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Fluglaternenverbot – Rechtmäßigkeit

VG Düsseldorf

Az: 6 K 5937/07

Urteil vom 05.03.2009


Die Ordnungsverfügung der Beklagten vom 21./27. November 2007 (Verbot des Aufsteigenlassens von Fluglaternen – Nichterteilung von Aufstiegserlaubnissen für sog. Fluglaternen) wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die von der Bezirksregierung E erlassene Ordnungsverfügung mit der Überschrift „Nichterteilung von Aufstiegserlaubnissen für sog. Fluglaternen (Flammea, Skylaternen, Himmelslaternen, Wunschballone, Feelgood-Alive-Laternen, Kong-Ming-Laternen und Kong-Ming-Lampione) / Verbot des Aufsteigenlassens von Fluglaternen vom 21. /27. November 2007, veröffentlicht u.a. im Amtsblatt für den Regierungsbezirk E vom 6. Dezember 2007 Seite 416.

Der Kläger vertreibt u.a. über die Internetplattform G Fluglaternen. Bei diesem Produkt handelt es sich um eine aus schwer entflammbarem Papier (beschichtetem Reispapier) hergestellte, luftundurchlässige Papierhülle. Damit die Laterne aufsteigen und sich in der Luft halten kann, wird die in ihr befindliche Luft durch einen Brennkörper (ein in Brennstoff getränktes Baumwolltuch, welches eine Brenndauer von 5 – 7 Minuten besitzt) erhitzt. Aufgrund des dadurch entstehenden Temperaturunterschiedes zwischen der in der Hülle befindlichen Luft und der die Hülle umgebenden Luft steigt die Fluglaterne auf.

Die Ordnungsverfügung vom 21./ 27. November 2007 hat den folgenden Wortlaut:

„Hiermit gebe ich allgemein bekannt, dass für Fluglaternen mit Eigenantrieb jeder Bezeichnung keine Aufstiegserlaubnisse erteilt werden.

Es handelt sich um Luftfahrzeuge (Fluglaternen), die ähnlich einem Heißluftballon durch die mittels einer Flamme erzeugten Temperaturunterschiede (d.h. Luftgewichtsunterschiede innen und außen) aufsteigen und selbstständig an nicht vorbestimmbaren Orten wieder herabgleiten.

Diese Laternen unterfallen gemäß § 1 LuftVG und § 16 Abs. 1 Nr. 5 LuftVO dem Luftverkehrsrecht und ihr Aufsteigenlassen bedarf meiner Erlaubnis.

Eine Erlaubnis kann – auf Grund der von den Fluglaternen ausgehenden Brandgefahr und der auf Grund der dichtbesiedelten Infrastruktur meines Zuständigkeitsbereiches somit erheblichen Gefahren für Leib und Leben bzw. Sachgüter Dritter und der Anwender – von mir nicht erteilt werden. Fluglaternen entziehen sich durch die jeweils vorherrschende Windrichtung und -stärke schnell der Verfügungsgewalt des Anwenders und können konstruktionsbedingt nicht nur sich selbst sondern auch Menschen sowie Sachen in Brand stecken.

Das Aufsteigenlassen solcher Laternen ohne Erlaubnis stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann, sofern es sich nicht nach anderen Vorschriften um eine Straftat handelt.

§ 29 Abs. 1 LuftVG ermächtigt mich zur Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt Verfügungen zu erlassen.

