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Vorbeifahren an stehendem Fahrzeug – allgemeines Gebot der Gefährdungsvermeidung

Das Landgericht Saarbrücken hat in seinem Urteil vom 15.02.2024 entschieden, dass ein Verkehrsunfall durch Verursachungsbeiträge beider Seiten verursacht wurde, wobei die Beklagte mit 80% haftet. Die Fahrerin des anderen Autos hätte die Zeugin sehen und sich auf die Situation einstellen können, während die Klägerin ihre Sorgfaltspflicht verletzt hatte.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 13 S 28/23

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Der Unfall wurde durch Verursachungsbeiträge beider Seiten mitverursacht.
  2. Die Zeugin verletzte ihre Sorgfaltspflichten nach § 14 Abs. 1 StVO, da sie länger als nötig die Fahrzeugtür offen ließ und nicht schnell genug die Fahrbahn verließ.
  3. Die Beklagte verletzte das Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 1 Abs. 2 StVO, indem sie mit einem zu geringen Seitenabstand von 69 cm am klägerischen Fahrzeug vorbeifuhr.
  4. Der Verkehrsverstoß der Beklagten, den zu geringen Seitenabstand einzuhalten, überwog den Pflichtverstoß der Zeugin.
  5. Eine Haftungsquote von 80% zu Lasten der Beklagten wurde als angemessen erachtet.
  6. Die Klägerseite haftet lediglich aufgrund der Betriebsgefahr.
  7. Das Gericht sah die Aussage der Zeugin als glaubwürdig an.
  8. Die Beklagte war durch Unaufmerksamkeit abgelenkt und hat die Zeugin übersehen.

Vorbeifahren an stehendem Fahrzeug: Sicherheitsabstand und Rücksichtnahme gefordert

Vorbeifahrt an parkenden Autos: Haftung bei Verkehrsunfällen
Beim Vorbeifahren an geparkten Autos müssen Fahrer besondere Vorsicht walten lassen, um Unfälle und Schäden zu vermeiden. (Symbolfoto: alexfan32 /Shutterstock.com)

Als Verkehrsteilnehmer sind wir alle tagtäglich mit verschiedenen Situationen konfrontiert, die unser Können und unsere Aufmerksamkeit erfordern. Eine dieser Situationen ist das Vorbeifahren an einem stehenden Fahrzeug am Straßenrand. Dieses Manöver erfordert besondere Vorsicht und Rücksichtnahme, um Unfälle und Schäden zu vermeiden.

Das allgemeine Gebot der Gefährdungsvermeidung nach der Straßenverkehrsordnung verpflichtet Autofahrer, beim Vorbeifahren an geparkten Autos einen ausreichenden Sicherheitsabstand einzuhalten. Nur so können plötzliche Türöffnungen oder das unerwartete Aussteigen von Fahrzeuginsassen rechtzeitig erkannt und Kollisionen vermieden werden.

Die Rechtsprechung hat in zahlreichen Urteilen die Sorgfaltspflichten der Verkehrsteilnehmer in solchen Situationen präzisiert. Dabei geht es nicht nur um den nötigen Abstand, sondern auch um die Rücksichtnahme auf andere und die Beachtung der allgemeinen Regeln der Straßenverkehrsordnung. Im Folgenden soll ein aktuelles Gerichtsurteil zu diesem Thema näher beleuchtet werden.

Der Fall vor dem Landgericht Saarbrücken im Detail

Unsichere Vorbeifahrt an parkenden Fahrzeugen

Im vorliegenden Fall befasste sich das Landgericht Saarbrücken mit einem Verkehrsunfall, der sich im Juli 2021 in der saarländischen Gemeinde ereignete. Die Klägerin hatte ihr Fahrzeug am Straßenrand vor einer Sparkassenfiliale geparkt und war gerade dabei, auf der Fahrerseite auszusteigen, als ein vorbeifahrendes Auto die geöffnete Fahrertür streifte und beschädigte. Der Kläger, der Halter des beschädigten Fahrzeugs, machte daraufhin Schadensersatzansprüche gegen die Fahrerin des anderen Autos und deren Kfz-Haftpflichtversicherung geltend. Es entstand eine rechtliche Auseinandersetzung darüber, wer für den Unfall verantwortlich war und wer die Kosten für den entstandenen Schaden tragen musste.

Der Kläger argumentierte, dass die Beklagte zu dicht an seinem Fahrzeug vorbeigefahren sei und den Unfall verursacht habe. Die Beklagte hingegen behauptete, sie sei mit angemessener Geschwindigkeit und ausreichendem Abstand vorbeigefahren und die Zeugin habe die Fahrertür geöffnet, ohne auf den Verkehr zu achten.

