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Radweg – Vorrang zur Vorfahrtsstraße

Ein alltäglicher Moment auf dem Radweg – doch an dieser Furt krachte es. Dort, wo der Radweg überraschend abknickt, stießen Auto und Pedelec zusammen. Jetzt hat ein Gericht entschieden: Wer trägt die Hauptschuld, wenn der Radweg quer über die Straße führt?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 U 64/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Zweibrücken
  • Datum: 29.01.2025
  • Aktenzeichen: 1 U 64/24
  • Verfahrensart: Urteil
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Fahrer und Halter eines Kraftfahrzeugs
  • Beklagte: Fahrer eines Pedelecs

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: In Wörth ereignete sich am 18. November 2022 ein Verkehrsunfall zwischen einem Auto und einem Pedelec. Der Unfall passierte auf einer markierten Furt, die vom Radweg baulich auf die Fahrbahn verschwenkt war. Der Kläger kam aus einer Seitenstraße, während der Beklagte auf der Furt die Fahrbahn überquerte.
  • Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob der Pedelec-Fahrer auf der Furt Vorfahrt hatte oder ob sein Verhalten als Einfahren auf die Fahrbahn gemäß § 10 Satz 1 StVO zu werten war. Es ging um die Bestimmung der Haftung bei einem Unfall auf einem solchen Radweg-Übergang.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Oberlandesgericht Zweibrücken änderte das erstinstanzliche Urteil und stellte eine Haftungsquote von 80 % zu Lasten des Beklagten (Pedelec-Fahrer) und 20 % zu Lasten des Klägers (Autofahrer) fest. Der Beklagte wurde zur Zahlung von 80% des Schadens des Klägers verurteilt. Der Kläger wurde zur Zahlung von 20% der ihm verbleibenden Schäden des Beklagten verurteilt, insbesondere des Schmerzensgeldes.
  • Begründung: Das Gericht sah die Hauptursache beim Pedelec-Fahrer, der gegen § 10 Satz 1 StVO verstieß, indem er ohne Rücksicht auf den bevorrechtigten Verkehr auf die Fahrbahn einfuhr. Der Autofahrer durfte grundsätzlich auf seinen Vorrang vertrauen. Die Mitverantwortung des Autofahrers (20%) wurde mit der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs und der Notwendigkeit begründet, wegen der besonderen Situation der Furt mit querenden Radfahrern zu rechnen und erhöhte Aufmerksamkeit zu zeigen.
  • Folgen: Der Pedelec-Fahrer trägt den überwiegenden Teil der Unfallfolgen und der Verfahrenskosten. Der Autofahrer muss einen geringen Anteil der Schäden des Pedelec-Fahrers tragen, der nach Anrechnung einer vorgerichtlichen Zahlung verblieb. Ansprüche für den Fahrradschaden gingen auf die Kaskoversicherung des Beklagten über.

Der Fall vor Gericht


 

Vorsicht an der Radweg-Furt: OLG Zweibrücken klärt Haftungsfrage nach Unfall zwischen Pkw und Pedelec – Radfahrer trägt Hauptschuld

Ein alltäglicher Moment im Straßenverkehr, eine unklare Vorfahrtssituation an einer Radwegquerung – und schon ist es passiert. Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken musste sich kürzlich mit einem solchen Fall beschäftigen, bei dem ein Pkw-Fahrer und ein Pedelec-Fahrer an einer sogenannten Furt kollidierten.

Pedelec-Fahrer kollidiert an Radwegfurt mit herannahendem Auto auf Zufahrt bei Tageslicht
Pedelec und Auto kollidieren an Radwegfurt – Vorfahrt, Unfall, Verkehrssicherheit, Pedelec-Fahrer, Kollision, Radweg. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Urteil vom 29. Januar 2025 (Az.: 1 U 64/24) wirft ein Schlaglicht auf die Tücken baulich veränderter Radwege und die oft missverstandene Regelung des § 10 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zum „Einfahren auf die Fahrbahn“. Für Radfahrer und Autofahrer gleichermaßen liefert die Entscheidung wichtige Erkenntnisse.

Das Urteil im Fokus

Das Gericht stand vor der Aufgabe, die genauen Umstände des Unfalls zu bewerten und die Verantwortung der Beteiligten festzulegen. Dies erforderte eine genaue Betrachtung des Unfallorts und der geltenden Verkehrsregeln.

Was war passiert? Der Unfallhergang im Detail

Stellen Sie sich eine Straße vor, die zu einem großen Firmenparkplatz führt und in eine bevorrechtigte Hauptstraße mündet. Entlang dieser Hauptstraße verläuft ein Gehweg, der auch für Radfahrer freigegeben ist. Soweit, so normal. Doch etwa 200 Meter vor der eigentlichen Einmündung der Parkplatzzufahrt nahm dieser Radweg eine unerwartete Wendung: Er wurde baulich nach rechts verschwenkt und querte dann die Fahrbahn der Parkplatzzufahrt über eine markierte Radwegfurt. Eine Furt ist ein durch Markierungen (oft gestrichelte Linien) gekennzeichneter Bereich, der Radfahrern das Überqueren einer Fahrbahn erleichtern soll.

An einem Novembernachmittag im Jahr 2022 näherte sich Herr B. (Name anonymisiert) mit seinem Pedelec auf diesem verschwenkten Radweg der Furt. Ein Pedelec gilt rechtlich als Fahrrad, solange es bestimmte Leistungsgrenzen nicht überschreitet. Gleichzeitig fuhr Herr A. (Name anonymisiert) mit seinem Pkw auf der Parkplatzzufahrt in Richtung Hauptstraße. Auf der Furt kam es zur Kollision. Das Verkehrsschild „Vorfahrt achten!“, das Herrn A. signalisierte, dass er dem Verkehr auf der Hauptstraße Vorfahrt gewähren muss, stand erst hinter der Radwegfurt, an der eigentlichen Einmündung. Direkt an der Furt gab es keine Schilder, die den Radverkehr regelten.

