert, welcher für den übrigen Grundbesitz durch die Abtretung entsteht, § 8 Abs. 2 EnteigG SH. Hinsichtlich der Enteignung von Teilgrundstücken ist nach § 9 EnteigG SH eine umfassende Entschädigung durch Übernahme des gesamten Grundstücks nur dann vorgesehen, wenn das Grundstück durch die Abtretung so zerstückelt würde, dass das Restgrundstück nach seiner bisherigen Bestimmung nicht mehr zweckmäßig benutzt werden kann, was vorliegend nicht der Fall ist.

2. Wertermittlung

Im Rahmen der Wertermittlung ist der Verkehrswert des Grundstücks maßgeblich, wobei dieser in entsprechender Anwendung der Begriffsbestimmung in § 194 BauGB zu verstehen ist (OLG Schleswig, Urteil vom 23.10. 2003 – 11 U 136/05 -, juris). Danach wird der Verkehrswert (Marktwert) durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre. Diesen hat der im ersten Rechtszug beauftragte Sachverständige ohne ersichtliche methodische Fehler und von den Parteien auch nicht angezweifelt mit 1,1 Millionen € ermittelt, welchen auch der Senat als – im Ergebnis zwischen den Parteien unstreitige Tatsache – zugrundelegt.

Die Höhe der Entschädigung eines von einer Enteignung – hierzu gehört auch die Belastung durch die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit infolge der Errichtung einer Stromtrasse – betroffenen Grundstückeigentümers bemisst sich sodann an der festzustellenden Werteinbuße im Verhältnis zum ermittelten maßgeblichen Verkehrswert (Britz/Hellermann/Hermes a.a.O.).

Diese Feststellung richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls. Aufgrund der in ihrer Art und Auswirkung individuell sehr unterschiedlichen Gestaltung einer Enteignung verbieten sich abstrakt-generelle oder schematische Bemessungsmethoden. Insbesondere bei Beschränkungen durch Dienstbarkeiten infolge des Einbaus und Betriebes von Hochspannungsleitungen fehlen häufig konkrete Anhaltspunkte und Vergleichsdaten, die eine genaue Berechnung aufgrund bestimmter Verfahren (wie des Ertrags- oder Vergleichswertverfahrens) ermöglichen (Hartmut Fischer, Entschädigungsanspruch aus Enteignung und enteignungsgleichem Eingriff, 4. Auflage, Rn. 649). Es ist daher in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Berechnung einer Enteignungsentschädigung aufgrund einer Schätzung nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung von Art, Umfang und Dauer der Beeinträchtigung erfolgen kann. Der Minderwert eines Grundstücks kann dabei in einem Prozentsatz des Verkehrswertes ausgedrückt werden, wobei bei Dienstbarkeiten aufgrund von Versorgungsleitungen 15 – 20 % der in Anspruch genommenen Fläche angemessen sein kann (BGH, Urteil vom 01. Februar 1982 – III ZR 93/80 -; BGH, Beschluss vom 28. Juni 1984 – III ZR 187/83 -, juris). Maßgeblich ist, dass dem Eigentümer, dem eine dinglich gesicherte Eigentumsbeschränkung in Form einer Dienstbarkeit auferlegt wird, ein wirklicher Wertausgleich für das ihm abverlangte Vermögensopfer gewährt wird. Ihm ist die durch die Beschränkung eingetretene Wertminderung seines Grundeigentums zu ersetzen, soweit sie auf einer Einbuße einer eigentumsmäßig geschützten Rechtsposition beruht. Die Höhe dieser Wertminderung bestimmt sich danach, welchen Wert der „gesunde Grundstücksverkehr“ dem betroffenen Gelände mit einer solchen Dienstbarkeit im Gegensatz zu demselben Grundbesitz ohne Belastung beimisst (BGH, Urteil vom 01. Februar 1982 – III ZR 93/80 –, BGHZ 83, 61-71 und bei juris m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist das Landgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nur einen Entschädigungsanspruch bezogen auf die in Anspruch genommene Teilfläche seines Grundstücks hat (hierzu unter a.). Auch ist der Senat der Auffassung, dass es die hierfür entscheidungserheblichen Tatsachen berücksichtigt und bei der Berechnung auch keine fehlerhaften Erwägungen zugrunde gelegt hat (hierzu unter b.).

a.