Abwägung der Verursachungsbeiträge und Haftungsverteilung

Das Landgericht Saarbrücken entschied in seinem Urteil vom 15.02.2024, dass der Unfall durch Verursachungsbeiträge beider Seiten verursacht wurde. Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte hatten gegen Sorgfaltspflichten der Straßenverkehrsordnung verstoßen.

Das Gericht stellte fest, dass die Zeugin ihre Sorgfaltspflicht nach § 14 Abs. 1 StVO verletzt hatte. Nach dieser Vorschrift muss sich, wer ein- oder aussteigt, so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Zeugin hatte die Fahrzeugtür länger als nötig offen gelassen und die Fahrbahn nicht schnellstmöglich verlassen.

Gleichzeitig befand das Gericht, dass die Beklagte beim Vorbeifahren am parkenden Fahrzeug das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme gemäß § 1 Abs. 2 StVO missachtet und keinen ausreichenden Seitenabstand eingehalten hatte. Ein Seitenabstand von unter 1 Meter ist nicht ausreichend, wenn eine Person in der geöffneten Fahrzeugtür steht und jederzeit mit einem weiteren Öffnen der Tür gerechnet werden muss.

Verkehrsverstoß und Haftungsquote

Das Landgericht wog die Verursachungsbeiträge beider Seiten gegeneinander ab und kam zu dem Schluss, dass der Verkehrsverstoß der Beklagten schwerer wiegt als der der Klägerin. Die Beklagte hätte die Zeugin sehen und sich auf die Situation einstellen können, da die Straße gut einsehbar war und der Aussteigevorgang bereits einige Sekunden andauerte. Die Haftung der Klägerseite wurde daher auf die Betriebsgefahr beschränkt. Die Beklagte wurde zu einer Haftungsquote von 80% verurteilt und musste dem Kläger den entsprechenden Anteil des entstandenen Schadens ersetzen.

Beweiswürdigung und Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen

Die Entscheidung des Gerichts beruhte auf einer sorgfältigen Beweiswürdigung, insbesondere der Aussagen der beteiligten Zeugen.

Die Kammer schenkte der Aussage der Zeugin Glauben und war davon überzeugt, dass sie sich während der Suche nach ihrer Handtasche in der geöffneten Fahrzeugtür befand. Die Aussage der Beklagten, die die Zeugin vor dem Unfall nicht wahrgenommen hatte, deutete auf Unaufmerksamkeit hin. Die Beklagte hatte ausgesagt, zuvor auf die Uhr geschaut zu haben. Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der Beklagten in erster und zweiter Instanz sah das Gericht deren Angaben zum Unfallhergang als nicht glaubwürdig an.

✔ FAQ zum Thema: Verkehrsregeln und Haftung


Welche Pflichten haben Fahrer beim Vorbeifahren an parkenden Fahrzeugen?

Beim Vorbeifahren an parkenden Fahrzeugen müssen Autofahrer nach dem allgemeinen Gebot der Gefährdungsvermeidung aus § 1 Abs. 2 StVO einen angemessenen Seitenabstand einhalten. Grundsätzlich reicht zwar ein Seitenabstand von ca. 50 cm eines vorbeifahrenden Pkw zu einem geparkten Pkw aus. Ein Seitenabstand von unter 1 m genügt jedoch dann nicht, wenn auf dem Seitenstreifen neben der Fahrbahn ein Pkw mit geöffneter Fahrzeugtür steht und jederzeit mit einem weiteren Öffnen der Tür zu rechnen ist.

Autofahrer müssen beim Vorbeifahren an parkenden Fahrzeugen stets mit dem plötzlichen Öffnen von Fahrzeugtüren und dem Ein- oder Aussteigen von Personen rechnen. Daher ist neben einem ausreichenden Seitenabstand auch eine erhöhte Aufmerksamkeit und angepasste Geschwindigkeit erforderlich. Wer an einem stehenden Fahrzeug vorbeifährt, muss nach dem allgemeinen Gebot der Gefährdungsvermeidung aus § 1 Abs. 2 StVO einen angemessenen Seitenabstand einhalten.


Was ist unter dem Gebot der Rücksichtnahme im Straßenverkehr zu verstehen?

Das Gebot der Rücksichtnahme im Straßenverkehr ist in § 1 Abs. 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) verankert. Demnach hat sich jeder Verkehrsteilnehmer so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird.