Die Folgen des Unfalls waren erheblich: Herr B. erlitt mehrere Knochenbrüche, eine Lungenquetschung und Prellungen. Er musste acht Tage im Krankenhaus bleiben und war wochenlang arbeitsunfähig. Auch sein Pedelec war Schrott – ein wirtschaftlicher Totalschaden. Herr A.s Pkw wurde ebenfalls beschädigt.

Die Knackpunkte: Wer hatte Vorfahrt an der verschwenkten Furt?

Die zentrale juristische Frage, die das Gericht beantworten musste, lautete: Hatte Herr B., der Radfahrer, auf dieser speziellen Furt Vorfahrt, oder hätte er warten müssen? Eng damit verbunden war die Frage, ob sein Verhalten als „Einfahren auf die Fahrbahn“ im Sinne des § 10 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu werten ist. Dieser Paragraph regelt die Pflichten von Verkehrsteilnehmern, die von einem anderen Straßenteil (z.B. einem Radweg, einem Grundstück) auf die Fahrbahn einfahren wollen. Er besagt, dass dabei eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sein muss – der Einfahrende hat also eine besondere Sorgfaltspflicht und muss in der Regel warten.

Weitere relevante Normen waren:

  • § 7 Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Die sogenannte Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters. Wer ein Kraftfahrzeug hält, haftet für Schäden, die beim Betrieb des Fahrzeugs entstehen, auch ohne eigenes Verschulden – allein aufgrund der Betriebsgefahr, die von einem Kfz ausgeht.
  • § 18 Abs. 1 StVG: Die Haftung des Fahrzeugführers, die ein Verschulden voraussetzt (wobei dieses zunächst vermutet wird).
  • § 1 Abs. 2 StVO: Die allgemeine Rücksichtnahmepflicht im Straßenverkehr.
  • § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschriften regeln die Abwägung der Haftungsanteile, wenn beide Unfallbeteiligten zum Schaden beigetragen haben.

Die Vorinstanz, das Landgericht Landau in der Pfalz, hatte den Fall anders bewertet. Das OLG musste nun die Haftungsverteilung und auch den Streitwert neu beurteilen.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Zweibrücken

Das OLG Zweibrücken kam zu einem Ergebnis, das für den Radfahrer ernüchternd war. Es änderte das Urteil des Landgerichts teilweise ab.

Das Urteil: Hauptschuld beim Radfahrer – 80 zu 20

Das Gericht entschied, dass Herr B., der Pedelec-Fahrer, zu 80 % für den Unfall haftet, während Herr A., der Pkw-Fahrer, nur zu 20 % verantwortlich gemacht wurde. Diese Quotelung hat direkte finanzielle Auswirkungen:

  • Herr B. muss Herrn A. 80 % seines Schadens am Pkw ersetzen (1.405,61 €) sowie 80 % aller zukünftigen materiellen Schäden aus dem Unfall. Auch einen Teil der Anwaltskosten von Herrn A. muss er tragen.
  • Herr A. muss Herrn B. im Gegenzug 20 % seiner Schäden ersetzen. Nach Verrechnung einer bereits von Herrn A.s Haftpflichtversicherung geleisteten Zahlung verblieb hier ein Betrag von 311,21 €. Das vom Gericht als angemessen erachtete Schmerzensgeld für Herrn B. in Höhe von 3.000 € wurde also effektiv zu 80 % von ihm selbst getragen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits wurden ebenfalls entsprechend dieser Quote verteilt, sodass Herr B. den Löwenanteil tragen muss.

Die Begründung: Warum entschied das Gericht so?

Die Richter des OLG begründeten ihre Entscheidung ausführlich. Die Kernargumente lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Radfahrer missachtete § 10 StVO: Kein Vorrang auf verschwenkter Furt

Der entscheidende Punkt war die Bewertung des Verhaltens des Radfahrers. Das Gericht sah hier keinen klassischen Vorfahrtsverstoß, da das „Vorfahrt achten“-Schild für den Pkw-Fahrer erst nach der Furt positioniert war. Vielmehr habe der Radfahrer gegen § 10 Satz 1 StVO verstoßen. Warum?

Das Gericht erklärte: Ein Radweg nimmt grundsätzlich am Vorfahrtsrecht der Straße teil, zu der er gehört – aber nur, wenn er sich auch optisch als Teil dieser Straße darstellt. Im vorliegenden Fall war der Radweg aber deutlich nach rechts verschwenkt, bevor er als Furt die Zufahrtsstraße des Pkw-Fahrers kreuzte. Durch diese bauliche Veränderung, so das OLG, war für den Radfahrer erkennbar, dass dieser Abschnitt des Radwegs nicht mehr zur bevorrechtigten Hauptstraße gehörte. Das Überqueren der Furt war daher als Einfahren von einem anderen Straßenteil (dem verschwenkten Radweg) auf die Fahrbahn der Parkplatzzufahrt zu werten.

Wer aber nach § 10 StVO auf eine Fahrbahn einfährt, muss höchste Sorgfalt walten lassen und jede Gefährdung anderer ausschließen. Da sich der Unfall in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem Einfahren ereignete, sprach laut Gericht ein sogenannter Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Radfahrers. Ein Anscheinsbeweis bedeutet, dass bei typischen Geschehensabläufen eine bestimmte Ursache oder ein Verschulden vermutet wird, solange nicht das Gegenteil bewiesen ist. Herr B. sei zudem, so die Feststellungen eines Sachverständigen, bei eigentlich guter Sicht mit 10-15 km/h „in einem Zug“ auf die Furt gefahren, offenbar ohne die Vorrangsituation korrekt einzuschätzen.