Diese Verfügung gilt für die Regierungsbezirke E und L.“

Zur Begründung seiner Anfechtungsklage macht der Kläger geltend, dass die Allgemeinverfügung der Beklagten rechtswidrig sei und den Kläger in seinen Rechten verletze. Durch das Aufsteigenlassen einer Fluglaterne bestehe weder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit noch für die öffentliche Ordnung im Sinne des § 29 LuftVG. Vielmehr sei der Aufstieg der Fluglaternen genehmigungsfrei und unterfalle dem Grundsatz der Freiheit der Nutzung des Luftraums. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei bereits fraglich und im Ergebnis zu verneinen, ob es sich bei den Fluglaternen um Luftfahrzeuge im Sinne des § 1 Abs. 2 LuftVG handele. Insbesondere sei das Luftfahrzeug von Kinderspielzeug abzugrenzen. Andernfalls würde der von einem Schüler gebastelte Papierflieger, welchen dieser im Schulunterricht fertige, ebenfalls unter die Vorschriften des Luftrechts fallen. Aufgrund des geringen Gewichts der Fluglaterne von ca. 100 g, dem Fehlen von starken Bauteilen und der geringen Aufstiegshöhe von maximal 500 Metern, stelle die Fluglaterne für den Luftverkehr keine Gefahr dar. Eine Kollisionsgefahr mit motorbetriebenen Luftfahrzeugen sei bereits deshalb regelmäßig auszuschließen, da die Mindestflughöhe für Überlandflüge nach Sichtflugregeln gemäß § 6 Abs. 3 LuftVO 600 Meter betrage.

Selbst wenn wegen der Bedeutung der Fluglaterne nicht von einem Kinderspielzeug ausgegangen werde, so stelle die Fluglaterne jedenfalls keinen Flugkörper, sondern ein Luftfahrzeug dar. Nach der allgemein gültigen Definition des Luftfahrzeugs seien diese solche Geräte, die der Tragfähigkeit der Luft bedürften, um sich in der Luft zu halten. Flugkörper hingegen bedürften nicht der Tragfähigkeit der Luft, um sich in der Luft zu halten. Da die Funktion der Fluglaterne von dem Temperaturunterschied zwischen der in der Hülle erhitzten und der die Hülle umgebenden Luft abhänge, bedürfe die Fluglaterne der Tragfähigkeit der Luft, um sich in der Luft zu halten. Die Fluglaterne funktioniere nicht im Weltall, mithin handele es sich – abgesehen von den Bedenken der Abgrenzung zum Kinderspielzeug – wenn überhaupt um ein Luftfahrzeug im eigentlichen Sinne und nicht um einen Flugkörper, welcher nach § 1 LuftVG als Luftfahrzeug gelte. Der Aufstieg einer Fluglaterne stelle auch keine erlaubnisbedürftige Nutzung des Luftraumes nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 LuftVO dar. Es handele sich bei der Fluglaterne weder um einen Flugkörper, noch besitze die Fluglaterne einen Eigenantrieb. Unzweifelhaft sei die Fluglaterne insoweit mit einem Heißluftballon identisch, da die Funktionsweise dieselbe sei. Nach ganz herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur verfügten Ballone (Frei- und Fessel-, Gas- und Heißluftballone) nicht über einen Eigenantrieb.

Soweit die Fluglaterne als Luftfahrzeug eingeordnet werde, stelle sie aufgrund der regelmäßigen Nutzung zur Freizeitgestaltung ein Luftfahrzeug in Form eines Flugmodells dar. Da die Fluglaterne aufgrund des Nutzungszweckes zur Freizeitveranstaltung als Flugmodell zu betrachten sei, bedürfe es für den Aufstieg nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 a LuftVO keiner Erlaubnis, da ihre Gesamtmasse mit 100 g deutlich unter 5 kg liege. Es bestehe auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens für die öffentliche Sicherheit. Die Allgemeinverfügung der Beklagten sei bereits formell rechtswidrig, da § 29 LuftVG der Beklagten als Beauftragten keine Zuständigkeit für Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren vermittele, welche der Bundesgesetzgeber im Rahmen der LuftVO zur Nutzung des Luftraums ausdrücklich als zulässig und damit als hinzunehmendes Restrisiko im Zusammenhang mit der Nutzung des Luftraumes betrachte.

Die Allgemeinverfügung sei auch materiell rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Nach § 1 Abs. 1 LuftVG sei die Benutzung des Luftraumes grundsätzlich frei. Das Grundrecht aus Artikel 2 Abs. 1 GG gewähre dem Kläger eine allgemeine Handlungsfreiheit, welche die Beklagte mit der angegriffenen Allgemeinverfügung rechtswidrig eingeschränkt habe.

