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Errichtung eines Wasserzählerschachtes

AG Dippoldiswalde, Az.: 3 C 805/14, Urteil vom 05.06.2015

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Errichtung eines Wasserzählerschachtes.

Errichtung eines Wasserzählerschachtes
Symbolfoto: Von spaxiax /Shutterstock.com

Die Klägerin ist regionaler Wasserversorger. Die Beklagten sind Eigentümer des Grundstücks, … Straße 27 in …, das an die öffentliche Trinkwasserversorgung über eine 1969 errichtete aus Stahlrohr bestehende Hausanschlussleitung verbunden ist. Diese zweigt von der Hauptversorgungsleitung ab und verläuft zuerst über einen kurzen öffentlichen Bereich und danach durch den Grundstück des Klägers bis zum im Inneren des Hauses liegenden Wasserzähler. Ein turnusmäßiger Wasserzählerwechsel im Dezember 2012 war trotz zweier Versuche durch Mitarbeiter der Klägerin nicht möglich.

Die Klägerin trägt vor, bereits bei dem zweiten gescheiterten Zählerwechselversuch sei der Beklagte zu 1 auf die Notwendigkeit einer Auswechslung/Erneuerung der Anschlussleitung hingewiesen worden durch den Zeugen B.. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten seien verpflichtet auf ihr Verlangen gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2 ABVWasserV einen Wasserzählungsschacht an der Grundstücksgrenze zu setzen. Die Hausanschlussleitung sei überlang, nämlich 33 Meter. Darüber hinaus sei sie wegen Alter und Beschaffenheit auswechslungsbedürftig. Bei dem Termin zum Wasserzählerwechsel sei festgestellt worden, dass die Hausanschlussleitung aus Stahl bestehe, so wie er in der DDR eingesetzt worden sei. Nach ihren Erfahrungen seien diese Leitungen marode und bruchanfällig. Eine Notwendigkeit ergebe sich mithin schon daraus, dass in absehbarer Zeit Störungen zu erwarten seien mit Wirkungen auf andere Kunden sowie Querschnittseinengungen, die zu einer Verminderung der hydraulischen Leistungsfähigkeit führen können. Hinzu komme, dass aufgrund der Beschaffenheit der Rohrleitung ein turnusmäßiger Zählerwechsel nicht mehr ohne die Gefahr einer Beschädigung möglich sei.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilten, auf ihre Kosten auf ihrem Grundstück … Straße 27 in …, nämlich Flurstück 125/77 Gemarkung … an der Grundstücksgrenze, lt. beigefügten Lageplan, einen Wasserzählerschacht der für die frostsichere Unterbringung der Messeinrichtung geeignet ist zu errichten und hierfür die gegenwärtige Überbauung der Hausanschlussleitung zu beseitigen durch Abtragen des Erdwalls sowie die Entfernung des Baumes.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen, hilfsweise Zug-um-Zug-Verurteilung gegen die Herstellung einer neuen Hausanschlussleitung beginnend von der Übergabestelle im Wohnhaus, … Straße 27 bis zur Übergabestelle an dem neu zu setzenden Wasserzählerschacht an der Grundstücksgrenze.

Sie bestreiten, dass vom Zeugen B. ein Hinweis auf einen Auswechslungsbedarf betreffend die Hausanschlussleitung hingewiesen worden sei. Vielmehr habe der Zeuge B. darauf hingewiesen, dass bei der vorhandenen Hausanschlussleitung eine Wasseruhr im Keller nicht mehr möglich sei, aber vom Bestandsschutz auszugehen sei. Die Beklagten sind der Auffassung, ein Anspruch der Klägerin auf Versetzung des Wasserzählerschachtes bestehe nicht, solange durch die Klägerin keine Erneuerung der vorgeblich maroden Hausanschlussleitung erfolgt sei. Im Übrigen sei die Hausanschlussleitung gar nicht marode, sie sei erst 1969 hergestellt und befinde sich in gutem Zustand. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Hausanschlussleitungen nach einer bestimmten Lebensdauer zur Erneuerung anstehen, gebe es nicht. Im Übrigen sei die durch das Grundstück der Beklagten führende Hausanschlussleitung nicht 33 m, sondern lediglich 21 m lang. Die Beklagten tragen weiter vor, das Auswechseln der Wasseruhr sei ohne Gefährdung der Leitung möglich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen die Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 09.03.2015 und vom 18.05.2015 Bezug genommen.

Das Gericht Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen B.. Auf das Protokoll vom 18.05.2015 wird insoweit Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

I.

Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagten auf Versetzung des Zählerschachtes gem. § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV zu.

1.

Zwar ist vorliegend eine überlange Hausanschlussleitung i.S. d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 AVBWasserV gegeben. Unstrittig führt diese 22 m durch das Grundstück der Beklagten. Eine Überlänge ist gem. Ziffer 9.1 Ergänzende Bestimmungen, neue Fassung gegeben bei einer Länge von über 15 m. Selbst nach den Ergänzenden Bestimmungen alter Fassung, Ziffer 9.1, läge hier eine Überlänge vor. Dort wurde noch verlangt, dass die Leitung mehr als 15 m über das Privatgrundstück führt, was hier auch gegeben ist.

2.

Jedoch kann das Wasserversorgungsunternehmen bei einen bestehenden Versorgungsvertrag die Errichtung eines Wasserzählerschachtes nur dann verlangen, wenn sich konkret die Notwendigkeit von Unterhaltung-, Reparatur- oder Erneuerungsmaßnahmen ergibt (Morell AVBWasserV Kommentar E§ 11 Abs. 1 c, I. Absatz am Ende).

a.

Soweit die Klägerin vorträgt, eine konkrete Notwendigkeit ergebe sich daraus, dass von der Anschlussleitung in absehbarer Zeit Störungen, wie Rohrbrüche zu erwarten seien, denen nicht mehr durch bloßes Ausbessern, sondern nur durch Auswechseln wirksam begegnet werden könne, dass Störungen anderer Kunden zu erwarten seien und dass zusätzlich durch vorhandene Verkrustungen eine Verminderung der hydraulischen Leistungsfähigkeit entstehen könne, handelt es sich hierbei um nicht um konkrete, sondern um abstrakte Gefahren. Hinzu kommt, dass bei Konkretisierung dieser Gefahren die Unterhaltungslast betreffend der Hausanschlussleitung die Klägerin, nicht die Beklagte betrifft (Landgericht Dresden Beschl. v. 30.05.2010, 7 S 207/10, Amtsgericht Dippoldiswalde vgl. nur 4 C 329/09, Urteil vom 12.03.2010, BGH NJ 208, 169).

Bei Konkretisierung einer der vorgenannten Gefahren und der konkreten Notwendigkeit eines Eingreifens der die Klägerin treffenden Unterhaltslast wäre dann eine konkrete Notwendigkeit i.S. einer Unterhaltung, Reparatur oder Erneuerungsmaßnahme gegeben. In diesem Zeitpunkt entstünde ein Anspruch der Klägerin auf Errichtung eines Zählerschachtes an der Grundstücksgrenze. Für die konkret notwendige Reparatur- bzw. Erneuerungsmaßnahme an der Anschlussleitung wäre aber zu diesem Zeitpunkt noch die Klägerin zuständig, da sie bis zum Errichten des Zählerschachtes und der damit einhergehenden „Umwandlung“ der Leitung von einem Hausanschluss in eine Kundenanlage, noch die Unterhaltungslast trägt.

Anders kann die Zitierung zu § 11 ABVWasserV (Morell a.a.O.) im Lichte der Systematik der Risikoverteilung nicht gesehen werden. Ließe man allein unter einer abstrakten Gefährdungslage aufgrund des Alters und der Beschaffenheit einer Hausanschlussleitung zu, so könnte sich der Wasserversorger allein bei Vorliegen einer überlangen Leitung vorsorglich bereits vor Eintritt eines konkreten Unterhaltungs-, Reparatur- oder Erneuerungsfalles von seiner Unterhaltungslast befreien.

Diese Möglichkeit ergibt sich vordergründig zwar aus dem Wortlauf des § 11 Abs. 1 Nr. 2 ABVWasserV. Insoweit ist jedoch zu bedenken, dass die Vorschrift sowohl anwendbar ist für Erstverlegungen als auch für bereits vorhandene Leitungsführungen. Bei Neuverlegungen ergibt sich die wortlautgetreue Anwendung naturgemäß auf dem Bedürfnis zur vorsorglichen Vermeidung überlanger Hausanschlussleitungen. Bei bestehenden Versorgungsverhältnissen muss dagegen das Korrektiv des Vorliegens einer konkreten Notwendigkeit von Unterhaltungs-, Reparatur- oder Erneuerungsmaßnahmen hinzukommen (Morell a.a.O.). Bei vorhandenen Anschlussverhältnissen ist § 11 Abs. 1 Nr. 2 ABVWasserV nach seinem Sinn und Zweck nämlich nicht dazu heranzuziehen, um allein schon bei einer Überschreitung von 15 m Länge und Vorliegen einer nur abstrakten Gefährdung dem Anschlussnehmer die Risikoverteilung bezüglich der Unterhaltungslast (Landgericht Dresden Beschl. v. 30.05.2010, 7 S 207/10, Amtsgericht Dippoldiswalde vgl. nur 4 C 329/09, Urteil vom 12.03.2010, BGH NJ 208, 169) zu Lasten des Abnehmers zu ändern.

b.