Autofahrer: Betriebsgefahr und erhöhte Aufmerksamkeitspflicht

Dem Pkw-Fahrer, Herrn A., konnte das Gericht hingegen keinen konkreten schuldhaften Verkehrsverstoß nachweisen. Die Vorinstanz hatte noch angenommen, Herr A. hätte den Radfahrer rechtzeitig sehen und den Unfall vermeiden können, was einen Verstoß gegen die allgemeine Rücksichtnahmepflicht (§ 1 Abs. 2 StVO) dargestellt hätte.

Das OLG widersprach: Der fließende Verkehr (also Herr A.) dürfe grundsätzlich auf das korrekte Verhalten anderer vertrauen (sogenannter Vertrauensgrundsatz). Er müsse erst reagieren, wenn klar erkennbar sei, dass der Wartepflichtige (hier Herr B.) seinen Vorrang missachten werde. Wann genau dieser Moment für Herrn A. eintrat, ließ sich nicht mehr feststellen. Zudem müsse man ihm eine Schrecksekunde und Reaktionszeit zubilligen. Auch eine überhöhte Geschwindigkeit konnte Herrn A. nicht nachgewiesen werden.

Dennoch ging Herr A. nicht völlig straffrei aus. Seine Mithaftung von 20 % begründete das Gericht mit der Betriebsgefahr seines Pkw. Die Betriebsgefahr ist ein juristischer Begriff, der das inherente Risiko beschreibt, das vom Betrieb eines Kraftfahrzeugs ausgeht – auch ohne dass der Fahrer einen Fehler macht. Zusätzlich argumentierte das Gericht, dass Herr A. an dieser speziellen Stelle aufgrund der erkennbaren Furt und des Endes des Radwegs mit querenden Radfahrern rechnen musste. Dies hätte eine erhöhte Aufmerksamkeit erfordert. Die Tatsache, dass an der Furt selbst keine Schilder für den Radverkehr vorhanden waren, die dessen Vorrang hätten beenden können, trug zur Unklarheit der Situation bei und erhöhte die Anforderungen an beide Verkehrsteilnehmer.

Abwägung der Schuld: Die 80/20-Quote

Bei der Abwägung der Verantwortlichkeiten wog der Verstoß des Radfahrers gegen die strengen Sorgfaltspflichten des § 10 StVO deutlich schwerer als die reine Betriebsgefahr und die leicht erhöhte Aufmerksamkeitspflicht des Pkw-Fahrers. Dies führte zur Haftungsverteilung von 80 % zu Lasten des Radfahrers und 20 % zu Lasten des Autofahrers.

Ein interessanter Nebenaspekt betraf den Schaden am Pedelec: Da die Fahrradkaskoversicherung von Herrn B. bereits den vollen Wiederbeschaffungswert für ein neues Pedelec gezahlt hatte, war der Anspruch auf Schadensersatz für das Fahrrad auf die Versicherung übergegangen (§ 86 Versicherungsvertragsgesetz). Herr B. konnte diesen Schaden daher nicht mehr selbst vom Unfallgegner fordern, auch nicht anteilig.

Praktische Relevanz des Urteils

Dieses Urteil hat über den Einzelfall hinaus Bedeutung und liefert wichtige Fingerzeige für das Verhalten im Straßenverkehr.

Für wen ist dieses Urteil besonders wichtig?

  • Radfahrer: Sie müssen sich bewusst sein, dass eine Radwegfurt nicht automatisch Vorrang bedeutet, insbesondere wenn der Radweg zuvor baulich von der Hauptfahrbahn abgetrennt oder verschwenkt wurde. Hier gilt oft § 10 StVO.
  • Autofahrer: Auch wenn sie prinzipiell Vorrang haben, müssen sie an unübersichtlichen oder speziell markierten Querungen wie Furten mit erhöhter Aufmerksamkeit fahren und mit querenden Radfahrern rechnen. Die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs kann zu einer Mithaftung führen.
  • Kommunen und Verkehrsplaner: Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren und unmissverständlichen Verkehrsführung und Beschilderung, gerade an Schnittstellen zwischen Rad- und Autoverkehr. Fehlende oder unklare Regelungen können die Unfallgefahr erhöhen.

Konkret im Alltag: Worauf müssen Sie achten?

Als Radfahrer sollten Sie an jeder Querung, insbesondere wenn der Radweg nicht direkt und parallel zur Hauptfahrbahn verläuft, äußerste Vorsicht walten lassen. Im Zweifel gilt: Lieber einmal zu viel anhalten und sich vergewissern, als einen Unfall riskieren. Die Regel des § 10 StVO („Einfahren auf die Fahrbahn“) ist streng und legt Ihnen eine hohe Verantwortung auf.

Als Autofahrer sollten Sie sich nicht blind auf Ihren Vorrang verlassen, wenn Sie sich Furten oder anderen Radwegquerungen nähern. Seien Sie bremsbereit und beobachten Sie den Radverkehr genau. Eine defensive Fahrweise kann Unfälle vermeiden und Sie vor einer Mithaftung schützen.

Vorher vs. Nachher: Was hat sich geändert?

Das Urteil des OLG Zweibrücken ist kein radikaler Bruch mit der bisherigen Rechtsprechung, aber es schärft das Bewusstsein für die Anwendung des § 10 StVO auf Radfahrer an baulich komplex gestalteten Furten. Es stellt klar, dass die optische und bauliche Ausgestaltung eines Radwegs entscheidend dafür ist, ob er als Teil der (ggf. bevorrechtigten) Hauptstraße angesehen werden kann oder ob das Queren einer Fahrbahn als eigenständiges „Einfahren“ zu werten ist. Die bloße Existenz einer Furt-Markierung begründet also nicht automatisch einen Vorrang für Radfahrer.

