OLG Celle
Az.: 4 U 195/03
Urteil vom 05.02.2004
Vorinstanz: Landgericht Hildesheim – Az.: 2 O 146/03
Leitsatz:
An versteckter Stelle in einer Gewinnzusage enthaltene, den Gewinnanspruch einschränkende Vergabebedingungen stehen dem Anspruch aus § 661 a BGB auch dann nicht entgegen, wenn der Empfänger an anderer Stelle der Mitteilung durch seine Unterschrift erklärt, von den Vergabebedingungen Kenntnis genommen und sie verstanden zu haben.
In dem Rechtsstreit hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2004 für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 17. September 2003 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim geändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 7.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. September 2002 zu zahlen. Die im Zinsbegehren weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits aus beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
I.
Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil und die Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gemäß
§§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist im Wesentlichen begründet.
Die Beklagte ist entgegen der Auffassung des Landgerichts gemäß § 661 a BGB verpflichtet, dem Kläger 7.500 EUR zu zahlen.
1. Die dem Kläger Anfang Juni 2002 übermittelten Gewinnspielunterlagen beinhalten eine Gewinnzusage i. S. v. § 661 a BGB. Eine solche Gewinnzusage oder ihr vergleichbare Mitteilung liegt immer dann vor, wenn die Mitteilung die Ankündigung der unentgeltlichen Leistung eines Preises (Gewinns) durch den Absender an den Mitteilungsempfänger enthält. Für die Ankündigung ist es dabei erforderlich, aber auch genügend, wenn der Eindruck des Gewinns erweckt wird,
d. h. der Empfänger bei objektiver Betrachtung die Mitteilung aufgrund ihres Inhalts dahin verstehen muss, dass er einen ihm zuerkannten Preis erhalten werde (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 661 a Rn. 2).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger konnte die ihm im Juni 2002 zugegangenen Unterlagen (Bl. 6 – 9 d. A.) von ihrem objektiven Erklärungsinhalt (§ 133 BGB) her betrachtet nur so verstehen, dass er unabhängig von einer Bestellung entsprechend dem beigefügten Warenkatalog einen Bargewinn in Höhe von 7.500 EUR erzielt habe. Dieser Eindruck wird unmissverständlich bereits durch die ins Auge springende und in Fettdruck gehaltene einleitende Überschrift „offizielles Gewinn Statut“ auf Seite 1 der Mitteilung (Bl. 6 d. A.) mit darin ausgewiesenem und ausdrücklich so bezeichnetem „Bargeld Gewinn“ zur Höhe von 7.500 EUR unter Mitteilung einer bestimmten Scheck sowie Legitimierungs Nummer hervorgerufen. Er wird noch durch die weitere, ebenfalls auf Seite 1 erfolgte ausdrückliche Mitteilung verstärkt, dass bei Einsendung des beigefügten Schecks binnen 7 Tagen der Betrag umgehend zugestellt werde.
Dieser Eindruck, auf den das Gesetz in § 661 a BGB schon dem Wortlaut nach entscheidend abhebt, wird entgegen der Auffassung des Landgerichts vorliegend auch nicht dadurch hinreichend entkräftet, dass es auf Seite 2 der Gewinnmitteilungsunterlagen (Bl. 8 d. A.) unter der Rubrik „Verwendungszweck“ einschränkend heißt, dass die Bargeldvergabe „u. a.“ für die Scheck und Legitimierungs Nummer des Klägers gelte. Dieser Hinweis und auch die weitere Mitteilung auf Seite 8 unten der gleichen Seite, wonach in der gleichen Ziehung „auch“ der namentlich benannte Kläger als rechtmäßiger Gewinner ermittelt worden sei, ist kein ausreichend deutlicher Hinweis darauf, dass der Kläger etwa deshalb, weil die entsprechende Legitimierungs bzw. Schecknummer – die sechsstellige Zahl – mehrfach, nach Behauptung der Beklagten sogar an 76.000 andere Personen gleichermaßen vergeben sei und der Kläger deshalb möglicherweise nichts als Gewinn ausbezahlt erhalte. Denn diese Hinweise haben schon von ihrer äußeren Gestaltung her gegenüber den ins Auge fallenden, einen Gewinn zusagenden Mitteilungen in den Unterlagen im Übrigen nur untergeordnete Bedeutung. Außerdem konnte ihrem objektiven Inhalt nach ein durchschnittlicher Empfänger sie auch dahin auffassen, dass er – der Kläger – den Gewinn neben anderen erzielt habe. Dass die dem Kläger übermittelten Gewinnspielunterlagen im Übrigen keinen „offiziellen Stempel“ oder „Originalunterschriften“ aufweisen, steht dem nicht entgegen, weil das Vorhandensein solcher Merkmale kein Erfordernis für eine Gewinnzusage ist, sondern vielmehr der hier auf einen erzielten Gewinn eindeutig hinweisende objektive Eindruck für den Empfänger entscheidend ist.