Betrifft die Enteignung – wie vorliegend – nur einen Teil des betroffenen Grundstücks, so berechnet sich die Entschädigungshöhe grundsätzlich nach dieser Teilfläche, solange nicht besondere Umstände des Einzelfalls zu einer Beeinträchtigung des gesamten Grundstücks führen.

Soweit der Kläger nach wie vor meint, es sei hierfür stets von der Gesamtfläche auszugehen und maßgeblich auf die Wertminderung im Falle der Weiterveräußerung des Grundstücks abzustellen, findet diese Auffassung weder in der bereits zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs noch in der Literatur eine Stütze. Vielmehr folgt hieraus lediglich das Erfordernis eines tatsächlichen Wertausgleichs maßgeblich auf Grundlage der beanspruchten Fläche, hier des Schutzstreifens (White&Case; Studie zur Entschädigung von Grundstückseigentümern und Nutzern bei Stromnetzausbau – eine Bestandsaufnahme, Anlage B 3; Wolfgang Kleiber, Wertermittlung von Grundstücken, 4.2.7.3 Grundsätze der Ermittlung der Wertminderung).

Auch verschiedene gesetzliche Regelungen – so vor allem die hier maßgeblichen §§ 8 und 9 EnteigG SH – differenzieren bei der Ausgestaltung der Entschädigung zwischen einer vollständigen und teilweisen Enteignung. Ebenso ist nach den §§ 93 – 96 BauGB zunächst auf den Rechtsverlust und allenfalls dann darüber hinaus auf einen anderen Vermögensnachteil abzustellen, wenn dieser bei der Bemessung des Rechtsverlustes nicht berücksichtigt wurde; wertsteigernde Umstände haben bei der Entschädigung gemäß § 95 BauGB generell unberücksichtigt zu bleiben. Weiterhin regelt auch § 5a StromNEV, der als Rechtsgedanke herangezogen werden kann, dass, soweit ein Betreiber von Übertragungsnetzen an den Grundstückseigentümer oder den Nutzungsberechtigten einer land- oder forstwirtschaftlich genutzten Fläche, auf dessen Grundstück nach dem Bundesbedarfsplangesetz oder dem Energieleitungsausbaugesetz eine Freileitung oder ein Erdkabel errichtet wird, Dienstbarkeitsentschädigungen entrichtet, diese als Anschaffungs- und Herstellungskosten der Freileitung nur bis zu 25 Prozent des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche (Hervorhebung durch den Senat) berücksichtigt werden dürfen. Auch wenn diese Vorschrift die Kostenanerkennung für Zahlungen der enteignungsbegünstigten Stromversorgung regelt, so folgt hieraus eine verallgemeinerungsfähige gesetzgeberische Wertung, dass es bei Enteignungsentschädigungen maßgeblich auf die tatsächlich beeinträchtigte Fläche ankommt.

Gründe, die vorliegend eine abweichende Betrachtung geboten hätten, waren aufgrund der Umstände des Einzelfalls für den Senat nicht ersichtlich und sind von dem Kläger so auch nicht vorgebracht worden. Dabei liegen zunächst die Voraussetzungen des § 9 EnteigG SH ersichtlich nicht vor, denn das Grundstück des Klägers unterliegt keiner Zerstückelung und ist als wirtschaftliche Einheit im Ergebnis ohne jede faktische Beeinträchtigung nutzbar.

Sein Anliegen, eine Wertminderung des gesamten Grundstücks im Falle einer Wiederveräußerung auszugleichen, mag im Schadensersatzrecht unter dem Aspekt eines merkantilen Minderwerts ein Gesichtspunkt sein, nicht aber im Rahmen einer allgemeinnützigen Enteignung und darauf beruhender Entschädigung. Der Kläger verkennt insoweit, dass es sich bei der Enteignung um ein Sonderopfer für die Allgemeinheit handelt und daher nur die zum Zeitpunkt der Enteignung vorhandene Beeinträchtigung Berücksichtigung findet. Im Übrigen hat der Kläger eine entsprechende – einem Viertel des Verkehrswertes auf Ertragswertgrundlage entsprechende – Minderung auch nicht konkret dargelegt und behauptet. Soweit er sich diesbezüglich auf eine allgemeine Einschätzung eines Maklers berufen hat (Anlage K 23, Bl. 277 Bd. II d.A.), genügt dies ersichtlich nicht.