Hintergrundwissen: Verkehrsrecht und Radwege

Um die Entscheidung des Gerichts vollständig zu verstehen, ist ein kurzer Blick auf die grundlegenden Prinzipien des Verkehrsrechts hilfreich.

Das kleine Einmaleins des Verkehrsrechts: Vorfahrt und § 10 StVO

Die Vorfahrt ist in der StVO klar geregelt, meist durch Schilder oder die Regel „rechts vor links. Wer Vorfahrt hat, darf darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer diese beachten. Eine Ausnahme bildet die Situation des Einfahrens auf eine Fahrbahn aus einem anderen Straßenteil, einem Grundstück, einem verkehrsberuhigten Bereich oder über einen abgesenkten Bordstein. Hier greift § 10 StVO. Dieser Paragraph verlangt vom Einfahrenden, jede Gefährdung anderer auszuschließen. Er muss also warten, bis die Fahrbahn frei ist oder ihm das Einfahren gefahrlos ermöglicht wird.

Das OLG Zweibrücken hat nun präzisiert, dass ein baulich vom Hauptradweg abgesetzter und über eine Furt geführter Radwegabschnitt als „anderer Straßenteil“ im Sinne des § 10 StVO gelten kann.

Die Tücken baulich veränderter Radwege

Moderne Verkehrsplanungen versuchen oft, Rad- und Autoverkehr sicherer zu gestalten, manchmal aber entstehen dadurch neue Unklarheiten. Verschwenkte Radwege, unterbrochene Führungen oder unklare Beschilderungen an Furten können zu Missverständnissen und gefährlichen Situationen führen. Dieses Urteil mahnt zur Vorsicht und betont die Eigenverantwortung aller Verkehrsteilnehmer, sich auf die konkrete Situation einzustellen und im Zweifel lieber defensiv zu agieren.

Fazit: Klare Regeln, aber auch gesunder Menschenverstand gefragt

Das Urteil des OLG Zweibrücken zeigt einmal mehr, dass im Verkehrsrecht nicht nur die Buchstaben des Gesetzes zählen, sondern auch die konkreten Umstände vor Ort und die Erkennbarkeit der Verkehrssituation. Für Radfahrer bedeutet dies, an Furten, die nicht eindeutig Teil eines bevorrechtigten Radwegs sind, höchste Vorsicht walten zu lassen und sich im Zweifel als wartepflichtig anzusehen. Autofahrer wiederum sind angehalten, auch bei eigenem Vorrang an solchen Stellen besonders aufmerksam zu sein. Letztlich dient eine klare und unmissverständliche Verkehrsführung der Sicherheit aller – ein Aspekt, den auch die Verkehrsplanung stets im Blick behalten sollte.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil des OLG Zweibrücken verdeutlicht, dass Radfahrer auf baulich verschwenkten Radwegen vor dem Queren einer Straße besondere Sorgfaltspflichten nach § 10 StVO haben und nicht automatisch Vorfahrt genießen. Die Haupterkenntnis ist, dass selbst markierte Radwegfurten keinen Vorrang begründen, wenn der Radweg erkennbar nicht mehr zur Hauptstraße gehört. Für den Verkehrsalltag bedeutet dies, dass Radfahrer an solchen Stellen äußerst vorsichtig sein und im Zweifel anhalten sollten, während Autofahrer trotz ihres grundsätzlichen Vorrangs mit erhöhter Aufmerksamkeit fahren müssen, um ihrer Betriebsgefahr Rechnung zu tragen.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Warum ist die Unterscheidung zwischen Radweg und Fahrbahn so wichtig?

Die Unterscheidung zwischen einem Radweg und der Fahrbahn ist im Straßenverkehr von großer Bedeutung, da für jeden Bereich unterschiedliche Regeln gelten. Diese Regeln betreffen nicht nur, wo Sie fahren dürfen oder müssen, sondern haben auch direkte Auswirkungen auf die Vorfahrt und darauf, wer im Falle eines Unfalls welche Verantwortung trägt.

Unterschiedliche Regeln für Radweg und Fahrbahn

Ein ausgewiesener Radweg ist ein Bereich, der speziell für Radfahrende vorgesehen ist. Für manche Radwege gilt sogar eine Benutzungspflicht. Das bedeutet, dass Radfahrende diesen Weg benutzen müssen und nicht auf der danebenliegenden Fahrbahn fahren dürfen. Solche Radwege sind oft durch spezielle Verkehrszeichen gekennzeichnet (z.B. blaues Schild mit weißem Fahrrad).

Auf der Fahrbahn hingegen gelten für Radfahrende grundsätzlich die gleichen Regeln wie für andere Fahrzeuge auch. Hier müssen Sie sich in den fließenden Verkehr einordnen und die allgemeinen Verkehrsregeln beachten.

Auswirkungen auf Vorfahrt und Haftung

Diese unterschiedlichen Regelungen beeinflussen maßgeblich die Vorfahrt an Kreuzungen oder Einmündungen. Wenn Sie beispielsweise von einem Radweg auf die Fahrbahn wechseln oder eine Straße überqueren, die Sie zuvor auf dem Radweg entlanggefahren sind, gelten oft besondere Vorfahrtsregeln. Häufig müssen Radfahrende, die den Radweg verlassen, anderen Verkehrsteilnehmern auf der Fahrbahn Vorfahrt gewähren. Dies kann sich deutlich von der Vorfahrt unterscheiden, die gelten würde, wenn Sie sich bereits auf der Fahrbahn befinden würden.