Die Beklagte beruft sich in diesem Zusammenhang auch ohne Erfolg darauf, dass in den Vergabebedingungen (Bl. 8 d. A.) bestimmt ist, dass dann, wenn Legitimierungs Nummern mehrfach vergeben sind, der Gewinnbetrag nur anteilig zur Auszahlung komme und danach Gewinne unter 1,50 EUR aus Kostengründen nicht direkt ausbezahlt würden. Denn bei diesen Vergabebedingungen handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. §§ 3 AGBG a. F., 305 c BGB n. F. Derartige, in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Einschränkungen der Gewinnzusage stehen dem Anspruch aus § 661 a BGB nicht entgegen, wenn sie versteckt sind (Palandt/Sprau, a. a. O. m. w. Nachw.). Versteckt und damit als überraschend nicht Vertragsbestandteil geworden sind allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann nicht, wenn der Hinweis darauf auch bei flüchtiger Betrachtung nicht übersehen werden kann (vgl. BGH NJWRR 1987, 112, 113). Ein derart deutlicher Hinweis auf die Vergabebedingungen und die darin enthaltene einschränkende Gewinnausschüttung bei Vergabe mehrerer Legitimations bzw. Schecknummern ist nicht erfolgt. Dass der Kläger am Ende der übersandten Gewinnspielunterlagen unter der Überschrift „Mit meiner Unterschrift erteile ich mein Einverständnis mit den Vergabebedingungen. Diese habe ich zur Kenntnis genommen und verstanden.“ seine Unterschrift geleistet hat, ändert hieran nichts. Denn zum einen sind die Vergabebedingungen selbst an versteckter Stelle der Gesamtunterlagen ausgedruckt, insbesondere nicht auf derselben Seite, auf der der Kläger seine Unterschrift mit Datum gesetzt hat. Zum anderen sind die Vergabebedingungen selbst in einem großen Schriftblock zwar in Großbuchstaben, aber durchweg und die entscheidende „Anteilsklausel“ darin so untergebracht, dass sie nicht, wie erforderlich, bei nur flüchtigem Durchsehen der Unterlagen auffallen musste. Außerdem ist durch die vom Kläger abgegebene Erklärung, die Vergabebedingungen verstanden und zur Kenntnis genommen zu haben, bei der vorliegenden Gestaltung der Gewinnmitteilung auch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, dass der Empfänger unter Vergabebedingungen nur die technischen Voraussetzungen der Gewinnausschüttung wie fristgerechte Rücksendung des Coupons pp. versteht.
