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Freies Herumlaufenlassen von Hunden auf fremdem Grundstück – Unterlassungsanspruch

LG Berlin – Az.: 35 O 251/16 – Urteil vom 07.12.2016

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, künftig

a) mit einem Fahrzeug die Mieterparkplätze die Wohnanlage A, ohne vorherige Genehmigung zu befahren, dort zu halten und/oder dort zu parken;

b) einen oder mehrere Hunde unangeleint auf dem Grundstück laufen und/oder den oder die Hunde koten zu lassen;

c) Abfall aus einem Auto oder sonstigen Abfall auf dem Grundstück zu entsorgen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 10.000,00 € und für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu einer Woche angedroht.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 22,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2016 zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 571,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.07.2016 zu zahlen.

4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.200,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist angeblich Eigentümerin der Wohnanlage H..straße/a.. in 13403 Berlin. Der Beklagte ist früherer Mieter einer Wohnung in dieser Wohnanlage und Halter von 2 Hunden.

Bei der Wohnanlage handelt es sich um ein mit Mehrfamilienhäusern bebautes Grundstück. Die Mehrfamilienhäuser sind von Grünanlagen umgeben. Auf den Grünflächen sind Schilder mit folgenden Texten angebracht: „Kein öffentlicher Durchgang“, „Bitte Rasen nicht betreten!“, „Hunde an die Leine!“. Noch während der Dauer des Mietverhältnisses wurde der Beklagte unter anderem deshalb abgemahnt, weil Hundekot von ihm nicht entsorgt worden ist. Da er den Aufforderungen nicht Folge leistete, untersagte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 2.6.2014 die Hundehaltung in der angemieteten Wohnung. Das Mietverhältnis wurde dann von dem Beklagten zum 31.7.2014 beendet.

Am 8.3.2016 stellte der Beklagte seinen PKW – BMW auf dem Parkplatz der streitgegenständlichen Wohnanlage ab und ließ seine Hunde unangeleint auf dem Gelände laufen. Außerdem beseitigte der Beklagte auf dem Parkplatz der Wohnanlage Haare aus dem Kofferraum seines Fahrzeugs. Der Hausmeister der Klägerin, Herr L, beseitigte die Hinterlassenschaften des Beklagten. Am 12.3.2016 parkte der Beklagte erneut auf dem Parkplatz der Wohnanlage, ließ seine Hunde frei auf dem Gelände laufen und diese urinierten auf der Wiese. Wiederum beseitigte der Hausmeister die Hinterlassenschaften des Beklagten.

Mit vorgerichtlichem Schreiben vom 19.4.2016 forderten die jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin den Beklagten auf, die Kosten für die Beseitigung der Hinterlassenschaften in Höhe von 22,15 € und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 571,44 € zu zahlen, sowie eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben. Der Beklagte äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 7.5.2016 und gab keine Unterlassungserklärung ab.

Die Klägerin behauptet, sie sei Eigentümerin der Wohnanlage. Die Hunde des Beklagten hätten am 8.3.2016 und am 12.3.2016 nicht nur uriniert, sondern auch auf die zu der Wohnanlage gehören der Grünanlage gekotet. Der Beklagte habe am 8.3.2016 auch Papier und Müllreste aus seinem Auto auf den Parkplatz entsorgt. Für die Beseitigung der Hundescheiße seien Kosten in Höhe von 22,15 € angefallen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, künftig

  • mit einem Fahrzeug die Mieterparkplätze der Wohnanlage A, ohne vorherige Genehmigung zu befahren, dort zu halten und/oder dort zu parken;
  • einen oder mehrere Hunde unangeleint auf dem Grundstück laufen und/oder den oder die Hunde koten zu lassen;
  • Abfall aus einem Auto oder sonstigen Abfall auf dem Grundstück zu entsorgen;

Hilfsweise hierzu: gegenüber der Klägerin eine strafbewährte Unterlassungserklärung wie folgt abzugeben:

Freies Herumlaufenlassen von Hunden auf fremdem Grundstück - Unterlassungsanspruch
(Symbolfoto: Take Photo/Shutterstock.com)

Hiermit verpflichte ich, D H, mich gegenüber der W GmbH, es künftig zu unterlassen, mit meinem Fahrzeug die Mieterparkplätze der Wohnanlage A, ohne vorherige Genehmigung zu befahren, dort zu halten und/oder dort zu parken. Weiter verpflichte ich mich, es zu unterlassen, künftig einen oder mehrere Hunde unangeleint auf dem Grundstück laufen und/oder den oder die Hunde koten zu lassen.