Auch bei einem Unfall ist die Unterscheidung entscheidend. Wenn ein Unfall passiert, wird genau geprüft, ob sich alle Beteiligten an die für ihren Bereich geltenden Regeln gehalten haben. Wurde zum Beispiel die Benutzungspflicht eines Radweges missachtet, oder hat jemand beim Wechsel vom Radweg auf die Fahrbahn die Vorfahrt nicht beachtet, kann dies Auswirkungen auf die Haftungsfrage haben, also darauf, wer für den Schaden aufkommen muss. Ein Verstoß gegen die geltenden Verkehrsregeln kann dazu führen, dass die Schuld ganz oder teilweise demjenigen zugerechnet wird, der den Verstoß begangen hat.

Für Sie als Verkehrsteilnehmer bedeutet dies: Zu wissen, ob Sie sich auf einem Radweg oder der Fahrbahn befinden und welche Regeln dort gelten, ist entscheidend für Ihre Sicherheit und um Missverständnisse oder gefährliche Situationen im Verkehr zu vermeiden.


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Was bedeutet „Einfahren auf die Fahrbahn“ im Sinne der StVO für Radfahrer?

Im Straßenverkehr gibt es Situationen, in denen Verkehrsteilnehmer von einem Bereich, der nicht direkt Teil des fließenden Verkehrs ist, auf die eigentliche Fahrbahn wechseln. Diesen Vorgang nennt man im Sinne der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) „Einfahren“.

Für Radfahrer ist dieser Begriff besonders relevant. Wenn Sie beispielsweise einen Radweg verlassen und auf die Fahrbahn wechseln, um geradeaus weiterzufahren oder abzubiegen, gilt dies rechtlich als Einfahren auf die Fahrbahn. Das Gleiche gilt, wenn Sie von einem Grundstück, einem verkehrsberuhigten Bereich, einem Fußweg oder ähnlichen Flächen auf die Straße fahren.

Das Einfahren auf die Fahrbahn bringt eine besondere Sorgfaltspflicht mit sich. Das bedeutet, dass Sie in dieser Situation besonders vorsichtig sein müssen.

Konkret haben Radfahrer beim Einfahren auf die Fahrbahn folgende Pflichten:

  • Beobachtungspflicht: Sie müssen den Verkehr auf der Fahrbahn, auf die Sie einfahren möchten, sehr sorgfältig beobachten. Stellen Sie sicher, dass kein Fahrzeug naht oder dass Fahrzeuge, die nahen, ausreichend weit entfernt sind.
  • Wartepflicht: Sie dürfen erst einfahren, wenn Sie zweifelsfrei sicher sind, dass Sie andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden oder behindern. Das bedeutet oft, dass Sie warten müssen, bis die Fahrbahn frei ist oder die anderen Verkehrsteilnehmer deutlich anzeigen, dass sie Ihnen Vorrang gewähren. Sie haben keinen Vorrang, wenn Sie einfahren.

Wenn ein Radfahrer diese Sorgfaltspflichten beim Einfahren auf die Fahrbahn nicht erfüllt und es dadurch zu einem Unfall kommt, kann dies erhebliche Konsequenzen haben. Auch wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer am Unfall beteiligt ist, kann dem Radfahrer eine Mitschuld oder sogar die Hauptschuld am Unfall gegeben werden. Dies kann dazu führen, dass der Radfahrer einen Teil des Schadens oder sogar den gesamten Schaden selbst tragen muss.

Es ist also für Ihre Sicherheit und die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer sehr wichtig, sich bewusst zu sein, dass das Wechseln vom Radweg auf die Fahrbahn ein „Einfahren“ ist und besondere Vorsicht erfordert. Achten Sie immer genau auf den Verkehr und geben Sie anderen Fahrzeugen auf der Fahrbahn den nötigen Vorrang.


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Welche Rolle spielen Verkehrsschilder und Markierungen an Radwegfurten?

Verkehrsschilder und Markierungen an Radwegfurten sind entscheidend für die Sicherheit und Klarheit im Straßenverkehr. Sie dienen dazu, die Regeln eindeutig festzulegen und alle Verkehrsteilnehmer – Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger – zu schützen.

Regelung der Vorfahrt

Der wichtigste Zweck von Schildern und Markierungen an Radwegfurten ist die Regelung der Vorfahrt. Ohne spezielle Schilder gelten die allgemeinen Vorfahrtsregeln, wie beispielsweise „rechts vor links“. An einer Radwegfurt können jedoch Schilder die Vorfahrt anders regeln:

  • Ein dreieckiges Schild mit rotem Rand und schwarzem Pfeil (Zeichen 205, „Vorfahrt gewähren“) bedeutet, dass Fahrzeugführer auf der Straße dem Radverkehr auf dem Radweg Vorfahrt lassen müssen, wenn dieser die Straße quert.
  • Ein achtkantiges STOPP-Schild (Zeichen 206) verpflichtet die Wartepflichtigen zusätzlich, an der Haltelinie oder, falls keine vorhanden ist, an der Engstelle anzuhalten.

Für abbiegende Autofahrer gilt zudem eine besondere Regelung: Wenn Sie als Autofahrer in eine Straße abbiegen und dabei einen Radweg oder eine Radfahrerfurt kreuzen, der oder die parallel zur Fahrbahn verläuft, auf der Sie gefahren sind, müssen Sie dem Radverkehr in der Regel Vorfahrt gewähren (§ 9 Absatz 3 StVO). Dies gilt oft auch ohne zusätzliche Beschilderung, wird aber durch Schilder oder Markierungen häufig nochmals verdeutlicht.

Hinweise auf Gefahren und Verdeutlichung

Neben der Vorfahrtsregelung haben Markierungen eine wichtige Funktion:

  • Breite, unterbrochene Linien quer über die Fahrbahn (oft weiß oder gelb) markieren die Furt selbst. Sie zeigen an, wo Radfahrer die Straße überqueren.
  • Fahrradsymbole auf der Straße oder dem Radweg machen deutlich, dass es sich hier um einen Bereich handelt, der speziell für den Radverkehr gedacht ist.
  • Zick-Zack-Linien am Fahrbahnrand vor der Furt weisen auf die bevorstehende Furt hin und markieren ein Überholverbot in diesem Bereich, um gefährliche Situationen zu vermeiden.