Bei alledem wäre es der Beklagten ein Leichtes gewesen, in gehöriger Deutlichkeit, etwa schon auf der ersten Seite anstatt der bloßen einleitenden Bezeichnung als „offizielles Gewinn Statut“ darzustellen, dass es sich eben um keinen Gewinn handelt, sondern allenfalls um eine Gewinnchance, wie das beispielsweise – gerichtsbekannt – andere seriöse Unternehmen durchaus praktizieren. Dass die Beklagte dies unterlassen und unter Beifügung eines Warenprospekts eine Gewinnmitteilung verschickt, die objektiv nach dem vorstehend Gesagten beim objektiven Empfänger den Schluss auf einen schon sicher erzielten Bargeldpreis erwecken muss, lässt vielmehr nur den Schluss zu, dass es gerade das unternehmerische Ziel der Beklagten war, dass sich ein die Unterlagen nur flüchtig betrachtender Empfänger – mit – wie die Beklagte selbst vorträgt neben Zigtausend anderen in der Hoffnung auf den Gewinn meldet und entweder Waren bestellt oder zumindest seine Daten für andere Werbemaßnahmen zur Verfügung stellt. Wie sehr es der Beklagten darauf ankam, bei dem Kläger als Empfänger des Gewinncoupons den Eindruck zu erwecken, er habe 7.500 EUR gewonnen, wird plastisch dadurch belegt, dass in den Vergabebedingungen nur vage von der mehrfachen Vergabe derselben Legitimierungs Nummer die Rede ist („Sofern Legitimierungs Nummern mehrfach vergeben werden …“). Dass sich hinter dieser Formulierung die Tatsache verbirgt, dass die sechsstellige Legitimierungs Nummer 652551 insgesamt rd. 76.000 Mal vergeben worden ist, wird kaum ein unbefangener Leser erahnen. Nichts hätte die Beklagte, wenn sie denn bei dem Empfänger einen zutreffenden Eindruck über seine Gewinnchance hätte hervorrufen wollen, gehindert, diese Tatsache in aller Klarheit zu offenbaren. Letztlich muss sich die Beklagte sagen
lassen, dass sie ganz gezielt den Eindruck erweckt hat, der Kläger habe gewonnen und brauche nur den Coupon fristgerecht einzusenden. Sie darf sich dann nicht wundern, wenn ihr dieser gezielt hervorgerufene Eindruck auch nach § 661 a BGB angerechnet wird. Ein derartiges unredliches Geschäftsgebaren will die Vorschrift des § 661 a BGB, deren Verfassungsmäßigkeit erst kürzlich durch den Bundesgerichtshof festgestellt worden ist (BGH NJW 2003, 3620), gerade verhindern. Die Bestimmung hat den Zweck, den Verbraucher vor unerwünschten Geschäftspraktiken gerade dadurch zu schützen, dass sie dem Empfänger den auch mit der vorliegenden Klage geltend gemachten Anspruch auf den mitgeteilten Preis einräumt (Palandt/Sprau a. a. O., Rn. 1 m. w. Nachw.). Dieser Zielsetzung kann sich die Beklagte nicht nachträglich dadurch entziehen, dass sie hinterher geltend macht, entgegen dem entsprechend ihrer Werbungsstrategie planmäßig erweckten Eindruck einer Gewinnzusage diese in Wahrheit nicht gewollt zu haben (vgl. auch § 116 Satz 1 BGB). Diesem Gesetzeszweck hat auch das Landgericht nicht ausreichend Rechnung getragen, wenn es die Abweisung der Klage darauf gestützt hat, dass ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher unzweifelhaft in der Gewinnmitteilung enthaltene einschränkende Formulierungen habe erkennen können.
3. Nach alledem musste die Berufung des Klägers Erfolg haben. Der Zinsanspruch folgt im zugesprochenen Umfang aus den §§ 286 Abs. 1 Satz 1, 288
Abs. 1 BGB. Zinsen schon ab 26. August 2002 konnten dem Kläger nicht zuerkannt werden, weil der Beklagten mit anwaltlichem Mahnschreiben vom 26. August 2002 (Bl. 10 d. A.) noch eine Zahlungsfrist binnen 8 Tagen gesetzt war und ein schon zu jenem Zeitpunkt eingetretener Zahlungsverzug der Beklagten nicht ersichtlich ist. Unter Zugrundelegung einer gewöhnlichen Postlaufzeit von
2 Tagen von H. zum Servicebüro der Beklagten in K., mithin Zugang des Mahnschreibens bei der Beklagten zum 28. August 2002 ist die gesetzte
8Tagesfrist somit erst am 5. September 2002 abgelaufen und die Beklagte erst seit dem 6. September 2002 in Verzug geraten. Das weiter gehende Zinsbegehren des Klägers war deshalb abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache gemäß § 543 Abs. 2 ZPO weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.