Der Kläger beantragt, die Allgemeinverfügung der Beklagten vom 21./27. November 2007 (Nichterteilung von Aufstiegserlaubnissen für sog. Fluglaternen/Verbot des Aufsteigenlassens von Fluglaternen) aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie führt zur Begründung aus, dass die Allgemeinverfügung formell und materiell rechtmäßig sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletze.

Ihre Zuständigkeit als Luftfahrtbehörde ergebe sich aus § 2 LuftVO i.V.m. § 31 Abs. 2 Nr. 16 Buchst. f LuftVG. Die Fluglaternen seien Luftfahrzeuge gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 11 LuftVG und unterlägen damit dem Luftverkehrsrecht. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 11 LuftVG sei als Generalklausel anzusehen, mit der der Gesetzgeber bezweckt habe, der rasanten technischen Entwicklung und immer neu hinzukommenden „Flugobjekten“ Rechnung zu tragen. Die Gefahr gehe von den Fluglaternen nicht allein von ihrer Flugeigenschaft aus, sondern von dem ihr zugehörigen Brandsatz, ihrer Brennfähigkeit und der möglichen langen Flugdauer. Weder ein Papierflieger noch ein kleiner gasgefüllter Ballon von der Kirmes trage ein offenes Feuer mit sich. Die Durchführung der Aufstiege von Fluglaternen sei gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 5 LuftVO erlaubnispflichtig. Fluglaternen seien als ungesteuerte Flugkörper mit Eigenantrieb anzusehen, da sie mittels einer offenen Flamme und des dadurch erzeugten Temperaturunterschiedes aufsteigen. Einer Einflussnahme des Anwenders seien die Fluglaternen somit wenige Sekunden nach Aufstieg entzogen. Die Beklagte sei entgegen der Auffassung des Klägers auch die zuständige Gefahrenabwehrbehörde. Das Luftverkehrsrecht gehöre zur Bundesauftragsverwaltung nach Artikel 87 d Abs. 1 Grundgesetz. Zur Gefahrenabwehr könnten die Luftfahrtbehörden gemäß § 29 Abs. 1 LuftVG Verfügungen erlassen. Nach § 31 Abs. 2 Nr. 16 Buchst. f LuftVG i.V.m. § 2 Luftfahrtzuständigkeitsverordnung sei sie als zuständige Luftfahrtbehörde des Landes ermächtigt, die Erlaubnis für das Steigenlassen von Flugkörpern nicht zu erteilen, wenn dieses zur Abwehr von Gefahren für den Luftverkehr oder für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt geboten sei. Durch den Aufstieg der Fluglaternen entstünden erhebliche Gefahren für den Luftverkehr. Die Fluglaternen könnten je nach Bauart z.B. einen Durchmesser von 0,27 m und eine Höhe von 1,15 m haben. Durch das Anzünden des sich innerhalb der Laternen offen befindlichen Brennmaterials entstehe im Innenraum eine höhere Temperatur. Die somit erzeugten unterschiedlichen Temperaturverhältnisse bewirkten den Auftrieb der Laterne bis zu einer Höhe von 500 Metern. In den Regierungsbezirken L und E gebe es 97 Flugplätze. Die Gefahr sei groß, dass die ungesteuert dahertreibenden Fluglaternen, welche eine Fahrweite von mehreren Kilometern erreichen könnten, auch in den Luftraum des Flugplatzes vordringen. Hier könnten sie bei Piloten, die Sichtflug – gerade bei Nacht – durchführen, zu Irritationen führen. Die Nutzung bestimmter Lufträume bedürfe überdies der Freigabe durch die Deutsche Flugsicherung (DFS). Außerdem bestehe eine erhebliche Brandgefahr bei Verwendung der Fluglaternen. Selbst bei strikter Einhaltung der den Fluglaternen beiliegenden Sicherheitsempfehlungen, die praktisch nicht umzusetzen seien, sei eine Gefährdung von Menschen und Sachen nicht auszuschließen. In Nordrhein-Westfalen sei kein Gelände zu finden, in dem im Umkreis von mindestens 1 km nichts Brennbares zu finden sei. Selbst eine trockene Wiese könne nicht nur im Sommer schnell entflammbar sein. Von den Anwendern könne eine solche weiträumige Absicherung nicht verlangt werden. Besonders hervorzuheben sei die Unkontrollierbarkeit der Fluglaterne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtene Ordnungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die erhobene Anfechtungsklage ist zulässig. Die Beklagte selbst ist ersichtlich – wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigt hat – davon ausgegangen, eine Verbotsverfügung erlassen zu haben. Damit ist die erhobene Anfechtungsklage zumindest unter dem Gesichtspunkt, dass die Beklagte sich des Erlasses einer anfechtbaren Verfügung berühmt hat, zulässig und es kommt nicht darauf an, dass Zweifel bestehen, ob es sich überhaupt um eine Verbotsverfügung handelt, weil ein Verbot nur in der Überschrift der Ordnungsverfügung ausgesprochen worden ist, nicht jedoch im Text der Ordnungsverfügung, und in der Verfügung die Nichterteilung der Erlaubnis des Aufsteigenlassens und ihre Begründung einen größeren Platz einnimmt.