Diese Markierungen dienen als zusätzlicher Warnhinweis für alle Verkehrsteilnehmer, dass hier mit querendem Radverkehr zu rechnen ist und besondere Aufmerksamkeit geboten ist. Sie helfen, die Situation schnell zu erfassen und tragen so zur Unfallverhütung bei.

Was tun bei fehlenden oder unklaren Zeichen?

Fehlen Schilder oder Markierungen oder sind sie unklar, kann dies zu gefährlichen Situationen führen. In solchen Fällen gelten grundsätzlich die allgemeinen Verkehrsregeln (wie „rechts vor links“, § 9 StVO bei Abbiegen).

Für alle Verkehrsteilnehmer gilt jedoch immer die allgemeine Sorgfaltspflicht (§ 1 StVO). Das bedeutet, dass man sich im Verkehr so verhalten muss, dass niemand geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. An Stellen, die potenziell unklar sind – wie eine unbeschilderte Radwegfurt – erfordert dies besondere Vorsicht. Autofahrer müssen damit rechnen, dass dort Radfahrer kreuzen könnten, und Radfahrer sollten sich nicht blind auf Vorfahrt verlassen, sondern immer prüfen, ob sie von anderen Verkehrsteilnehmern gesehen wurden und ihnen Vorfahrt gewährt wird.

Das Fehlen notwendiger oder die Unklarheit bestehender Verkehrszeichen kann im Fall eines Unfalls auch rechtliche Folgen haben, etwa im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Trägers der Straßenbaulast oder eine mögliche Mithaftung der Beteiligten.

Verkehrsschilder und Markierungen an Radwegfurten sind also nicht nur formale Zeichen, sondern wichtige Hinweise und Regelungen, die das Verhalten aller Beteiligten steuern und so maßgeblich zur Verkehrssicherheit beitragen. Ihre Beachtung und das Verständnis ihrer Bedeutung sind für ein sicheres Miteinander unerlässlich.


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Wie wirkt sich ein Pedelec auf die rechtliche Bewertung eines Unfalls aus?

Die rechtliche Bewertung eines Unfalls, an dem ein Pedelec beteiligt ist, hängt entscheidend von der genauen rechtlichen Einordnung des Fahrzeugs ab. Hier muss man zwischen Pedelecs im engeren Sinne und anderen E-Bikes (rechtlich oft Kleinkrafträder) unterscheiden. Diese Unterscheidung ist fundamental für die anzuwendenden Verkehrsregeln und Haftungsfragen.

Pedelec vs. E-Bike: Eine entscheidende Unterscheidung

Ein Pedelec (Pedal Electric Cycle) unterstützt Sie beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von maximal 25 km/h. Die Motorleistung darf dabei 250 Watt nicht überschreiten und schaltet sich ab 25 km/h oder wenn Sie aufhören zu treten, aus. Für den Betrieb eines solchen Pedelecs ist kein Führerschein, keine Zulassung und keine Versicherungskennzeichen erforderlich. Sie gelten rechtlich als Fahrräder.

E-Bikes im strengeren rechtlichen Sinne (oft sind S-Pedelecs gemeint) unterstützen Sie auch über 25 km/h hinaus (z.B. bis 45 km/h) oder können sogar ohne gleichzeitiges Treten fahren (ähnlich einem Mofa mit Gasgriff). Diese Fahrzeuge gelten rechtlich nicht als Fahrräder, sondern als Kleinkrafträder. Für sie benötigen Sie in der Regel ein Versicherungskennzeichen, oft einen Führerschein (Klasse AM oder höher) und es besteht in vielen Fällen eine Helmpflicht. Sie dürfen unter Umständen auch keine Radwege benutzen, sondern müssen auf der Straße fahren.

Auswirkungen auf Verkehrsregeln und Haftung bei einem Unfall

Da Pedelecs rechtlich Fahrrädern gleichgestellt sind, gelten für sie grundsätzlich dieselben Verkehrsregeln wie für Fahrräder. Wenn Sie also mit einem Pedelec unterwegs sind, müssen Sie die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) für Radfahrer beachten.

Bei einem Unfall mit einem Pedelec richtet sich die Frage der Haftung primär danach, wer den Unfall schuldhaft verursacht hat. Es gelten die allgemeinen Regeln zur zivilrechtlichen Haftung, ähnlich wie bei einem reinen Fahrradunfall. Haben Sie als Pedelec-Fahrer einen Fehler gemacht (z.B. Vorfahrt missachtet) oder hat die andere Person den Unfall verursacht? Die konkrete Geschwindigkeit oder das Gewicht des Pedelecs können zwar nicht die grundsätzliche Einordnung als Fahrrad ändern, sie können aber bei der Beurteilung des konkreten Unfallhergangs, der Schuldfrage oder einer möglichen Mitschuld eine Rolle spielen. Stellen Sie sich vor, jemand fährt mit unangepasster Geschwindigkeit auf einem Radweg und kann deshalb nicht rechtzeitig bremsen – die höhere Geschwindigkeit kann hier zur Begründung einer Mitschuld herangezogen werden.

Anders verhält es sich bei einem Unfall mit einem E-Bike, das rechtlich ein Kleinkraftrad ist. Da es sich hier um ein Kraftfahrzeug handelt, kommt neben der Frage, wer den Unfall schuldhaft verursacht hat, oft auch die sogenannte Gefährdungshaftung ins Spiel. Das bedeutet, dass schon die reine Tatsache, dass Sie ein solches Fahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr betreiben, eine Haftung begründen kann, auch wenn Sie selbst keinen direkten Fahrfehler gemacht haben. Diese Haftung ist gesetzlich vorgesehen, weil vom Betrieb eines Kraftfahrzeugs eine grundsätzliche Gefahr ausgeht. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ist hier obligatorisch und deckt solche Schäden ab. Zudem müssen Sie als Fahrer eines solchen E-Bikes die Verkehrsregeln für Kleinkrafträder beachten, die sich von denen für Fahrräder unterscheiden können.

