AG München, Az: 172 C 28687/10, Urteil vom 05.05.2011
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 299,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2010 sowie Bankrücklastschriftkosten in Höhe von 4,50 € sowie weitere 70,20 € vorprozessuale Mahnauslagen zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 299,40 € festgesetzt.
Gründe
(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)
Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
I.
Die zulässige Klage ist, bis auf die geltend gemachten Bearbeitungsgebühren in Höhe von EUR 12,50, im vollem Umfang begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von EUR 299,40 aus § 611 BGB zu.
Die Parteien schlossen unstreitig am 04.02.2010 einen auf drei Monate befristeten Dienstvertrag nach § 611 BGB. In diesem verpflichtete sich die Klägerin für den Beklagten ein computergesteuertes Persönlichkeitsprofil zu erstellen und eröffnete danach dem Beklagten die Möglichkeit, mit anderen Mitgliedern Kontakt aufzunehmen. Dabei schuldete die Klägerin dem Beklagten keinen Erfolg, sodass ein reiner Dienstvertrag nach § 611 BGB gegeben ist.
Nach Ablauf der Vertragslaufzeit verlängerte sich die kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft automatisch in ein 6-Monats-Paket zum Preis von EUR 49,90 pro Monat (EUR 299,40), da sie nicht vier Wochen vor Ablauf des 3-Monats-Paket gekündigt wurde. Auf eine solche Verlängerung wurde bereits bei der Registrierung hingewiesen. Bezüglich dieses Verlängerungszeitraums schuldet der Beklagte noch die letzten 6 Monatsraten in Höhe von jeweils EUR 49,90. Die Vertragsverlängerung erfolgte automatisch auf Grundlage der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingen, die wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Es ist technisch nicht möglich, die Premium-Mitgliedschaft zu erwerben, ohne zuvor die Einbeziehung der AGB in ihrer jeweils gültigen Fassung als Vertragsbestandteil zu akzeptieren, wie der Zeuge F. B. nachvollziehbar dem Gericht bekundete. Die vereinbarte Verlängerung trat in Kraft, da der Beklagte den Vertrag nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist gekündigt hat. Der Beklagte kündigte erst das 6-Monats-Paket fristgerecht. Somit endete die Mitgliedschaft erst zu diesem Zeitpunkt. Der Beklagte kündigte nicht wirksam ordentlich zum 29.04.2010, da die Verlängerung vier Wochen vor Ablauf des 3-Monats-Paket hätte erfolgen müssen.
Der Beklagte kündigte ferner auch nicht wirksam außerordentlich gemäß § 627 BGB. Die Norm findet auf den vorliegenden Sachverhalt keine Anwendung, da kein Dienst höherer Art vorliegt.
Es ist zutreffend, dass klassische Partnervermittlungen, also solche bei denen ein Partnerschaftsvermittler auf Grundlage eines persönlichen Kundenkontakts ein persönliches Profil erstellt und im Anschluss Partnerschaftsvorschläge unterbreitet, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als sogenannte Dienste höherer Art eingestuft werden. Dies wird damit begründet, dass die Partnersuche im Wege eines persönlichen Kontakts zwischen dem Vermittler als Person und seinem Kunden zustande kommt, in dessen Rahmen „äußerste Diskretion und ein hohes Maß an Taktgefühl“ (BGH NJW 87, 2808 f.) verlangt wird.
Diese höchstrichterliche Rechtsprechung ist aber gerade nur auf den klassischen Fall der Partnerschaftsvermittlung anzuwenden und nicht auf den Fall einer Onlineplattform. Bei dieser Form der Partnerschaftsvermittlung fehlt es gerade an einem im besonderem Maß an persönlichen Vertrauen zwischen den Vertragspartnern.
Zudem hält bei einer Onlineplattform der Kunde überhaupt keinen persönlichen Kontakt zu den Beratern und kennt die Mitarbeiter seines Vertragspartners nicht persönlich. Die Leistungen von Onlineplattformen basieren auf mathematischen Algorithmen und geschehen vollautomatisiert.
Dabei kann es unbeachtlich bleiben, dass die Klägerin damit wirbt, dass sie eine Partnerschaftsvermittlung ist. Die Klägerin wirbt zu keinem Zeitpunkt und in keinster Weise damit, dass die Partnervorschläge durch einem persönlichen Berater oder Vermittler gemacht werden.
Außerdem ist gerade nicht der Partnervorschlag kostenpflichtig, sondern die Kontaktaufnahme. Es ist aufgrund des Aufbaus der Plattform für den Laien nachvollziehbar, dass am „anderen Ende“ eben nicht eine natürliche Person als Berater und Vermittler sitzt, sondern die Vorschläge vollautomatisiert erstellt werden. Eine freie Beendigungsmöglichkeit ist deswegen auch nicht interessengerecht, da die vorliegende Situation keineswegs vergleichbar ist mit den klassischen Anwendungsfällen des § 627 BGB, etwa der Beziehung zwischen Arzt und Patient bzw. Anwalt und Mandant
Des Weiteren ist der Anspruch auch einklagbar. § 656 analog BGB kommt nicht zur Anwendung. Die von der Klägerin angebotene Leistung ist kein „Dienst höherer Art“ im Sinne dieser Vorschrift, da es sich auf der Onlineplattform um automatisierte Vorgänge handelt und wie bereits erläutert das erforderliche persönliche Vertrauensverhältnis fehlt.
Zinsen konnten seit dem 16.05.2010 verlangt werden, denn in der Rückbuchung der Lastschrift ist eine Erfüllungsverweigerung des Beklagten zu sehen, so dass eine ausdrückliche Mahnung als verzugsbegründende Voraussetzung im Sinne von § 286 I BGB entbehrlich war. Ab dem Zeitpunkt der Buchungsverweigerung hat die Beklagte die Forderung mit dem gesetzlichen Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 288 I, 286 II Nr. 3 BGB zu verzinsen.
Demgegenüber war die Klage hinsichtlich der geltend gemachten „Bearbeitungsgebühr“ in Höhe von EUR 8,00 abzuweisen, da hierzu jeglicher Tatsachenvortrag der darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin, für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen fehlt, was prozessual zu ihren Lasten geht. Nur hinsichtlich der Bankrücklastschriftgebühr in Höhe von EUR 4,50 trägt die Klägerseite substantiiert vor. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten waren aus Verzugsgesichtpunkten in der beantragten Höhe zu erstatten.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 II ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO, die Streitwertfestsetzung nach §§ 3 ZPO, 63 Abs. 2 GKG.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung erfordern.