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Fehlalarm durch Autoalarmanlage – Kostentragung des Polizeieinsatzes

VG Ansbach

Az: AN 1 K 11.01096

Urteil vom 13.03.2012


Leitsatz (vom Verfasser nicht amtlich):

Wird durch den Fehlalarm einer Autoalarmanlage ein Polizeieinsatz ausgelöst, so muss der Fahrzeugeigentümer die diesbezüglichen Polizeieinsatzkosten tragen. Wer eine Alarmanlage betreibt, bezweckt die Benachrichtigung der Polizei für jeden Fall des Alarms und nimmt es auch in Kauf, dass die Polizei im Falle eines Fehlalarms das zu schützende Objekt aufsucht, obwohl kein Einbruchsversuch stattgefunden hat.


1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist Halter des Pkws Marke BMW, amtliches Kennzeichen: ….

Am 29. Januar 2011, gegen 1.13 Uhr, wurde eine Streife der Polizeiinspektion (PI) …-… davon verständigt, dass im Bereich des … die Alarmanlage eines Autos laufe. Die eingesetzten Polizeibeamten stellten vor Ort gegen 1.40 Uhr fest, dass sich bei dem oben genannten Pkw des Klägers tatsächlich ständig die akustische Alarmanlage auslöste. Bei Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs konnten seitens der Polizeibeamten keine Schäden festgestellt werden. Zudem war der PKW versperrt. Auch der kurz danach eintreffende Kläger als Fahrzeughalter konnte weder Schäden noch Aufbruchspuren feststellen. Der Alarm wurde durch den Kläger abgestellt.

Im Rahmen der Anhörung zu der beabsichtigten Erhebung einer Gebühr für das polizeiliche Tätigwerden nahm der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 28. März 2011 im Wesentlichen wie folgt Stellung:

Die Alarmanlage seines Pkws habe sich bei dem fraglichen Vorfall vom 29. Januar 2011 im Wege eines schlichten „Knopfdrucks“ desaktivieren lassen. Bereits vor diesem Hintergrund müsse davon ausgegangen werden, dass das Auslösen der Alarmanlage durch externe Faktoren erfolgt sei und gerade kein Falschalarm vorgelegen habe. Unter diesen Voraussetzungen jedoch könnten Kosten gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 Satz 2 b) des Kostengesetzes nicht erhoben werden. Selbst wenn man jedoch vom Vorliegen eines Falschalarms ausginge, erscheine es jedoch zumindest angezeigt, die Kostenerhebung auf den gemäß Ziff. 2. II 5/1 des Kostenverzeichnisses zulässigen Mindestbetrag von 25,00 EUR zu reduzieren.

Mit Kostenrechnung vom 28. April 2011, bei den Bevollmächtigten des Klägers eingegangen am 2. Mai 2011, forderte das Polizeipräsidium … vom Kläger die Zahlung einer Gebühr in Höhe von 110,00 EUR für den Polizeieinsatz anlässlich des Falschalarms am 29. Januar 2011, um ca. 1.13 Uhr.

Mit einem der Kostenrechnung beiliegenden Schreiben gleichen Datums teilte das Polizeipräsidium … den Klägerbevollmächtigten zusammengefasst mit, aufgrund der klägerischen Einwendung vom 28. März 2011 sei der sachbehandelnde Beamte zur vorliegenden Sache gehört, der Vorgang geprüft und bei der Entscheidung über die Kostenerhebung berücksichtigt worden. Laut den Angaben des Sachbearbeiters seien keine Aufbruchspuren festzustellen gewesen. Es bestünden somit keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Wegen der eindeutigen Gesetzeslage habe das Polizeipräsidium … zu keinem anderen Ergebnis kommen können. Ein Entscheidungsspielraum sei, auch aus Gründen der Gleichbehandlung aller Kostenschuldner, in dieser Angelegenheit nicht gegeben.