Für Sie bedeutet das: Die entscheidende Frage bei einem Unfall ist zunächst immer: War das beteiligte Fahrzeug rechtlich ein Fahrrad (Pedelec bis 25 km/h) oder ein Kleinkraftrad (schnelleres E-Bike/S-Pedelec oder E-Bike mit Gasgriff)? Davon hängen die anzuwendenden Regeln und die grundlegenden Haftungsprinzipien ab. Innerhalb der Kategorie „Fahrrad“ können dann aber die tatsächlichen Eigenschaften wie Geschwindigkeit und Masse bei der detaillierten Klärung der Schuldfrage eine Rolle spielen.


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Welche Konsequenzen hat es, wenn ein Radfahrer gegen die Vorfahrtsregeln verstößt?

Wenn ein Radfahrer gegen die Vorfahrtsregeln verstößt, hat dies sowohl rechtliche als auch finanzielle Konsequenzen. Ein solcher Verstoß wird im Straßenverkehrsrecht als Ordnungswidrigkeit angesehen.

Rechtliche Folgen: Bußgelder und Punkte

Zunächst droht ein Bußgeld. Die genaue Höhe dieses Bußgeldes hängt davon ab, wie schwerwiegend der Verstoß war. Wurden durch den Vorfahrtsverstoß andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder kam es sogar zu einem Sachschaden, fällt das Bußgeld in der Regel deutlich höher aus. Bei bestimmten schweren Verstößen, insbesondere wenn es zu einem Unfall kommt, kann es auch zur Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister in Flensburg kommen.

Finanzielle Folgen: Schadensersatz und Mithaftung

Neben den Bußgeldern kann ein Vorfahrtsverstoß auch erhebliche finanzielle Folgen im Zivilrecht haben. Wenn durch das Missachten der Vorfahrt ein Unfall verursacht wird und dabei ein Schaden entsteht – sei es an anderen Fahrzeugen (Autos, Motorräder), Gegenständen oder sogar Personenschäden (Verletzungen) –, ist der Radfahrer, der den Verstoß begangen hat, grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet.

Das bedeutet, Sie müssten die Kosten für die Reparatur des beschädigten Autos, für medizinische Behandlungen verletzter Personen oder andere entstandene finanzielle Verluste tragen.

Wichtig ist hierbei das Prinzip der Mithaftung. Nicht immer ist einer alleine schuld. Wenn der andere Unfallbeteiligte (z. B. der Autofahrer) ebenfalls einen Fehler gemacht hat, der zum Unfall beigetragen hat (wie überhöhte Geschwindigkeit oder Unaufmerksamkeit), wird der gesamte Schaden zwischen den Beteiligten aufgeteilt. Der Radfahrer haftet dann nur für einen Teil des Schadens, entsprechend dem Grad seiner Mitschuld am Unfall.

Die Rolle der Haftpflichtversicherung

Für die finanziellen Folgen im Schadensfall ist in der Regel die private Haftpflichtversicherung des Radfahrers zuständig. Eine gute private Haftpflichtversicherung prüft, ob die Forderung des Geschädigten berechtigt ist. Wenn sie berechtigt ist, übernimmt die Versicherung den Schaden (ganz oder anteilig, je nach Haftungsverteilung). Wenn die Forderung unberechtigt ist, wehrt die Versicherung diese ab. Das Vorhandensein einer solchen Versicherung ist daher für Radfahrer von großer Bedeutung, um sich vor potenziell hohen Schadensersatzforderungen zu schützen. Beachten Sie, dass eine separate Fahrrad-Haftpflichtversicherung unüblich ist; der Schutz ist meist in der allgemeinen Privathaftpflicht enthalten.

Für Sie als Radfahrer bedeutet das: Das Einhalten der Vorfahrtsregeln dient nicht nur der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer, sondern schützt Sie auch vor den möglichen Konsequenzen eines Verstoßes: Bußgelder, Punkte und die Pflicht zur Übernahme oder Beteiligung an Schadenskosten.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Radwegfurt

Eine Radwegfurt ist ein speziell markierter Bereich, wo ein Radweg eine Fahrbahn quert und Radfahrer die Straße sicher überqueren sollen. Sie ist meist durch Linien oder andere Bodenmarkierungen erkennbar und zeigt an, dass Radfahrer hier die Straße überqueren dürfen, jedoch nicht immer automatisch Vorrang haben. Ob an einer Furt Vorfahrt für Radfahrer besteht, hängt von der baulichen Gestaltung und vorhandener Beschilderung ab. Im vorliegenden Fall war die Radwegfurt Teil eines verschwenkten Radwegs, wodurch das Gericht entschied, dass hier das Einfahren auf die Fahrbahn gemäß § 10 StVO gilt.

Beispiel: Stellen Sie sich einen Fußgängerüberweg für Radfahrer vor – sie dürfen die Straße hier überqueren, müssen aber anhalten, wenn Schilder oder die Verkehrssituation es erfordern.


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§ 10 Satz 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) – Einfahren auf die Fahrbahn

§ 10 Satz 1 StVO regelt die Pflichten von Verkehrsteilnehmern, die von einem anderen Bereich (z. B. Radweg, Grundstück) auf die Fahrbahn wechseln. Sie müssen beim Einfahren besondere Vorsicht walten lassen und dürfen andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden oder behindern. Das bedeutet in der Praxis oft Wartepflicht, bis die Fahrbahn frei ist und ein gefahrloses Einfahren möglich ist. Im genannten Urteil wurde das Überqueren der Radwegfurt als „Einfahren“ gewertet, was eine hohe Sorgfaltspflicht des Radfahrers begründete.