Zugunsten des Klägers – worauf dieser ausdrücklich hingewiesen wird – ist der Senat jedoch ebenso wie die Enteignungsbehörde als auch das Landgericht bei der Ermittlung des Wertes der zu entschädigenden Teilfläche von dem sachverständig festgestellten Gesamtverkehrswert beider Flurstücke ausgegangen. Von der Dienstbarkeit betroffen ist nämlich im Grunde nur das Flurstück 33/11, welches gesondert im Grundbuch eingetragen ist, und für sich einen ersichtlich geringeren – nämlich maximal den flächenmäßig anteiligen – Verkehrswert hat. Der Senat hat das deshalb für geboten erachtet, weil beide Flurstücke eine (gewerbliche) Einheit bilden, was auch die Beklagte nicht in Abrede gestellt hat.

b.

Im Übrigen sind im Rahmen der Berechnung einer angemessenen Entschädigung die konkreten Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Enteignung maßgeblich, wohingegen mögliche zukünftige Weiterentwicklungen außer Betracht zu bleiben haben, weil nur der Rechtsverlust zum Zeitpunkt der Enteignung auszugleichen ist (Britz/Hellermann/Hermes a.a.O.).

Insoweit hat das Landgericht zutreffend darauf abgestellt, dass sich das Grundstück des Klägers in einem emissionsbelasteten Gewerbegebiet und der Schutzstreifen selbst sich dort auf Brachland befindet. Von der Richtigkeit dieser Einschätzung hat sich der Senat im Rahmen des Ortstermins ein genaues Bild verschaffen können. Bei dem Grundstück handelt es sich – mit Ausnahme des klägerischen Wohnhauses selbst – um einen gepflegten Betriebshof, welcher von verschiedenen Gewerbetreibenden genutzt wird, an die der Kläger die Flächen und Gebäude vermietet. Schon während der insgesamt etwa 40-minütigen mündlichen Verhandlung war neben dem ganz erheblichen Verkehrslärm der stark befahrenen Bundesstraße 4, die unmittelbar am Grundstück des Klägers verläuft, auch wiederholt deutlicher Fluglärm der vom Flughafen Hamburg startenden Maschinen zu hören, welche sichtbar etwa über dem Grundstück des Klägers abdrehten. Bei der Bewertung der Beeinträchtigung war zudem festzustellen, dass der werthaltigere Grundstücksteil in dem Flurstück 33/12 zu sehen ist, denn dort befindet sich der überwiegende Anteil der gewerblichen Vermietung und zudem liegen dort auch sämtliche Versorgungseinrichtungen auch das Flurstück 33/11 betreffend. Bei dem dort betroffenen Grundstücksteil handelt es sich dagegen um sehr kleine Ecke, die einer eigenständigen und wertbildenden Nutzung schon aufgrund des dort an der Grundstücksgrenze von dem Kläger unterhaltenen Entwässerungsgrabens nicht zugänglich ist. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er sei dort in der Aus- bzw. Umgestaltung von dort befindlichen Gebäuden beeinträchtigt, ist auch dieser Vortrag unsubstantiiert, denn der Senat vermochte nicht zu erkennen, welche – bauplanungs- und bauordnungsrechtlich zulässige – Nutzung an dieser Stelle überhaupt möglich sein sollte.

Es verbleibt damit bei der durch den Sachverständigen Ha. errechneten Werteinbuße, denn auch der Senat hält angesichts der festgestellten Umstände einen Prozentsatz von 20 % für angemessen. Gründe für die Einholung eines neuen Gutachtens nach § 412 ZPO lagen nicht vor. Das Gutachten lässt keine methodischen Mängel erkennen und stützt sich fachlich fundiert auf eine umfassende Auswertung der einschlägigen Wertermittlungsmethoden und relevanten Normen unter Auswertung hierzu vorhandener Fachliteratur.

