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Fitnessstudiovertrag – geänderte Trainingsbedingungen nach Umzug – Kündigungsgrund

AG Frankenthal – Az.: 3a C 240/16 – Urteil vom 03.11.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Fitnessstudiovertrag - geänderte Trainingsbedingungen
(Symbolfoto: Kamil Macniak/Shutterstock.com)

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von weiteren Mitgliedsbeiträgen über den 01.06.2015 hinaus, da die Beklagte wirksam mit Kündigungsschreiben vom 19.06.2015, das der Klägerin unstreitig am 20.06.2015 zugegangen ist, das Vertragsverhältnis außerordentlich gekündigt hat. Das an die „Geschäftsleitung der T…“ adressierte Kündigungsschreiben (Blatt 21 der Akten) ist gem. § 314 BGB wirksam. Der Fitnessstudiovertrag wird nach ganz überwiegender Ansicht als typengemischter Vertrag mit miet- und dienstvertraglichen Elementen eingeordnet, weshalb sich die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung, bei einer im Regelfall als Dauerschuldverhältnis ausgestalteten Form, aus § 314 BGB und nicht aus § 626 oder § 543 BGB ergibt.

Die Regelung des § 314 BGB wurde bei der Schuldrechtsreform 2001 in das BGB aufgenommen und soll nach Auffassung des Gesetzgebers die bestehende Rechtslage normieren, ohne über diese hinauszugehen (Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Dr 14/6040, S. 176 ff.). Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 314 BGB sind das Bestehen eines Dauerschuldverhältnisses, das Fehlen einer Sonderregelung über die außerordentliche Kündigung und das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung. Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer vertraglichen Pflicht, muss nach § 314 Abs. 2 BGB ggf. abgemahnt oder eine Frist zur Abhilfe gesetzt werden. Bei der außerordentlichen Kündigung wegen eines Umzugs des Fitnessstudios seitens des Nutzers eines Fitnessstudiovertrages ist maßgebliche Voraussetzung daher das Vorliegen eines wichtigen Grundes, da im Regelfall ein Dauerschuldverhältnis vorliegen wird und es an einer Sonderregelung für diesen typengemischten Vertrag fehlt. Eine Abmahnung oder Frist zur Abhilfe durch das Fitnessstudiomitglied ist nicht notwendig, da eine vertragliche Pflichtverletzung seitens des Fitnessstudiobetreibers regelmäßig nicht vorliegt.

Ein wichtiger Grund liegt nach § 314 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Betrachtung erfolgt dem Wortlaut nach zunächst also aus der Sicht des kündigenden Teils. Weiterhin ist eine Abwägung notwendig, die wiederum die Interessen beider Teile berücksichtigt. Dabei ist anerkannt, dass ausschließlich Störungen, die dem Risikobereich des nicht kündigenden Vertragsteiles zuzuordnen sind, vorliegend dem Fitnessstudiobetreiber, einen wichtigen Grund, der zur Kündigung berechtigt, darstellen können. Diesem Ausschluss liegt die Überlegung zugrunde, dass der Grundsatz des „pacta sunt servanda“ nicht aus einseitigen ökonomischen oder rein praktikablen Erwägungen heraus aufgeweicht werden soll, sondern nur dann eine Einschränkung findet, wenn die Vertragsgrundlage aus Gründen, die aus der Sphäre des anderen Vertragsteiles stammen, beeinträchtigt wurde. Diese Erwägungen finden auch in den Vorschriften der §§ 275 Abs. 2 und 313 BGB ihre Stütze, die beide besonders hohe Anforderungen an eine Vertragsanpassung oder Vertragsauflösung bzw. Leistungsbefreiung bei „wirtschaftlich“ unzumutbaren Leistungen stellen und daneben ebenfalls die Verteilung des jeweiligen Risikos nach dem Inhalt des Vertrages berücksichtigen. Bei § 315 BGB wird die Einordnung in die ausschließliche Risikosphäre des Kündigungsgegners, vorliegend des Fitnessstudiobetreibers, vorausgesetzt, da bei § 314 BGB – anders als bei § 313 BGB – der Grund für die Vertragsauflösung in einer Störung innerhalb und nicht außerhalb des Vertragsverhältnisses liegt und deshalb der Grundsatz „pacta sunt servanda“ nicht in gleicher Weise berührt ist. Aus diesem Grund ist auch der Zumutbarkeitsmaßstab ein anderer als bei § 313 BGB. Diesen Ausschluß der Kündigungsmöglichkeiten nach § 314 BGB, bei einer einseitigen Zuordnung zum Risikobereich des Kündigenden, hatte auch der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 314 BGB angenommen. So formulierte der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung, „dass Störungen aus dem eigenen Risikobereich grundsätzlich kein Kündigungsrecht begründen“. Der Anwendungsbereich für die Interessenabwägung bei der Prüfung des wichtigen Grundes ist deshalb erst nach der Analyse möglich, ob der Grund für die Störung des Vertragsverhältnisses in der Sphäre des Kündigungsgegners liegt. Dies ist vorliegend aufgrund des Umzuges des ausweislich des Mitgliedsvertrages bei Vertragsschluss in der M… Str. …, … Frankenthal, ansässigen Fitnessstudios „T…“ in die bestehenden Räumlichkeiten der T… in der B… Str. …, … Frankenthal, der Fall. Den Behauptungen der Beklagten hinsichtlich der Änderungen des Studiocharakters und auch der neuen Räumlichkeiten ist die Klägerin nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten, insbesondere ist nachvollziehbar, dass das ursprüngliche Vertragsangebot, was sich lediglich an weibliche Mitglieder richtete, nunmehr eine Änderung erfährt bei gemeinsamer Nutzung der Räumlichkeiten zumindest im Eingangsbereich auch durch männliche Mitglieder des Fitnessstudios, unabhängig von einer Änderung der Angebote.

Laut dem vorgenannten ist daher die außerordentliche Kündigung nach § 314 BGB wirksam (vgl. insoweit auch BGH, NJW RR 2011, 916; MüKo BGB/Gaier BGB, § 314 Rn 6, Rn 22 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf € 343,00 festgesetzt.

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