Beispiel: Ein Radfahrer, der von einem Gehweg auf die Straße abbiegt, muss warten, bis kein Verkehr kommt, bevor er einfahren darf.


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Anscheinsbeweis

Der Anscheinsbeweis ist eine rechtliche Vermutung, die bei typischen Geschehensabläufen automatisch eine bestimmte Schuld oder Ursache annehmen lässt, solange nicht das Gegenteil bewiesen wird. Im Unfallkontext bedeutet das: Wenn der Unfallverlauf einem typischen Fehlverhalten entspricht, wird vermutet, dass dieses Fehlverhalten die Ursache war. Im vorliegenden Fall führte das Gericht aus, dass bei einem Einfahren auf die Fahrbahn, wie hier an der Radwegfurt, grundsätzlich Verschulden des Einfahrenden vermutet wird, es sei denn, dieser widerlegt diese Vermutung durch Beweise.

Beispiel: Wenn jemand von der Grundstücksausfahrt auf die Straße fährt und es zum Unfall kommt, wird oft davon ausgegangen, dass er seine Wartepflicht verletzt hat, bis er das Gegenteil beweist.


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Betriebsgefahr

Betriebsgefahr bezeichnet das Risiko und die mögliche Gefahr, die grundsätzlich vom Betrieb eines Kraftfahrzeugs ausgeht – und zwar auch ohne eigenes Verschulden des Fahrers. Im Straßenverkehr bedeutet dies, dass ein Fahrzeughalter für Schäden haften kann, die durch den Betrieb seines Fahrzeugs entstehen, selbst wenn er keinen Fehler gemacht hat. Im Urteil spielte die Betriebsgefahr eine Rolle bei der Mitverantwortung des Pkw-Fahrers, welcher trotz fehlenden eigenen Verkehrsverstoßes 20 % Haftung erhielt.

Beispiel: Wenn ein geparkter Pkw plötzlich rollt und einen Unfall verursacht, trägt der Halter auch ohne Fahrfehler eine Haftung, weil vom Fahrzeug eine Betriebsgefahr ausgeht.


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Haftungsverteilung und Quotenantwortung (gemäß § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB)

Sind bei einem Unfall beide Beteiligte schuldhaft beteiligt, regelt die Haftungsverteilung, mit welchem Anteil jeder für den entstandenen Schaden haftet. Die Quotelierung basiert darauf, wie stark das Verhalten jedes Beteiligten zum Unfall beigetragen hat. § 9 Straßenverkehrsgesetz (StVG) und § 254 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ermöglichen eine solche Aufteilung, um eine gerechte Kostenverteilung zu erreichen. Im vorliegenden Fall führte dies zur Verteilung von 80 % Haftung beim Radfahrer und 20 % beim Pkw-Fahrer.

Beispiel: Wenn zwei Fahrer gleichzeitig unaufmerksam sind und zusammenstoßen, können sie je nach Beteiligung 50:50 oder eine andere prozentuale Haftung übernehmen.


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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 10 Satz 1 StVO (Straßenverkehrsordnung): Regelt die Pflichten beim Einfahren auf die Fahrbahn von einem anderen Straßenteil aus, insbesondere die Pflicht, Gefährdungen anderer Verkehrsteilnehmer zu vermeiden und nötigenfalls zu warten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die baulich verschwenkte Radwegfurt wurde als anderer Straßenteil bewertet, sodass der Radfahrer nach § 10 StVO besondere Sorgfalt schuldet und die 80 %ige Haftung resultiert aus seinem Verstoß gegen diese Vorschrift.
  • § 7 Abs. 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz): Begründet die Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters für Schäden aus dem Betrieb des Fahrzeugs, unabhängig von Verschulden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die 20 %ige Mithaftung des Pkw-Fahrers basiert auf der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs, welche auch ohne konkreten Fahrfehler haftungsbegründend ist.
  • § 1 Abs. 2 StVO: Verlangt Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer und ein Verhalten, das Gefahren vermeidet und vermeidbare Behinderungen ausschließt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl das OLG hier keinen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht des Pkw-Fahrers feststellte, ist dessen grundsätzlich erhöhte Aufmerksamkeitspflicht an der unübersichtlichen Furt relevant für die Haftungsabwägung.
  • § 18 Abs. 1 StVG: Regelt die Verschuldenshaftung des Fahrzeugführers bei Unfällen, wobei ein Verschulden vermutet wird, jedoch widerlegbar ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht setzte voraus, dass der Radfahrer schuldhaft gehandelt hat, woraus dessen dominierende Haftungsquote folgt, während der Pkw-Fahrer entlastet wurde.
  • § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB: Bestimmen die Haftungsquote bei Mitverschulden und die Abwägung der Schadensersatzansprüche unter den Beteiligten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Aufteilung der Schadenersatzpflichten zwischen Radfahrer (80 %) und Pkw-Fahrer (20 %) beruht auf dieser Vorschrift, welche eine gerechte Haftungsverteilung bei beiderseitigem Mitverschulden ermöglicht.
  • § 86 Versicherungsvertragsgesetz (VVG): Regelt den Übergang von Schadensersatzansprüchen an die Versicherung nach Schadenszahlung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Fahrradkaskoversicherung des Radfahrers den Schaden am Pedelec komplett erstattete, ging der Anspruch auf Ersatz des Pedelec-Schadens an die Versicherung über, was den radfahrerseitigen Anspruch gegenüber dem Pkw-Fahrer ausschloss.

Das vorliegende Urteil


OLG Zweibrücken – Az.: 1 U 64/24 – Urteil vom 29.01.2025


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