Dieses Rücksichtnahmegebot gilt für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen, also für Autofahrer, Radfahrer, Fußgänger usw. Es ist eine der wichtigsten Grundregeln für ein sicheres Miteinander im Straßenverkehr.

Konkret bedeutet dies beispielsweise, dass man seine Geschwindigkeit und Fahrweise immer so anpassen muss, dass man niemanden gefährdet. Auch beim Überholen oder Vorbeifahren an anderen Verkehrsteilnehmern muss ein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten werden. Fußgänger und Radfahrer dürfen nicht behindert oder gar genötigt werden.

Das Rücksichtnahmegebot erfordert vorausschauendes und defensives Fahren sowie ständige Vorsicht. Es reicht nicht aus, sich selbst verkehrsgerecht zu verhalten. Man muss immer auch mit Fehlern anderer Verkehrsteilnehmer rechnen und darauf gefasst sein.

Verstöße gegen § 1 Abs. 2 StVO können als Gefährdung des Straßenverkehrs geahndet werden und Bußgelder, Punkte oder sogar Fahrverbote nach sich ziehen. Bei Unfällen kann eine Missachtung des Rücksichtnahmegebots zu einer Mithaftung führen, selbst wenn man ansonsten Vorfahrt hatte.


Wie wird die Haftungsverteilung bei Unfällen zwischen aussteigenden Personen und vorbeifahrenden Fahrzeugen bestimmt?

Bei Unfällen zwischen aussteigenden Personen und vorbeifahrenden Fahrzeugen auf Parkplätzen oder Straßen wird die Haftungsverteilung anhand der Sorgfaltspflichten beider Parteien bestimmt. Grundsätzlich trifft den Aussteigenden eine besondere Sorgfaltspflicht, sich vor dem Öffnen der Tür zu vergewissern, dass kein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet wird. Der fließende Verkehr hat dabei Vorrang.

Allerdings muss auch der Vorbeifahrende mit geöffneten Türen und Ein-/Aussteigenden rechnen und besondere Vorsicht walten lassen. An die Sorgfalt beider Parteien sind hohe Anforderungen zu stellen, so dass bei einer Kollision oft eine hälftige Haftung (50:50) angemessen ist.

Weitere Faktoren wie der Abstand des Vorbeifahrenden, die Öffnungsweite der Tür und ob es sich um einen öffentlichen Parkplatz handelt, fließen in die Bewertung der Haftungsquoten ein. Eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung des Vorbeifahrenden kann dessen Haftungsanteil erhöhen.

Insgesamt liegt die Hauptverantwortung meist beim Aussteigenden, der durch sorgfältiges Türöffnen Unfälle vermeiden muss. Der Vorbeifahrende trägt eine Mitschuld, wenn er nicht genügend Abstand hält und unangepasst schnell fährt.


Welche Rolle spielt der Sicherheitsabstand beim Vorbeifahren an offenen Fahrzeugtüren?

Beim Vorbeifahren an geöffneten Fahrzeugtüren spielt der Sicherheitsabstand eine entscheidende Rolle. Laut § 14 StVO muss man sich beim Ein- und Aussteigen so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies erfordert ein Höchstmaß an Sorgfalt seitens der Aussteigenden.

Gleichzeitig haben aber auch die vorbeifahrenden Fahrzeuge die Pflicht, einen ausreichenden Sicherheitsabstand einzuhalten. An einer erkennbar geöffneten Autotür muss man mit einem Abstand von mindestens einem Meter vorbeifahren. Hält man diesen Abstand nicht ein und kommt es zu einer Kollision, droht bei einem Unfall die alleinige Haftung für den entstandenen Schaden.

Gerichte sehen bei einem zu geringen Seitenabstand unter einem Meter eine Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht nach § 1 Abs. 2 StVO. Der Vorbeifahrende muss stets damit rechnen, dass sich Türen öffnen könnten und Personen ein- oder aussteigen.

Nur wenn beide Seiten – Ein-/Aussteigende und Vorbeifahrende – die gebotene Sorgfalt walten lassen, können Kollisionen und damit Sach- und Personenschäden vermieden werden. Der Sicherheitsabstand ist dabei ein zentraler Faktor für die Verkehrssicherheit in solchen Situationen.


Wie verhalten sich die Sorgfaltspflichten von Ein- und Aussteigenden nach der Straßenverkehrsordnung?

Nach § 14 Abs. 1 StVO muss sich jeder Verkehrsteilnehmer beim Ein- oder Aussteigen aus dem Fahrzeug so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dies gilt für die gesamte Dauer des Ein- oder Aussteigevorgangs, also bis die Fahrzeugtür geschlossen und die Fahrbahn verlassen wurde.

