Ein Strafgericht in Aachen entscheidet über Klage zu Waffenbesitz
Ein Strafgericht in Aachen hat ein Urteil gefällt, das eine Klage abweist und der Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Fall dreht sich um einen Fachhandel für Jagdzubehör und -bekleidung, Waffen und Munition, der eine enge Zusammenarbeit mit dem B Club hatte. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit lagerte die Klägerin Waffen in den Räumlichkeiten des Vereins.
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Übersicht:
Klage auf Herausgabe der Waffen
Nachdem die Zusammenarbeit beendet wurde, wurden die Waffen im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens beschlagnahmt. Die Klägerin forderte in ihrer Klage die Herausgabe der Waffen oder alternativ die Zustimmung des Beklagten zur Herausgabe durch das Amtsgericht oder die Staatsanwaltschaft.
Klägerin konnte kein Besitzrecht nachweisen
Das Gericht entschied jedoch, dass die Klägerin nicht ausreichend dargelegt habe, dass sie das Eigentums- und Besitzrecht an den Waffen hatte und dass der Beklagte unberechtigt Besitz an den Waffen erlangt habe. Die Klägerin konnte nicht konkret nachweisen, wie sie das Besitzrecht an den Waffen erworben hatte und warum der Beklagte diese unrechtmäßig in seinem Besitz hatte.
Klage abgewiesen und Kosten auferlegt
Die Klage wurde daher abgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wenn die Klägerin eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags erbringt. Es ist anzumerken, dass diese Zusammenfassung nur den Inhalt des Urteils wiedergibt und keine Rechtsberatung darstellt.
Das vorliegende Urteil
LG Aachen – Az.: 11 O 470/19 – Urteil vom 30.09.2020
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand

Die Klägerin betreibt einen Fachhandel für Jagdzubehör und -bekleidung, Waffen und Munition. Der Beklagte ist Vorsitzender des B Club, einer schießsportlichen GbR, der in der N-Straße in K residiert und über die Q GmbH dort einen Schießstand betreibt. Zwischen den Parteien gab es eine längere und enge Zusammenarbeit, die zwischenzeitlich seitens der Klägerin beendet wurde. Der Geschäftsführer der Klägerin war Mitglied des B Club, zwischenzeitlich ist ihm Hausverbot erteilt worden. Im Rahmen der früheren Zusammenarbeit lagerte die Klägerin mit behördlicher Zustimmung in den Clubräumen des Vereins eine Vielzahl von Waffen, die entweder im Eigentum der Klägerin standen und von den Schützen vor Ort getestet werden konnten, oder die Schützen bei der Klägerin erworben hatten, denen eine Waffenbesitzkarte noch nicht erteilt worden war. Im Rahmen eines gegen den Beklagten geführten Ermittlungsverfahrens sind die im Antrag näher bezeichneten Waffen sichergestellt worden. Die Klägerin begehrt vorliegend aus dem Gesichtspunkt des Besitzes in erster Linie von dem Beklagten Herausgabe der Waffen, hilfsweise dessen Zustimmung zur Herausgabe seitens des Amtsgerichts K bzw. der Staatsanwaltschaft K an sie.
Die Klägerin behauptet, sie habe ursprünglich das Eigentums- und Besitzrecht an allen Waffen gehabt, X2 weder der B Club noch der Beklagte noch einzelne Schützen mangels Besitzes einer Waffenbesitzkarte ein Besitzrecht an den Waffen hätten erwerben können.
Sie beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, die Waffen
Waffen-Nr.
P 226 X6 Supermatch
XXX
FN HP
XXX
SL HK 243 Stand
XXX
Peters Stahl 9mm
XXX
Rep. Ruger Precision Rifle
XXX
ZhR Winch. .94 Kal. 44
XXX
Browning BDF
XXX
Colt Gold Cup o. WS
XXX
Glock 17Gen4 incl. Mag.
XXX
Peters Stahl .45
XXX
P 99QA
XXX
CZ 75 SP-01 Shadow
XXX
H&K Custom sp.
XXX
Glock 17
XXX
Glock 17
XXX
Glock 17
XXX
Rep Mossberg MVP
XXX
SL. Haenel CR223
XXX
colt pyth. 6″
XXX
Colt Pyth. 4″
XXX
Governm. 9mmL
XXX
P99 AS
XXX
Pump. Act. Winchester
XXX
Peters Stahl .45
XXX
Ruger GA 36
XXX
Glxk 20 10mmA
XXX
Glock 19 Comp. 9mml
XXX
Pump. Act. Hatsan BM12
XXX
Pump. Act. Hatsan Escort
XXX
Glock 17 Gen.5
XXX
S&W 65-5 3″
XXX
Armi Jäger .45 Colt
XXX
SIG 226 LDC II
XXX
629-8 8″ .44mag
XXX
Beretta 92FS Inox
XXX
SIG P210 6″ SuperTg.br.
