AG Darmstadt, Az.: 308 C 52/14, Urteil vom 10.06.2015
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 351,18 nebst Zinsen i.H.v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 24.01.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten i.H.v. EUR 70,20 freizustellen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Berufung gegen das Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Auf die Darstellung eins Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf weiteren Schadensersatz i.H.v. EUR 351,18 aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignisses vom 23.12.2011 in Darmstadt gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG.
Die Klägerin kann vorliegend die im Sachverständigengutachten der H-Gruppe vom 16.10.2013 kalkulierten Reparaturkosten auch hinsichtlich der Verbringungskosten, der Ersatzteilaufschläge und der Lackierkosten als Schadensersatz geltend machen. Die im Gutachten angesetzten Verbringungskosten und UPE-Aufschläge sind zu ersetzen, wenn diese bei einer Reparatur in einer (regionalen) markengebundenen Fachwerkstatt üblicherweise anfallen (Palandt-Grüneberg, Bürgerliches Gesetzbuch, 74. Auflage, § 249, Rn. 14).
Der Sachverständige S hat in seinem gut nachvollziehbaren, plausiblen und schlüssigen Sachverständigengutachten vom 20.02.2015 ausgeführt, dass es im Großraum Bad-Homburg (Sitz der Klägerin) nicht unüblich ist, Verbringungskosten und auch Ersatzteilpreisaufschläge in den jeweiligen Instandsetzungsrechnungen aufzunehmen. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass z.B. die Renault Betriebe Autohaus Bauer in Ober-Ursel und das Autohaus Weil in Friedrichsdorf sowohl Ersatzteilpreisaufschläge als auch Verbringungskosten berechnen, ebenso berechnen die im Großraum Bad-Homburg ansässigen Betriebe (BMW, Audi, VW und Opel) Ersatzteilpreisaufschläge und auch Verbringungskosten. Es gibt auch markenungebundene Karosseriebetriebe, welche keine Ersatzteilpreisaufschläge und keine Verbringungskosten berechnen. Vorliegend muss sich die Klägerin jedoch nicht auf eine freie und markenungebundene Werkstatt verweisen lassen. Das Fahrzeug der Klägerin war zum Unfallzeitpunkt nicht älter als 3 Jahre, das Fahrzeug wurde erstmals am 23.12.2011 zugelassen, der Unfall ereignete sich am 05.09.2013.
Ferner sind auch die Lackierkosten anzusetzen. Aus dem Gutachten der H-Gruppe vom 16.10.2013 ergibt sich, dass der Aufprallquerträger vorne lackiert werden soll. Der Sachverständige S hat nachvollziehbar ausgeführt, dass es bei einer Beschädigung des Stoßfängers im Bereich der rechten vorderen Ecke auch nachvollziehbar ist, dass der unter dem Stoßfänger befindliche Aufprallträger in diesem Bereich ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurde, weshalb eine Erneuerung notwendig ist. Die Erneuerung des Aufprallträgers zieht unmittelbar auch die Lackierung des Aufprallträgers nach sich. Der Sachverständige S hat Reparaturkosten i.H.v. netto EUR 1.087,32 kalkuliert.
Soweit die Beklagte einwendet, der Stoßfänger sei im Originalzustand nicht lackiert gewesen, ist zu berücksichtigen, dass die Lackierungskosten vorliegend den Aufprallquerträger betreffen.
Zwar wurde durch den streitgegenständlichen Unfall die Stoßstange nur auf der Beifahrerseite beschädigt, es bestand offensichtlich bereits eine weitere Beschädigung der Stoßstange. Nach Auffassung des Gerichts begründet jedoch der Ersatz einer vorgeschädigten Stoßstange durch eine neue Stoßstange keine Wertverbesserung, die vorliegend in Abzug zu bringen ist. Grundsätzlich ist zwar eine durch die Wiederherstellung bedingte Werterhöhung, die sich für den Geschädigten wirtschaftlich günstig auswirkt, im Rahmen des Zumutbaren anzurechnen. Ein Vorteil liegt für die Klägerin darin, dass sie im Zuge der Schadensbehebung für eine vorgeschädigte Stoßstange die Ersatzkosten für eine neue Stoßstange erhält. Es ist jedoch entscheidend, ob der Vorteil für den Geschädigten individuell nützlich ist. Hier war es jedoch zu berücksichtigen, dass eine neue Stoßstange an sich keine höhere Lebensdauer als die vorhandene Stoßstange aufweist, sie erhöht auch nicht die Lebensdauer des Fahrzeugs insgesamt oder erspart Aufwendung, die zur Instandhaltung notwendig sind. Eine Stoßstange ist auch kein Verschleißteil, das sich bei jeder Fahrt abnutzt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Stoßstange wie sonstige Karosserieteile an der Alterung des Fahrzeuges selbst teilgenommen hätte. Dass sie durch Unfälle weiter beschädigt werden kann, stellt keinen Verschleiß dar, dem eine neue Stoßstange entgegenwirken würde. Aufwendungen für zukünftige Instandhaltungen erspart die Klägerin dadurch nicht, es ist auch nicht zu erkennen, dass sich die Wertverbesserung anderweitig im Vermögen der Klägerin niederschlägt und das Fahrzeug durch eine neue Stoßstange im Wert steigt (hierzu auch AG Hamburg-Wandsbeck, Urteil vom 20.12.2007, Az.: 713D C 74/07, Schaden-Praxis 2008, 188-189, zitiert nach juris).
Ferner ist es unerheblich, ob die Klägerin das Fahrzeug reparieren ließ. Von der Klägerin ist weder nachzuweisen, dass das Fahrzeug repariert wurde, noch der Nachweis zu führen, auf welche Weise und in welchem Umfang die Reparatur durchgeführt wurde. Vielmehr kann sich die Klägerin mit der Vorlage des Gutachtens begnügen, dieses ist, soweit keine Anhaltspunkte für gravierende Mängel bestehen, eine ausreichende Grundlage, den Schaden zu schätzen (BGH, Urteil vom 20.06.1989, Az.: VI ZR 334/88, zitiert nach juris). Gravierende Mängel des Gutachtens sind nicht ersichtlich.
Ferner hat die Klägerin einen Anspruch auf Freistellung hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die Schadensersatzpflicht erstreckt sich auch auf die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruches verursachten Kosten, mithin auch auf die Rechtsanwaltskosten.
Die Nebenentscheidung folgt aus §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Soweit die Klägerin hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nunmehr Freistellung und nicht mehr Zahlung begehrt, wirkt sich dies kostenmäßig nicht aus.
Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung gegen das Urteil war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.