Mit einem am 30. Mai 2011 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz seiner Bevollmächtigten erhob der Kläger Klage mit dem Antrag,

den Bescheid des Beklagten vom 28. April 2011 aufzuheben.

Der Beklagte beantragte mit Schreiben des Polizeipräsidiums … vom 3. August 2011, die Klage abzuweisen.

Rechtsgrundlage für die Kostenerhebung sei Art. 1, 2, 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 b, Art. 6, 10 Abs. 1 Nr. 1,5 Kostengesetz; Tarif-Nr. 2.II. 5/1 Kostenverzeichnis.

Danach seien Kosten für Einsätze aufgrund eines Alarms einer Überfall- und Einbruchmeldeanlage zu erheben, sofern nicht der Nachweis vom Kläger erbracht werde, dass kein Falschalarm vorgelegen habe. Für die Kostentragungspflicht komme es nämlich grundsätzlich nur darauf an, dass die Beamten die erforderliche Amtshandlung vornähmen, vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 KostG, was vorliegend bereits durch die Anfahrt des Objekts und die Überprüfung der Alarmanlage geschehen sei.

Weitere Anhaltspunkte, die die Annahme eines Falschalarms im vorstehenden Sinne erschüttern könnten, seien weder ersichtlich, noch vorgetragen. Vielmehr spreche aufgrund der vor Ort festgestellten Umstände, wonach weder ein Anlass für das Laufen der Alarmanlage, noch Aufbruchspuren erkennbar gewesen seien, alles dafür, die genaue Ursache nicht ermitteln zu können. In diesem Zusammenhang sei zudem anerkannt, dass von der Gebührenpflicht nicht nur nachgewiesene Falschalarme erfasst seien, sondern auch mögliche Falschalarme, für deren Auslösung die Ursache nicht feststellbar sei.

Dies sei auch sachgerecht, da der Betreiber der Alarmanlage für deren Funktionsrisiken legitimerweise einstehen müsse (BayVGH, Urteil vom 12.8.1998, 24 B 98.314), was nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen könne. Mithin lägen auch keine Tatsachen vor, die aus Billigkeitsgründen eine Kostenpflicht entfallen lassen würden, vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 KG.

Die Höhe der zu entrichtenden Gebühr bemesse sich damit nach den im Bescheid vom 28. März 2011 aufgeführten Vorschriften des Kostenverzeichnisses, so dass die diesbezügliche Regelgebühr von 110,00 EUR fällig sei.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. Februar 2012 ließ der Kläger zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen noch folgendes vortragen:

Soweit in tatsächlicher Hinsicht unter anderem vorgetragen worden sei, dass

– bei Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs keine Schäden festgestellt hätten werden können,

– das Fahrzeug des Klägers versperrt gewesen sei,

– der Kläger selbst ebenso wie die Polizeibeamten weder Schäden noch Ein- bzw. Aufbruchspuren feststellen habe können und

– der Alarm vom Kläger abgestellt worden sei bzw. werden konnte, sei dies völlig zutreffend.

Der Umstand, dass das Fahrzeug verschlossen aufgefunden worden sei und keine Aufbruchspuren erkennbar gewesen seien, zwinge jedoch nicht den Schluss auf, dass ein Falschalarm vorgelegen haben müsse. Ganz im Gegenteil: Die – unstreitige – Tatsache, dass der Kläger den Alarm durch schlichten „Knopfdruck“ desaktivieren habe können, widerspreche einem technischen Defekt und einem dadurch ausgelösten (Falsch-)Alarm, nachdem dann, wenn ein technischer Defekt die Ursache für den (Falsch-)Alarm gewesen wäre, der Alarm nicht durch schlichten „Knopfdruck“ hätte desaktiviert werden können. Die Desaktivierung des Alarms durch den schlichten „Knopfdruck“ lasse vielmehr nur den Schluss zu, dass die Auslösung des Alarms durch externe Faktoren erfolgt sein müsse und demzufolge gerade kein Falschalarm vorgelegen habe. Ein technischer Defekt als Ursache des ausgelösten Alarms scheide, und hier wiederhole man sich gerne, deshalb aus, weil ein technischer Defekt nicht durch schlichten „Knopfdruck“ beseitigt im Sinne von repariert werden könne.

