Was tun wenn das Versorgungsamt die Zuerkennung eines Schwerbehindertengrades verweigert?
Eine Schwerbehinderung ist für die betroffene Person eine massive Einschränkung des Lebens, welcher natürlich auch entsprechend Rechnung getragen werden muss. Die Ursachen für die Schwerbehinderung können vielfältig sein. In der Regel erwächst die Schwerbehinderung entweder aus einer Krankheit oder aus einem Unfall heraus, sodass die betroffene Person dann natürlich auch Hilfe im Alltag benötigt.
Durch einen Schwerbehindertenausweis kann der Alltag merklich erleichtert werden, allerdings muss diese Bescheinigung zunächst erst einmal bei dem zuständigen Versorgungsamt beantragt werden. Nicht selten wird der Antrag jedoch abgelehnt. Diese Ablehnung kann durchaus wütend oder gar verzweifelt machen. Es gibt jedoch die Möglichkeit, sich gegen den Ablehnungsbescheid zur Wehr zu setzen. Der Widerspruch ist hierbei der erste Schritt und sollte der Widerspruch erfolglos sein verbleibt noch der Klageweg.
Übersicht:
- Was tun wenn das Versorgungsamt die Zuerkennung eines Schwerbehindertengrades verweigert?
- Ablehnung auf Zuerkennung Schwerbehindertengrad erhalten? Widerspruch einlegen!
- Die Voraussetzungen für einen Widerspruch gegen die Entscheidung des Versorgungsamtes
- Welcher Inhalt muss im Widerspruch enthalten sein?
- Wie geht es dann weiter?
- Der Widerspruch wurde amtlich abgelehnt, was nun?
- Diese Inhalte müssen bei einer Klage zwingend vorhanden sein
- Wie ist die Kostenfrage bei den gerichtlichen Schritten geregelt?
Ablehnung auf Zuerkennung Schwerbehindertengrad erhalten? Widerspruch einlegen!
Vielen Betroffenen einer Behinderung ist überhaupt nicht bewusst, dass der Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis bei dem Versorgungsamt zunächst erst einmal der Feststellung des sogenannten Behindertengrades dient. Hierbei gilt, dass ein Mensch ab einem Grad von 50 als schwerbehindert gilt. Sollte das Versorgungsamt den Antrag auf Schwerbehinderung ablehnen oder einen Wert von unter 50 feststellen, so kann dies die betroffene Person durchaus wütend machen oder ein Gefühl der tiefen Enttäuschung hinterlassen. Schlussendlich versagt das Versorgungsamt ja schließlich der betroffenen Person die zustehende Unterstützung bei so schwerwiegenden Beeinträchtigungen. Den Gefühlen sollte sich jedoch der Antragssteller auf gar keinen Fall hingeben. Es heißt vielmehr in solch einer Situation: Kühlen Kopf bewahren und Widerspruch einlegen. Für den Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid müssen jedoch gewisse Voraussetzungen erfüllt und gewisse Kriterien beachtet werden.
Die Voraussetzungen für einen Widerspruch gegen die Entscheidung des Versorgungsamtes
- der Widerspruch ist an Fristen gebunden
- die Unterlagen des Versorgungsamtes sollten gesichtet werden
- etwaige Nachweisdokumente wie neue ärztliche Gutachten müssen dem Widerspruch beigefügt werden
- der Widerspruch muss in schriftlicher Form bei dem Versorgungsamt eingereicht werden
- der Widerspruch muss begründet werden
Entscheidet sich ein Antragssteller zu einem Widerspruch, so muss dieser Widerspruch im Zeitraum von einem Monat beginnend mit dem Erhalt des Ablehnungsbescheides bei dem Versorgungsamt eingereicht werden!
Die Frist ist für die rechtliche Zulässigkeit des Widerspruchs absolut entscheidend. Wird die Frist versäumt, so kann kein Widerspruch mehr eingelegt werden. Es ist für einen Antragssteller jedoch möglich, zunächst fristwahrend einen unbegründeten Widerspruch einzulegen. Die Widerspruchsbegründung kann auch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Im Zuge eines fristwahrenden Widerspruchs kann zudem das Versorgungsamt dazu aufgefordert werden, sämtliche entscheidungsrelevanten Unterlagen an den Antragssteller zu übersenden. Dieser Schritt ist überaus sinnvoll, da auf diese Weise eine erheblich fundiertere Begründung erfolgen kann.
Wird zunächst ein fristwahrender unbegründeter Widerspruch eingelegt, so muss die Begründung innerhalb eines weiteren Monats bei dem Versorgungsamt eingereicht werden.
Welcher Inhalt muss im Widerspruch enthalten sein?
Es ist zwar gesetzlich vorgeschrieben, dass der Widerspruch in schriftlicher Form erfolgen muss, allerdings gibt es auch die Möglichkeit des Diktats. Ein Antragssteller kann sich somit zu dem Versorgungsamt begeben und dort den Inhalt des Widerspruchs zu Protokoll geben. Es ist jedoch wichtig, dass der Widerspruch sowohl den Namen als auch die Adresse des Antragsstellers sowie die jeweiligen Daten von dem Versorgungsamt enthält. Zudem muss auch das Aktenzeichen von dem Ablehnungsbescheid sowie die eigenhändige Unterschrift von dem Antragssteller vorhanden sein.
Wie geht es dann weiter?
Durch den eingelegten Widerspruch wird bei dem Versorgungsamt ein erneutes Prüfungsverfahren eröffnet. Der Schwerbehindertengrad wird dementsprechend durch das Amt erneut überprüft. Im Rahmen dieses Verfahrens sichtet das Amt sämtliche vorhandenen Unterlagen und Dokumente neu und bittet auch den behandelnden Arzt um eine erneute Einschätzung. Es kann im Rahmen dieses Verfahrens auch erforderlich werden, dass eine erneute Untersuchung durch einen externen Gutachter oder mittels des Versorgungsärztlichen Dienstes erfolgt.