Der Ein- bzw. Aussteigende hat den fließenden Verkehr zu beachten und muss diesen durch Rückspiegel oder Fenster beobachten. Er muss warten, bis sich nahende Verkehrsteilnehmer das Fahrzeug passiert haben, bevor er ein- oder aussteigt. Insbesondere muss er auch auf Radfahrer achten, die oft mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sind und schnell die Tür erreichen können.

Kommt es zu einem Unfall, weil diese Sorgfaltspflichten verletzt wurden, spricht der Anscheinsbeweis zunächst für eine Haftung des Ein- oder Aussteigenden. Er muss dann darlegen und beweisen, dass eine andere Ursache zum Unfall geführt hat.

Allerdings treffen auch die anderen Verkehrsteilnehmer Sorgfaltspflichten. Sie müssen einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu parkenden Fahrzeugen einhalten und stets bremsbereit sein. Die Rechtsprechung sieht hier mindestens einen Meter als erforderlich an. Hält ein Vorbeifahrender diesen Abstand nicht ein und kommt es zur Kollision, droht ihm eine Mithaftung oder sogar die Alleinhaftung.

Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten beim Ein- und Aussteigen können mit Bußgeldern zwischen 40 und 50 Euro geahndet werden. Bei Unfällen drohen zudem zivilrechtliche Schadensersatzforderungen.


Wie wird in einem Verkehrsunfallprozess die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen bewertet?

In einem Verkehrsunfallprozess spielt die Bewertung der Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen eine entscheidende Rolle. Dabei wird zwischen der Glaubhaftigkeit der konkreten Aussage und der allgemeinen Glaubwürdigkeit des Zeugen als Person unterschieden.

Die Glaubhaftigkeit bezieht sich auf den Inhalt und die Qualität der Aussage selbst. Wichtige Kriterien sind hier Detailgenauigkeit, Widerspruchsfreiheit, Konstanz bei wiederholter Befragung sowie die Plausibilität und Wirklichkeitsnähe des geschilderten Geschehens. Auch eine lebendige, anschauliche Erzählweise kann die Glaubhaftigkeit erhöhen.

Die persönliche Glaubwürdigkeit des Zeugen hat demgegenüber nur eine unterstützende Funktion. Faktoren wie der Leumund, die Persönlichkeit und Stellung des Zeugen spielen heute eine geringere Rolle als früher. Dennoch fließen Aspekte wie die Beziehung der Beteiligten, mögliche Motive für eine Falschaussage und der persönliche Eindruck des Zeugen vor Gericht in die Bewertung mit ein.

Letztlich muss das Gericht in der Gesamtschau aller Umstände entscheiden, ob es die Aussage eines Zeugen für glaubhaft hält. Dabei kommt es maßgeblich auf die freie richterliche Beweiswürdigung an. In Zweifelsfällen, wenn die Entscheidung allein von einer bestimmten Zeugenaussage abhängt, kann das Gericht ein aussagepsychologisches Glaubhaftigkeitsgutachten einholen. Dieses untersucht anhand festgelegter Kriterien, ob die Aussage einen Erlebnisbezug aufweist oder Merkmale einer Falschaussage trägt.

Für Zeugen ist es daher wichtig, möglichst genau und konstant auszusagen und auch bei Unsicherheiten ehrlich zu bleiben. Nur so können sie zu einer zutreffenden Sachverhaltsaufklärung und einem fairen Urteil beitragen.



§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 14 Abs. 1 StVO (Straßenverkehrs-Ordnung): Regelt die Sorgfaltspflichten beim Ein- und Aussteigen aus einem Fahrzeug. Jeder, der ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. In diesem Fall spielte die Regelung eine zentrale Rolle, da der Unfall beim Aussteigen der Zeugin aus dem Fahrzeug geschah und sie offenbar die Fahrzeugtür geöffnet hatte, ohne den rückwärtigen Verkehr zu beachten.
  • § 1 Abs. 2 StVO: Fordert von allen Verkehrsteilnehmern Rücksichtnahme. Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift führte dazu, dass das Gericht einen Verstoß gegen das Gebot der Gefährdungsvermeidung sah, weil die Beklagte zu 2) einen zu geringen Seitenabstand beim Vorbeifahren einhielt.
  • § 7 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Besagt, dass der Halter eines Fahrzeugs für Schäden haftet, die beim Betrieb des Fahrzeugs entstehen. Dieser Paragraph war relevant, da beide Fahrzeuge beim Unfall beteiligt waren und somit die Halterhaftung zum Tragen kam.
  • § 17 StVG: Bestimmt die Haftungsverteilung bei Unfällen, wenn mehrere Fahrzeuge beteiligt sind. Die Haftung ist abhängig davon, inwieweit der Schaden jeweils durch das Verhalten der beteiligten Fahrzeughalter verursacht worden ist. In diesem Fall wurde eine Haftungsquote festgelegt, die die Verursachungsbeiträge beider Seiten berücksichtigt.
  • § 115 VVG (Versicherungsvertragsgesetz): Regelt Ansprüche gegen Versicherungen bei Verkehrsunfällen. Da das Fahrzeug der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert war, spielte dieser Paragraph eine Rolle in der Regulierung der Schadensansprüche.