Werde der Falschalarm jedoch – wie vorliegend wahrscheinlich – dadurch ausgelöst, dass an dem Fahrzeug von unbekannt gebliebenen Dritten „manipuliert“ worden sei, sei es auch nur durch schlichtes Inbewegungsetzen des Fahrzeugs durch Einleitung von Wippbewegungen, sei (technisch) nachvollziehbar, dass ein hierdurch eingeleiteter Falschalarm durch schlichten „Knopfdruck“ wieder desaktiviert werden könne.

Nach alledem sprächen die äußeren Umstände gerade gegen einen Falschalarm, so dass wie beantragt zu entscheiden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte mit der beigezogenen Aktenheftung des Polizeipräsidiums … und hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der als „Kostenrechnung“ bezeichnete Leistungsbescheid des Polizeipräsidiums … vom 28. April 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für den Kostenbescheid ist Art. 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 b des Kostengesetzes (KG). Nach der zuletzt genannten Bestimmung gilt die grundsätzliche Kostenfreiheit für Amtshandlungen, die die Polizei zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Art. 2 PAG vornimmt (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 1 KG), nicht, wenn ein Einsatz aufgrund eines Alarms einer Überfall- und Einbruchmeldeanlage erfolgt, sofern nicht der Betreiber der Anlage nachweist, dass kein Falschalarm vorlag.

Stellt sich rückwirkend betrachtet heraus, dass ein Polizeieinsatz aufgrund des Auslösens einer Alarmanlage ein Fehlalarm war, ist die Polizei zwar präventiv zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zu der auch der Schutz des Eigentums Privater gehört, tätig geworden. Der in Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 b KG getroffenen Regelung liegt jedoch zu Grunde, dass in dieser Fallkonstellation das öffentliche Interesse am Handeln der Polizei eindeutig durch private Interessen überlagert wird. Betreiber einer Alarmanlage bezwecken mit deren Installierung den Schutz ihres Eigentums. Löst eine Alarmanlage aus und wird dies der Polizei gemeldet, so soll durch den polizeilichen Einsatz das Eigentum geschützt werden. In der Praxis stellt sich dabei häufig der von den technischen Anlagen ausgelöste Alarm im Nachhinein als Falschalarm heraus. Dieser Umstand war für den Landesgesetzgeber das entscheidende Motiv für die gesetzliche Regelung des Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 b KG. Wer eine Alarmanlage betreibt, bezweckt die Benachrichtigung der Polizei für jeden Fall des Alarms und nimmt es auch in Kauf, dass die Polizei im Falle eines Fehlalarms das zu schützende Objekt aufsucht, obwohl kein Einbruchsversuch stattgefunden hat.

Die genannte Regelung unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (BayVGH, Beschluss vom 13.4.2000, 24 ZB 99.2905; Urteil vom 12.8.1998, 24 B 98.314, BayVBl 1999, 277; Rott/Birkner, Verwaltungskostenrecht in Bayern, Art. 3 Nr. 13). Es bestehen deshalb auch keine rechtlichen Bedenken, dass der Betreiber der Alarmanlage grundsätzlich bei Fehlalarmen zur Kostentragung herangezogen wird (vgl. BayVGH, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 23.8.1991, 8 C 37/90, NJW 1992, 2243).

Diese Fallkonstellation ist vorliegend gegeben.

Es steht außer Streit, dass die Einbruchsmeldeanlage des Fahrzeugs des Klägers am 29. Januar 2011 akustischen Alarm ausgelöst hat. Da sich der Alarm nicht von selbst desaktivierte, informierte ein Anwohner um 1.13 Uhr telefonisch die Polizeiinspektion …-… über den Sachverhalt.