Unabhängig davon, dass auch Zweifel bestehen, ob die Verfügung die Merkmale einer Allgemeinverfügung nach § 35 Satz 2 VwVfG aufweist, da schon zweifelhaft ist, welche Regelung die Verfügung treffen wollte – jedenfalls kann die Bekanntgabe, dass für Fluglaternen keine Aufstiegserlaubnisse erteilt werden, auch als bloßer Hinweis auf ein zukünftiges Behördenverhalten gewertet werden -, ist die Verfügung als Verbotsverfügung rechtswidrig.

Vor diesem Hintergrund war der Frage, ob Fluglaternen einer Aufstiegserlaubnis nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 Luftverkehrs-Ordnung bedürfen, ob die Erteilung der Erlaubnis schon im Vorgriff auf mögliche Einzelanträge allgemein abgelehnt werden kann und welchen Charakter eine solche vorweggenommene Ablehnung hat (Regelung i.S. von § 35 VwVfG oder lediglich Hinweis auf ein Behördenverhalten), hier nicht weiter nachzugehen.

Die Beklagte hat ihre Verfügung auf § 29 Abs. 1 LuftVG gestützt. Danach ist die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der für die Flugsicherung zuständigen Stelle. Sie können in Ausübung der Luftaufsicht Verfügungen erlassen.

Es spricht einiges dafür, dass das Aufsteigenlassen von Fluglaternen als Luftverkehr im Sinne von § 1 LuftVG anzusehen ist; eine abschließende Bewertung ist hier jedoch nicht erforderlich, weil es darauf nicht maßgeblich ankommt, da die Verfügung aus anderen Gründen rechtswidrig ist, wie noch darzulegen sein wird.

Fluglaternen könnten dem Recht des Luftverkehrs unterfallen, wenn sie Luftfahrzeuge i.S. des § 1 LuftVG sind. Luftfahrzeuge sind nach dem Sprachgebrauch und nach allgemeiner Verkehrsanschauung solche Geräte, die der Eigenschaft der Luft bedürfen, um sich in der Luft zu halten,

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vgl. Grabherr, Kommentar zum Luftverkehrsgesetz, Stand 2008, § 1 LuftVG Rn. 33.

Für die Begriffsbestimmung ist es ohne Bedeutung, ob die Luftfahrzeuge sich mit eigener Kraft bewegen und in der Luft halten können oder ob sie von der Erde aus gelenkt werden. Unerheblich für den in § 1 Abs. 2 LuftVG verwendeten Begriff des Luftfahrzeugs ist auch, auf welche Weise das Fluggerät angetrieben wird,

vgl. Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, Stand Dezember 2008, § 1 LuftVG Rn. 28.