Weiter verpflichte ich mich, künftig keinen Abfall aus meinem Auto oder sonstigen Abfall auf dem Grundstück zu entsorgen.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu den oben genannten zu unterlassenen Handlungen verpflichte ich mich, eine in das Ermessen der W gestellte – durch das zuständige Gericht zu überprüfende – Vertragsstrafe zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 22,15 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sowie vorgerichtliche, nicht anrechenbare Kosten in Höhe von 571,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.7.2016 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, seine Hunde hätten auf dem Gelände nur uriniert.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht ist gemäß §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig, denn der Streitwert übersteigt die Summe von 5.000,- €.

Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Beeinträchtigungen gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Nach dieser Vorschrift kann der Eigentümer von dem Störer Unterlassung verlangen, wenn sein Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt wird und eine Wiederholungsgefahr besteht.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Wohnanlage H..straße/A in B. Dies ergibt sich aus dem eingereichten Grundbuchauszug, dessen Inhalt von dem Beklagten nicht bestritten wird.

Der Beklagte ist Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Durch das unangeleint „herum laufen lassen“ seiner Hunde, das „auf dem Rasen urinieren lassen“ seiner Hunde und das Abladen von Müll hat der Beklagte das Eigentum der Klägerin beeinträchtigt.

Der Beklagte hat seine Hunde unstreitig am 8.3.2016 und am 12.3.2016 unangeleint auf der Grünanlage der Klägerin herumlaufen lassen. Ausweislich der auf dem Grundstück angebrachten Schilder wünscht die Klägerin ein solches Verhalten nicht und untersagt dies. Der Beklagte hat seine Hunde dort auch urinieren lassen. Der Beklagte bestreitet dies in diesem Rechtsstreit nicht konkret und räumt dies zudem im vorletzten Absatz seines Schreibens an die Klägervertreter vom 7.5.2016 ein, wenn er darauf hinweist, dass sich seine Hunde zum urinieren in die gleiche Stellung begeben, die sie auch zum Koten einnehmen. Der Beklagte wendet dort also ein, dass seine Hunde auch lediglich uriniert haben könnten.

In Bezug auf den Unterlassungsanspruch kann dahinstehen, ob die Hunde nur uriniert oder auch gekotet haben. Denn der Hinweis des Beklagten auf die Möglichkeit des bloßen Urinierens zeigt, dass er der Möglichkeit des Kotens seiner Hunde gleichgültig gegenübersteht. Denn der Beklagte ließ seine Hunde derart frei laufen, dass es ihnen möglich war, eine Stellung einzunehmen, in der auch mit einem Koten zu rechnen war. Der Beklagte ließ dies geschehen ohne einzuschreiten. Das zeigt, dass er einem möglichen Koten seiner Hunde auf dem Rasen der Klägerin völlig gleichgültig gegenübersteht. Er hätte ein Koten seiner Hunde in dieser Position nicht verhindern können und es daher vielmehr billigend in Kauf genommen. Andernfalls hätte er ein Fortlaufen der Hunde verhindert.

Darüberhinaus hat der Beklagte unstreitig Müll – nämlich Hundehaare – auf dem Parkplatz der Klägerin entsorgt.

Auf der Grundlage dieser Verhaltensweisen des Beklagten steht es der Klägerin frei, dem Beklagten das Betreten ihres Grundstücks ohne vorherige Einholung einer Erlaubnis zu untersagen.