XXX
CZ 75 Shadow2 Urb.G
XXX
Peters Stahl .45
XXX
SIG 1911
XXX
Pist. 08 Erfurt
XXX
SIG P226 MK 25
XXX
Peters Stahl 10mm Auto
XXX
Peters Stahl WS .45
XXX
Peters Stahl 4mmM20
XXX
SL. Chiappa M1
XXX
Peters Stahl .45
XXX
Haenel RS9
XXX
SL JRC Rifle
XXX
Pistole Q5
XXX
SIG P226 LDC
XXX
Schmeisser AR15
XXX
SIG P226 LDC 11 Tac Ops
XXX
Tikka T3 TAC A1 6,5Cre
XXX
Walther Q5 Match
XXX
Walther Q5 SF Cham
XXX
S&W 19-3
XXX
an die Klägerin herauszugeben.
Hilfsweise beantragt sie, den Beklagten zu verurteilen, seine Zustimmung zur Herausgabe der im Verfahren XXX des AG K (= XXX der StA K) sichergestellten und im Antrag zu 1. spezifizierten Waffen an die Klägerin gegenüber dem AG K bzw. der Staatsanwaltschaft K zu erklären.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bestreitet seine Passivlegitimation sowie auch die Aktivlegitimation der Klägerin. Zu letzterer hat er im Schriftsatz vom 28.07.2020 (Bl. 107ff d.A.) unter Vorlage einer Vielzahl von Unterlagen (Anl. I) detailliert vorgetragen. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf den vorgenannten Schriftsatz nebst Anlagen Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
1.
Mit dem Hauptantrag kann die Klage schon deshalb keinen Erfolg haben, X2 der Beklagte nach Sicherstellung der herausverlangten Waffen zu einer Übergabe an die Klägerin nicht mehr in der Lage ist.
2.
Auch ein auf § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zu begründender Anspruch auf Erteilung der Zustimmung durch den Beklagten gegenüber dem Amtsgericht K bzw. der Staatsanwaltschaft K, dass die Waffen an sie – die Klägerin – herausgegeben werden, besteht nicht. Ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass der Klägerin gegen den Beklagten für den Fall, dass die Waffen nicht sichergestellt wären, ein Herausgabeanspruch zustünde. Dass dies der Fall wäre, hat die Klägerin aber nicht substantiiert dargetan.
Die Klägerin hat schon im Schriftsatz vom 23.04.2020 dargelegt, dass „Waffen unterschiedlicher Herkunft sichergestellt“ worden sind. Ihr Geschäftsführer hat dies in der mündlichen Verhandlung vom 07.08.2020 dahingehend spezifiziert, dass es vier Fallkonstellationen gegeben habe. In der ersten der von ihm bezeichneten Fallkonstellationen hat er den Beklagten als ihr gegenüber aufgetretenen Besteller bezeichnet. In der zweiten Fallkonstellation sollen Waffen an dritter Stelle (z.B. bei eBay) erworben worden sein; durch wen – den Beklagten persönlich, den B Club oder einzelne Mitglieder dieses Klubs – hat die Klägerin nicht angegeben. Hinsichtlich der letzten beiden aufgeführten Fallkonstellationen hat der Geschäftsführer der Klägerin hingegen ausdrücklich davon gesprochen, dass „Mitglieder des Vereins“ – gemeint offensichtlich des B Club, der nach übereinstimmenden Angaben der Parteien die Rechtsform einer GbR und nicht eines eingetragenen Vereins hat – die Waffen bei ihr bestellt, im einen Fall jedoch nicht bezahlt, im anderen bezahlt hätten. Dass insbesondere in den beiden letztgenannten Konstellationen, aber auch in der zweiten Konstellation, in der der Geschäftsführer der Klägerin die Erwerber nicht bezeichnet hat, der Beklagte eine Rechtsposition, insbesondere Besitz auf Kosten der Klägerin eingenommen hätte, bevor die Waffen sichergestellt worden sind, ist jedoch weder ersichtlich noch von der Klägerin näher dargetan. Insbesondere in den beiden letztgenannten Konstellationen kann ein Besitz nur in der Person der die Waffen erwerbenden Schützen oder des B Club, in dessen Räumlichkeiten die Waffen aufbewahrt worden sein sollen, begründet gewesen sein.