Diese Gesetze und Vorschriften bildeten die Grundlage für das Gericht, um zu entscheiden, wie Verantwortlichkeiten und Schadensersatzansprüche im Rahmen des Unfalls zwischen den beteiligten Parteien verteilt wurden. Der Fall illustriert die Bedeutung der Einhaltung der Straßenverkehrsordnung und der entsprechenden Haftungsregeln im deutschen Verkehrsrecht.


➜ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Saarbrücken

LG Saarbrücken – Az.: 13 S 28/23 – Urteil vom 15.02.2024

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Saarbrücken vom 16.03.2023 – 36 C 378/21 (12) – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:

a) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.532,42 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.09.2021 zu zahlen.

b) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 280,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.08.2021 zu zahlen.

c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 20% und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 80%.

3. Das Berufungsurteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 14.07.2021 geltend.

Die Zeugin — hielt mit dem Fahrzeug des Klägers in der — in — am Straßenrand vor der Sparkassenfiliale an. Die Beklagte zu 2) befuhr mit dem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Fahrzeug die — in gleicher Richtung. Während die Zeugin — auf der Fahrerseite aus dem Fahrzeug ausstieg, kam es zu einer Kollision.

Der Kläger hat behauptet, die Zeugin — habe sich zunächst nach Rückschau in den linken Außenspiegel versichert, dass sich von hinten kein Fahrzeug nähere. Da die Straße frei gewesen sei, sei sie aus dem Fahrzeug ausgestiegen. Sie habe sich zum Zeitpunkt der Kollision bereits außerhalb des Fahrzeugs befunden, habe in der halb geöffneten Tür gestanden und sei dabei gewesen, ihre Handtasche aus dem Fahrzeug zu nehmen. Die Beklagte zu 2) sei zu dicht vorbeigefahren und habe dabei die Fahrertür des klägerischen Fahrzeugs beschädigt. Hierdurch sei ein Reparaturschaden am klägerischen Fahrzeug in Höhe von 1.386,82 Euro netto entstanden. Zudem stünden ihm Sachverständigenkosten in Höhe von 521,82 Euro – Diese Forderung wurde während des erstinstanzlichen Rechtsstreits unstreitig mit Schreiben vom 11.01.2022 an den Kläger zurückabgetreten (siehe Bl. 184 d.A.). – sowie eine Nebenkostenpauschale von 26,00 Euro zu.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 1.934,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.09.2021 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 280,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.08.2021 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet, die Beklagte zu 2) sei mit angemessener Geschwindigkeit in einem Abstand von 80 cm bis 1 m am Fahrzeug des Klägers vorbeigefahren. Als sich das Fahrzeug der Beklagten auf gleicher Höhe mit dem klägerischen Fahrzeug befunden habe, habe die Zeugin — die Tür geöffnet, ohne auf den herannahenden Verkehr zu achten. Die Beklagte zu 2) habe den Unfall nicht mehr verhindern können.