Im Rahmen der Anschlussberufung war der Beklagten zwar grundsätzlich darin beizupflichten, dass Bewertungsstichtag der Tag des Angebots, also der 23. Juli 2014, ist, weil zu diesem Zeitpunkt die Enteignungsbehörde ihre Entscheidung getroffen hat und nachfolgende Entwicklungen bei der Entschädigung für die subjektive Rechtseinbuße nicht maßgeblich sind (Britz/Hellermann/Hermes a.a.O.). Allerdings führte dies vorliegend nicht zu einem Obsiegen der Beklagten. Im Rahmen des Ortstermins konnte aufgrund des in Augenschein genommenen Grenzsteins nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Berechnung der in Anspruch genommenen Teilfläche zugunsten des Klägers geringfügig hätte anders ausfallen können. Allerdings sah der Senat sich insoweit auch ohne eine ergänzende Begutachtung oder Vermessung in der Lage, dieses im Rahmen der Schätzung nach § 287 ZPO dergestalt zu berücksichtigen, dass diese Mehrfläche in dem geringfügig abweichenden Mehrbetrag von 138,00 € aufgeht. Dabei ist im Rahmen einer Schätzung nämlich eine mathematisch exakte Berechnung nicht geboten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht in diesem durch die Besonderheiten des Einzelfalls geprägten Rechtsstreit nicht; ebenso ist sie weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geboten (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 260.000,00 € festgesetzt.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant

  1. Enteignungsrecht: Im vorliegenden Fall steht das Enteignungsrecht im Mittelpunkt der Diskussion. Enteignungen sind in Deutschland durch Art. 14 Abs. 3 GG und spezifische Gesetze wie das Enteignungsgesetz Schleswig-Holstein (EnteigG SH) geregelt. Die Enteignung ermöglicht den Staat, das Eigentum eines Einzelnen für öffentliche Zwecke zu übernehmen, wobei eine angemessene Entschädigung gewährt werden muss. Hier wird die Anwendung von §8 Abs. 1 und 2 EnteigG SH diskutiert, wonach die Höhe der Entschädigung den vollen Wert des entzogenen Grundstücks entspricht, inklusive Mehrwert und Minderwert, die durch den örtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Ganzen entstehen. Der Fall behandelt vor allem die Ermittlung der Wertminderung des enteigneten Grundstücks und der darauf geltenden Dienstbarkeit.
  2. Verfassungsrecht (Grundgesetz): Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG ist die zentrale Norm in diesem Fall. Nach dieser Bestimmung hat der von einer Enteignung Betroffene Anspruch auf eine Entschädigung, die unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen ist. Die Art und das Ausmaß der Entschädigung müssen durch ein Gesetz geregelt sein. In diesem Kontext argumentiert der Kläger, dass sein Anspruch auf Entschädigung sich aus dem Grundgesetz und nicht aus § 45 EnWG (Energiewirtschaftsgesetz) ergibt.
  3. Energiewirtschaftsrecht: Das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) regelt die Grundlagen der Energieversorgung in Deutschland. Im konkreten Fall wird auf § 45 EnWG verwiesen, der die Enteignung in Zusammenhang mit Energieleitungen regelt. Dieser wird jedoch vom Kläger abgelehnt als Grundlage für den Anspruch auf Entschädigung, der sich stattdessen auf das Grundgesetz beruft. Weiterhin ist die Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) erwähnt, die als Rechtsgedanke für die Begrenzung der Entschädigungshöhe herangezogen wird (§ 5a StromNEV).
  4. Baurecht und Immobilienrecht: Die Vorschriften des Baugesetzbuches (BauGB) spielen ebenfalls eine Rolle. Es werden insbesondere die §§ 93 – 96 BauGB zitiert, die sich auf die Entschädigung im Baurecht beziehen. Dabei wird auf den tatsächlichen Rechtsverlust und eventuell weitere Vermögensnachteile abgestellt. Die Wertsteigerung des Grundstücks durch das Bauvorhaben bleibt unberücksichtigt (§ 95 BauGB). Der Fall behandelt die Auswirkungen der Installation von Hochspannungsleitungen auf das Grundstück des Klägers und die damit verbundene Wertminderung.
  5. Zivilprozessrecht: Im Verlauf der Argumentation wird auf § 287 der Zivilprozessordnung (ZPO) verwiesen, der dem Gericht in bestimmten Fällen erlaubt, eine Schätzung vorzunehmen. Im Kontext dieses Falles wurde diese Norm genutzt, um potenzielle Abweichungen bei der Berechnung der in Anspruch genommenen Teilfläche zu berücksichtigen.

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