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Wegfall Sachverständigenvergütungsanspruch bei Befangenheit des Sachverständigen

LG Osnabrück, Az.: 7 OH 10/12, Beschluss vom 10.06.2015

1.) Auf Antrag der Staatskasse wird die Entschädigung des Sachverständigen … auf 3.165,75 € festgesetzt.

2.) Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Das Landgericht Osnabrück bestimmte durch Beschluss vom 15.03.2012 Herrn … zum Sachverständigen im hiesigen selbständigen Beweisverfahren. Der Sachverständige erstattete zunächst das Gutachten vom 18.06.2012 und erhielt dafür eine Vergütung in Höhe von 2.492,51 €. Gemäß der Beweisbeschlüsse vom 11.10.2013 und 12.11.2013 erstattete der Sachverständige sodann unter dem 07.12.2013 ein Ergänzungsgutachten, wofür er eine weitere Vergütung in Höhe von 673,24 € erhielt.

Mit Schreiben vom 27.01.2014 lehnte die Antragsgegnerin zu 1.) den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 27.02.2014 für unbegründet erklärt. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin zu 1.) erklärte das OLG Oldenburg das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 07.05.2015 für begründet.

Mit Schreiben vom 08.04.2015 beantragte die Antragstellerin die Feststellung, dass der Anspruch des Sachverständigen auf Vergütung entfallen sei. Der hierzu angehörte Bezirksrevisor beantragte im Rahmen seiner Stellungnahme vom 11.05.2015 die gerichtliche Festsetzung der bereits ausgezahlten Vergütung des Sachverständigen gem. § 4 JVEG.

II.

Die Vergütung des Sachverständigen ist gem. § 4 Abs. 1 JVEG in der vom 01.09.2009 bis 31.10.2012 gültigen Fassung auf 3.165,75 € festzusetzen.

Über den Antrag des Bezirksrevisors als Vertreter der Staatskasse auf Festsetzung der Sachverständigenvergütung ist durch gerichtlichen Beschluss zu entscheiden; zuständig ist das Gericht, von dem der Sachverständige herangezogen wurde (§ 4Abs. 1 S. 1,2 Nr. 1 JVEG).

Dem Sachverständigen steht ein Anspruch auf die Vergütung seiner Tätigkeit in der gewährten Höhe für die erstatteten Gutachten gem. §§ 8, 9 JVEG zu. Der Anspruch auf Vergütung entfällt vorliegend auch nicht deshalb, weil der Sachverständige durch Beschluss des OLG Oldenburg vom 07.05.2014 für befangen erklärt wurde.

Die Tatsache, dass ein Sachverständiger mit Erfolg abgelehnt und das von ihm erstattete Gutachten dadurch unverwertbar wird, macht den Vergütungsanspruch des Sachverständigen allein nicht hinfällig.

Bereits vor Inkrafttreten des § 8a JVEG am 01.08.2013 war anerkannt, dass die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit nur dann den Verlust der Vergütung rechtfertigen kann, wenn der Sachverständige die Ablehnung grob fahrlässig oder durch bewusste Pflichtwidrigkeit herbeigeführt hat. Der Sachverständige verliert seinen Vergütungsanspruch, wenn die auf einem erfolgreichen Befangenheitsantrag beruhende Unverwertbarkeit seines Gutachtens durch grobe Fahrlässigkeit des Sachverständigen verursacht wurde. Das setzt voraus, dass der Sachverständige die erforderliche Sorgfalt nach den Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und das unbeachtet gelassen hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 08.09.2011, 8 U 2204/08, Rn. 36; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.06.2014, 14 W 334/14, Rn. 2 m.w.N., jeweils zitiert nach juris). Dabei muss im Verfahren nach § 4 JVEG ein den Vergütungsanspruch ausschließendes grob fahrlässiges Verhalten des Sachverständigen positiv festgestellt werden, wobei die Feststellungslast dafür die Staatskasse trifft. Anders als im Ablehnungsverfahren, in dem der Ablehnungsgrund lediglich glaubhaft gemacht zu werden braucht, kann dem Sachverständigen der Entschädigungsanspruch nur genommen werden, wenn ein die Erfüllung seiner Gutachtertätigkeit unmöglich machendes Verhalten des Sachverständigen bewiesen ist (OLG Nürnberg, a.a.O., Rn. 41 f.).