Hinsichtlich der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht Saarbrücken hat die Klage abgewiesen. Die Zeugin — habe gegen die sie treffenden Sorgfaltsanforderungen gemäß § 14 StVO verstoßen. Wenn diese gerade im Moment der Vorbeifahrt der Beklagten zu 2) ihre Fahrzeugtür geöffnet habe, liege ein Verstoß gegen § 14 StVO darin, dass sie den rückwärtigen Verkehr nicht beachtet habe. Auch unter der Annahme der eigenen Angaben der Zeugin —, nach denen sie das Fahrzeug verlassen habe und noch in der geöffneten Fahrzeugtür gestanden habe, um etwas aus dem Auto zu nehmen, sei ein Verstoß gegen § 14 StVO zu bejahen. Der Unfall sei dann in dem Zeitrahmen, in dem die Zeugin — noch die besonderen Pflichten nach § 14 StVO getroffen haben, erfolgt. Ein Pflichtverstoß der Beklagten zu 2) nach §§ 1, 3, 4 StVO sei dagegen nicht bewiesen. Es sei insbesondere nicht bewiesen, dass die Beklagte zu 2) das Fahrzeug des Klägers passiert habe, als die Tür bereits geöffnet und sie deshalb zu besonderer Sorgfalt nach § 1 StVO aufgefordert gewesen sei. Die Beklagte zu 2) habe bestätigt, dass sie das Fahrzeug nicht wahrgenommen habe, und der Sachverständige habe aus technischer Sicht nicht rekonstruieren können, ob die Tür bei der Kollision bereits geöffnet gewesen sei oder deren Öffnung erst währenddessen erfolgt sei. Aufgrund der festgestellten Geschwindigkeit von 40 km/h stehe auch keine Geschwindigkeitsüberschreitung fest. Ebenso sei ein zu geringer Seitenabstand nicht bewiesen. Zwar sei die Beklagte zu 2) nur mit einem Abstand von 69 cm an dem parkenden Fahrzeug vorbeigefahren. Dies genüge jedoch in der vorliegenden Situation. Im Rahmen der Abwägung trete sodann die Betriebsgefahr auf Beklagtenseite zurück.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren vollumfänglich weiter. Das Gericht habe sich nicht hinreichend mit der Aussage der Zeugin — auseinandergesetzt. Dieser Aussage sei kein Glauben geschenkt worden, ohne dass ihre Unglaubwürdigkeit festgestellt worden sei. Hinzu komme, dass die Beklagte zu 2) selbst ausgesagt habe, dass sie gerade auf die Uhr in der Mittelkonsole geschaut und dann einen Knall gehört habe, den sie nicht habe zuordnen können. Mithin habe diese gar keine Aussage dazu treffen können, ob die Tür geöffnet gewesen sei oder nicht. Im Übrigen sei ein Seitenabstand von 69 cm deutlich zu gering, wenn sich eine ausgestiegene Person in der Tür befinde.

Der Kläger beantragt, das am 16.03.2023 verkündete Urteil und am 20.03.2023 zugestellte Urteil des Amtsgerichtes Saarbrücken mit dem Aktenzeichen 36 C 378/21 (12) zu ändern und der Klage stattzugeben.

Die Beklagten beantragen, die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Zulasten der Klägerseite streite schon der Anscheinsbeweis.

II.

Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, sie ist mithin zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.

1. Zu Recht ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass sowohl die Kläger- als auch die Beklagtenseite grundsätzlich für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gemäß § 7, § 17 Abs. 1 und 2 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG einzustehen haben, weil die Unfallschäden jeweils bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG darstellt. Dies wird durch die Berufung auch nicht angegriffen.

2. Ferner ist die Erstrichterin zutreffend davon ausgegangen, dass im Verhältnis der Fahrzeughalter untereinander die Ersatzverpflichtung davon abhängt, inwieweit der Schaden von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 17 Abs. 1 und 2 StVG).

3. Das Amtsgericht hat auf Klägerseite auch korrekterweise einen Verstoß gegen § 14 Abs. 1 StVO in die Abwägung eingestellt.

a) Nach dieser Vorschrift muss sich, wer ein- oder aussteigt, so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Diese Sorgfaltsanforderung gilt für die gesamte Dauer eines Ein- oder Aussteigevorgangs, also für alle Vorgänge, die in einem unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang damit stehen, wobei der Vorgang des Einsteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre, der Vorgang des Aussteigens erst mit dem Schließen der Fahrzeugtüre und dem Verlassen der Fahrbahn beendet ist. Erfasst sind insbesondere auch Situationen, in denen der Insasse eines Kraftfahrzeugs sich im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Kraftfahrzeug beugt, um etwa Gegenstände ein- oder auszuladen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 – VI ZR 316/08 –, juris, Rn. 11). Die Sorgfaltspflicht des § 14 Abs. 1 StVO beschränkt sich nicht ausschließlich auf solche Vorgänge, bei denen sich durch das unvorsichtige Öffnen einer Fahrzeugtür ein Überraschungsmoment für andere Verkehrsteilnehmer ergibt, sondern gilt auch für Einsteigevorgänge, bei denen der Einsteigende in der Regel für den fließenden Verkehr erkennbar ist (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 – VI ZR 316/08 –, juris, Rn. 11). Beim Ein- und Aussteigen darf eine Tür deshalb nicht länger offen gelassen werden als unbedingt notwendig und die Fahrbahn ist schnellstmöglich zu verlassen (KG Berlin, Beschluss vom 22. November 2007 – 12 U 199/06 –, juris, Rn. 17).

b) Diese Voraussetzungen liegen vor. Zulasten der Klägerseite spricht schon der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- oder Aussteigenden (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 – VI ZR 316/08 –, juris, Rn. 12), wenn – wie hier – beim Ein- oder Aussteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt wird. Darüber hinaus zeigt auch die Aussage der Zeugin — selbst, dass sie die Fahrbahn nicht schnellstmöglich verlassen hat, da sie nach dem Öffnen der Tür in dieser stehend in ihr Fahrzeug nach der Handtasche gegriffen hat.