Das Bestehen einer Wiederholungsgefahr hat der Beklagte nicht durch die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung ausgeräumt. Er hat diese Erklärung vielmehr trotz Aufforderung durch die Klägerin nicht abgegeben.

Zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin wird gegen den Beklagten gemäß § 890 Abs. 2 ZPO für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsanordnung ein Ordnungsgeld bis zu einer Höhe von 10.000,- € oder Ordnungshaft von bis zu einer Woche angedroht. Aus § 890 Abs. 2 ZPO ergibt sich, dass die für eine Erzwingung der Unterlassung erforderliche Androhung bereits im Urteil erfolgen kann.

Darüberhinaus hat die Klägerin Anspruch auf Zahlung von 22,15 € für die Beseitigung des Hundekots von Ihrem Grundstück gemäß § 823 Abs. 1 BGB.

Es ist davon auszugehen, dass die Hunde des Beklagten auf dem Grundstück der Klägerin Kot hinterlassen haben. Denn der Beklagte hat zwar im Rahmen dieses Rechtsstreits bestritten, dass seine Hunde auf dem Grundstück gekotet haben; er trägt diesbezüglich jedoch nicht vollständig im Sinne des §§ 138 Abs. 1 ZPO vor. Vorprozessual hat sich der Beklagte nur vage zu diesem Sachverhalt geäußert. Mit Schreiben vom 7.5.2016 hat er lediglich mitgeteilt, dass sich seine Hunde zum Urinieren ebenso hinhocken wie zum Koten. Es sei daher zweifelhaft, dass der Zeuge L dies unterscheiden könne. Er bestreitet ein Koten seiner Hunde nicht ausdrücklich, obwohl ihm dies aus eigener Anschauung möglich sein muss. Gleichzeitig betont der Beklagte in diesem Schreiben, dass er möglicherweise bestehende Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht ernsthaft und endgültig verweigere. Nunmehr trägt der Beklagte vor, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, dass beide Hunde ihre Kothaufen auf der Wiese hinterlassen hätten (Bl. 20 d. A.).

So weit dies als ein Bestreiten mit Nichtwissen anzusehen ist, ist ein solches Bestreiten gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Denn der Beklagte war zugegen und wurde von dem Zeugen F sogar aufgefordert, die Kothaufen zu entfernen. Der Beklagte kann daher aus eigener Wahrnehmung darlegen, ob seine Hunde auf der Wiese Kot hinterlassen haben oder nicht. Der Beklagte hat sich zudem auch nicht vollständig über die tatsächlichen Umstände erklärt (§ 138 Abs. 1 ZPO). Er schildert nicht, was er insoweit vor Ort tatsächlich wahrgenommen hat, und er schildert auch nicht, aus welchen Gründen er sich vorprozessual mit Schreiben vom 7.5.2016 äußerst vage zu diesem Vorwurf äußert ohne klar zu erklären, ob seine Hunde nun geschissen haben oder nicht.

Das Bekoten des Grundstücks stellt eine Beschädigung und Verunstaltung des Grundstücks, mithin eine Substanzverletzung des Eigentums der Klägerin dar (Vgl.: Palandt-Sprau, Bürgerliches Gesetzbuch, 75. Auflage, § 823 Rn. 7).

Der Aufwand von 22,15 € für das zweimalige Beseitigen von Hundescheiße ist ein angemessener Aufwand (§ 287 ZPO). Dabei ist nicht nur der zeitliche Aufwand, sondern auch der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Entfernen von Hundescheiße jedenfalls dann um eine äußerst unangenehme Arbeit handelt, die entsprechend entlohnt werden muß, wenn man mit den Tieren nicht emotional verbunden ist.

Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten folgt ebenfalls aus § 823 Abs. 1 BGB, denn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts war für die Klägerin erforderlich und zweckmäßig nach dem der Beklagte auch nach der Beendigung des Mietvertrages die Störungen auf dem Grundstück der Klägerin nicht eingestellt hatte (Vgl.: Palandt-Grüneberg, a. A. O., § 249 Rn. 56 f.).

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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.

 

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