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs lässt sich ein grob fahrlässiges Verhalten des Sachverständigen vorliegend nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen. Zwar folgt aus dem Beschluss des OLG Oldenburg vom 07.05.2014, dass dem Sachverständigen Nachlässigkeiten und Versäumnisse vorzuwerfen sind. Im Ergebnis wird die Besorgnis der Befangenheit darauf gestützt, dass der Sachverständige über die ihm gestellten Beweisfragen hinaus Ausführungen zu Rechtsfragen gemacht habe, dem Gutachten eine eingehende Auseinandersetzung mit den von der Antragsgegnerin zu 1.) dargelegten Reserveursachen für die Betriebsstörungen nicht zu entnehmen sei und die pauschalierten Aussagen hinsichtlich der Fähigkeiten der Antragsgegnerinnen zu 1.) und 2.) durch keine der Beweisfragen veranlasst gewesen seien. Allerdings stellt auch das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung darauf ab, dass die aufgeführten Umstände „zumindest in ihrer Summe“ geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Insofern wurde der Befangenheitsausspruch am Ende nicht mit gänzlich unvertretbaren Verfehlungen, sondern lediglich mit einem aus der Sicht der Antragsgegnerin zu 1.) möglichen Misstrauen begründet; maßgeblich war zudem eine summarische Betrachtung mehrerer Umstände. Hinzu kommt insoweit auch, dass das Befangenheitsgesuch der Antragsgegnerin zu 1.) zunächst nicht nur von der Antragsgegnerin zu 2.), sondern auch von der Antragstellerin sowie letztlich auch vom Landgericht als unbegründet erachtet wurde. Einen Rückschluss auf eine eklatante, für den Sachverständigen ohne weiteres augenfällige Pflichtverletzung bzw. darauf, dass der Sachverständige das unbeachtet gelassen hat, was jedem hätte einleuchten müssen, tragen diese Umstände gerade nicht.

Schließlich hat der Sachverständige in seinen Schreiben vom 04.02.2014 (Bl. 292 f. Bd. II d.A.) und vom 21.04.2015 (Bl. 33 ff. Bd. III d.A.) erklärt, dass er im Rahmen seiner Gutachten nicht die Kompetenz der Antragsgegnerin zu 1.) generell habe in Frage stellen wollen. Zwar hat der Sachverständige Formulierungen zu vermeiden, die ein subjektives Misstrauen einer Partei in seine Unparteilichkeit rechtfertigen können, was vorliegend nicht beachtet wurde. Allerdings kann nicht bereits jede ungeschickte Formulierung, die zur erfolgreichen Ablehnung des Sachverständigen führt, eine Entziehung der Vergütung rechtfertigen. Insbesondere wenn, wie vorliegend, letztlich eine Gesamtbetrachtung aller Umstände zu einer Ablehnung wegen Befangenheit führt, kann allein die Wahl einer ungeschickten, jedoch nach Angabe des Sachverständigen so nicht gemeinten Formulierung, die letztlich auf dem Gesamtkontext der Begutachtung beruht und Ausdruck des Ergebnisses, nicht der Voraussetzungen der Begutachtung sein sollte, nicht genügen, um ein grob fahrlässiges Verhalten zu begründen.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen kann jedenfalls nicht positiv festgestellt werden, dass dem Sachverständigen ein gravierender subjektiver Vorwurf gemacht werden kann. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der Parteien. Da der Verlust des Vergütungsanspruchs Ausnahmecharakter hat, kann er nur unter gesicherten Voraussetzungen stattfinden (vgl. OLG Koblenz, a.a.O., Rn. 4).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 2 Abs. 8 JVEG.

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