4. Zu Unrecht hat die Erstrichterin jedoch keinen Verstoß der Beklagtenseite gegen § 1 Abs. 2 StVO in Form der Nichteinhaltung eines ausreichenden Seitenabstands angenommen.

a) Wer an einem stehenden Fahrzeug vorbeifährt, muss nach dem allgemeinen Gebot der Gefährdungsvermeidung einen angemessenen Seitenabstand einhalten. Für die Angemessenheit des Abstandes gibt es kein feststehendes Maß, sie ist abhängig von den jeweiligen Umständen, muss aber zumindest so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen der Wagentür noch möglich bleibt, wenn für den Vorbeifahrenden nicht mit Sicherheit erkennbar ist, dass sich im haltenden Fahrzeug und um das Fahrzeug herum keine Personen aufhalten. Der beim Vorbeifahren einzuhaltende Seitenabstand darf nach den Umständen des Einzelfalles durchaus geringer sein als der beim Überholen und bei der Begegnung regelmäßig verlangte Mindestabstand von 1 m. Wie groß der Abstand zu sein hat, ist letztlich eine Frage des Einzelfalles, wobei es auf die Verkehrslage, Geschwindigkeit und die bauliche Situation, insbesondere die Breite der Straße, sowie die Art der beteiligten Fahrzeuge ankommt (Kammer, Beschluss vom 12. September 2017 – 13 S 69/17 –, juris, Rn. 6).

b) Demnach ist hier das Abstandsgebot nicht eingehalten. Denn – wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat – steht beweissicher fest, dass die Zweitbeklagte mit einem Abstand von 69 cm an dem klägerischen Fahrzeug vorbeigefahren ist. Grundsätzlich reicht zwar ein Seitenabstand von ca. 50 cm eines vorbeifahrenden Pkw zu einem geparkten Pkw aus (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 30. Juli 2009 – 12 U 175/08 –, juris, Rn. 35 m.w.N.). Ein Seitenabstand von unter 1 m genügt jedoch dann nicht, wenn auf dem Seitenstreifen neben der Fahrbahn ein Pkw mit geöffneter Fahrzeugtür steht und jederzeit mit einem weiteren Öffnen der Tür gerechnet werden muss oder in der geöffneten Fahrzeugtür eine Person steht (OLG Celle, Urteil vom 4. Dezember 2019 – 14 U 127/19 –, juris, Rn. 49; OLG Hamm, Urteil vom 22. April 2004 – 6 U 240/03 –, juris, Rn. 3; LG Berlin, Urteil vom 22. Januar 2001 – 58 S 194/00 –, juris, Rn. 13). Hier ist letzteres der Fall.

Die Kammer ist nach der in sich stimmigen Aussage der Zeugin — davon überzeugt, dass sich diese während der Suche nach ihrer Handtasche im Auto links – in Fahrtrichtung gesehen – neben dem klägerischen Fahrzeug in der geöffneten Tür stehend befand. Dem steht auch die Aussage der Zweitbeklagten nicht entgegen, nachdem diese keine Angaben zur konkreten Situation vor dem Unfall machen konnte. Die Aussage der Zweitbeklagten, wonach die Zeugin — sich bereits ungefähr am Anfang der Bushaltestelle hinter ihrem Fahrzeug befunden habe, als sie angehalten habe, zeigt vielmehr, dass die Zeugin in sehr kurzer Zeit die Strecke Sparkasse bis Bushaltestelle – laut Google Maps sind das ca. 50 m – zurückgelegt hat. Das ist nur möglich, wenn sich die Zeugin — – wie sie selbst dargelegt hat – bereits vor dem Unfall neben dem klägerischen Fahrzeug auf der Straße befunden hat.