Dabei kann hier offen bleiben, ob Fluglaternen eher mit den Frei- und Fesselballonen nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 LuftVG vergleichbar sind und dieser Vorschrift unterfallen, da es darauf letztlich nicht entscheidungserheblich ankommt. Dafür spricht, dass die Fluglaternen keinen Antrieb z.B. im Sinne eines Motors haben und nicht lenkbar sind. Das Luftfahrtbundesamt teilt auf seiner Internetseite zum Aufstieg von Skylaternen mit, dass Skylaternen kleine Ballons, meist aus Papier und Draht seien. Ein Teelicht erwärme die Luft in der Ballonhülle und lasse die Laterne aufsteigen,

vgl. www. lba.de

Die Fluglaternen könnten auch sonstige für die Benutzung des Luftraums bestimmte Geräte, sofern sie in Höhe von mehr als dreißig Metern über Grund oder Wasser betrieben werden können, i.S. des § 1 Nr. 11 Abs. 2 LuftVG sein. Der Gesetzgeber wollte hier ersichtlich eine Generalklausel für alle denkbaren Fälle und neuartigen Entwicklungen der Nutzung des Luftraumes schaffen. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehenden Fluglaternen jedenfalls dieser Auffangklausel unterfallen. Ob Fluglaternen diesem Tatbestand nicht unterfallen, weil sie nicht „betrieben“ werden – wovon das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein Westfalen ausgeht -, da sie nicht aktiv gesteuert werden können, mag hier dahinstehen.

Bei den Fluglaternen handelt es sich jedenfalls eindeutig auch nicht um Kinderspielzeug, das den luftrechtlichen Vorschriften nicht unterfällt,

vgl. Grabherr, s.o., § 1 LuftVG, Rn 34.

Das wird schon durch die Lektüre der Sicherheitshinweise zur Benutzung der Laternen deutlich, die im Fall des Klägers 7 Punkte umfasst. Kinder sind mit dem Steigenlassen einer solchen Laterne auch aufgrund des Anzündevorgangs deutlich überfordert.

Die Idee der Fluglaternen geht von den aus China stammenden Kong-Ming Laternen aus. Sie wurden vor fast 2000 Jahren vom chinesischen Militärführer Kong-Ming entwickelt und zur Kommunikation eingesetzt. Durch die große Flughöhe sind sie bei Nacht über viele Kilometer hinweg sichtbar,

vgl. Wikipedia, „Kong-Ming-Laterne“, www. Wikipedia.de.

Auch das spricht dagegen, solche Laternen, die ursprünglich im Krieg zur Kommunikation eingesetzt worden sind, als Kinderspielzeug zu betrachten.

Letztlich kann die Frage, ob Fluglaternen dem Luftverkehr unterfallen, offen bleiben, wobei die Kammer dazu neigt, davon auszugehen, dass Fluglaternen jedenfalls Luftfahrzeuge sind, da sie Geräte sind, die der Eigenschaft der Luft bedürfen, um sich in der Luft zu halten, und bis in den Luftraum von 500 m aufsteigen können. Davon geht ersichtlich auch die deutsche Flugsicherung aus, die Anträge zur Flugverkehrskontrollfreigabe bearbeitet,

www.dfs.de „Aufstieg von Fluglaternen“ nach § 16 a LuftVO.

Die Frage kann deshalb im vorliegenden Fall offen bleiben, da auch bei der Annahme, dass Fluglaternen dem Luftverkehr unterfallen, dies die Beklagte nicht ermächtigt, eine Verbotsverfügung nach § 29 LuftVG zu erlassen. Denn hier liegt die erforderliche konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht vor.

Voraussetzung für ein Einschreiten nach der luftaufsichtsrechtlichen Generalklausel ist das Vorliegen einer konkreten Gefahr, d.h. der Schadenseintritt muss hinreichend wahrscheinlich sein,

vgl. Grabherr, Kommentar zum Luftverkehrsgesetz, a.a.O, § 29 Rn 11.

Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts liegt hier jedoch nicht vor.

Es ist zwar bereits zu Unfällen mit Fluglaternen gekommen. So brannte in der Neujahrsnacht in Leverkusen ein Haus komplett aus,

vgl. Rheinische Post vom 17. Januar 2009, Seite A 3.