Sollte das Amt zu der Einschätzung kommen, dass der eingelegte Widerspruch ungerechtfertigt ist, so erfolgt eine Weiterleitung des Falls an den zuständigen Widerspruchsausschluss. In diesem Widerspruchsausschluss erfolgt eine weitergehende Prüfung des Falls. Sollte die Prüfung jedoch ergeben, dass der Ablehnungsbescheid unzulässig war, so erfolgt die amtliche Feststellung des Schwerbehindertengrades und die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises. Es ist jedoch auch denkbar, dass das Amt im Zuge des Widerspruchsverfahrens einen geringeren Behinderungsgrad feststellt. Gegen diese Feststellung ist dann erneut der Widerspruch seitens des Antragsstellers möglich.
Der Widerspruch wurde amtlich abgelehnt, was nun?
Kommt das Versorgungsamt trotz intensivster Prüfung des Sachverhalts zu dem Schluss, dass der Widerspruch abgelehnt wird, so verbleibt dem Antragssteller immer noch der Weg einer Klage gegen diese Entscheidung. Für die Klage gibt es eine Frist von drei Monaten. Die Frist ist hierbei ebenso entscheidend, wie bei dem Widerspruch selbst. Die Klage muss dann entweder in schriftlicher oder Diktatform bei dem zuständigen Sozialgericht eingereicht werden. Eine rechtsanwaltliche Unterstützung ist hierfür nicht zwingend erforderlich, sie ist jedoch überaus ratsam. Die Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts steigert die Erfolgschancen der Klage merklich, da die Klage ja auch gewisse Inhalte zwingend aufweisen muss.
Diese Inhalte müssen bei einer Klage zwingend vorhanden sein
- die persönlichen Klägerdaten
- die Angaben des Sozialgerichts
- die Daten des ursprünglichen Ablehnungsbescheids des Versorgungsamts
- die Daten des eingelegten Widerspruchs
- die Daten des Widerspruchsablehnungsbescheids
- Nachweisdokumente wie ärztliche Atteste oder Gutachten
- die Begründung der Klage
- die eigenhändige Klägerunterschrift
Wird eine Klage bei dem zuständigen Sozialgericht eingereicht, so erfolgt eine gerichtliche Sachverhaltsprüfung. Im Rahmen dieser Sachverhaltsprüfung werden sämtliche Informationen, die in dem aktuellen Fall zur Verfügung stehen, gerichtlich genau untersucht und gegeneinander abgewogen. Im zweiten Schritt erfolgt seitens des Gerichts das sogenannte Beweiserhebungsverfahren. Alle Verfahrensbeteiligten werden gerichtlich zu einer Stellungnahme aufgefordert und etwaig vorhandene Zeugen werden gerichtlich gehört.
Es ist durchaus möglich, dass das Gericht im Zuge des Beweiserhebungsverfahrens einen eigenen ärztlichen Gutachter beauftragt. Sollte die Klägerpartei mit dem Gutachten nicht einverstanden sein, so kann der Kläger gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz ein zusätzliches Gutachten verlangt werden. Dieses zusätzliche Gutachten ist jedoch mit Kosten verbunden, die von der Klägerseite getragen werden müssen. Überdies muss die Klägerseite dann auch einen bestimmten Gutachter benennen.
Eine Garantie dafür, dass der Klageweg von Erfolg gekrönt ist, gibt es natürlich nicht. Nicht selten kommt in gerichtlichen Verfahren die alte Redewendung „auf hoher See und vor Gericht sind wir alle in Gottes Hand“ zum Tragen. Sollte das Gericht der Auffassung des Versorgungsamtes folgen und die Klage ablehnen, so steht dem Kläger jedoch noch der Weg der Berufung sowie der Revision offen. In diesen Fällen würde das Verfahren in die sogenannte nächste Instanz gehen und erneut von einer höheren Stelle, in diesem Fall dem Bundessozialgericht, überprüft.
Wie ist die Kostenfrage bei den gerichtlichen Schritten geregelt?
Wer als Kläger seine Ansprüche auf entsprechende Sozialleistungen geltend machen möchte, kann dies kostenfrei realisieren. Die Gerichtskosten werden vollständig aus den Mitteln der Staatskasse getragen. Sollte der Antragssteller für die Durchsetzung der eigenen Ansprüche rechtsanwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, so werden die Kosten für den Rechtsanwalt im Zuge des Widerspruchsverfahrens oder im Zuge des gerichtlichen Verfahrens zunächst durch das zuständige Versorgungsamt getragen. Die Kostenfrage ist jedoch sehr stark abhängig von dem Ergebnis des Verfahrens. Kommt das Gericht zu dem Schluss, dass die Klägerpartei im Recht ist, so übernimmt das Versorgungsamt sämtliche Kosten. Ist die Klage jedoch nicht von Erfolg gekrönt, so muss die Klägerpartei ihre Rechtsanwaltskosten aus eigenen wirtschaftlichen Mitteln tragen. Ist eine Rechtsschutzversicherung vorhanden, so übernimmt diese Versicherung in der Regel die anfallenden Kosten.
Streitigkeiten zwischen einem Antragssteller und einem Amt sind in hierzulande keine Seltenheit. Es kann sich jedoch grade im Zusammenhang mit dem Schwerbehindertenausweis auf jeden Fall lohnen hartnäckig zu bleiben. Der Weg zu einem Rechtsanwalt ist zwar gesetzlich nicht zwingend vorgeschrieben, er ist jedoch auf jeden Fall angeraten.