Aber auch ansonsten hätte es näherer Darlegung seitens der Klägerin bedurft, aufgrund welcher Umstände gerade der Beklagte Besitz an den Waffen gehabt haben soll, zudem unberechtigt auf Kosten der Klägerin. Soweit die Klägerin hier mit den Regelungen des Waffenrechts argumentiert, sind ihre Ausführungen nicht tragfähig. Die Übertragung von Eigentum an Waffen vollzieht sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 929ff BGB. Sie kann auch nach § 930 BGB vollzogen werden (OLG Düsseldorf Urteil vom 14.02.1996 – 11 U 37/95; juris). Nichts anderes kann vom Grundsatz her auch für den Besitz an Waffen gelten, auch wenn die Frage, ob jemand nach dem Waffengesetz zum Besitz einer Waffe berechtigt ist oder nicht, ein Auslegungskriterium – unter mehreren – bei der Interpretation des tatsächlichen Verhaltens der Beteiligten sein kann. Dennoch hätte es insoweit einer näheren Darlegung seitens der Klägerin bedurft, welches besitzrechtliche Schicksal jede einzelne der von ihr herausverlangten Waffen gehabt hat, wie sie jeweils Besitz erlangt hat und wieso sie diesen unfreiwillig (vergleiche § 861 BGB) verloren haben soll. Dies hätte – wie ausgeführt – für jede Waffe, deren Herausgabe die Klägerin verlangt, gesondert erfolgen müssen, um jede einzelne Waffe einer der vier von dem Geschäftsführer der Klägerin bezeichneten Konstellationen zuordnen und die Rechtsverhältnisse an dieser Waffe sodann näherer rechtlicher Überprüfung unterziehen zu können. Insbesondere hätte es näherer Darlegung seitens der Klägerin bedurft, warum der Beklagte persönlich und nicht die B Club GbR, in deren Räumlichkeiten sich die Waffen auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin mit ihrem Einverständnis befunden haben, bevor sie sichergestellt worden sind, auf Kosten der Klägerin Rechte an den Waffen besessen haben soll. An einer solchen detaillierten Darlegung fehlt es bereits im Ansatz.
3.
Hat die Klage nach alledem keinen Erfolg, so hat die Klägerin auch die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
Der Streitwert wird auf 35.000,00 EUR festgesetzt.
Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant
Die betroffenen Rechtsgebiete, Rechtsnormen und Gesetze für das deutsche Recht im Zusammenhang mit dem vorliegenden Text sind:
- Strafrecht: Das Strafrecht regelt die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Personen für begangene Straftaten. Im vorliegenden Fall geht es um die Klage der Klägerin bezüglich des Besitzes von Waffen.
- Verwaltungsrecht: Das Verwaltungsrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und den Bürgern. Im vorliegenden Fall ist das Verwaltungsrecht relevant, da die Klägerin mit behördlicher Zustimmung Waffen in den Clubräumen des B Clubs gelagert hatte.
- Bürgerliches Recht: Das Bürgerliche Recht umfasst die zivilrechtlichen Regelungen für das Verhältnis zwischen Privatpersonen. Im vorliegenden Fall geht es um das Eigentums- und Besitzrecht an den Waffen, das nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt ist.
- Waffengesetz: Das Waffengesetz regelt den Umgang mit Waffen und den Erwerb von Waffenbesitzkarten. Im vorliegenden Fall ist das Waffengesetz relevant, um zu prüfen, ob der Beklagte und der B Club berechtigt waren, Besitz an den Waffen zu erlangen.
Im konkreten Zusammenhang des vorliegenden Urteils geht es um die Klage der Klägerin, die die Herausgabe der Waffen oder alternativ die Zustimmung des Beklagten zur Herausgabe durch das Amtsgericht oder die Staatsanwaltschaft forderte. Das Gericht hat die Klage abgewiesen und festgestellt, dass die Klägerin nicht ausreichend nachgewiesen hat, dass sie das Eigentums- und Besitzrecht an den Waffen hatte und dass der Beklagte unberechtigt Besitz an den Waffen erlangt hat. Das Gericht hat somit die Bedeutung des Eigentums- und Besitzrechts sowie die Anforderungen des Waffengesetzes für den Besitz von Waffen berücksichtigt.
Das Urteil bezieht sich auch auf die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages, was auf die Regelungen des Zivilprozessrechts hinsichtlich der Vollstreckung von Urteilen verweist.