Eine konkrete Notwendigkeit von Unterhaltungs-, Reparatur- oder Erneuerungsmaßnahmen ergibt sich auch nicht aus den beim Zählerwechsel aufgetretenen Erschwernissen.

Allein die Notwendigkeit eines turnusmäßigen Zählerwechsels stellt keinen hinreichenden Anlass für ein Verlangen einer Errichtung eines Wasserzählerschachtes dar.

Auch die hier bei den Versuchen eines Zählerwechsels aufgetretenen Schwierigkeiten führen nicht zur Notwendigkeit von Unterhaltungs-, Reparatur- oder Erneuerungsmaßnahmen an der Hausanschlussleitung.

Die Klägerin konnte schon den Beweis dafür, dass der Zeuge B. vor Ort auf die Notwendigkeit einer Auswechslung/Erneuerung der Anschlussleitung hingewiesen hätte, nicht führen. Vielmehr sagte der Zeuge B. aus, dass es für ihn vor Ort allein um den Versuch des Zählerwechsels gegangen sei. Wie es danach weitergehen soll, sei nicht seine Sache gewesen. Darüber hinaus gab der insoweit sachverständige Zeuge im Termin an, dass die Hausanschlussleitung mit Ausnahme der Zähler an dem Absperrventil endete. Die Schwierigkeit des Zählerwechsels betrafen damit letztlich nicht die Hausanschlussleitung im eigentlichen Sinne, sondern nur den engeren Bereich um den Wasserzähler.

Weiterhin gab der Zeuge an, dass nach seinen Erfahrungswerten ein Zählerwechsel allein durch Lösung des Zwischenstückes nicht möglich gewesen wäre. Eine Lösung für den Austausch wäre insoweit eine komplette Erneuerung bis zur nächsten Gewindestelle, an der eine Lockerung möglich ist, gewesen. Nach Inaugenscheinnahme der Lichtbilder drängt sich insoweit auf, dass hierzu ein Aufschrauben an der zwischen Zähler und Absperrventil, direkt am Absperrventil liegenden Verbindung, zielführend wäre. Die Frage, ob es sich hierbei um eine Überwurfmutter handele, hat der Zeuge spontan bejaht und erst auf Vorhalt von Klägerseite dahin eingeschränkt, dass es in der Vergangenheit auch Ventile mit festsitzendem Mutterbereich am Stutzen gegeben habe. Die spontane Aussage des Zeugen zur Überwurfmutter wird letztlich bestätigt durch das von der Beklagtenseite zur Akte gereichte vergrößerte Lichtbild. Mithin ist vorliegend mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen, dass ein Wechsel der Wasserzähleruhr möglich ist, ohne dass sich die Notwendigkeit von konkrete Unterhaltungs-, Reparatur- oder Erneuerungsmaßnahmen an der Hausanschlussleitung im eigentlichen Sinne ergibt.

Mangels einer solchen konkreten Notwendigkeit kann die Klägerin derzeit nicht verlangen, dass die Beklagten einen Wasserzählerschacht an der Grundstücksgrenze errichten.

c.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Klägerin, sieht sie tatsächlich und ernsthaft einen unmittelbar bevorstehenden Schadensfall aufgrund des Alters und der Beschaffenheit der Leitung voraus, die notwendigen und ihr im Rahmen ihrer Unterhaltslast obliegenden Maßnahmen zur Erneuerung der Hausanschlussleitung ergreift. In diesem Fall hätte sich das für Fälle der bestehenden Anschlussverhältnisse ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit einer Reparatur- oder Erneuerungsmaßnahme verwirklicht. Die Beklagten hätten den Zählerschacht zu setzen.

Die insoweit von den Beklagten hilfsweise beantragte Zug-um-Zug-Verurteilung war jedoch – nach etwaig hierfür erforderlicher Beweisaufnahme – nicht zu bescheiden, da Klageabweisung insgesamt erfolgt. Hierfür wäre eine unmittelbar bevorstehende Havarie oder vergleichbare Gefährdung erforderlich, die selbst nach dem Klägervortrag nicht ersichtlich ist.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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