Am 1. Juli 2008 setzten im Landkreis Fürth drei Miniheißluftballone ein Feld mit Wintergerste in Brand,

Mitteilung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 20.August 2008, www. Rp.baden-wuerttemberg.de

Eine sog. Himmelslaterne löste nach einem Absturz auf ein Gebäude einer Chemnitzer Firma einen Dachbrand mit einem geschätzten Schaden von etwa 5000 Euro aus,

vgl. Bericht MDR vom 25. August 2008 (Beiakte Heft 3, Anlage 2).

Durch eine Himmelslaterne wurde ein Schaden von mehreren tausend Euro in einer Kläranlage verursacht,

vgl. Badische Zeitung vom 17. September 2008.

Damit steht fest, dass in der Vergangenheit einige Fälle von Bränden, die durch Fluglaternen ausgelöst worden sind, bekannt geworden sind, worauf die Beklagte im Schriftsatz vom 25. September 2008 auch zu Recht hingewiesen hat. Die Anzahl der bekannt gewordenen Unfälle und Brandschäden ist jedoch angesichts der Vielzahl der vertriebenen Laternen sehr gering.

Die Fluglaternen werden frei vermarktet. Angesichts des Angebotes im Internet und in zahlreichen Geschäften ist davon auszugehen, dass Zehntausende solcher Laternen im Umlauf sind und auch angezündet werden. Bei der deutschen Flugsicherung gab es in der Sommersaison 2008 etwa 100 Anfragen pro Tag und bundesweit über 5800 Anfragen,

vgl. Bericht „Skylaternen“: Feurige Ufos als neue Gefahr, vom 28.Juli 2008, www.derwestem.de/nachrichten/wr/2008; ein Bericht „Laternen außer Kontrolle“ aus Berlin spricht von fast 10.000 bearbeiteten Anträgen durch die Deutsche Flugsicherung, vgl. Aktuelle Nachrichten Berlin, www.ad-hoc-news.de.

Stellt man die mutmaßliche Zahl der verkauften Laternen in Deutschland und die Zahl der bei der Deutschen Flugsicherung gestellten Anträge der Zahl der bekannt gewordenen Unfälle gegenüber, kann von einer konkreten Gefahr nicht ausgegangen werden. Es ist angesichts der niedrigen Zahl der bekannt gewordenen Unfälle nicht hinreichend wahrscheinlich, dass durch das Herabfallen von brennenden Laternen Brände am Boden ausgelöst werden.

Dazu kommt, dass Brände, die durch das unsachgemäße Anzünden von Laternen am Boden verursacht werden, nicht dem Luftverkehr unterfallen. Erst wenn die Laternen in den Himmel aufsteigen und durch das Herabfallen in brennendem Zustand Brände verursachen, gehen Gefahren durch den Luftverkehr aus. Damit sind Unfälle, die durch das vorzeitige Entflammen der Laternen auf dem Boden verursacht werden, keine Gefahren, denen durch luftaufsichtsrechtliche Verfügungen zu begegnen ist, und haben deshalb bei der Prüfung der Zahl der Unfälle außer Betracht zu bleiben.

Von den Fluglaternen geht angesichts der Art ihrer Nutzung und der bisher bekannten und durch Fluglaternen verursachten Brände die abstrakte Gefahr aus, erhebliche Schäden für Rechtsgüter der öffentlichen Sicherheit wie Leben oder Eigentum zu verursachen. Einer solchen abstrakten Gefahr kann jedoch nicht mit dem Mittel der luftaufsichtsrechtlichen Verfügung, die das Bestehen einer konkreten Gefahr voraussetzt, begegnet werden.

Ob andere ordnungsbehördliche Ermächtigungsgrundlagen zur Abwendung von Gefahren, die durch die Nutzung von Fluglaternen ausgehen, zur Verfügung stehen oder ob der Gebrauch von Fluglaternen unter dem Aspekt der Produktsicherheit in Frage zu stellen ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Solche Rechtsgrundlagen sind jedenfalls als Ermächtigungsgrundlage für ein Handeln der Beklagten nicht ersichtlich.

Es liegt ggfs. in den Händen des Gesetzgebers, Regelungen zur Abwehr abstrakter Gefahren zu treffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung.

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