Aufgrund der Schilderungen der Zeugin — ist die Kammer weiterhin davon überzeugt, dass der gesamte Aussteigevorgang nebst Suche der Handtasche schon mindestens 10 Sekunden – der Schätzung der Zeugin, dass ca. 30 Sekunden bis eine Minute vergangen sind, kann aus Plausibilitätserwägungen nicht gefolgt werden – andauerte, bevor es zur streitgegenständlichen Kollision kam, sodass die Zeugin — aufgrund der gut einsehbaren Straße (vgl. Bl. 121 ff. d.A.; Seite 23 ff. des Gutachtens des Gerichtssachverständigen) für die Fahrerin des Beklagtenfahrzeugs ohne Weiteres erkennbar war. Dass die Zweitbeklagte vor dem Unfall die Zeugin — nicht wahrgenommen hat, widerspricht dem nicht, sondern deutet vielmehr auf deren Unaufmerksamkeit hin. Schließlich hat sie selbst ausgesagt, zuvor auf die Uhr geschaut zu haben. Die zweitinstanzlich getätigte Aussage, dies sei bereits in Höhe der Gabelung Richtung — gewesen, ist insoweit nicht glaubwürdig, nachdem die Zweitbeklagte noch erstinstanzlich bekundet hat, erst kurz vor der Abbiegung zum — – gemeint ist wohl, siehe auch die zweitinstanzliche Aussage, die —, nachdem es keinen — in — gibt – und damit zwangsläufig kurz vor dem Unfall auf die Uhr geschaut zu haben.

5. Mithin ist beiden Seiten ein Verkehrsverstoß vorzuwerfen. Der der Beklagtenseite anzulastende Verkehrsverstoß überwiegt jedoch bei Abwägung der beiden Ursachenbeiträge, sodass eine Quote von 80% zu deren Lasten angemessen erscheint. Die Zeugin — war aufgrund der gut einsehbaren Straße ohne Weiteres zu erkennen. Die Fahrerin des Beklagtenfahrzeugs hätte sich auch unproblematisch auf die Situation einstellen können, da der gesamte Aussteigevorgang schon mindestens 10 Sekunden andauerte, wenn sie aufmerksam gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund ist die Haftung der Klägerseite auf die Betriebsgefahr beschränkt (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen, Urteil vom 29. Mai 2008 – 2 U 19/08 –, juris, Rn. 14).

6. Danach ergibt sich folgende Schadensabrechnung:

Reparaturkosten netto: 1.368,70 Euro

Sachverständigenkosten: 521,82 Euro

Unkostenpauschale: 25,00 Euro

Gesamt: 1.915,52 Euro

Davon 80%: 1.532,42 Euro

Aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen des Gerichtssachverständigen im Gutachten vom 10.05.2022 (Bl. 99 ff. d.A.; insbesondere Seite 18 ff. des Gutachtens), denen weder die Kläger- noch die Beklagtenseite entgegengetreten sind, ist die Kammer davon überzeugt, dass für die Reparaturkosten ein Betrag von 1.368,70 Euro netto und nicht – wie von Klägerseite behauptet – ein Betrag von 1.386,82 Euro netto anzusetzen ist.

Eine über 25 Euro hinausgehende Unkostenpauschale ist nach ständiger, höchstrichterlich gebilligter Rechtsprechung der Kammer nicht geschuldet (vgl. Kammer, Urteile vom 1. Oktober 2010 –13 S 66/10 –; vom 12. November 2010 – 13 S 72/10 – und vom 17. Dezember 2010 – 13 S 111/10 –; zur Rspr. des Bundesgerichtshofs vgl. BGHZ 169, 263 ff., BGH, Urteil vom 17. Oktober 2006 – VI ZR 249/05 –; wie hier auch OLG Celle, Urteil vom 8. August 2006 – 14 U 36/06 –, juris, Rn. 20; OLG München, Urteil vom 27. Januar 2006 – 10 U 4904/05 –, juris, Rn. 48; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. Mai 2009 – 4 U 173/07 –, juris, Rn. 27; OLG Stuttgart, Urteil vom 7. April 2010 – 3 U 216/09 –, juris, Rn. 32).

7. Darüber hinaus kann der Kläger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten aus dem berechtigten Teil seines Schadensersatzanspruchs verlangen (hier: 1.532,42 Euro). Der Anspruch umfasst gemäß §§ 2, 13 RVG, Nrn. 2300, 7002, 7008 RVG VV eine 1,3-Geschäftsgebühr (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2014 – VI ZR 279/13 –, juris, Rn. 20) in Höhe von 215,80 Euro nach Anlage 2 des RVG + 20,00 Euro (Pauschale) + 44,80 Euro (USt) = 280,60 Euro.

8. Der Zinsausspruch des Klägers folgt aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 100 Abs. 4 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO i.V.m. § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache erlangt keine grundsätzliche über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht die Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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