Die beiden zum Einsatz kommenden Polizeibeamten konnten bei der sich anschließenden Kontrolle ebenso wie der Kläger als Halter keine Einbruchspuren am Fahrzeug feststellen.

Der Kläger hat diesen Sachverhalt auch mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 21. Februar 2012 voll und ganz eingeräumt.

Die polizeiliche Amtshandlung bleibt nicht kostenfrei, da der Kläger als Betreiber der Anlage, d.h. als Halter des Fahrzeuges (vgl. Nr. 2.3.1 der Richtlinien zur Erhebung von Kosten und anderen öffentlich-rechtlichen Geldleistungen durch die Polizei – KR-Pol, IMS vom 14.4.2010, Az. IZ6-1051.471 – und Fußnote 34 Nr. 3.2 zu Nr. 45.1.1 der Anlage zu den KR-Pol), nicht nachweisen konnte, dass kein Fehlalarm vorgelegen hat.

Kein Fehlalarm hätte vorgelegen, wenn ein Einbruchsversuch am Fahrzeug des Klägers stattgefunden und die Alarmanlage daraufhin ausgelöst hätte. Diese Voraussetzung ist aber nach Überzeugung des Gerichts nicht gegeben. Selbst wenn es auf Grund der den Kläger belastenden Wirkung der in Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 b KG getroffenen Beweislastregel angezeigt erscheinen mag, die Anforderungen nicht allzu streng zu bestimmen (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 24.11.1997 – Bf III 35/97, DVBl 1998, 841), ist für den hier vorliegende Fall festzustellen, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht glaubhaft gemacht, geschweige denn nachgewiesen hat.

Es mag durchaus sein, dass die Alarmanlage im Fahrzeug des Klägers im Falle eines Einbruchsversuchs wiederholt optischen und akustischen Alarm auslöst. Im Falle eines Fehlalarms ist dies aber nicht anders, da die Anlage dann fälschlich von einem Einbruchsversuch ausgeht.

Hieran ändert auch nichts der vom Kläger wiederholt vorgetragene Einwand, die von ihm herbei geführte Desaktivierung des Alarms durch schlichten „Knopfdruck“ lasse vielmehr nur den Schluss zu, dass die Auslösung des Alarms durch externe Faktoren erfolgt sein müsse und demzufolge gerade kein Falschalarm vorgelegen habe. Denn derartige „externe“ Faktoren können auch durch Vibrationen vorbeifahrender schwererer Fahrzeuge, Bewegungen von Tieren usw. hervorgerufen werden, ohne dass ein Einbruchsversuch stattgefunden haben muss.

Insofern muss sich der Kläger als Halter des Kraftfahrzeugs dessen Betriebsgefahr zurechnen lassen.

Das Polizeipräsidium … hat mit dem angefochtenen Bescheid demnach zu Recht vom Kläger, der als Anlagenbetreiber Kostenschuldner im Sinne des Art. 2 Abs. 1 KG ist (vgl. Fußnote 34 Nr. 3 zu Ziffer 45.1.1 der Anlage zu den KR-Pol), eine Gebühr erhoben und diese bei einem in Ziffer 2.II.5/1 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz vorgegebenen Gebührenrahmen von 25,00 bis 1250,00 EUR in – innerhalb der Grenzen des § 114 VwGO nicht zu beanstandender Weise – auf 110,00 EUR festgesetzt. Dies entspricht der Regelgebühr gemäß Nr. 45.1.1 der Anlage zu den KR-Pol.

Gründe, auf Grund derer vorliegend die Erhebung von Kosten in der genannten Höhe der Billigkeit widerspräche (vgl. Art. 16 Abs. 2 KG; Ziffer 2.3.1 KR-Pol), sind nicht ersichtlich.

Die Klage war deshalb abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe, die Berufung nach § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 110,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

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